Der fremde Gast
Rebecca droht am Schmerz über den Tod ihres Mannes zu zerbrechen. Da lernt sie in Südfrankreich die Studenten Inga und Marius kennen und schöpft durch diese Freundschaft neuen Lebensmut. Doch bei einem Segelausflug kommt es zu einem tragischen Unfall:...
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Rebecca droht am Schmerz über den Tod ihres Mannes zu zerbrechen. Da lernt sie in Südfrankreich die Studenten Inga und Marius kennen und schöpft durch diese Freundschaft neuen Lebensmut. Doch bei einem Segelausflug kommt es zu einem tragischen Unfall: Marius stürzt über Bord und wird von den Fluten verschlungen. Welch makabere Überraschung, als Wochen später sein Foto in der Zeitung erscheint: Er wird in Zusammenhang mit einem grausamen Verbrechen gesucht .
Charlotte Link, geboren 1963, ist die deutsche Top-Autorin. Ob psychologischer Spannungsroman, großer Gesellschafts- oder Historienroman - ihre Bücher stehen monatelang auf den Bestenlisten. Ihre Erfolgsliste ist unendlich lang: Am Ende des Schweigens, Die Täuschung, Die Rosenzüchterin, Sturmzeit, Die Sterne von Marmalon und viele andere mehr.
Charlotte Link ist ''eine der ganz großen Erzählerinnen der Gegenwart!''
Journal für die Frau
"Charlotte Link erzeugt in ihrem Thriller eine beinahe nervenzerfetzende Spannung.(...) Kunstvoll verflechten sich die Handlungsstränge zu einem fesselnden Krimi-Meisterwerk. (...) Und gerade wenn der Leser meint, er wisse jetzt, wie der Hase läuft, schlägt Link noch ein paar atemberaubende Haken. Ein Taschenbuch zum Wegschmökern, das selbst am Strand noch für Gänsehaut sorgt." -- Hamburger Morgenpost
"Links neuer Thriller 'Der fremde Gast' fesselt und ist dabei herrlich leicht wegzulesen." -- Freundin
Der fremde Gast von Charlotte Link
LESEPROBE
Sonntag, 18. Juli
Sie träumte, ein kleiner Junge habe an ihrer Haustür geklingelt.Sie wimmelte ihn ab, so wie sie jeden abwimmelte, der ungebeten vor ihr standund irgendetwas von ihr haben wollte. Dieses überfallartige Betteln war ihrschon immer ein Dorn im Auge gewesen, sie fühlte sich bedrängt und genötigt,wenn plötzlich jemand auf ihrem Grundstück aufkreuzte und die Hand aufhielt.Meist ging es um einen guten Zweck, natürlich, aber wer wusste schon, ob dieseLeute immer ehrlich waren, und auch wenn sie mit irgendwelchen Ausweisenherumfuchtelten, die sie als sammelberechtigt für karitative Vereinigungenauswiesen, so war es doch einfach unmöglich, so schnell zu erkennen, ob es sichnicht um eine mehr oder weniger gut gemachte Fälschung handelte. Vor allem,wenn man siebenundsechzig Jahre alt war und zunehmend Probleme mit den Augenhatte.
Kaum dass sie die Tür geschlossen hatte, klingelte es erneut.
Sie setzte sich ruckartig im Bett auf, verwirrt, weil das Klingelnaus dem Traum sie diesmal tatsächlich aus dem Schlaf gerissen hatte. Das Bilddes Jungen hatte sie noch immer vor Augen: ein spitzes, blasses, fastdurchsichtiges Gesicht mit riesigen Augen. Er bat nicht um Geld, er bat umEssen.
»Ich habe solchen Hunger«, hatte er gesagt, leise und doch fastanklagend. Sie hatte die Tür zugeworfen, entsetzt, erschrocken, konfrontiertmit einem Aspekt der Welt, den sie nicht sehen wollte. Hatte sich umgedreht undversucht, das Bild loszuwerden, und in dem Moment hatte es geklingelt, und siedachte: Nun ist er das schon wieder!
Warum war sie jetzt aufgewacht? Hatte es tatsächlich geklingelt?Man baute solche Geräusche gern in seine Träume ein. Aber es hätte dann ja nurein Wecker sein können, und sie hatten gar keinen. Schließlich arbeiteten sienicht mehr, und morgens wurden sie beide ohnehin ganz von selbst ziemlich frühwach.
