Der Gefährte der Wölfin / Riley Jenson Bd.3
Roman. Deutsche Erstausgabe
Riley Jenson ist halb Werwölfin, halb Vampirin und zum niederknien schön. Ihr Blut macht sie zu einer nahezu unbesiegbaren Kämpferin und als "Guardian" ist es ihre Aufgabe, der Kriminalität der übernatürlichen Wesen Einhalt...
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Produktinformationen zu „Der Gefährte der Wölfin / Riley Jenson Bd.3 “
Riley Jenson ist halb Werwölfin, halb Vampirin und zum niederknien schön. Ihr Blut macht sie zu einer nahezu unbesiegbaren Kämpferin und als "Guardian" ist es ihre Aufgabe, der Kriminalität der übernatürlichen Wesen Einhalt zu gebieten. Ihre neueste Mission: Die Gesellschaft vor dem verrückten Wissenschaftler Deshon Starr zu beschützen. Doch hin und her gerissen zwischen einem kühlen, verführerischen Vampir und einem unwiderstehlichen Wolf, ist es nicht leicht, sich auf die Rettung der Welt zu konzentrieren.
Klappentext zu „Der Gefährte der Wölfin / Riley Jenson Bd.3 “
Halb Werwolf, halb Vampir und verdammt sexyRiley Jenson ist halb Werwölfin, halb Vampirin und zum niederknien schön. Ihr Blut macht sie zu einer nahezu unbesiegbaren Kämpferin und als "Guardian" ist es ihre Aufgabe, der Kriminalität der übernatürlichen Wesen Einhalt zu gebieten. Ihre neueste Mission: Die Gesellschaft vor dem verrückten Wissenschaftler Deshon Starr zu beschützen. Doch hin und her gerissen zwischen einem kühlen, verführerischen Vampir und einem unwiderstehlichen Wolf, ist es nicht leicht, sich auf die Rettung der Welt zu konzentrieren
Lese-Probe zu „Der Gefährte der Wölfin / Riley Jenson Bd.3 “
Der Gefährte der Wölfin von Keri Arthur1
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Ich hasste das Training. Vor allem, weil ich zu etwas ausgebildet werden sollte, das ich niemals hatte werden wollen: ein Wächter der Abteilung für Andere Rassen.
Irgendwie ließ es sich zwar nicht mehr vermeiden, und ich hatte mich auch größtenteils damit abgefunden, aber begeistert war ich darüber nicht gerade.
Die meisten Menschen hielten Wächter für speziell ausgebildete Cops, aber sie waren viel mehr als das. Sie waren Richter und Geschworene in einem, und für die Vollstreckung des Urteils sorgten sie ebenfalls gleich selbst. Anders als menschliche Cops mussten sie sich nicht an die Gesetze halten. Die meisten Leute, die einem Wächter, bildlich gesprochen, vor die Flinte liefen, waren zwar durchgeknallte Psychos, die den Tod durchaus verdient hatten, aber ich hatte trotzdem keine Lust, durch die Nacht zu schleichen und Untote umzulegen.
Selbst wenn mein Jagdinstinkt aufgrund meiner Wolfsgene stärker war, als ich mir eingestehen mochte.
Meine Abneigung gegen das Training nahm noch zu, wenn ich mit meinem Bruder trainieren musste. Ihm konnte ich nichts vormachen, konnte nicht ein bisschen mit ihm flirten oder ihn mit meinen Reizen von der Arbeit ablenken. Es war sowieso zwecklos, so zu tun, als ob ich nicht mehr könnte, denn er war mein Zwillingsbruder.
Er wusste ganz genau, was man mir zumuten konnte und was nicht. Er spürte es. Wir hatten zwar keine telepathische Zwillingsverbindung, aber wir wussten instinktiv, wenn der andere litt oder in Schwierigkeiten war.
Momentan spürte Rhoan sehr deutlich, dass ich versuchte, mich vor dem Training zu drücken. Und er wusste auch, warum.
Ich hatte eine heiße Verabredung mit einem noch heißeren Werwolf.
In genau einer Stunde.
Wenn ich jetzt ging, schaffte ich es noch nach Hause, um mich frisch zu machen, bevor Kellen, so hieß der heiße Werwolf, mich abholte. Wenn wir jetzt weitermachten, sah ich, wie so häufig in letzter Zeit, wie ein geprügelter Hund aus.
»Wollte Liander heute Abend nicht einen Braten für dich zubereiten?«, fragte ich und wedelte dabei mit einem Holzknüppel in der Luft herum, den Rhoan mir zuvor gegeben hatte. Bislang hatte ich ihn noch nicht zum Einsatz gebracht, denn ich wollte meinen Bruder eigentlich nicht schlagen.
