Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Ein Wegweiser durch den Irrgarten der deutschen Sprache. Die Zwiebelfisch-Kolumnen von SPIEGEL-ONLINE. Originalausgabe
Schluss mit falscher Zeichensetzung und langweiligem Grammatik-Training!
"Gutes Deutsch lernen Sie schneller bei Bastian Sick!"
ARD
Erst ein Bestseller, dann zwei, dann drei....
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Buch
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod “
Schluss mit falscher Zeichensetzung und langweiligem Grammatik-Training!
"Gutes Deutsch lernen Sie schneller bei Bastian Sick!"
ARD
Erst ein Bestseller, dann zwei, dann drei. Die Fehlersuche in den Abgründen der deutschen Grammatik ist "dem Sick sein Hobby." Und wer hätte das gedacht: Ein Sprachführer wird zum absoluten Kult.
Sicks "Wegweiser durch den Irrgarten der deutschen Sprache" zählen zu den erfolgreichsten Büchern der letzten Jahre. Erleben Sie mit dem "Herrn der Genitive" (NRZ) eine Deutschstunde der besonderen Art. Nun gibt es erstmals Folge 1 bis 3 in einem Band!
Klappentext zu „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod “
Niemand hätte das geglaubt ein Sprachführer wird Kult!Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod ist eines der erfolgreichsten Bücher der letzten Jahre. Mit Kenntnisreichtum und Humor hat Bastian Sick uns durch den Irrgarten der deutschen Sprache geführt.Jetzt sind erstmalig die ersten drei Folgen in einem Band versammelt ein Sick für alle Fälle also, als einmalige Sonderausgabe zum einmaligen Sonderpreis. Mit neuem, alle drei Bände umfassendem Register.
Unter dem Titel Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod präsentierte das WDR-Fernsehen im September 2008 drei Folgen der BASTIAN-SICK-SCHAU. Zu Gast waren unter anderem Konrad Beikircher, Jochen Busse und Susanne Pätzold.
Lese-Probe zu „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod “
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod von Bastian Sick LESEPROBE Das Imperfekt der Höflichkeit Wenn es darum geht, Dinge zu beschreiben, die gerade passieren und für diesen Moment gelten, dann benutzt man normalerweise das Präsens. Normalerweise -aber nicht immer. Es gibt Situationen, in denen die Gegenwartsform gemieden wird, als sei sie unschicklich. Ein schlichtes »Was wollen Sie?« wird plötzlich zu »Was wollten Sie?«.
Mein Freund Henry und ich sitzen im Restaurant und geben gerade unsere Bestellung auf.» Also, Sie wollten den Seeteufel, richtig?«, fragt der Kellner an Henry gewandt. »Das ist korrekt«, erwidert Henry und fügt hinzu: »Und ich will ihn immer noch.« Der Kellner blickt leicht irritiert. Henry erklärt: »Angesichts der Tatsache, dass meine Bestellung gerade mal eine halbe Minute her ist, dürfen Sie gerne davon ausgehen, dass ich den Seeteufel auch jetzt noch will.« Der Kellner scheint zwar nicht ganz zu begreifen, nickt aber höflich und entfernt sich.
