Das Haus der vergessenen Kinder
'Wie ein Magnet zieht es Conrad Harrison an, das unbewohnte viktorianische Haus in einem abgelegenen Dorf in Wisconsin. Ohne lange zu überlegen, kauft er es. Zusammen mit seiner Frau Joanna möchte Conrad hier eine Familie gründen und so ihre kriselnde Ehe...
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Produktinformationen zu „Das Haus der vergessenen Kinder “
'Wie ein Magnet zieht es Conrad Harrison an, das unbewohnte viktorianische Haus in einem abgelegenen Dorf in Wisconsin. Ohne lange zu überlegen, kauft er es. Zusammen mit seiner Frau Joanna möchte Conrad hier eine Familie gründen und so ihre kriselnde Ehe retten. Doch was die beiden nicht ahnen: Das Haus birgt dunkle Geheimnisse, und die Geister der Vergangenheit finden keine Ruhe.
Klappentext zu „Das Haus der vergessenen Kinder “
Wie ein Magnet zieht es Conrad Harrison an, das unbewohnte viktorianische Haus in einem abgelegenen Dorf in Wisconsin. Ohne lange zu überlegen, kauft er es. Zusammen mit seiner Frau Joanna möchte Conrad hier eine Familie gründen und so ihre kriselnde Ehe retten. Doch was die beiden nicht ahnen: Das Haus birgt dunkle Geheimnisse, und die Geister der Vergangenheit finden keine Ruhe.
Lese-Probe zu „Das Haus der vergessenen Kinder “
alice und luther sprangen ihn an,_ als hätte er sie nicht Stunden, sondern Wochen allein gelassen. Conrad stellte die Kiste auf den Couchtisch, tollte mit den beiden herum und ließ sich von ihnen das Gesicht abschlecken. Keine Pille auf dem Markt kurierte ihn so schnell von einer leichten Depression – oder einem Scheißtag – wie diese beiden Hunde.
Dann gab er seine Verzögerungstaktik auf und ging zur Kiste. Bei dem Stoff handelte es sich tatsächlich um Filz, aber so dick wie eine Decke. Als er eine Ecke lüpfte, überkam ihn plötzlich der verrückte Gedanke, es könnte sich um eine Falle handeln. Eine Art Mausefalle, die nach seiner Hand schnappte. Aber das war natürlich lächerlich, nur eine Ausgeburt seiner überreizten Phantasie.
In der Kiste steckte ein großes Buch oder Album. Es war schwer, an die fünf, sechs Pfund. Warum zum Teufel dachte Laski, Conrad solle es haben?
Er betrachtete prüfend den gebrochenen Buchrücken und die vergilbten Papierränder. Es war kein Buch. Es war ein Album, aber Fotoalben bestanden normalerweise aus zehn oder zwanzig Kartonseiten. Dieses hier jedoch hatte mindestens fünfzig, einige dünn, andere dicker.
Auf der ersten Seite sah er winzige Schimmelspuren im Knick, doch der Rest war gut zu erkennen. Es handelte sich um eine Kohleskizze. Eine unbebaute Landschaft, schraffiert, die hauptsächlich Gras und ein paar Büsche zeigte, dazu ein einzelner junger Baum ohne
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Blätter. Das Land erstreckte sich über einen sanft geschwungenen Hügel und verengte sich nach hinten hin, um den Eindruck von Tiefe zu vermitteln. Weiter hinten, »jenseits« des Hügels, konnte er gerade noch zwei bewusst gesetzte Striche des Zeichners erkennen. Zuerst dachte er, es handele sich um einen weiteren Baum, doch als er genauer hinsah, wobei seine Nase fast das stockfleckige Papier berührte, erkannte er, dass die kürzere Linie horizontal über der längeren vertikalen verlief. Ein Kreuz.
Warum auch nicht? Black Earth war wie so viele Orte im ländlichen Norden Amerikas fest in der Hand frommer Christen, und das wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten.
Doch warum war ihm die Szenerie so vertraut?
»Hey – ach du Scheiße.«
Er trat aus der Haustür und ging über die rissigen Steinplatten bis zur Straße. Dort warf er erneut einen Blick auf die Skizze und dann zum Haus. Sein Haus, sein Grundstück. Neben ihm, schräg versetzt zur westlichen Grundstücksgrenze, stand ein Baum, dessen Wipfel das Gebäude um mindestens sieben Meter überragte und dessen Stamm so dick war wie drei Mann. Das Haus war mit Dachboden zweieinhalb Stockwerke hoch – also war der Baum weit über fünfzehn Meter. Conrad warf einen kurzen Blick auf das Album. Der riesige Baum stand genau dort, wo sich auf dem Bild der Schössling befand, und der sanft abfallende Hügel sah genauso aus wie Conrads Garten.
