Das Regenmädchen
Kriminalroman
Manche Engel müssen sterben
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das Regenmädchen “
Manche Engel müssen sterben
Klappentext zu „Das Regenmädchen “
Eine regennasse Fahrbahn. Einzelne Autos, die vorbeirauschen. Ein grauer Morgen. Als Kommissarin Franza Oberwieser an den Tatort kommt, trifft sie der Anblick der Toten wie ein Schlag. Ein schönes junges Mädchen in einem glitzernden Ballkleid liegt verrenkt am Straßenrand. Franza beginnt Fragen zu stellen und begegnet nur Menschen, die etwas zu verbergen haben. Dunkle Seiten, Abgründe, Lügen. Die Tote kannte sie alle. Musste sie deshalb sterben?
Lese-Probe zu „Das Regenmädchen “
Gabi Kreslehner von Das Regenmädchen5Sie hatten eine Plane über sie gelegt. So war sie geschützt
vor dem Regen und den neugierigen Blicken der
Autofahrer, die langsam an der Unfallstelle vorbeigeschleust
wurden.
Sie war jung, so jung, wie keiner sterben sollte, und
sie hatte diese Zartheit an sich, die den Toten anhaftete,
wenn sie sich noch zwischen den Welten befanden,
zwischen den Himmeln, nicht mehr hier, aber
auch noch nicht dort, irgendwo dazwischen eben, um
ihr, Franza, etwas zu sagen, was sie wissen musste,
damit sie sie vertreten konnte, hier, denn das musste
sie ja, wer sonst sollte es noch tun.
In zwei Tagen schon würde das Mädchen sich verwandelt
haben, würde alles abgefallen sein, was sie
hier noch hielt, würde sie klar und gerade sein wie nie
und tatsächlich gegangen. Dann, wusste Franza, sollte
ihr Wissen sich übertragen haben auf sie, zumindest
ein Ahnen.
Herz verstand das nicht, hielt das für eine Verrücktheit.
Aber immer ließ er ihr diese Augenblicke, alle
ließen sie ihr, diese Augenblicke zwischen den Himmeln,
wenn sie fragte, was ist geschehen, und sie es
noch nicht sagten. Sie - die da lagen, verrenkt oder
gerade, besudelt oder gereinigt, immer aber angetan
mit dem Tod, immer schweigend.
»Sei gewappnet«, hatte Herz gesagt. »Sie ist jung.«
Aber man war nie gewappnet, nie genug. Franza
schüttelte den Kopf, nein, nie genug, und spürte ein
Seufzen, ein Schluchzen und schluckte es zurück.
Ich kann das nicht mehr, dachte sie. Ich kann das
nicht mehr. Ich bin zu alt. Ich brauche einen anderen
Job.
... mehr
Sie dachte das jedes Mal, bevor sie vor die Toten
trat, ihnen in die Augen blickte und ihre Botschaften
empfing. Und blieb dann. Und ermittelte. Und klärte
auf. Es war wie eine Sucht. Oder ein Auftrag.
Das Mädchen lag am Rand der Fahrbahn auf dem
Wiesenstreifen, klein, dünn, ein Vögelchen, ein Bachstelzchen,
heruntergefallen vom Leben.
Es hatte in ihr Gesicht geregnet, in ihre Augen hinein,
die immer noch geöffnet waren, Haselnüsse,
braun. Es schien, als blickten sie hinein in eine Weite,
die endlos war, als hätten sie plötzlich ein Wissen in
sich, das keiner haben konnte, der noch von dieser
Welt war.
Das Haar war in einer Mischung von Blut, Regen
und Schmutz verklebt, unkenntlich die Farbe, ein
dunkles Braun wahrscheinlich, an der Grenze zum
Schwarz. Eine Strähne lag quer über ihr Gesicht,
schnitt es in zwei Hälften. Vorsichtig schob Franza das
Haar zurück, da wurden die beiden Hälften wieder
eins.
Schlaf, dachte Franza, schlaf. Ruh dich aus, mein
Mädchen, meine Süße, und verharrte für den Bruchteil
einer Sekunde über den offenen Augen und schloss sie
dann.
Schließlich richtete sie sich auf und trat einen Schritt
zurück. Die Tote trug keine Schuhe, keine Strümpfe,
das Kleid war hochgeschoben. Im Übrigen musste es
ein besonderes Kleid gewesen sein, Pailletten und
Perlenschnüre auf silbernem Stoff, ein kostbares
Kleinod, nun aber glimmte es nicht mehr, war zerstört
und durchtränkt von Blut und Schmutz - wie seine
Trägerin.