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»Was sollte das denn nun wieder?«, frage ich meinen Freund, der es auch nach Jahren noch schafft, mich mit immer neuen seltsamen Anwandlungen zu verblüffen. Henry beugt sich vor und raunt: »Ist dir noch nie aufgefallen, dass im Service ständig die Vergangenheitsform benutzt wird, ohne dass es dafür einen zwingenden Grund gibt?« -»Das mag zwar sein, aber ich wüsste nicht, was daran verkehrt sein sollte«, erwidere ich. Henry deutet zur Tür und sagt: »Das ging schon los, als wir hereinkamen. Du warst noch an der Garderobe, ich sage zum Empfangschef: >Guten Abend, ich habe einen Tisch für zwei Personen reserviert!(, und er fragt mich: )Wie war Ihr Name?(- »Ich ahne Furchtbares! Du hast doch nicht etwa ...?« - »Natürlich habe ich!«, sagt Henry mit einem breiten Grinsen. »Die Frage war doch unmissverständlich. Also erkläre ich ihm: >Früher war mein Name Kurz, aber vor drei Jahren habe ich geheiratet und den Namen meiner Frau angenommen, deshalb ist mein Name heute nicht mehr Kurz, sondern länger, nämlich Caspari.« »Ein Wunder, dass er uns nicht gleich wieder vor die Tür gesetzt hat!«, seufze ich. Henry zuckt die Schultern: »Ist doch wahr! Eisparfait auf der Karte und Imparfait in der Frage - das sind Wesensmerkmale der Gastronomie. Sag mir nicht, du hättest dir noch nie darüber Gedanken gemacht? Ich jedenfalls finde es höchst bemerkenswert!«
Eine Viertelstunde später kommt eine junge weibliche Servierkraft mit den Speisen. »Wer bekam den Fisch?«, fragt sie. Henry wirft mir einen triumphierenden Blick zu, wendet sich zur Kellnerin und sagt mit einem charmanten Lächeln: »Noch hat ihn keiner bekommen, aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn ich ihn nun bekommen könnte.«-»Henry«, sage ich tadelnd, »du bringst die junge Dame ja völlig durcheinander!« -»So soll es sein!«, erwidert Henry selbstbewusst. Ich bemühe mich, sachlich zu bleiben: »Wenn dich jemand etwas fragt und dabei das Imperfekt verwendet, dann heißt das nicht, dass er sich für deine Vergangenheit interessiert. Meistens verwendet man es, wenn man sich einer Sache vergewissern will: Wie war das doch gleich?« Henry spritzt, den Seeteufel nur um wenige Meter verfehlend, Zitronensaft auf mein Hemd und entgegnet: »Als Anwalt bin ich es nun mal gewohnt, Sprache wörtlich zu nehmen. Neulich im Reisebüro wurde ich gefragt: >Wohin wollten Sie?< Da habe ich dann ganz gewissenhaft aufgezählt: >Letztes Jahr wollte ich in die Karibik - Barbados oder Jamaika, das war immer schon mein Traum, war aber leider zu teuer. Im Jahr davor wollte ich zum Tauchen auf die Malediven, dafür hätte ich aber erst zehn Kilo abnehmen müssen. Als Student wollte ich nach Ägypten, doch dann lernte ich meine Freundin kennen und blieb in Deutschland; und als ich ein kleiner Junge war, da wollte ich unbedingt auf den Mond. Jetzt will ich eigentlich nur nach Rügen.( Du kannst dir vorstellen, wie die Reisekauffrau geguckt hat. Das hätte sie kürzer haben können! « -»Wenn du das Imperfekt unbedingt auf die Anklagebank setzen willst, dann lass mich etwas zu seiner Verteidigung sagen. Das Imperfekt in der Frage drückt respektvolle Distanz aus, daher ist es im Service so beliebt. Man will dem Kunden schließlich nicht zu nahe treten. )Wie war Ihr Name?> klingt - zumindest in manchen Ohren - weniger direkt und somit höflicher als )Wie ist Ihr Name?> Es ist dasselbe wie mit dem Konjunktiv. >Ich will ein Glas Prosecco< klingt zu direkt, daher verkleidet man den Wunsch mit dem Konjunktiv, versieht ihn womöglich noch mit einem Diminutivum und sagt:<Ich hätte gerne ein Gläschen Prosecco!>« Erwartungsgemäß nutzt Henry diese Vorlage zu einem spöttischen Einwurf: »Au ja! Prosecco für alle!« Ich fasse zusammen: »Aus demselben Grund wird in der Frage das Imperfekt verwendet - aus Höflichkeit.« Henry verdreht schwärmerisch die Augen: »Das Imperfekt der Höflichkeit! Ein toller Titel! Klingt wie >Der Scheineffekt der Wirklichkeit< oder >Der Gipfel der Unsäglichkeit. Seine Vollendung findet es übrigens im berühmt-berüchtigten Imbiss-Deutsch: >Waren Sie das Schaschlik oder die Currywurst?<«