»Was sagt man dazu?«, bemerkte Conrad und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. Er hatte zwar keinen Schatz entdeckt, trotzdem freute er sich wie ein
Kind. Wenn die Angaben des Maklers stimmten, dann war der Baum, genau wie das Haus, über hundertvierzig Jahre alt. »Der Hausbaum.«
Die nächste Seite zeigte keine Zeichnung. Auf dem steifen, vergilbten Papier klebte ein Foto in ungewöhnlichem Format – ungefähr zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter. Es war sepiafarben, das Licht darauf wirkte geradezu rostig. In Form und Maßstab entsprach es der Skizze, aber damit endete auch jede Ähnlichkeit.
Die Personen, die sich vor dem komplett fertigen Haus aufgestellt hatten, sahen aus, als frören sie. Sie hatten die Arme verschränkt und wirkten verärgert darüber, dass sie für diesen Schnappschuss hinausbeordert worden waren. Es waren ausschließlich Frauen, Frauen aller Altersstufen, und alle trugen sackartige schwarze Kleider und weiße Häubchen wie Dienstmädchen oder Krankenschwestern. Unser kleines Geburtshaus. Vielleicht eine Familie … aber nein. Ihre Gesichter waren so bleich und ihre Mienen so finster, dass es sich nur um Angestellte handeln konnte. Nur bei einigen wenigen konnte er sich vorstellen, dass sie verwandt waren; die anderen unterschieden sich zu sehr, als dass sie einer Sippe entsprungen sein konnten.
Einer Sippe entsprungen.
Mein Gott, dachte er, bei ihrem Anblick denke ich schon in den Begriffen aus ihrer Zeit, und es fühlt sich ganz normal an. Nein, es fühlt sich angemessen an. Aber was ist – was war – der Anlass für dieses Foto? Wenn ein besonderer Tag verewigt werden sollte, warum dann die hängenden Schultern und finsteren Mienen? Der müde, gelangweilte Ausdruck in ihren eingesunkenen Augen? Ein paar von ihnen hatten den Blick abgewandt, als ob etwas oder jemand auf der Straße ihre
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hätte. Vielleicht hatten sie aber auch einfach nicht in die Kamera schauen wollen. Das kam ihm einleuchtender vor, denn sie konzentrierten sich nicht auf einen Punkt, sondern blickten in verschiedene Richtungen. Die Frauen wirkten allesamt unförmig, selbst die eine mit den großen Brüsten.
»Nein, damals hieß es Busen«, sagte Conrad zum Album. »Busen oder Büste, je nachdem, in welcher Gesellschaft sie sich befanden.«
Eine Frau in den Zwanzigern oder Dreißigern – es war schwer zu sagen, soviel er wusste, waren Frauen zur Jahrhundertwende doppelt so schnell gealtert wie heute – hatte die Röcke gerafft, als wollte sie über eine Pfütze steigen. Eine andere stand stocksteif mit einem Besen in den kräftigen Händen da.
Conrad schloss seine Betrachtung mit der Erkenntnis, dass all diese Frauen nur weniges gemeinsam hatten. Zum einen die schwarzen, knöchelhohen, spitz zulaufenden Schnürstiefel, die mit ihren dicken Sohlen und Metallösen fast männlich wirkten. Und zum anderen die Tatsache, dass nicht eine von ihnen lächelte. Nicht alle wirkten grimmig oder verärgert. Es schien nur so, als wären ihnen Freude oder auch nur ein gezwungenes Lächeln völlig fremd.
Seine Gedanken wanderten zu dem unsichtbaren Fotografen. War es der Arbeitgeber gewesen, der Besitzer des Hauses? Der Doktor? Oder ein Mann aus dem Ort mit der nötigen Ausrüstung und einem Blick für gelungene Fotos? Conrad tippte auf Letzteres, denn selbst für sein ungeübtes Auge war klar erkennbar, dass die Aufnahme trotz der düsteren Gestalten ziemlich gut war. Nichts, was man sich im Treppenhaus aufhängen wollte (sonst fiele womöglich jemand die Treppe hin
unter), aber trotzdem ein ziemlich eindrucksvolles Bild. In gewisser Hinsicht sogar fast schön.
