Das kommt mir spanisch vor
Madrid für Anfänger. Originalausgabe
Wenn eine deutsche Familie nach Spanien zieht, noch dazu mitten nach Madrid, ist das nicht nur ein großes Abenteuer, sondern man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Lesen Sie z.B. wie sich die vielgerühmte Lässigkeit des spanischen...
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Produktinformationen zu „Das kommt mir spanisch vor “
Wenn eine deutsche Familie nach Spanien zieht, noch dazu mitten nach Madrid, ist das nicht nur ein großes Abenteuer, sondern man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Lesen Sie z.B. wie sich die vielgerühmte Lässigkeit des spanischen Autofahrers als grobe Fahrlässigkeit entpuppt.
Klappentext zu „Das kommt mir spanisch vor “
Eine deutsche Familie zieht nach Spanien, mitten nach Madrid! Hier im beliebtesten Urlaubsland der Deutschen findet man als Zugewanderter viele Dinge recht erstaunlich: So wird zum Beispiel die vielgerühmte Lässigkeit des spanischen Autofahrers bei genauerem Hinsehen zur groben Fahr-Lässigkeit, das leckere bunte Essen, das einem überall und jederzeit als Tapas serviert wird, entpuppt sich als extrem fettig. Hochreligiöse Oster-Prozessionen arten in fröhliche Besäufnisse aus, und auch sonst fällt die Eingewöhnung nicht so leicht wie erhofft. Außerdem stellen sich bei allen Familienmitgliedern vorher nie gekannte Gelüste nach Christstollen und Lebkuchen ein. Doch es dauert nicht lange, und keiner will mehr ins kalte Deutschland zurück. Denn Tapas müssen einfach fettig sein!
Lese-Probe zu „Das kommt mir spanisch vor “
Das kommt mir spanisch vor von Andrea Parr 1Ein neues Leben
Die Entscheidung, vor einigen Jahren nach Spanien zu gehen, hatte sowohl berufliche als auch private Gründe. Wir Familienoberhäupter sind beide selbständig, also beruflich relativ unabhängig, und so fiel unsere Wahl auf das Lieblings-Sommer-Urlaubsland der Deutschen, weil der Kindsvater, der in Sachen Umwelt zugange ist, ohnehin schon immer jobbedingt zwischen Ländern und Kontinenten pendelte und seit mehreren Jahren auch ein Büro in Madrid unterhält. Somit war es egal, wohin wir die »Basis« verlagern würden. Die Kindsmutter hatte überdies das deutsche Bildungssystem im Allgemeinen und das bayerische Schulwesen im Besonderen so was von satt, dass uns der Entschluss, mal rasch das Land zu wechseln, recht leicht fiel.
Zumindest auf Elternseite.
»Danke, dass ihr mir mein Leben versaut, vielen Dank! Was soll ich denn in Spanien?«, zeterte der eine Sohn, der ältere. »Und alle Freunde verliere ich!« Mit immerhin knapp fünfzehn stand er in der Blüte seiner Jahre und fürchtete um sämtliche Sozialkontakte. »Das sind Freundschaften, die habe ich mir EIN LEBEN LANG aufgebaut«, erklärte er mit bebenden Lippen und dramatischem Tremolo. »Meine besten Freunde sind doch hier.«
... mehr
Da ich nicht genau wusste, von welchen seiner knapp tausend besten Freunden er da sprach, fiel meine Antwort lakonisch aus: »Gute Freunde bleiben immer gute Freunde vorausgesetzt, sie sind auch wirklich gute Freunde.«
Diese Binsenweisheit ließ er erwartungsgemäß nicht gelten, maulte und fing aus Rache und tiefer Verzweiflung über sein von nun an verpfuschtes Leben das Rauchen an.
»Es ist doch zunächst einmal für ein Jahr, und wenn es euch nicht gefällt, kehren wir heim«, trösteten wir Eltern, die wir ursprünglich nicht länger als insgesamt ein Auslandsjahr der Besinnung, der Katharsis für die gesamte Familie geplant hatten.
Dass daraus vier Jahre bis jetzt werden sollten, ahnte zu diesem Zeitpunkt niemand. »Außerdem ist es ja nur ein Katzensprung bis Madrid, wir könnten auch nach Südamerika, wenn wir wollten, da wärt ihr echt weitab vom Schuss«, fügte ich versöhnlich hinzu. Vergeblich. Unser Großer blieb untröstlich. Der andere Sohn, der kleine, damals gerade zwölf geworden, hielt sich bedeckt, wiegte nur bedenklich das Haupt und hatte ein bisschen Angst vor der neuen Umgebung, sprich der neuen Schule. Er war jedoch auch neugierig und konstatierte vergnügt: »Dann hat sich ja wenigstens mein Latein gelohnt!« Das würde ihm fürs Spanische sicher zupasskommen.