Wir lassen es uns schmecken, und nachdem auch die zweite Flasche Wein geleert ist, gebe ich dem Kellner mit Handzeichen zu verstehen, dass er uns die Rechnung bringen möge. Einen Augenblick später ist er zur Stelle und fragt: »Die Herren wollten zahlen?« Und ehe ich Luft holen kann, platzt es aus Henry heraus: »Vor fünf Minuten wollten wir zahlen, und redlich, wie wir sind, wollen wir immer noch zahlen, und zwar so lange, bis wir tatsächlich gezahlt haben!« Der Kellner verzieht keine Miene: »Zusammen oder getrennt?«-»Zusammen!«, sage ich. »Du lädst mich ein?«, fragt Henry begeistert. »Wie komme ich zu der Ehre?« - »Das war ein Arbeitsessen«, erkläre ich, »daraus mache ich eine Kolumne.« -»Prima«, sagt Henry, »dann weiß ich auch schon was für unser nächstes Arbeitsessen! Da gehen wir zu meinem Koreaner. Der fragt nie: >Was darf's sein?< oder >Was wünschen Sie?<, sondern >Was soll essen?< Darüber lässt sich prächtig philosophieren!« © Kiepenheuer & Witsch Verlag
Eine Viertelstunde später kommt eine junge weibliche Servierkraft mit den Speisen. »Wer bekam den Fisch?«, fragt sie. Henry wirft mir einen triumphierenden Blick zu, wendet sich zur Kellnerin und sagt mit einem charmanten Lächeln: »Noch hat ihn keiner bekommen, aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn ich ihn nun bekommen könnte.«-»Henry«, sage ich tadelnd, »du bringst die junge Dame ja völlig durcheinander!« -»So soll es sein!«, erwidert Henry selbstbewusst. Ich bemühe mich, sachlich zu bleiben: »Wenn dich jemand etwas fragt und dabei das Imperfekt verwendet, dann heißt das nicht, dass er sich für deine Vergangenheit interessiert. Meistens verwendet man es, wenn man sich einer Sache vergewissern will: Wie war das doch gleich?« Henry spritzt, den Seeteufel nur um wenige Meter verfehlend, Zitronensaft auf mein Hemd und entgegnet: »Als Anwalt bin ich es nun mal gewohnt, Sprache wörtlich zu nehmen. Neulich im Reisebüro wurde ich gefragt: >Wohin wollten Sie?< Da habe ich dann ganz gewissenhaft aufgezählt: >Letztes Jahr wollte ich in die Karibik - Barbados oder Jamaika, das war immer schon mein Traum, war aber leider zu teuer. Im Jahr davor wollte ich zum Tauchen auf die Malediven, dafür hätte ich aber erst zehn Kilo abnehmen müssen. Als Student wollte ich nach Ägypten, doch dann lernte ich meine Freundin kennen und blieb in Deutschland; und als ich ein kleiner Junge war, da wollte ich unbedingt auf den Mond. Jetzt will ich eigentlich nur nach Rügen.( Du kannst dir vorstellen, wie die Reisekauffrau geguckt hat. Das hätte sie kürzer haben können! « -»Wenn du das Imperfekt unbedingt auf die Anklagebank setzen willst, dann lass mich etwas zu seiner Verteidigung sagen. Das Imperfekt in der Frage drückt respektvolle Distanz aus, daher ist es im Service so beliebt. Man will dem Kunden schließlich nicht zu nahe treten. )Wie war Ihr Name?> klingt - zumindest in manchen Ohren - weniger direkt und somit höflicher als )Wie ist Ihr Name?> Es ist dasselbe wie mit dem Konjunktiv. >Ich will ein Glas Prosecco< klingt zu direkt, daher verkleidet man den Wunsch mit dem Konjunktiv, versieht ihn womöglich noch mit einem Diminutivum und sagt:<Ich hätte gerne ein Gläschen Prosecco!>« Erwartungsgemäß nutzt Henry diese Vorlage zu einem spöttischen Einwurf: »Au ja! Prosecco für alle!« Ich fasse zusammen: »Aus demselben Grund wird in der Frage das Imperfekt verwendet - aus Höflichkeit.« Henry verdreht schwärmerisch die Augen: »Das Imperfekt der Höflichkeit! Ein toller Titel! Klingt wie >Der Scheineffekt der Wirklichkeit< oder >Der Gipfel der Unsäglichkeit. Seine Vollendung findet es übrigens im berühmt-berüchtigten Imbiss-Deutsch: >Waren Sie das Schaschlik oder die Currywurst?<«