»Wir haben keinen Namen«, sagte Herz, der langsam
herangekommen war und die letzten Augenblicke
schweigend neben Franza gestanden hatte. »Sie trug
keine Papiere bei sich, keine Tasche, keinen Rucksack,
kein Handy, nichts.«
»Sie ist kaum älter als Ben«, sagte Franza.
»Ich weiß«, sagte Herz.
Der Himmel war ein gedämpftes Blau, ein halbes
Singen. Der Regen hatte aufgehört.
Marie am Straßenrand, Titten wie Honigmelonen.
»Hei Benny!«, sagte sie, nachdem er gewendet und
neben ihr angehalten hatte. »Kann ich bei dir mitfahren?
«
Wenn sie lachte, Marie, mit offenem Mund, sah
man einen winzigen Mond, Silberschmuck auf dem
Weiß ihrer Zähne.
Sie fragte nach dem Besitzer des Autos. »Ist der
Zweitwagen meines Vaters«, sagte Ben. »Aber ich
kann ihn haben, wenn er ihn nicht braucht. Und er
braucht ihn so gut wie nie, hat ja auch einen Erst-
wagen.« Er grinste.
»Toll!«, sagte sie. »Das eröffnet Möglichkeiten.«
Er musterte sie kurz von der Seite und bemühte
sich, den Wagen auf der Straße zu halten. »Ja?«, fragte
er. »Findest du?«
»Ja«, sagte sie. »Finde ich.«
Sie wandte ihr Gesicht ab, blickte hinaus auf die
Straße, lächelte ein bisschen und wippte den Takt des
Songs mit, der das Auto so dicht erfüllte, dass sonst
nichts mehr Platz hatte.
»Lass uns abhauen«, sagte sie endlich, aber so leise,
dass er es nicht verstand. Er drehte die Musik leiser.
»Was?«
»Abhauen!«, wiederholte sie. »Einfach abhauen!
Irgendwohin. Wo uns keiner kennt! Wo wir Fremde
sind.«
Er erschrak. Das war nicht nach seinem Geschmack,
aber das konnte er schlecht zeigen. Sie gefiel
ihm, und das sollte auch umgekehrt so sein. Also
zuckte er mit den Schultern.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich weiß nicht. Meinst
du wirklich?«
Sie wandte den Kopf und schaute ihn an. Immer
noch wippte sie den Takt. Ihre Augen glänzten wie
frisch polierte Äpfel. »Ich möchte dich ein bisschen
kosten«, sagte sie. »Ich glaube, du bist süß.«
Ihre Hand huschte über seinen Arm, sein Knie,
er spürte, wie alle Härchen sich aufstellten und seine
Hose eng wurde. Mühsam brachte er das Auto am
Straßenrand zum Stehen, ehe es zu schlingern begann.
Marie lachte leise. »Ja«, sagte sie. »Wirklich sehr
süß.«
Dann küsste sie ihn. Ins Ohr. Dass es PENG
machte. In die Mulde zwischen Hals und Schlüsselbein.
Ganz leicht, ein Lufthauch.
»Also du bist ...«, murmelte er atemlos, »also ich
weiß nicht.«
Sie lachte leise, und er sagte nichts mehr. Ihre Zungenspitze
kreiselte sachte um sein Auge. Er zitterte.
Ein bisschen nur. Aber immerhin.
Sie dachte das jedes Mal, bevor sie vor die Toten
trat, ihnen in die Augen blickte und ihre Botschaften
empfing. Und blieb dann. Und ermittelte. Und klärte
auf. Es war wie eine Sucht. Oder ein Auftrag.
Das Mädchen lag am Rand der Fahrbahn auf dem
Wiesenstreifen, klein, dünn, ein Vögelchen, ein Bachstelzchen,
heruntergefallen vom Leben.
Es hatte in ihr Gesicht geregnet, in ihre Augen hinein,
die immer noch geöffnet waren, Haselnüsse,
braun. Es schien, als blickten sie hinein in eine Weite,
die endlos war, als hätten sie plötzlich ein Wissen in
sich, das keiner haben konnte, der noch von dieser
Welt war.
Das Haar war in einer Mischung von Blut, Regen
und Schmutz verklebt, unkenntlich die Farbe, ein
dunkles Braun wahrscheinlich, an der Grenze zum
Schwarz. Eine Strähne lag quer über ihr Gesicht,
schnitt es in zwei Hälften. Vorsichtig schob Franza das
Haar zurück, da wurden die beiden Hälften wieder
eins.