An ihm versinnbildlichte sich somit aufs Schönste das geflügelte Wort non scholae sed vitae discimus, denn er war der Meinung, dass er nach immerhin zwei Jahren Latein-Schnelldurchlauf G8 mit allen Konjugationen parallel und AcI im ersten Jahr an einem bayerischen Gymnasium genug fürs Leben, und somit für Spanien, gelernt hatte.
Nur ein bisschen schnell ging es auch ihm. In den Pfingstferien, ungefähr im Juni, kam die Ankündigung, dass im Sommer Abmarsch sein sollte die Entscheidung fiel also nicht über Nacht, uns blieben noch gut acht Wochen!
Ende Juli hatten wir noch immer keine Wohnung. Die Verachtung der Kinder war grenzenlos.
»Also, andere Eltern planen irgendwie besser«,tönte vorwurfsvoll der eine Sohn, der kleine Sohn.
Der andere, der große, sprach nicht mehr mit uns, soweit ich mich erinnern kann.
Doch wir waren entspannt bis kaltblütig, schließlich kannten wir Land und Sprache und hatten auch
schon in anderen fremden Ländern gewohnt, allerdings VOR der Geburt unserer Lieblinge.
Ungerührt er hatte ja noch ein paar Tage Spielraum, bis die Familie ankommen würde besichtigte der vorausgereiste Kindsvater derweil in Madrid einige Wohnungen, wenn er Zeit und Lust hatte. Unterdessen schritt die Kindsmutter am heimischen oberbayerischen Computer virtuell durch Räume und Straßen im sonnigen Süden, ebenfalls unermüdlich auf der Suche nach der ultimativen Wohnung im ultimativen Viertel mit der ultimativen Infrastruktur. Trotz aller eindrucksvollen Bilder irgendwie noch ganz weit weg vom echten Spanien und von den »gefühlten« Temperaturen, die später die gesamte Familie schätzen lernen sollte.
»Oh, wie ich es liebe, wenn mir vor lauter Hitze die Luft wegbleibt«, sagte in jenem ersten Sommer in
Madrid einer der Söhne.
Es war so unheimlich heiß damals für uns Ankömmlinge, dass wir in der glühenden, nahezu klebrigen
Sommerhitze an jeder Ecke Wasser kaufen mussten, um nicht völlig zu dehydrieren, und uns dann völlig erschöpft ein paar Meter weiter bis zum nächsten kleinen Einkaufsladen schleppten, um dort erneut ein kühles Getränk zu erstehen.
Es ist durchaus verständlich, dass in Spanien das Bier, das sehr viel leichter als das deutsche ist, normalerweise in recht kleinen, oft eisgekühlten Gläsern, cañas genannt, ausgeschenkt wird, übrigens sehr zum Amüsement unserer deutschen (nicht nur bayerischen) Besucher.
»Was ist DAS denn?«, fragen sie lachend, wenn man ihnen das erste Mal die winzigen Gläschen vom Typ Fingerhut serviert. Und sind später froh, denn mehr würden sie in der normalen spanischen Sommerhitze gar nicht überleben.
Mittlerweile haben wir uns akklimatisiert, glauben nicht mehr, nach fünfzig Metern madrilenisch glühendem Pflaster zu verdursten, und werfen wie jeder echte Spanier beim ersten lauen Sommerwind selbstverständlich sofort das Wolljäckchen über ebenfalls zum großen Amüsement unserer Besucher aus der Heimat. Doch damals, in jenem Sommer in Bayern, waren
wir noch weit entfernt von künftigen atemberaubenden Temperaturen. Da hieß es erst mal schnell eine Wohnung finden, und zwar mittendrin in Madrid.
Noch im Oberbayrischen tat ich mein Bestes und ging die Sache generalstabsmäßig Viertel für Viertel an. Gepriesen seien die Internetportale, die so etwas ermöglichen. Ich checkte die Fassade des Gebäudes, in dem die zu mietende Wohnung lag, sowie die Fassaden der gegenüberliegenden und benachbarten Häuser auf kleine schmiedeeiserne Balkongitter, den sogenannten balcón francés, schritt die Straßen ab ohne Bäume ging schon mal gar nichts und betrachtete die umliegenden Geschäfte sowie deren Schaufenster. Wichtig war auch eine in nicht allzu weiter Ferne liegende Grünfläche für den Hund. Das erste Gassigehen fand damit virtuell statt.