Wir lassen es uns schmecken, und nachdem auch die zweite Flasche Wein geleert ist, gebe ich dem Kellner mit Handzeichen zu verstehen, dass er uns die Rechnung bringen möge. Einen Augenblick später ist er zur Stelle und fragt: »Die Herren wollten zahlen?« Und ehe ich Luft holen kann, platzt es aus Henry heraus: »Vor fünf Minuten wollten wir zahlen, und redlich, wie wir sind, wollen wir immer noch zahlen, und zwar so lange, bis wir tatsächlich gezahlt haben!« Der Kellner verzieht keine Miene: »Zusammen oder getrennt?«-»Zusammen!«, sage ich. »Du lädst mich ein?«, fragt Henry begeistert. »Wie komme ich zu der Ehre?« - »Das war ein Arbeitsessen«, erkläre ich, »daraus mache ich eine Kolumne.« -»Prima«, sagt Henry, »dann weiß ich auch schon was für unser nächstes Arbeitsessen! Da gehen wir zu meinem Koreaner. Der fragt nie: >Was darf's sein?< oder >Was wünschen Sie?<, sondern >Was soll essen?< Darüber lässt sich prächtig philosophieren!« © Kiepenheuer & Witsch Verlag
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Autoren-Porträt von Bastian Sick
Sick, BastianBastian Sick, geboren in Lübeck, studierte Geschichtswissenschaft und Romanistik. Während seines Studiums arbeitete er als Korrektor für den Hamburger Carlsen-Verlag. 1995 wurde er Dokumentationsjournalist beim SPIEGEL, 1999 wechselte er in die Redaktion von SPIEGEL ONLINE. Dort schrieb er ab 2003 die Sprachkolumne »Zwiebelfisch«. Aus diesen heiteren Geschichten über die deutsche Sprache wurde die Buchreihe »Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod«. Es folgten zahlreiche Fernsehauftritte und eine Lesereise, die in der »größten Deutschstunde der Welt« gipfelte, zu der 15.000 Menschen in die Köln-Arena strömten. Seitdem war Bastian Sick mehrmals mit Bühnenprogrammen auf Tournee, in denen er eine neuartige Mischung aus Lesung, Kabarett und Quizshow präsentierte. In vierzehn Jahren schrieb er vierzehn Bücher. Zuletzt erschien von ihm »Schlagen Sie dem Teufel ein Schnäppchen«.
Autoren-Interview mit Bastian Sick
Autoreninterview mit Bastian Sick 1) Seit fünf Jahren betreuen Sie die Kolumne Zwiebelfisch bei Spiegel Online, in der Sie sich immer wieder aufs Neue mit den Tiefen und Untiefen der deutschen Sprache und ihres Gebrauches auseinandersetzen. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen eines Tages der Stoff ausgeht und nur noch korrektes Deutsch gesprochen, geschrieben und gedruckt wird?
Die Sprache ist ein unerschöpfliches Thema, es tauchen ja immer wieder neue Wendungen und Wörter auf, und ich habe noch längst nicht alle Fragen meiner Leser beantwortet. Stoff gibt es genug, und dass alle Menschen eines Tages fehlerfrei sprechen und schreiben, ist natürlich eine Illusion. Das wäre auch langweilig! Gerade in den Abweichungen liegt doch der besondere Reiz! Ich kann allerdings nicht verhehlen, dass ich sehr stolz bin, dass mein Wirken so viel in Bewegung gesetzt hat, dass jetzt mehr über den Umgang mit der Sprache nachgedacht wird als früher, dass die Werbung wieder mehr Mut zur Muttersprache zeigt, dass die Bahn ihre Ansagen ändert, dass meine Texte im Schulunterricht eingesetzt werden und Menschen häufiger wieder mal zum Wörterbuch greifen…
2) Sie werden von der Presse gern als „Grammatik-Guru“ oder „Herr der Genitive“ bezeichnet, Ihre Bücher haben längst Kultstatus erreicht. Wie kam es eigentlich zu dieser ironischen Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache?