Es war sehr dunkel, aber durch die Ritzen des Rolladens drang einwenig Licht von den Straßenlaternen herein. Sie konnte ihren schlafenden Mannneben sich sehen. Wie immer lag er völlig bewegungslos, und sein Atem ging soflach und leise, dass man sehr genau hinhören musste, um zu wissen, ob daüberhaupt noch Atem war. Sie hatte schon gelesen, dass ältere Paare abendsgemeinsam einschliefen, und dann wachte morgens einer von ihnen auf und derandere war tot. Dann hatte sie gedacht, wenn Fred auf diese Art sterben würde,würde es ganz schön lange dauern, bis ihr das auffiel.
Ihr Herz klopfte hart und schnell. Ein Blick zur elektronischenUhr, deren Zahlen hellgrün leuchteten, sagte ihr, dass es fast zwei Uhr in derNacht war. Keine gute Zeit, um aufzuwachen. Man war so schutzlos. Siejedenfalls. Sie hatte schon oft das Gefühl gehabt, sollte ihr jemals etwasSchlimmes zustoßen - sollte sie sterben zum Beispiel -, dann würde das nachtszwischen ein und vier Uhr passieren.
Ein bedrückender Traum, sagte sie sich, nichts weiter. Du kannstruhig wieder einschlafen.
Sie legte sich in ihr Kissen zurück, und diesem Moment klingeltees erneut, und sie begriff, dass es kein Traum gewesen war.
Jemand klingelte um zwei Uhr nachts an ihrer Haustür.
Sie setzte sich erneut auf und hörte ihren eigenen hektischen Atemin der beklemmenden Stille, die auf das schrille Klingeln folgte.
Das ist ganz ungefährlich, dachte sie, ich muss ja nichtaufmachen.
Es konnte nichts Gutes bedeuten. Nicht einmal Hausierer klingeltenum diese Zeit. Wer um diese Zeit Menschen aus dem Schlaf schreckte, der führteentweder Böses im Schilde oder war in eine Notlage geraten. Und war Letzteresnicht viel wahrscheinlicher? Ein Einbrecher oder Raubmörder würde doch nichtklingeln?
Sie knipste das Licht an und beugte sich über ihren tiefschlafenden Mann. Der konnte überhaupt nichts hören, da er die Ohren mit Oropaxzugestöpselt hatte. Fred war so empfindlich mit Geräuschen, ihn störte schondas Wispern des Windes in den Bäumen vor dem Schlafzimmerfenster. Oder dasKnarren einer Holzdiele oder das welke Blatt einer Zimmerpflanze, das sichlöste und zu Boden glitt. Er erwachte davon, und das war das Schlimmste fürihn. Aufwachen zu müssen, wenn er eigentlich beschlossen hatte zu schlafen. Esstürzte ihn in namenlose Wut. Seine Laune war für Tage verdorben. Irgendwannhatte er deshalb mit dem Oropax begonnen. Und seine Frau hatte aufgeatmet.
Sie zögerte daher, ihn zu wecken. Er konnte ihr das so übelnehmen, dass er eine Woche lang kaum noch mit ihr sprechen würde. Jedenfallsdann, wenn er später befand, dass es unnötig gewesen war, ihn aus dem Schlaf zureißen. Sollte sich herausstellen, dass man ihn doch besser geweckt hätte undsie tat es nicht, konnte ihr das Gleiche passieren. Sie war jetzt seitdreiundvierzig Jahren mit diesem Mann verheiratet, und ihr Leben mit ihm hatteüberwiegend aus Momenten dieser Art bestanden: Zerrissen zwischen zweiMöglichkeiten, nervös abwägend, welches der richtige Weg sein mochte, oberstesAnliegen dabei stets, seine Wut nicht herauszufordern. Es war, weiß Gott, keineinfaches Leben mit ihm.
Es klingelte ein drittes Mal, länger anhaltend diesmal,fordernder, drängender. Sie entschied, dass Freds Nachtschlaf einem soungewöhnlichen Vorkommnis geopfert werden durfte. Sie rüttelte an seinerSchulter.