Doch wer sagte, dass der Besitzer ein Mann war? Vielleicht war das Haus ausschließlich von Frauen bewohnt worden.
Geburtshelferinnen, Ammen.
Müttern, Töchtern, Enkelinnen.
Und wenn nicht alle gegangen waren?
Er sah sie sich alle noch einmal einzeln an und brachte dabei sein Gesicht so nah ans Foto, dass ihm ein säuerlich staubiger Geruch in die Nase drang.
Sein Blick wanderte suchend über das Bild.
Dann blieb er an einer Gestalt hängen, die er vorher übersehen hatte. Hoch aufgerichtet stand sie hinter der ersten Reihe auf der Verandastufe, so dass nur ihr Gesicht zwischen den Schultern der anderen Frauen zu erkennen war. Jetzt sah er sie deutlich. Er bemerkte ihren offenen Mund, sie hatte die Zähne gefletscht, als wollte sie zubeißen.
Nein. Unmöglich.
Doch da stand sie, bleich und hohläugig wie die anderen. Die große Frau mit dem pechschwarzen Haar starrte ihn fast hasserfüllt an, und er erkannte sie, natürlich erkannte er sie, denn ihr Gesicht war ihm zutiefst vertraut. Sie, mit der schwach erkennbaren blitzförmigen Narbe, der hinreißenden Fissur zwischen Nase und Oberlippe.
Unwillkürlich entfuhr ihm ein Schrei. Dann stürzte er ins Haus und ließ das Album, das ein hundert Jahre altes Foto seiner Frau zeigte, aufgeklappt auf dem Bürgersteig zurück.
Warum auch nicht? Black Earth war wie so viele Orte im ländlichen Norden Amerikas fest in der Hand frommer Christen, und das wahrscheinlich schon seit Jahrhunderten.
Doch warum war ihm die Szenerie so vertraut?
»Hey – ach du Scheiße.«
Er trat aus der Haustür und ging über die rissigen Steinplatten bis zur Straße. Dort warf er erneut einen Blick auf die Skizze und dann zum Haus. Sein Haus, sein Grundstück. Neben ihm, schräg versetzt zur westlichen Grundstücksgrenze, stand ein Baum, dessen Wipfel das Gebäude um mindestens sieben Meter überragte und dessen Stamm so dick war wie drei Mann. Das Haus war mit Dachboden zweieinhalb Stockwerke hoch – also war der Baum weit über fünfzehn Meter. Conrad warf einen kurzen Blick auf das Album. Der riesige Baum stand genau dort, wo sich auf dem Bild der Schössling befand, und der sanft abfallende Hügel sah genauso aus wie Conrads Garten.
»Was sagt man dazu?«, bemerkte Conrad und lächelte zum ersten Mal an diesem Tag. Er hatte zwar keinen Schatz entdeckt, trotzdem freute er sich wie ein
Kind. Wenn die Angaben des Maklers stimmten, dann war der Baum, genau wie das Haus, über hundertvierzig Jahre alt. »Der Hausbaum.«
Die nächste Seite zeigte keine Zeichnung. Auf dem steifen, vergilbten Papier klebte ein Foto in ungewöhnlichem Format – ungefähr zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter. Es war sepiafarben, das Licht darauf wirkte geradezu rostig. In Form und Maßstab entsprach es der Skizze, aber damit endete auch jede Ähnlichkeit.
Die Personen, die sich vor dem komplett fertigen Haus aufgestellt hatten, sahen aus, als frören sie. Sie hatten die Arme verschränkt und wirkten verärgert darüber, dass sie für diesen Schnappschuss hinausbeordert worden waren. Es waren ausschließlich Frauen, Frauen aller Altersstufen, und alle trugen sackartige schwarze Kleider und weiße Häubchen wie Dienstmädchen oder Krankenschwestern. Unser kleines Geburtshaus. Vielleicht eine Familie … aber nein. Ihre Gesichter waren so bleich und ihre Mienen so finster, dass es sich nur um Angestellte handeln konnte. Nur bei einigen wenigen konnte er sich vorstellen, dass sie verwandt waren; die anderen unterschieden sich zu sehr, als dass sie einer Sippe entsprungen sein konnten.
Einer Sippe entsprungen.