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Die Kolumne ist aus meiner Tätigkeit als Schlussredakteur bei SPIEGEL ONLINE hervorgegangen. Ich habe dort jahrelang als Korrekturleser gearbeitet. Dabei habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt. Irgendwann fing ich an, meine Kollegen in heiteren E-Mails über häufiger Fehler und stilistische Pannen aufzuklären. Diese Mails las auch mein Chef. Der kam dann auf die Idee, mich eine Kolumne über die Sprache schreiben zu lassen. So wurde der "Zwiebelfisch" geboren. Freilich hätte niemand mit einem solch starken Interesse seitens der Leser gerechnet. Ich selbst am allerwenigsten.
3) Ist die deutsche Sprache mit all ihren Regeln und Ausnahmen besonders tückisch? Oder könnte es etwas wie den Zwiebelfisch auch für Französisch, Chinesisch oder Kisuaheli geben?
Jeder große Kultursprache hat auch ihre Sprachwächter und -kritiker. Im Englischen gibt es das genauso wie im Französischen. Die Franzosen haben ja sogar eine fest verankerte Institution, die Académie Française, die über die Einhaltung der Regeln wacht.
4) Glauben Sie, dass die deutsche Sprache durch den Sprachwandel auch in gewisser Weise vom Sprachverfall bedroht ist – z.B. durch grammatikalisch bewusst falsch formulierte Werbeslogans, immer mehr Einflüsse aus anderen Sprachen (z.B. Anglizismen / Denglisch) oder auch durch einen bestimmten Jugendjargon?
Sie werden immer Menschen finden, die Wandel mit Verfall gleichsetzen. Das ist oft auch eine Frage des Alters. Je älter man wird, desto geringer wird die Bereitschaft, neue Moden mitzumachen und seine (Sprach-)Gewohnheiten denen der Jüngeren anzupassen. Jugendjargon hat es übrigens immer schon gegeben, jede heranwachsende Generation muss sich sprachlich von den Älteren abgrenzen, das ist ein Wesensmerkmal der Adoleszenz. Das verliert sich automatisch wieder, wenn die jungen Menschen erwachsen werden. Auch Einflüsse aus anderen Sprachen hat es immer schon gegeben. Vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert gab es zahlreiche Dichter und Gelehrte, die geradezu hasserfüllt gegen alles Französische polemisiert haben. Damals spielte das Englische nur eine untergeordnete Rolle.
5) Können Sie eigentlich Schilder, Plakate, Artikel, Zeitungen u.ä. noch auf normale Weise lesen? Oder sind Sie stets auf Suche nach Zwiebelfischen?
Ich suche keine Fehler, ich finde sie. Und dank meiner aufmerksamen Leser werde ich auch immer wieder mit neuen kuriosen Beispielen versorgt. Viele schicken mir Fotos von lustigen Schildern oder Ausrisse aus Zeitungen und Katalogen.
6) Grammatik ist bei den Deutschen etwa so beliebt wie eine eitrige Mandelentzündung. Woher kommt diese Aversion? Warum ist korrektes Deutsch für viele „uncool“?
Da vermengen Sie zwei unterschiedliche Thesen. Grammatik mag unpopulär sein, korrekte Sprache ist es nicht. Das eine ist die Theorie, das andere die Praxis. Und die Sprachtheoretiker haben es bis heute eben nicht geschafft, ihren Stoff so zu vermitteln, dass das Lernen Lust bereitet. Gerade das erklärt auch meinen Erfolg, weil ich eine unkonventionelle Herangehensweise an das Thema Grammatik habe.
7) Nun mal ganz ehrlich: Verwenden Sie persönlich und privat wirklich immer den Genitiv? Oder gibt es auch bei Ihnen – vereinzelt und trotz Ihrer norddeutschen Herkunft - dem Herrn Braun seinen Hund?
Warum erst jetzt ganz ehrlich, glauben Sie denn, ich hätte Sie bis hierhin belogen? Gut, Schwamm beiseite. Ich bin im Umgang mit den Fällen ziemlich sattelfest, und ich sage bewusst "ziemlich", weil es natürlich immer mal wieder Situationen gibt, in denen auch ich innehalten muss und ins Grübeln gerate. Kürzlich habe ich gelernt, dass "sich an etwas kehren" nur mit dem Akkusativ gebraucht werden kann: Ich kehre mich nicht an das Gerede der Leute. Da hätte ich selbst - vermutlich in Analogie zu "sich um etwas scheren" - den Dativ gebraucht.