Ich verbrachte sehr viel Zeit mit dem Betrachten sehr vieler Wohnungen, verlor mich nahezu und träumte die absurdesten Wohnträume. Ja, man findet schon ganz tolle Sachen für zwölftausend Euro monatlich! Und wie groß war die Enttäuschung, wenn ich mir ein schier unfassbar günstiges Angebot ausgeguckt hatte, von dem sich dann bei genauem Hinsehen herausstellte, dass es sich dabei nur um die Garage des Traumobjekts handelte.
Während ich die Webseiten von spanischen Immobilienportalen durchsuchte, ab und zu mit dem einen oder anderen Makler telefonierte und ansonsten nicht weiter rumstresste, wurden die Kinder immer nervöser. Sie litten etwas darunter, dass der eine oder andere Freund und Tennistrainer sich besorgt bis unverständig zeigten. »In zwei Wochen geht ihr weg und habt noch immer nichts zum Wohnen?«
Ich versicherte den beiden, dass sie sich nicht zu sorgen brauchten. Wir wollten nichts überstürzen, denn wir wussten, dass man in Spanien schnell mietet.
Da wird ruck, zuck umgezogen, von heute auf morgen, lästige monatelange Kündigungsfristen und diverse endlose Vorläufe wie hier in Deutschland gibt es dort nicht. Die pekuniären Konditionen sind allerdings etwas anders: Zur laufenden Miete, en curso, wird eine fianza hinzugerechnet, die der deutschen Kaution entspricht und üblicherweise eine oder mehrere Monatsmieten umfasst. Hinzu kommt die Apanage für die agencia, das Maklerbüro, in der Regel eine Monatsmiete. In Spanien weit verbreitet ist leider auch der aval, eine Art Bankkaution, die bis zu zwölf (!) Monatsmieten hoch sein kann, obwohl das offiziell nicht erlaubt ist. Meist werden drei bis sechs Monatsmieten gefordert, die dann während der Mietzeit quasi eingefroren sind, für eventuelle Regressansprüche des Vermieters wegen Beschädigungen oder Mietausfall. Gern gesehen bis unabdinglich eigentlich ist auch die nómina, die Gehaltsabrechnung oder der Arbeitsvertrag.
Wir hatten diverse Erlebnisse der anderen Art bei mehreren spanischen Mietobjekten, doch zunächst und generell lässt sich sagen, dass der spanische Vermieter panische Angst hat vor insolventen Mietern, vor Mietnomaden und vor besetzten Wohnungen und das gar nicht mal zu Unrecht. Seit kurzem ist ein neues Gesetz im Gespräch, das dem Eigentümer erlaubt, nach zwei Monaten ausstehender Miete die vermietete Wohnung räumen zu lassen. Bisher konnten sich bankrotte Mieter jahrelang ungestraft festsetzen.
»Wieso zahlen WIR eigentlich Miete?«, fragt der Kindsvater bisweilen launisch, wenn spanische Freunde mal wieder von ihrer Ohnmacht gegenüber säumigen Mietern erzählen.
¿Como levantar un muro? Wie überwindet man eine Mauer? oder ¿Como abrir cerraduras sin llave? Wie öffnet man Schlösser ohne Schlüssel?, kurz: Wie bricht man ein?, hieß es letztens auf einem Seminar.
Zusätzlich unterwies eine Gruppe von Anwälten unter dem fröhlichen Motto okupa Madrid, besetze Madrid, die interessierte Hörerschaft im richtigen Verhalten für den Fall einer Zwangsräumung: Wie widersetzt man sich am geschicktesten der Polizeigewalt in einem besetzten Haus? Das sind Themen, das ist Anarchie, das ist Madrid!
Diese Binsenweisheit ließ er erwartungsgemäß nicht gelten, maulte und fing aus Rache und tiefer Verzweiflung über sein von nun an verpfuschtes Leben das Rauchen an.
»Es ist doch zunächst einmal für ein Jahr, und wenn es euch nicht gefällt, kehren wir heim«, trösteten wir Eltern, die wir ursprünglich nicht länger als insgesamt ein Auslandsjahr der Besinnung, der Katharsis für die gesamte Familie geplant hatten.