»Fred«, wisperte sie, obwohl er sie nicht hören konnte, »wach auf!Bitte, wach auf! Es ist jemand an der Haustür!«
Fred wälzte sich unwillig knurrend zur Seite, dann war erurplötzlich mit einem Schlag hellwach und saß nun auch aufrecht im Bett. Erstarrte seine Frau an.
»Was, zum Teufel .«, begann er.
»Es ist jemand an der Tür!«
Er konnte nur ihre Mundbewegungen sehen und zog sich widerwilligseine Stöpsel aus den Ohren. »Was ist los? Wie kommst du dazu, mich zu wecken?«
»Es klingelt an der Tür. Jetzt schon dreimal.«
Er starrte sie immer noch an, als sei sie nicht ganz normal. »Wie?Es klingelt an der Tür? Um diese Zeit?«
»Ich finde das ja auch sehr beunruhigend.« Sie hoffte, es werdewieder klingeln, denn sie konnte erkennen, dass Fred ihr nicht glaubte, aberfür den Moment blieb alles ruhig.
»Du hast geträumt. Und wegen eines dämlichen Traumes meinst dumich wecken zu müssen?« Seine Augen blitzten sie böse an. Seine weißen Haarestanden in alle Richtungen vom Kopf ab.
Ein schlecht gelaunter, mürrischer, alter Mann, dachte sie, undinzwischen auch nicht einmal mehr attraktiv. Vielleicht lebe ich noch zwanzigJahre. Wenn er nicht vor mir stirbt, dann habe ich am Ende dreiundsechzig Jahremit ihm gelebt. Dreiundsechzig Jahre!
Der Gedanke stimmte sie mit einem Mal so traurig, dass sie hätteweinen mögen.
»Greta, wenn du noch einmal «, begann Fred voller Zorn, abergenau in diesem Moment klingelte es erneut an der Tür, noch etwas länger undanhaltender als zuvor.
»Siehst du!« Es klang fast triumphierend. »Es ist jemand an derTür!«
»Tatsache«, sagte Fred perplex. »Es ist es ist zwei Uhr in derNacht!«
»Ich weiß. Aber ein Einbrecher «
» würde kaum klingeln. Obwohl es theoretisch seine einzige Chancewäre, bei uns ins Haus zu gelangen!«
Das stimmte. Fred hatte viel Mühe und Zeit darauf verwandt, dasHaus in eine Festung zu verwandeln, damals, vier Jahre zuvor, als sie esgekauft hatten und eingezogen waren. Ihren Altersruhesitz, wie er es nannte.Ruhiges Münchener Randgebiet, ein eher wohlhabendes Viertel. Sie hatten zuvorauch in München gelebt, in einer ganz anderen Ecke zwar, aber es hatte sichebenfalls um eine so genannte bessere Gegend gehandelt. Doch sie waren jüngergewesen. Mit dem Alter hatte sich bei Fred eine ausgeprägte Paranoiaentwickelt, was Einbrecher anging, und so waren inzwischen alle Fenster imErdgeschoss vergittert, die Rollläden im ganzen Haus mit Sicherheitsschlössernversehen, und natürlich gab es eine Alarmanlage auf dem Dach.
»Vielleicht sollten wir das Läuten einfach ignorieren.«
»Jemanden ignorieren, der uns mutwillig aus dem Schlaf reißt?«Fred schwang beide Beine über den Bettrand. Er bewegte sich für sein Alter nochziemlich elastisch. Aber er wurde sehr mager in der letzten Zeit. Derblauschwarz gestreifte Schlafanzug aus Seide schlabberte wie ein leerer Sack umihn herum. »Ich werde die Polizei anrufen!«
»Aber das kannst du doch nicht machen! Vielleicht ist es einNachbar, der Hilfe braucht! Oder es ist « Sie sprach nicht weiter.
Fred wusste, wen sie meinte. »Warum sollte er zu uns kommen, wennetwas ist? Er hat sich seit Ewigkeiten nicht blicken lassen.«
»Trotzdem. Er könnte es sein. Wir sollten « Sie war im Grundevöllig ratlos und überfordert. »Wir müssen irgendetwas tun!«
»Sag ich ja! Die Polizei rufen!«
»Und wenn es dann aber wirklich nur er ist?« Warum, dachte sie,habe ich immer diese Angst, in Freds Gegenwart auch nur seinen Namen zu nennen?