Womit er offenbar kein Problem hatte. Das bezeugten die blauen Flecken auf meinem Körper.
Dabei war er im Grunde dagegen, dass ich mein Vorhaben in die Tat umsetzte und an der bevorstehenden Mission teilnahm.
»Doch.« Er umkreiste mich unauffällig und gab sich unschuldig. Davon ließ ich mich jedoch nicht täuschen, denn ich spürte seine Anspannung fast so deutlich wie meine eigene. »Aber er stellt ihn erst in den Ofen, wenn ich ihn anrufe und ihm sage, dass ich unterwegs bin.«
»Es ist sein Geburtstag. Du solltest mit ihm feiern, statt mich hier durch die Mangel zu drehen.«
Plötzlich schoss Rhoan nach vorn und schwang den Knüppel in meine Richtung. So schnell, dass der Stock nur noch wie ein heller Streifen aussah. Ich blieb ganz ruhig stehen und spürte an meiner linken Hand den Luftzug des vorbeisausenden Schlägers. Er bluffte nur, das war klar.
Hätte er wirklich zuschlagen wollen, hätte ich die Bewegung überhaupt nicht mehr wahrnehmen können.
Er grinste. »Ich fahre zu ihm, sobald wir hier fertig sind. Du bist übrigens eingeladen, falls du dich erinnerst.«
»Um euch die Party zu verderben?«, fragte ich trocken. »Wohl kaum. Außerdem würde ich lieber mit Kellen feiern.«
»Dann ist Quinn also immer noch abgemeldet?«
»Nicht ganz.« Ich verlagerte mein Gewicht und behielt ihn im Auge, während er weiter im Kreis um mich herumschlich. Die grünen Turnmatten, mit denen der Trainingsbereich im Keller der Abteilung gepolstert war, quietschten unter meinen nackten Füßen.
»Das kommt von deinem Schweiß«, bemerkte er. »Aber du hast längst noch nicht genug geschwitzt.«
»Jesus, Rhoan, hab Erbarmen. Ich habe Kellen seit fast einer Woche nicht gesehen. Ich will mit ihm herumbalgen, nicht mit dir.«
Seine silberfarbenen Augen blitzten diabolisch, während er herausfordernd eine Braue hob. »Wenn du es schaffst, mich auf die Matte zu werfen, lasse ich dich gehen.«
»Dich will ich aber nicht flachlegen!«
»Wenn du nicht gegen mich kämpfst, lassen sie dich gegen Gautier antreten. Ich glaube, das wollen wir beide nicht.«
»Wenn ich gegen dich kämpfe und es schaffe, dich auf die Matte zu werfen, lassen sie mich genauso gegen ihn antreten.«
Der Gedanke daran war ziemlich widerlich. Ich stand nicht sonderlich auf Vampire. Quinn, dem in Sydney eine Fluglinie gehörte, und mein Chef Jack, der die Wächterabteilung leitete, waren angenehme Ausnahmen. Gautier war ein gefährlicher Mistkerl. Als Wächter hatte er sich bislang zwar nichts zuschulden kommen lassen, aber er gehörte eindeutig zu den Bösen. Er war ein Klon, den man nur zu dem Zweck geschaffen hatte, dass er die Abteilung unter seine Kontrolle brachte. Noch hatte er nicht zugeschlagen, aber ich ahnte, dass er es bald tun würde.
Rhoan täuschte einen weiteren Schlag an und streifte diesmal mit dem Schläger meine Fingerknöchel. Die Haut brannte, aber ich zwang mich, die Hand nicht zu schütteln, sondern korrigierte ein wenig meine Haltung und bereitete mich auf den richtigen Angriff vor.
»Was ist los mit dir und Quinn?«
Nichts. Das war ja gerade das Problem. Erst hatte er ein großes Trara gemacht, ich sollte mich an meinen Teil unserer Vereinbarung halten, und dann hatte er überwiegend durch Abwesenheit geglänzt. Frustriert holte ich einmal tief Luft und schob mir ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus der Stirn. »Können wir das nicht bereden, nachdem ich mich mit Kellen amüsiert habe?«
»Nein«, erwiderte er und bewegte sich auf einmal so schnell, dass er für mich nicht mehr zu sehen war. Da ich auch Vampirgene besaß, hätte ich auf Infrarot umschalten können, um seine Körperwärme zu erkennen, aber das war nicht nötig. Ich besaß das feine Gehör und die empfindliche Nase eines Wolfs. Ich konnte hören, wie er leichtfüßig auf der Plastikmatte um mich herumtänzelte, und seinen würzigen Ledergeruch orten.
Er näherte sich von hinten.