8) Ihre Bemühungen um die deutsche Sprache stellen Sie in die Tradition von Persönlichkeiten wie Konrad Duden oder Karl Valentin. Fühlen Sie sich beiden gleichermaßen verpflichtet?
Nicht nur diesen beiden. Auch andere Sprachforscher wie Jacob Grimm zum Beispiel haben viel für unsere Kultur geleistet. Und die Verdienste unserer großen Humoristen und Sprachakrobaten sind unbestritten. Das hört zum Glück mit Karl Valentin nicht auf. Auch Heinz Erhardt ist da zu nennen, Loriot selbstverständlich, viele großartige Kabarettisten und Dichter. Hanns Dieter Hüsch zum Beispiel, und viele, viele andere.
9) Haben Sie einen Lieblingszwiebelfisch?
Nicht nur einen, sondern viele. Unschlagbar sind die "Haut-strafende Körperlotion" aus dem Supermarkt, die "Lexica's" aus dem Media-Markt und der rätselhafte Aufruf "Trink Wasser für Hunde". Oder die Verheißung eines Internetproviders: "24 Monate ohne Grund Gebühr". Oder das Versprechen: "Wir machen Ihren Computer fit und Viren resistent". Resistente Viren - wer braucht denn so etwas?
10) Was sind Ihre nächsten Pläne? Wie geht es weiter?
Ich habe jetzt gerade in Köln für den WDR meine ersten drei Fernsehshows aufgezeichnet, die voraussichtlich im September gesendet werden. Im Herbst gehe ich dann auf Südamerika-Tournee. Dort leben ja mehrere Millionen deutschsprechende Menschen. Viele davon haben sich über Generationen ein Deutsch bewahrt, wie es zum Zeitpunkt der Auswanderung im 19. Jahrhundert war. Das kennen zu lernen, wird ein großes Erlebnis sein!
Die Kolumne ist aus meiner Tätigkeit als Schlussredakteur bei SPIEGEL ONLINE hervorgegangen. Ich habe dort jahrelang als Korrekturleser gearbeitet. Dabei habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt. Irgendwann fing ich an, meine Kollegen in heiteren E-Mails über häufiger Fehler und stilistische Pannen aufzuklären. Diese Mails las auch mein Chef. Der kam dann auf die Idee, mich eine Kolumne über die Sprache schreiben zu lassen. So wurde der "Zwiebelfisch" geboren. Freilich hätte niemand mit einem solch starken Interesse seitens der Leser gerechnet. Ich selbst am allerwenigsten.
3) Ist die deutsche Sprache mit all ihren Regeln und Ausnahmen besonders tückisch? Oder könnte es etwas wie den Zwiebelfisch auch für Französisch, Chinesisch oder Kisuaheli geben?
Jeder große Kultursprache hat auch ihre Sprachwächter und -kritiker. Im Englischen gibt es das genauso wie im Französischen. Die Franzosen haben ja sogar eine fest verankerte Institution, die Académie Française, die über die Einhaltung der Regeln wacht.
4) Glauben Sie, dass die deutsche Sprache durch den Sprachwandel auch in gewisser Weise vom Sprachverfall bedroht ist – z.B. durch grammatikalisch bewusst falsch formulierte Werbeslogans, immer mehr Einflüsse aus anderen Sprachen (z.B. Anglizismen / Denglisch) oder auch durch einen bestimmten Jugendjargon?
Sie werden immer Menschen finden, die Wandel mit Verfall gleichsetzen. Das ist oft auch eine Frage des Alters. Je älter man wird, desto geringer wird die Bereitschaft, neue Moden mitzumachen und seine (Sprach-)Gewohnheiten denen der Jüngeren anzupassen. Jugendjargon hat es übrigens immer schon gegeben, jede heranwachsende Generation muss sich sprachlich von den Älteren abgrenzen, das ist ein Wesensmerkmal der Adoleszenz. Das verliert sich automatisch wieder, wenn die jungen Menschen erwachsen werden. Auch Einflüsse aus anderen Sprachen hat es immer schon gegeben. Vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert gab es zahlreiche Dichter und Gelehrte, die geradezu hasserfüllt gegen alles Französische polemisiert haben. Damals spielte das Englische nur eine untergeordnete Rolle.