Schlaf, dachte Franza, schlaf. Ruh dich aus, mein
Mädchen, meine Süße, und verharrte für den Bruchteil
einer Sekunde über den offenen Augen und schloss sie
dann.
Schließlich richtete sie sich auf und trat einen Schritt
zurück. Die Tote trug keine Schuhe, keine Strümpfe,
das Kleid war hochgeschoben. Im Übrigen musste es
ein besonderes Kleid gewesen sein, Pailletten und
Perlenschnüre auf silbernem Stoff, ein kostbares
Kleinod, nun aber glimmte es nicht mehr, war zerstört
und durchtränkt von Blut und Schmutz - wie seine
Trägerin.
»Wir haben keinen Namen«, sagte Herz, der langsam
herangekommen war und die letzten Augenblicke
schweigend neben Franza gestanden hatte. »Sie trug
keine Papiere bei sich, keine Tasche, keinen Rucksack,
kein Handy, nichts.«
»Sie ist kaum älter als Ben«, sagte Franza.
»Ich weiß«, sagte Herz.
Der Himmel war ein gedämpftes Blau, ein halbes
Singen. Der Regen hatte aufgehört.
Marie am Straßenrand, Titten wie Honigmelonen.
»Hei Benny!«, sagte sie, nachdem er gewendet und
neben ihr angehalten hatte. »Kann ich bei dir mitfahren?
«
Wenn sie lachte, Marie, mit offenem Mund, sah
man einen winzigen Mond, Silberschmuck auf dem
Weiß ihrer Zähne.
Sie fragte nach dem Besitzer des Autos. »Ist der
Zweitwagen meines Vaters«, sagte Ben. »Aber ich
kann ihn haben, wenn er ihn nicht braucht. Und er
braucht ihn so gut wie nie, hat ja auch einen Erst-
wagen.« Er grinste.
»Toll!«, sagte sie. »Das eröffnet Möglichkeiten.«
Er musterte sie kurz von der Seite und bemühte
sich, den Wagen auf der Straße zu halten. »Ja?«, fragte
er. »Findest du?«
»Ja«, sagte sie. »Finde ich.«
Sie wandte ihr Gesicht ab, blickte hinaus auf die
Straße, lächelte ein bisschen und wippte den Takt des
Songs mit, der das Auto so dicht erfüllte, dass sonst
nichts mehr Platz hatte.
»Lass uns abhauen«, sagte sie endlich, aber so leise,
dass er es nicht verstand. Er drehte die Musik leiser.
»Was?«
»Abhauen!«, wiederholte sie. »Einfach abhauen!
Irgendwohin. Wo uns keiner kennt! Wo wir Fremde
sind.«
Er erschrak. Das war nicht nach seinem Geschmack,
aber das konnte er schlecht zeigen. Sie gefiel
ihm, und das sollte auch umgekehrt so sein. Also
zuckte er mit den Schultern.
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich weiß nicht. Meinst
du wirklich?«
Sie wandte den Kopf und schaute ihn an. Immer
noch wippte sie den Takt. Ihre Augen glänzten wie
frisch polierte Äpfel. »Ich möchte dich ein bisschen
kosten«, sagte sie. »Ich glaube, du bist süß.«
Ihre Hand huschte über seinen Arm, sein Knie,
er spürte, wie alle Härchen sich aufstellten und seine
Hose eng wurde. Mühsam brachte er das Auto am
Straßenrand zum Stehen, ehe es zu schlingern begann.
Marie lachte leise. »Ja«, sagte sie. »Wirklich sehr
süß.«
Dann küsste sie ihn. Ins Ohr. Dass es PENG
machte. In die Mulde zwischen Hals und Schlüsselbein.
Ganz leicht, ein Lufthauch.
»Also du bist ...«, murmelte er atemlos, »also ich
weiß nicht.«
Sie lachte leise, und er sagte nichts mehr. Ihre Zungenspitze
kreiselte sachte um sein Auge. Er zitterte.
Ein bisschen nur. Aber immerhin.
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Autoren-Porträt von Gabi Kreslehner
Kreslehner, GabiGabi Kreslehner wurde 1965 in Linz geboren. Sie lebt mit ihrer Familie in Oberösterreich und arbeitet als Lehrerin. Für ihr Jugendbuch Charlottes Traum erhielt sie u.a. den Österreichischen Staatspreis für Kinder- und Jugendliteratur 2010. Das Regenmädchen ist ihr erster Kriminalroman. 2014 erschien Rabenschwestern, ihr zweiter Roman mit Kommissarin Franza Oberwieser.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gabi Kreslehner
- 2012, 304 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548610803
- ISBN-13: 9783548610801
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