Ich warf mich nach unten, drehte mich auf der Matte um und trat mit voller Wucht von hinten gegen sein Bein. Er stöhnte, wurde langsam wieder sichtbar und versuchte taumelnd, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen.
Ich rappelte mich hoch und stürzte mich auf ihn, war aber bei weitem nicht schnell genug. Er brachte sich außer Reichweite und schüttelte den Kopf. »Du nimmst das Ganze nicht ernst genug, Riley.«
»Doch.« Nur nicht so ernst wie er. Jedenfalls nicht heute Abend.
»Willst du denn unbedingt gegen Gautier kämpfen?«
»Nein, aber ich will unbedingt Kellen sehen.« Sexuell frustriert zu sein war für niemanden schön, aber für einen Werwolf war es besonders schlimm. Sex war ein wichtiger Teil unserer Kultur. Wir brauchten ihn genauso dringend wie ein Vampir sein Blut. Dieses gottverdammte Training hatte mich so viel Zeit gekostet, dass ich nicht einmal ins Blue Moon gekommen war, um mich ein bisschen zu amüsieren.
Erneut holte ich tief Luft und versuchte, in Ruhe nachzudenken. Ich wollte meinen Bruder zwar nicht verletzen, aber wenn ich sonst nicht hier wegkam, blieb mir wohl nichts anderes übrig.
Nur: Wenn es mir tatsächlich gelingen sollte, Rhoan zu schlagen, dachte Jack womöglich, dass ich einsatzbereit wäre. Und davor grauste es mir. Vielleicht hatte Rhoan ja recht, und ich sollte es nicht tun, egal was Jack sagte. Vielleicht würde ich dem nie gewachsen sein, und wenn ich noch so intensiv trainierte.
Vielleicht würde ich Mist bauen und alle in Gefahr bringen.
Letzteres hatte Rhoan zwar nicht gesagt. Doch je näher der Zeitpunkt rückte, an dem ich in Deshon Starrs kriminelle Organisation eingeschleust werden sollte, desto stärker wurde dieser Gedanke in mir.
»Das ist eine alberne Regel. Das weißt du«, sagte ich schließlich. »Wenn ich gegen Gautier kämpfe, beweist das noch gar nichts.«
»Er ist der Beste. Wenn ein Wächter gegen ihn gekämpft hat, ist er auf das vorbereitet, was ihn draußen erwartet.«
»Nur mit dem Unterschied, dass ich gar kein richtiger Wächter werden will.«
»Du hast keine Wahl mehr, Riley.«
Das war mir klar. Deshalb durfte ich zwar trotzdem protestieren, aber es waren nur leere Worthülsen. Verdammt, würde Jack mir heute anbieten, dass ich kein Wächter werden müsste, würde ich das Angebot glatt ablehnen. Unter keinen Umständen wollte ich mir die Gelegenheit entgehen lassen, Deshon Starr büßen zu sehen. Nicht nur meinetwegen, sondern wegen Misha und Kades Partner und all den unzähligen Männern und Frauen, die noch in irgendwelchen Zuchtstationen eingesperrt waren.
Ganz zu schweigen von all den Wesen, die in diesen Laboren gezeugt worden waren. Es waren widerliche Kreaturen, die die Natur niemals hervorgebracht hätte. Kreaturen, die nur geschaffen worden waren, um auf Befehl zu töten und auf Befehl zu sterben.
Eine Gänsehaut lief über meinen Körper. Bislang war ich nur einigen dieser Wesen begegnet, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich noch vor Monatsende mehr von ihnen sehen würde, als mir lieb war.
Ich befeuchtete meine Lippen und versuchte, mich auf Rhoan zu konzentrieren. Wenn ich ihn auf die Matte werfen musste, um hier wegzukommen, würde ich es tun. Ich wollte, ich musste noch ein bisschen das normale Leben genießen, bevor dieser Mist von Neuem losging.
Und das würde er. Ich spürte es.
Rechts neben Rhoan huschte ein Schatten an einem der Fenster vorbei. Es war kurz vor sechs. Vermutlich handelte es sich um einen Wächter, der sich auf die nächtliche Jagd vorbereitete. Die Arena lag im fünften Untergeschoss direkt neben den Schlafkabinen der Wächter. Diese waren lustigerweise mit Särgen ausgestattet. Einige Vampire liebten es, den menschlichen Erwartungen zu entsprechen, selbst wenn das überflüssig war.
Menschen hatten hier unten sowieso keinen Zutritt. Man wollte schließlich kein Lamm in die Löwengrube werfen. Das konnte überaus schnell sehr hässlich werden, um es vorsichtig auszudrücken. Wächter wurden zwar dafür bezahlt, die Menschen zu schützen, aber sie waren dennoch nicht davor gefeit, gelegentlich einen von ihnen zu verspeisen.