Dass daraus vier Jahre bis jetzt werden sollten, ahnte zu diesem Zeitpunkt niemand. »Außerdem ist es ja nur ein Katzensprung bis Madrid, wir könnten auch nach Südamerika, wenn wir wollten, da wärt ihr echt weitab vom Schuss«, fügte ich versöhnlich hinzu. Vergeblich. Unser Großer blieb untröstlich. Der andere Sohn, der kleine, damals gerade zwölf geworden, hielt sich bedeckt, wiegte nur bedenklich das Haupt und hatte ein bisschen Angst vor der neuen Umgebung, sprich der neuen Schule. Er war jedoch auch neugierig und konstatierte vergnügt: »Dann hat sich ja wenigstens mein Latein gelohnt!« Das würde ihm fürs Spanische sicher zupasskommen.
An ihm versinnbildlichte sich somit aufs Schönste das geflügelte Wort non scholae sed vitae discimus, denn er war der Meinung, dass er nach immerhin zwei Jahren Latein-Schnelldurchlauf G8 mit allen Konjugationen parallel und AcI im ersten Jahr an einem bayerischen Gymnasium genug fürs Leben, und somit für Spanien, gelernt hatte.
Nur ein bisschen schnell ging es auch ihm. In den Pfingstferien, ungefähr im Juni, kam die Ankündigung, dass im Sommer Abmarsch sein sollte die Entscheidung fiel also nicht über Nacht, uns blieben noch gut acht Wochen!
Ende Juli hatten wir noch immer keine Wohnung. Die Verachtung der Kinder war grenzenlos.
»Also, andere Eltern planen irgendwie besser«,tönte vorwurfsvoll der eine Sohn, der kleine Sohn.
Der andere, der große, sprach nicht mehr mit uns, soweit ich mich erinnern kann.
Doch wir waren entspannt bis kaltblütig, schließlich kannten wir Land und Sprache und hatten auch
schon in anderen fremden Ländern gewohnt, allerdings VOR der Geburt unserer Lieblinge.
Ungerührt er hatte ja noch ein paar Tage Spielraum, bis die Familie ankommen würde besichtigte der vorausgereiste Kindsvater derweil in Madrid einige Wohnungen, wenn er Zeit und Lust hatte. Unterdessen schritt die Kindsmutter am heimischen oberbayerischen Computer virtuell durch Räume und Straßen im sonnigen Süden, ebenfalls unermüdlich auf der Suche nach der ultimativen Wohnung im ultimativen Viertel mit der ultimativen Infrastruktur. Trotz aller eindrucksvollen Bilder irgendwie noch ganz weit weg vom echten Spanien und von den »gefühlten« Temperaturen, die später die gesamte Familie schätzen lernen sollte.
»Oh, wie ich es liebe, wenn mir vor lauter Hitze die Luft wegbleibt«, sagte in jenem ersten Sommer in
Madrid einer der Söhne.
Es war so unheimlich heiß damals für uns Ankömmlinge, dass wir in der glühenden, nahezu klebrigen
Sommerhitze an jeder Ecke Wasser kaufen mussten, um nicht völlig zu dehydrieren, und uns dann völlig erschöpft ein paar Meter weiter bis zum nächsten kleinen Einkaufsladen schleppten, um dort erneut ein kühles Getränk zu erstehen.
Es ist durchaus verständlich, dass in Spanien das Bier, das sehr viel leichter als das deutsche ist, normalerweise in recht kleinen, oft eisgekühlten Gläsern, cañas genannt, ausgeschenkt wird, übrigens sehr zum Amüsement unserer deutschen (nicht nur bayerischen) Besucher.
»Was ist DAS denn?«, fragen sie lachend, wenn man ihnen das erste Mal die winzigen Gläschen vom Typ Fingerhut serviert. Und sind später froh, denn mehr würden sie in der normalen spanischen Sommerhitze gar nicht überleben.
Mittlerweile haben wir uns akklimatisiert, glauben nicht mehr, nach fünfzig Metern madrilenisch glühendem Pflaster zu verdursten, und werfen wie jeder echte Spanier beim ersten lauen Sommerwind selbstverständlich sofort das Wolljäckchen über ebenfalls zum großen Amüsement unserer Besucher aus der Heimat. Doch damals, in jenem Sommer in Bayern, waren
wir noch weit entfernt von künftigen atemberaubenden Temperaturen. Da hieß es erst mal schnell eine Wohnung finden, und zwar mittendrin in Madrid.