Mein Gott, dachte er, bei ihrem Anblick denke ich schon in den Begriffen aus ihrer Zeit, und es fühlt sich ganz normal an. Nein, es fühlt sich angemessen an. Aber was ist – was war – der Anlass für dieses Foto? Wenn ein besonderer Tag verewigt werden sollte, warum dann die hängenden Schultern und finsteren Mienen? Der müde, gelangweilte Ausdruck in ihren eingesunkenen Augen? Ein paar von ihnen hatten den Blick abgewandt, als ob etwas oder jemand auf der Straße ihre
Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hätte. Vielleicht hatten sie aber auch einfach nicht in die Kamera schauen wollen. Das kam ihm einleuchtender vor, denn sie konzentrierten sich nicht auf einen Punkt, sondern blickten in verschiedene Richtungen. Die Frauen wirkten allesamt unförmig, selbst die eine mit den großen Brüsten.
»Nein, damals hieß es Busen«, sagte Conrad zum Album. »Busen oder Büste, je nachdem, in welcher Gesellschaft sie sich befanden.«
Eine Frau in den Zwanzigern oder Dreißigern – es war schwer zu sagen, soviel er wusste, waren Frauen zur Jahrhundertwende doppelt so schnell gealtert wie heute – hatte die Röcke gerafft, als wollte sie über eine Pfütze steigen. Eine andere stand stocksteif mit einem Besen in den kräftigen Händen da.
Conrad schloss seine Betrachtung mit der Erkenntnis, dass all diese Frauen nur weniges gemeinsam hatten. Zum einen die schwarzen, knöchelhohen, spitz zulaufenden Schnürstiefel, die mit ihren dicken Sohlen und Metallösen fast männlich wirkten. Und zum anderen die Tatsache, dass nicht eine von ihnen lächelte. Nicht alle wirkten grimmig oder verärgert. Es schien nur so, als wären ihnen Freude oder auch nur ein gezwungenes Lächeln völlig fremd.
Seine Gedanken wanderten zu dem unsichtbaren Fotografen. War es der Arbeitgeber gewesen, der Besitzer des Hauses? Der Doktor? Oder ein Mann aus dem Ort mit der nötigen Ausrüstung und einem Blick für gelungene Fotos? Conrad tippte auf Letzteres, denn selbst für sein ungeübtes Auge war klar erkennbar, dass die Aufnahme trotz der düsteren Gestalten ziemlich gut war. Nichts, was man sich im Treppenhaus aufhängen wollte (sonst fiele womöglich jemand die Treppe hin
unter), aber trotzdem ein ziemlich eindrucksvolles Bild. In gewisser Hinsicht sogar fast schön.
Doch wer sagte, dass der Besitzer ein Mann war? Vielleicht war das Haus ausschließlich von Frauen bewohnt worden.
Geburtshelferinnen, Ammen.
Müttern, Töchtern, Enkelinnen.
Und wenn nicht alle gegangen waren?
Er sah sie sich alle noch einmal einzeln an und brachte dabei sein Gesicht so nah ans Foto, dass ihm ein säuerlich staubiger Geruch in die Nase drang.
Sein Blick wanderte suchend über das Bild.
Dann blieb er an einer Gestalt hängen, die er vorher übersehen hatte. Hoch aufgerichtet stand sie hinter der ersten Reihe auf der Verandastufe, so dass nur ihr Gesicht zwischen den Schultern der anderen Frauen zu erkennen war. Jetzt sah er sie deutlich. Er bemerkte ihren offenen Mund, sie hatte die Zähne gefletscht, als wollte sie zubeißen.
Nein. Unmöglich.
Doch da stand sie, bleich und hohläugig wie die anderen. Die große Frau mit dem pechschwarzen Haar starrte ihn fast hasserfüllt an, und er erkannte sie, natürlich erkannte er sie, denn ihr Gesicht war ihm zutiefst vertraut. Sie, mit der schwach erkennbaren blitzförmigen Narbe, der hinreißenden Fissur zwischen Nase und Oberlippe.
Unwillkürlich entfuhr ihm ein Schrei. Dann stürzte er ins Haus und ließ das Album, das ein hundert Jahre altes Foto seiner Frau zeigte, aufgeklappt auf dem Bürgersteig zurück.
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Autoren-Porträt von Christopher Ransom
Christopher Ransom hat Literaturwissenschaft studiert und in New York und Los Angeles als Drehbuchautor gearbeitet. Schon als Kind verschlang er die Bücher von Stephen King eine Leidenschaft, die bis heute anhält und sich in seinen Thrillern widerspiegelt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Christopher Ransom
- 2009, 432 Seiten, Maße: 12 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Marie Rahn
- Übersetzer: Marie Rahn
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548280420
- ISBN-13: 9783548280424
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