Der Schatten glitt an einem anderen Fenster vorbei, und diesmal zuckte Rhoans Blick in diese Richtung. Es war nur eine minimale Bewegung, aber sie brachte mich auf eine Idee.
Ich drehte mich um, holte mit dem nackten Fuß aus und trat zu. Ich erwischte meinen Bruder mit der Ferse am Bauch, und er wich zurück. Er holte mit dem Schläger aus und verfehlte nur knapp mein Schienbein. Dann wirbelte er in einer fließenden Bewegung herum und trat nach mir. Seine Ferse zischte haarscharf an meiner Nase vorbei; wahrscheinlich hätte er sie getroffen, wenn ich nicht nach hinten ausgewichen wäre.
Er nickte anerkennend. »Schon besser.«
Ich knurrte, veränderte meine Haltung und warf den Schläger abwechselnd von einer Hand in die andere. Das klatschende Geräusch des Knüppels hallte durch die Stille, und Rhoan spannte die Schultern an. Ich sah ihm in die Augen, fing den Schläger mit der linken Hand auf und holte zum Schlag aus, hielt dann jedoch mitten in der Bewegung inne und ließ meinen Blick hinter ihn gleiten.
»Hallo, Jack.«
Rhoan folgte meinem Blick und drehte sich um. In diesem Moment ließ ich mich auf den Boden fallen und trat ihm die Beine weg. Er knallte auf die Matte, sah überrascht hoch und fing augenblicklich an zu lachen.
»Der älteste Trick der Welt, und ich falle darauf herein.«
Ich grinste. »Manchmal sind alte Tricks ganz praktisch.«
»Dann darfst du wohl jetzt gehen.« Er streckte mir eine Hand entgegen. »Hilf mir hoch.«
»Ich bin doch kein Idiot, Bruderherz.«
Amüsiert stand er auf. »Versuchen kann man es ja.« »Ich darf also wirklich gehen?«
»So war es abgemacht.« Er stand auf und ging an die Seitenlinie, um sein Handtuch zu nehmen, das dort über dem Geländer hing. »Aber morgen früh um Punkt sechs bist du wieder hier.«
Ich stöhnte. »Du bist gemein.«
Er rieb mit dem Handtuch über seine roten Stoppelhaare. Obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, wusste ich, dass er grinste. Manchmal konnte mein Bruder eine ziemliche Nervensäge sein.
»Vielleicht überlegst du dir das nächste Mal, ob du schummelst.«
»Das ist doch egal. Immerhin hat es funktioniert.«
Er lächelte zwar, doch seine Augen wirkten sehr ernst. Er machte sich große Sorgen, weil ich bei dem bevorstehenden Auftrag eine wichtige Rolle spielen sollte. Er wollte genauso wenig, dass ich daran teilnahm, wie ich einst gewollt hatte, dass er ein Wächter wurde. Aber mit manchen Wendungen des Lebens muss man sich eben abfinden, hatte er damals zu mir gesagt.
»Du solltest lernen, anzugreifen und dich zu verteidigen«, erklärte er. »Alberne Tricks retten dir nicht das Leben.«
»Aber wenn sie es nur einmal retten könnten, darf man es doch zumindest damit versuchen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe ein, dass man mit dir kein vernünftiges Wort mehr reden kann, bevor du Sex gehabt hast.«
»Schön, dass du endlich verstanden hast, was ich schon die ganze letzte Stunde versucht habe, dir zu erklären.« Ich grinste. »He, sieh es doch mal von der positiven Seite: Liander wird sich riesig freuen, dich zur Abwechslung mal zu einer normalen Uhrzeit zu sehen.«
Er knurrte. »Wenn er nicht so klammern würde, könnte er das viel häufiger haben.«
Rhoan klang ziemlich genervt, und ich hob erstaunt die Brauen. »Er stellt dir frei, zusammen zu sein, mit wem du willst. Das würde ich nicht gerade als klammern bezeichnen.«
»Weiß ich, aber ... « Er zögerte und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob ich ihm geben kann, was er sich wünscht. Ich weiß nicht, ob ich dazu jemals in der Lage sein werde.«
So ziemlich das Gleiche hatte ich vor zwei Monaten zu Quinn gesagt. Es war erstaunlich, wie parallel sich unser Liebesleben entwickelte. Allerdings standen hinter meinen Worten ganz andere Beweggründe als bei meinem Bruder. Rhoan liebte Liander. Das konnte ich von mir in Bezug auf Quinn nicht behaupten. Wir kannten uns ja schließlich kaum, abgesehen vom Sex.