Noch im Oberbayrischen tat ich mein Bestes und ging die Sache generalstabsmäßig Viertel für Viertel an. Gepriesen seien die Internetportale, die so etwas ermöglichen. Ich checkte die Fassade des Gebäudes, in dem die zu mietende Wohnung lag, sowie die Fassaden der gegenüberliegenden und benachbarten Häuser auf kleine schmiedeeiserne Balkongitter, den sogenannten balcón francés, schritt die Straßen ab ohne Bäume ging schon mal gar nichts und betrachtete die umliegenden Geschäfte sowie deren Schaufenster. Wichtig war auch eine in nicht allzu weiter Ferne liegende Grünfläche für den Hund. Das erste Gassigehen fand damit virtuell statt.
Ich verbrachte sehr viel Zeit mit dem Betrachten sehr vieler Wohnungen, verlor mich nahezu und träumte die absurdesten Wohnträume. Ja, man findet schon ganz tolle Sachen für zwölftausend Euro monatlich! Und wie groß war die Enttäuschung, wenn ich mir ein schier unfassbar günstiges Angebot ausgeguckt hatte, von dem sich dann bei genauem Hinsehen herausstellte, dass es sich dabei nur um die Garage des Traumobjekts handelte.
Während ich die Webseiten von spanischen Immobilienportalen durchsuchte, ab und zu mit dem einen oder anderen Makler telefonierte und ansonsten nicht weiter rumstresste, wurden die Kinder immer nervöser. Sie litten etwas darunter, dass der eine oder andere Freund und Tennistrainer sich besorgt bis unverständig zeigten. »In zwei Wochen geht ihr weg und habt noch immer nichts zum Wohnen?«
Ich versicherte den beiden, dass sie sich nicht zu sorgen brauchten. Wir wollten nichts überstürzen, denn wir wussten, dass man in Spanien schnell mietet.
Da wird ruck, zuck umgezogen, von heute auf morgen, lästige monatelange Kündigungsfristen und diverse endlose Vorläufe wie hier in Deutschland gibt es dort nicht. Die pekuniären Konditionen sind allerdings etwas anders: Zur laufenden Miete, en curso, wird eine fianza hinzugerechnet, die der deutschen Kaution entspricht und üblicherweise eine oder mehrere Monatsmieten umfasst. Hinzu kommt die Apanage für die agencia, das Maklerbüro, in der Regel eine Monatsmiete. In Spanien weit verbreitet ist leider auch der aval, eine Art Bankkaution, die bis zu zwölf (!) Monatsmieten hoch sein kann, obwohl das offiziell nicht erlaubt ist. Meist werden drei bis sechs Monatsmieten gefordert, die dann während der Mietzeit quasi eingefroren sind, für eventuelle Regressansprüche des Vermieters wegen Beschädigungen oder Mietausfall. Gern gesehen bis unabdinglich eigentlich ist auch die nómina, die Gehaltsabrechnung oder der Arbeitsvertrag.
Wir hatten diverse Erlebnisse der anderen Art bei mehreren spanischen Mietobjekten, doch zunächst und generell lässt sich sagen, dass der spanische Vermieter panische Angst hat vor insolventen Mietern, vor Mietnomaden und vor besetzten Wohnungen und das gar nicht mal zu Unrecht. Seit kurzem ist ein neues Gesetz im Gespräch, das dem Eigentümer erlaubt, nach zwei Monaten ausstehender Miete die vermietete Wohnung räumen zu lassen. Bisher konnten sich bankrotte Mieter jahrelang ungestraft festsetzen.
»Wieso zahlen WIR eigentlich Miete?«, fragt der Kindsvater bisweilen launisch, wenn spanische Freunde mal wieder von ihrer Ohnmacht gegenüber säumigen Mietern erzählen.
¿Como levantar un muro? Wie überwindet man eine Mauer? oder ¿Como abrir cerraduras sin llave? Wie öffnet man Schlösser ohne Schlüssel?, kurz: Wie bricht man ein?, hieß es letztens auf einem Seminar.
Zusätzlich unterwies eine Gruppe von Anwälten unter dem fröhlichen Motto okupa Madrid, besetze Madrid, die interessierte Hörerschaft im richtigen Verhalten für den Fall einer Zwangsräumung: Wie widersetzt man sich am geschicktesten der Polizeigewalt in einem besetzten Haus? Das sind Themen, das ist Anarchie, das ist Madrid!
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Autoren-Porträt von Andrea Parr
Andrea Parr, Jahrgang 1960, ist promovierte Theaterwissenschaftlerin, freie Schriftstellerin und Drehbuchautorin. Die Autorin hat bereits mehrere Sachbücher, Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht. Sie hat zwei Kinder und lebt in Madrid.
Bibliographische Angaben
- Autor: Andrea Parr
- 2009, 320 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548281532
- ISBN-13: 9783548281537
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