5) Können Sie eigentlich Schilder, Plakate, Artikel, Zeitungen u.ä. noch auf normale Weise lesen? Oder sind Sie stets auf Suche nach Zwiebelfischen?
Ich suche keine Fehler, ich finde sie. Und dank meiner aufmerksamen Leser werde ich auch immer wieder mit neuen kuriosen Beispielen versorgt. Viele schicken mir Fotos von lustigen Schildern oder Ausrisse aus Zeitungen und Katalogen.
6) Grammatik ist bei den Deutschen etwa so beliebt wie eine eitrige Mandelentzündung. Woher kommt diese Aversion? Warum ist korrektes Deutsch für viele „uncool“?
Da vermengen Sie zwei unterschiedliche Thesen. Grammatik mag unpopulär sein, korrekte Sprache ist es nicht. Das eine ist die Theorie, das andere die Praxis. Und die Sprachtheoretiker haben es bis heute eben nicht geschafft, ihren Stoff so zu vermitteln, dass das Lernen Lust bereitet. Gerade das erklärt auch meinen Erfolg, weil ich eine unkonventionelle Herangehensweise an das Thema Grammatik habe.
7) Nun mal ganz ehrlich: Verwenden Sie persönlich und privat wirklich immer den Genitiv? Oder gibt es auch bei Ihnen – vereinzelt und trotz Ihrer norddeutschen Herkunft - dem Herrn Braun seinen Hund?
Warum erst jetzt ganz ehrlich, glauben Sie denn, ich hätte Sie bis hierhin belogen? Gut, Schwamm beiseite. Ich bin im Umgang mit den Fällen ziemlich sattelfest, und ich sage bewusst "ziemlich", weil es natürlich immer mal wieder Situationen gibt, in denen auch ich innehalten muss und ins Grübeln gerate. Kürzlich habe ich gelernt, dass "sich an etwas kehren" nur mit dem Akkusativ gebraucht werden kann: Ich kehre mich nicht an das Gerede der Leute. Da hätte ich selbst - vermutlich in Analogie zu "sich um etwas scheren" - den Dativ gebraucht.
8) Ihre Bemühungen um die deutsche Sprache stellen Sie in die Tradition von Persönlichkeiten wie Konrad Duden oder Karl Valentin. Fühlen Sie sich beiden gleichermaßen verpflichtet?
Nicht nur diesen beiden. Auch andere Sprachforscher wie Jacob Grimm zum Beispiel haben viel für unsere Kultur geleistet. Und die Verdienste unserer großen Humoristen und Sprachakrobaten sind unbestritten. Das hört zum Glück mit Karl Valentin nicht auf. Auch Heinz Erhardt ist da zu nennen, Loriot selbstverständlich, viele großartige Kabarettisten und Dichter. Hanns Dieter Hüsch zum Beispiel, und viele, viele andere.
9) Haben Sie einen Lieblingszwiebelfisch?
Nicht nur einen, sondern viele. Unschlagbar sind die "Haut-strafende Körperlotion" aus dem Supermarkt, die "Lexica's" aus dem Media-Markt und der rätselhafte Aufruf "Trink Wasser für Hunde". Oder die Verheißung eines Internetproviders: "24 Monate ohne Grund Gebühr". Oder das Versprechen: "Wir machen Ihren Computer fit und Viren resistent". Resistente Viren - wer braucht denn so etwas?
10) Was sind Ihre nächsten Pläne? Wie geht es weiter?
Ich habe jetzt gerade in Köln für den WDR meine ersten drei Fernsehshows aufgezeichnet, die voraussichtlich im September gesendet werden. Im Herbst gehe ich dann auf Südamerika-Tournee. Dort leben ja mehrere Millionen deutschsprechende Menschen. Viele davon haben sich über Generationen ein Deutsch bewahrt, wie es zum Zeitpunkt der Auswanderung im 19. Jahrhundert war. Das kennen zu lernen, wird ein großes Erlebnis sein!
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Bibliographische Angaben
- Autor: Bastian Sick
- 2008, 752 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462040537
- ISBN-13: 9783462040531
- Erscheinungsdatum: 31.07.2008
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