Und Liander war zumindest in guten wie in schlechten Zeiten bei Rhoan geblieben. Quinn dagegen war schon wieder davongelaufen, obwohl er behauptet hatte, er würde mich nicht gehen lassen, bis die Sache zwischen uns geklärt war.
Keine Ahnung, wie er das von Sydney aus schaffen wollte. Vielleicht war er auch zu dem Schluss gekommen, dass ich ihm zu viele Schwierigkeiten machte und es besser war, sich nicht mit mir abzugeben. Doch wir hatten ein paar ziemlich intensive erotische Träume miteinander geteilt, und ich glaubte kaum, dass einer von uns ernsthaft erwog, den anderen jetzt zu verlassen.
Ich drückte meinem Bruder leicht den Arm. »Liander liebt dich. Er wird auf dich warten.«
Rhoan sah mir in die Augen. »Ich weiß nicht, ob ich so viel Liebe verdient habe.«
Ich sah ihn erstaunt an. »Ich liebe dich auch.«
Er strich mir leicht über die Wange. »Ja, aber du bist als meine Zwillingsschwester und Rudelkameradin dazu verpflichtet.«
»Stimmt.« Ich musterte ihn einen Augenblick, dann sagte ich leise: »Nur weil unser Rudel uns verstoßen hat, heißt das nicht, dass wir nicht liebenswert sind.«
Wie oft hatte er das in all den Jahren zu mir gesagt? Und jetzt, wo er selbst in einer Krise steckte, fiel es ihm genauso schwer, es zu glauben.
Er lächelte warm, aber irgendwie traurig. »Im Unterschied zu dir will ich mich nicht binden. Überhaupt nicht. Ich will zusammen sein, mit wem ich will und wann ich will.«
»Mit wem?«, unterbrach ich ihn ziemlich gereizt. »Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass du dich immer noch mit Davern triffst?«
Rhoan fühlte sich sichtlich unwohl. »Nur wenn er in der Stadt ist, und das kommt derzeit nicht oft vor.«
»Aber hast du Liander nicht erklärt, dass ihr zwei kein Paar mehr seid?«
»Das sind wir auch nicht. Nur gelegentliche Liebhaber.«
»Das ist im Prinzip dasselbe und dürfte Liander kaum gefallen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat meine Beziehungsunfähigkeit ja mit dem zu tun, was ich bin.«
Damit meinte er seine Homosexualität, nicht sein Dasein als Wächter oder die Tatsache, dass er ein Mischling war. Das ärgerte mich.
»Liander ist genau wie du und will sich trotzdem binden. Red' dich nicht raus, nur weil du Angst hast.«
Er hob empört die Brauen, und seine silberfarbenen Augen blitzten scharf, was darauf hindeutete, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Angst?«
»Ja. Sich zu binden heißt, sich zu bekennen. Du willst dich zu niemandem bekennen. Nicht weil es dir angeboren wäre, sondern weil du dich so entschieden hast. Gesteh dir das wenigstens ein. Und ihm ebenso.«
»Er verdient mehr als nur einen Teilzeitliebhaber.«
»Mag sein«, stimmte ich zu, worauf Rhoan mich erstaunt ansah. »Aber wir haben beide nicht das Recht, das für ihn zu entscheiden. Es ist seine Entscheidung und sein Leben.«
Rhoan lächelte schwach, dann beugte er sich vor und küsste mich auf die Stirn. »Für ein Mädchen bist du ganz schön schlau. Ich hoffe, du beherzigst deinen Rat auch in deinem eigenen Leben.«
»Ich? Einen Rat befolgen? Eher schneit es an Weihnachten.« In Melbourne fiel der Sommer auf den Dezember. Es musste also schon extreme Klimaveränderungen geben, damit das passierte. Doch nach all den merkwürdigen Wendungen, die mein Leben in letzter Zeit genommen hatte, hielt ich es sogar für möglich, dass es an Weihnachten schneite.
Und dass ich meinen eigenen Rat beherzigte.
Ich gab Rhoan den Schläger und schob ihn sanft in Richtung Ausgang. »Geh und rede mit ihm.«
»Soll ich dich nicht zur Umkleidekabine begleiten?«
»Nein, es ist alles okay.« Solange jemand hier unten trainierte, wurde die Arena videoüberwacht. Außerdem war ich mir sicher, dass sich Jack irgendwo in der Nähe aufhielt. Er hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass ich heil blieb. Schließlich wollte er mich nicht nur bei diesem Auftrag dabeihaben, sondern mich zur vollwertigen Wächterin ausbilden. »Wir sehen uns morgen früh hier.«
Übersetzung: Babette Schröder und Wolfgang Thon
Copyright © 2011 für die deutsche Ausgabe
by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München
Ich hasste das Training. Vor allem, weil ich zu etwas ausgebildet werden sollte, das ich niemals hatte werden wollen: ein Wächter der Abteilung für Andere Rassen.