Fred war das Hin und Her nun leid.
»Ich werde jetzt einmal nachsehen«, sagte er entschlossen undverließ das Zimmer.
Sie hörte seine Schritte auf der Treppe. Dann vernahm sie seineStimme unten im Hausflur. »Hallo? Wer ist denn da?«
Später - als sie schon gar nicht mehr die Möglichkeit hatte, sichmit Fred darüber auszutauschen, und als sie bereits begriff, dass es keinezwanzig Jahre mehr sein würden, die sie zu leben hatte, sondern nur nochStunden oder bestenfalls Tage - fragte sie sich, welche Antwort ihr Mann vonder anderen Seite der Tür bekommen hatte, dass er sie so schnell undbereitwillig geöffnet hatte. Sie hörte, dass die verschiedenenSicherheitsriegel gelöst wurden. Dann vernahm sie einen dumpfen Schlag, den siesich nicht erklären konnte, der jedoch ihren ganzen Körper in Alarmbereitschaftversetzte. Die feinen Härchen an ihren Unterarmen standen aufrecht. Ihr Herzwollte nicht aufhören zu rasen.
»Fred?«, rief sie angstvoll.
Irgendetwas unten im Haus fiel polternd zu Boden. Dann hörte sieFreds Stimme. »Ruf die Polizei! Ruf sofort die Polizei! Schnell! Beeil dich!«
Es war der falsche Rat. Es gab im ersten Stock des Hauses keinTelefon. Sie hätte es schaffen können, ihre Zimmertür zu erreichen, siezuzuschlagen und zu verriegeln, und dann hätte sie das Fenster öffnen, sich indie Nacht hinauslehnen und um Hilfe schreien können. Hätte er sie nurangewiesen, dies zu tun Oder wenn sie von selber darauf gekommen wäre Soaber sprang sie kopflos aus dem Bett, schlüpfte, am ganzen Körper wie Espenlaubzitternd, in ihren Morgenmantel und eilte ins Treppenhaus. Gehorsame Ehefraubis zuletzt. Polizei rufen, hatte er gesagt. Das Telefon befand sich imWohnzimmer. Fred besaß zwar zudem ein Handy, aber wo das herumlag, das wusstesie erst recht nicht.
Erst auf der Treppe ging ihr auf, dass sie einen verhängnisvollenFehler begangen hatte.
Aber da war es bereits zu spät.
© Goldmann Verlag
Autoren-Porträt von Charlotte Link
CharlotteLink, Jahrgang 1963, gehört zu den erfolgreichsten deutschen Autorinnen derGegenwart. Ihre hohe Popularität verdankt sie besonders ihrer Vielseitigkeit.Sie machte sich mit großen Gesellschaftsromanen (darunter dieBestseller-Trilogie »Sturmzeit«, deren TV-Verfilmung 1999 mit überwältigendemErfolg ausgestrahlt wurde) ebenso einen Namen wie mit psychologischenSpannungsromanen in bester englischer Erzähltradition. Ihre Bücher sindgarantierte Anwärter für die Spiegel-Bestsellerliste, und ihr Erfolg machtdeutlich, dass Charlotte Link den Sprung vom hoch gelobten jungen Talent zurgroßen Schriftstellerin längst bewältigt hat. Charlotte Link lebt mit ihremMann und ihrem Sohn in Wiesbaden.
Sprecher-Information zu Franziska Bronnen
FranziskaBronnen besuchte die Schauspielschule des Bruckner-Konservatoriums in Linz. InMünchen setzte sie ihre Ausbildung fort und spielte dort fünf Jahre Theater.Dann kamen die ersten Fernsehangebote: "Der Stechlin", "DerAlte", "Tatort" und "Der Havelkaiser" - um nur einigezu nennen. Als Hörbuchsprecherin las sie u.a."Das Haus der Schwestern" von Charlotte Link und "DerNachbar" von Minette Walters.
Interview mit Charlotte Link
In "Der fremde Gast" kämpft Rebecca Brandt nach dem Todihres Mannes darum, neuen Lebensmut zu finden. Durch das Zusammentreffen mitInga und Marius scheint sie ihre Trauer überwinden zu können. Doch dann kommtalles noch schlimmer. Warum muten Sie Rebecca so viel zu?
RebeccasLebenswillen ist zu Beginn des Romans völlig erloschen, und es erscheint mirunwahrscheinlich, dass sie alleine durch das Zusammentreffen mit zwei völligfremden Menschen, die aus einem ganz anderen Lebensbereich stammen und indiesen ja auch unter normalen Umständen recht bald zurückgekehrt wären, neuenMut hätte schöpfen können. Nach meinem Gefühl konnte Rebecca nur durch eineschwere Erschütterung, durch die Konfrontation mit einer extremen Situation, erkennen,dass noch immer Kräfte in ihr schlummern, an deren Vorhandensein sie nicht mehrgeglaubt hatte. Erst die Todesnähe, in der sie sich plötzlich befindet, lässtsie den Zugang zu ihrer Lebensenergie wiederfinden.
In einer spannenden Szene, in der sich das Schicksal vonGreta und Fred, zweier Personen aus Ihrem Buch, erfüllt, schildern Sie quasibeiläufig die Beziehung der beiden. Seit 43 Jahren miteinander verheiratet,gibt es nur noch wenig Raum für Zuneigung, geschweige denn Liebe. Warum bleibensolche Paare dennoch beieinander?
Kennt nichtjeder von uns Menschen wie Fred und Greta? Es gibt viele derartige Beziehungen,und der Grund für ihre Beständigkeit liegt wohl in der Macht der Gewohnheit.Verbunden damit ist die Furcht, vertraute Lebensumstände, mögen sie noch sofrustrierend oder sogar quälend sein, zugunsten einer letztlich immerungewissen veränderten Zukunft aufzugeben. Hinzukommen Ängste aller Art - allenvoran die Angst vor dem Alleinsein, vor der Einsamkeit. Das ist eine Angst, diewir alle sicher gut verstehen.
Im"richtigen Leben" stolpere ich immer wieder über diesen Widerspruch. Ironischerweisebin ich dann meist auch noch diejenige, die am längsten und intensivsten an dieScheinidyllen anderer Menschen glaubt und schließlich aus den höchsten Wolkenfällt, wenn das Ausmaß der Unstimmigkeiten ans Tageslicht kommt. DieEntschlossenheit und die daraus resultierende Kraft, mit der Menschen den äußerenSchein wahren und verteidigen, oftmals sogar den besten und engsten Freundengegenüber, zeigt, wie abhängig wir in unserem Selbstwertgefühl von der Meinunganderer sind. Mich fasziniert die ungeheure Energie, die Menschen aufbringen, umandere in dieser Beziehung zu manipulieren.
Die perfekte Idylle ist also eine Illusion?
Ich glaube,dass auf lange Sicht die perfekte Idylle eine Illusion ist. Wenn man perfekteIdylle als einen Zustand definiert, in dem ein Mensch frei ist von Sorgen,Ängsten, Krankheiten, Einsamkeit, in dem er einen höchstmöglichen Gleichklangmit einem oder mehreren anderen Menschen erreicht und sich von Sicherheit und Wärmeumgeben fühlt, so ist klar: Im günstigsten Fall kann ein Leben aus einerVielzahl derartiger perfekter Momente bestehen. Im ungünstigsten Fall gibt es kaumeinen solchen Moment. Und es ist auch illusorisch zu glauben, ein solcherZustand könne jahrelange Realität sein.
Noch einmal zu Ihrem Gespür für die menschliche Psyche undIhr Talent, innere Abgründe auszuloten: Hätten Sie sich vorstellen können, diePsychologie zu Ihrer Profession zu machen, also beispielsweise Psychologin oderAnalytikerin zu werden?
Das hätte ich mir gut vorstellen können. Wäre ich nichtSchriftstellerin geworden, hätte ich in jedem Fall versucht, einen Beruf zuergreifen, der mir die Möglichkeit gibt, mich intensiv mit den Menschen undihrer Vielschichtigkeit auseinanderzusetzen.
Die Fragen stellte Eva Hepper, Literaturtest.
- Autor: Charlotte Link
- 2005, 479 Seiten, Maße: 11,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442457696
- ISBN-13: 9783442457694
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