Irgendwie ließ es sich zwar nicht mehr vermeiden, und ich hatte mich auch größtenteils damit abgefunden, aber begeistert war ich darüber nicht gerade.
Die meisten Menschen hielten Wächter für speziell ausgebildete Cops, aber sie waren viel mehr als das. Sie waren Richter und Geschworene in einem, und für die Vollstreckung des Urteils sorgten sie ebenfalls gleich selbst. Anders als menschliche Cops mussten sie sich nicht an die Gesetze halten. Die meisten Leute, die einem Wächter, bildlich gesprochen, vor die Flinte liefen, waren zwar durchgeknallte Psychos, die den Tod durchaus verdient hatten, aber ich hatte trotzdem keine Lust, durch die Nacht zu schleichen und Untote umzulegen.
Selbst wenn mein Jagdinstinkt aufgrund meiner Wolfsgene stärker war, als ich mir eingestehen mochte.
Meine Abneigung gegen das Training nahm noch zu, wenn ich mit meinem Bruder trainieren musste. Ihm konnte ich nichts vormachen, konnte nicht ein bisschen mit ihm flirten oder ihn mit meinen Reizen von der Arbeit ablenken. Es war sowieso zwecklos, so zu tun, als ob ich nicht mehr könnte, denn er war mein Zwillingsbruder.
Er wusste ganz genau, was man mir zumuten konnte und was nicht. Er spürte es. Wir hatten zwar keine telepathische Zwillingsverbindung, aber wir wussten instinktiv, wenn der andere litt oder in Schwierigkeiten war.
Momentan spürte Rhoan sehr deutlich, dass ich versuchte, mich vor dem Training zu drücken. Und er wusste auch, warum.
Ich hatte eine heiße Verabredung mit einem noch heißeren Werwolf.
In genau einer Stunde.
Wenn ich jetzt ging, schaffte ich es noch nach Hause, um mich frisch zu machen, bevor Kellen, so hieß der heiße Werwolf, mich abholte. Wenn wir jetzt weitermachten, sah ich, wie so häufig in letzter Zeit, wie ein geprügelter Hund aus.
»Wollte Liander heute Abend nicht einen Braten für dich zubereiten?«, fragte ich und wedelte dabei mit einem Holzknüppel in der Luft herum, den Rhoan mir zuvor gegeben hatte. Bislang hatte ich ihn noch nicht zum Einsatz gebracht, denn ich wollte meinen Bruder eigentlich nicht schlagen.
Womit er offenbar kein Problem hatte. Das bezeugten die blauen Flecken auf meinem Körper.
Dabei war er im Grunde dagegen, dass ich mein Vorhaben in die Tat umsetzte und an der bevorstehenden Mission teilnahm.
»Doch.« Er umkreiste mich unauffällig und gab sich unschuldig. Davon ließ ich mich jedoch nicht täuschen, denn ich spürte seine Anspannung fast so deutlich wie meine eigene. »Aber er stellt ihn erst in den Ofen, wenn ich ihn anrufe und ihm sage, dass ich unterwegs bin.«
»Es ist sein Geburtstag. Du solltest mit ihm feiern, statt mich hier durch die Mangel zu drehen.«
Plötzlich schoss Rhoan nach vorn und schwang den Knüppel in meine Richtung. So schnell, dass der Stock nur noch wie ein heller Streifen aussah. Ich blieb ganz ruhig stehen und spürte an meiner linken Hand den Luftzug des vorbeisausenden Schlägers. Er bluffte nur, das war klar.
Hätte er wirklich zuschlagen wollen, hätte ich die Bewegung überhaupt nicht mehr wahrnehmen können.
Er grinste. »Ich fahre zu ihm, sobald wir hier fertig sind. Du bist übrigens eingeladen, falls du dich erinnerst.«
»Um euch die Party zu verderben?«, fragte ich trocken. »Wohl kaum. Außerdem würde ich lieber mit Kellen feiern.«
»Dann ist Quinn also immer noch abgemeldet?«
»Nicht ganz.« Ich verlagerte mein Gewicht und behielt ihn im Auge, während er weiter im Kreis um mich herumschlich. Die grünen Turnmatten, mit denen der Trainingsbereich im Keller der Abteilung gepolstert war, quietschten unter meinen nackten Füßen.
»Das kommt von deinem Schweiß«, bemerkte er. »Aber du hast längst noch nicht genug geschwitzt.«
»Jesus, Rhoan, hab Erbarmen. Ich habe Kellen seit fast einer Woche nicht gesehen. Ich will mit ihm herumbalgen, nicht mit dir.«
Seine silberfarbenen Augen blitzten diabolisch, während er herausfordernd eine Braue hob. »Wenn du es schaffst, mich auf die Matte zu werfen, lasse ich dich gehen.«
»Dich will ich aber nicht flachlegen!«
»Wenn du nicht gegen mich kämpfst, lassen sie dich gegen Gautier antreten. Ich glaube, das wollen wir beide nicht.«
»Wenn ich gegen dich kämpfe und es schaffe, dich auf die Matte zu werfen, lassen sie mich genauso gegen ihn antreten.«
Der Gedanke daran war ziemlich widerlich. Ich stand nicht sonderlich auf Vampire. Quinn, dem in Sydney eine Fluglinie gehörte, und mein Chef Jack, der die Wächterabteilung leitete, waren angenehme Ausnahmen. Gautier war ein gefährlicher Mistkerl. Als Wächter hatte er sich bislang zwar nichts zuschulden kommen lassen, aber er gehörte eindeutig zu den Bösen. Er war ein Klon, den man nur zu dem Zweck geschaffen hatte, dass er die Abteilung unter seine Kontrolle brachte. Noch hatte er nicht zugeschlagen, aber ich ahnte, dass er es bald tun würde.
Rhoan täuschte einen weiteren Schlag an und streifte diesmal mit dem Schläger meine Fingerknöchel. Die Haut brannte, aber ich zwang mich, die Hand nicht zu schütteln, sondern korrigierte ein wenig meine Haltung und bereitete mich auf den richtigen Angriff vor.
»Was ist los mit dir und Quinn?«
Nichts. Das war ja gerade das Problem. Erst hatte er ein großes Trara gemacht, ich sollte mich an meinen Teil unserer Vereinbarung halten, und dann hatte er überwiegend durch Abwesenheit geglänzt. Frustriert holte ich einmal tief Luft und schob mir ein paar schweißnasse Haarsträhnen aus der Stirn. »Können wir das nicht bereden, nachdem ich mich mit Kellen amüsiert habe?«
»Nein«, erwiderte er und bewegte sich auf einmal so schnell, dass er für mich nicht mehr zu sehen war. Da ich auch Vampirgene besaß, hätte ich auf Infrarot umschalten können, um seine Körperwärme zu erkennen, aber das war nicht nötig. Ich besaß das feine Gehör und die empfindliche Nase eines Wolfs. Ich konnte hören, wie er leichtfüßig auf der Plastikmatte um mich herumtänzelte, und seinen würzigen Ledergeruch orten.
Er näherte sich von hinten.
Ich warf mich nach unten, drehte mich auf der Matte um und trat mit voller Wucht von hinten gegen sein Bein. Er stöhnte, wurde langsam wieder sichtbar und versuchte taumelnd, sein Gleichgewicht wiederzuerlangen.
Ich rappelte mich hoch und stürzte mich auf ihn, war aber bei weitem nicht schnell genug. Er brachte sich außer Reichweite und schüttelte den Kopf. »Du nimmst das Ganze nicht ernst genug, Riley.«
»Doch.« Nur nicht so ernst wie er. Jedenfalls nicht heute Abend.
»Willst du denn unbedingt gegen Gautier kämpfen?«
»Nein, aber ich will unbedingt Kellen sehen.« Sexuell frustriert zu sein war für niemanden schön, aber für einen Werwolf war es besonders schlimm. Sex war ein wichtiger Teil unserer Kultur. Wir brauchten ihn genauso dringend wie ein Vampir sein Blut. Dieses gottverdammte Training hatte mich so viel Zeit gekostet, dass ich nicht einmal ins Blue Moon gekommen war, um mich ein bisschen zu amüsieren.
Erneut holte ich tief Luft und versuchte, in Ruhe nachzudenken. Ich wollte meinen Bruder zwar nicht verletzen, aber wenn ich sonst nicht hier wegkam, blieb mir wohl nichts anderes übrig.
Nur: Wenn es mir tatsächlich gelingen sollte, Rhoan zu schlagen, dachte Jack womöglich, dass ich einsatzbereit wäre. Und davor grauste es mir. Vielleicht hatte Rhoan ja recht, und ich sollte es nicht tun, egal was Jack sagte. Vielleicht würde ich dem nie gewachsen sein, und wenn ich noch so intensiv trainierte.
Vielleicht würde ich Mist bauen und alle in Gefahr bringen.
Letzteres hatte Rhoan zwar nicht gesagt. Doch je näher der Zeitpunkt rückte, an dem ich in Deshon Starrs kriminelle Organisation eingeschleust werden sollte, desto stärker wurde dieser Gedanke in mir.
»Das ist eine alberne Regel. Das weißt du«, sagte ich schließlich. »Wenn ich gegen Gautier kämpfe, beweist das noch gar nichts.«
»Er ist der Beste. Wenn ein Wächter gegen ihn gekämpft hat, ist er auf das vorbereitet, was ihn draußen erwartet.«
»Nur mit dem Unterschied, dass ich gar kein richtiger Wächter werden will.«
»Du hast keine Wahl mehr, Riley.«
Das war mir klar. Deshalb durfte ich zwar trotzdem protestieren, aber es waren nur leere Worthülsen. Verdammt, würde Jack mir heute anbieten, dass ich kein Wächter werden müsste, würde ich das Angebot glatt ablehnen. Unter keinen Umständen wollte ich mir die Gelegenheit entgehen lassen, Deshon Starr büßen zu sehen. Nicht nur meinetwegen, sondern wegen Misha und Kades Partner und all den unzähligen Männern und Frauen, die noch in irgendwelchen Zuchtstationen eingesperrt waren.
Ganz zu schweigen von all den Wesen, die in diesen Laboren gezeugt worden waren. Es waren widerliche Kreaturen, die die Natur niemals hervorgebracht hätte. Kreaturen, die nur geschaffen worden waren, um auf Befehl zu töten und auf Befehl zu sterben.
Eine Gänsehaut lief über meinen Körper. Bislang war ich nur einigen dieser Wesen begegnet, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich noch vor Monatsende mehr von ihnen sehen würde, als mir lieb war.
Ich befeuchtete meine Lippen und versuchte, mich auf Rhoan zu konzentrieren. Wenn ich ihn auf die Matte werfen musste, um hier wegzukommen, würde ich es tun. Ich wollte, ich musste noch ein bisschen das normale Leben genießen, bevor dieser Mist von Neuem losging.
Und das würde er. Ich spürte es.
Rechts neben Rhoan huschte ein Schatten an einem der Fenster vorbei. Es war kurz vor sechs. Vermutlich handelte es sich um einen Wächter, der sich auf die nächtliche Jagd vorbereitete. Die Arena lag im fünften Untergeschoss direkt neben den Schlafkabinen der Wächter. Diese waren lustigerweise mit Särgen ausgestattet. Einige Vampire liebten es, den menschlichen Erwartungen zu entsprechen, selbst wenn das überflüssig war.
Menschen hatten hier unten sowieso keinen Zutritt. Man wollte schließlich kein Lamm in die Löwengrube werfen. Das konnte überaus schnell sehr hässlich werden, um es vorsichtig auszudrücken. Wächter wurden zwar dafür bezahlt, die Menschen zu schützen, aber sie waren dennoch nicht davor gefeit, gelegentlich einen von ihnen zu verspeisen.
Der Schatten glitt an einem anderen Fenster vorbei, und diesmal zuckte Rhoans Blick in diese Richtung. Es war nur eine minimale Bewegung, aber sie brachte mich auf eine Idee.
Ich drehte mich um, holte mit dem nackten Fuß aus und trat zu. Ich erwischte meinen Bruder mit der Ferse am Bauch, und er wich zurück. Er holte mit dem Schläger aus und verfehlte nur knapp mein Schienbein. Dann wirbelte er in einer fließenden Bewegung herum und trat nach mir. Seine Ferse zischte haarscharf an meiner Nase vorbei; wahrscheinlich hätte er sie getroffen, wenn ich nicht nach hinten ausgewichen wäre.
Er nickte anerkennend. »Schon besser.«
Ich knurrte, veränderte meine Haltung und warf den Schläger abwechselnd von einer Hand in die andere. Das klatschende Geräusch des Knüppels hallte durch die Stille, und Rhoan spannte die Schultern an. Ich sah ihm in die Augen, fing den Schläger mit der linken Hand auf und holte zum Schlag aus, hielt dann jedoch mitten in der Bewegung inne und ließ meinen Blick hinter ihn gleiten.
»Hallo, Jack.«
Rhoan folgte meinem Blick und drehte sich um. In diesem Moment ließ ich mich auf den Boden fallen und trat ihm die Beine weg. Er knallte auf die Matte, sah überrascht hoch und fing augenblicklich an zu lachen.
»Der älteste Trick der Welt, und ich falle darauf herein.«
Ich grinste. »Manchmal sind alte Tricks ganz praktisch.«
»Dann darfst du wohl jetzt gehen.« Er streckte mir eine Hand entgegen. »Hilf mir hoch.«
»Ich bin doch kein Idiot, Bruderherz.«
Amüsiert stand er auf. »Versuchen kann man es ja.« »Ich darf also wirklich gehen?«
»So war es abgemacht.« Er stand auf und ging an die Seitenlinie, um sein Handtuch zu nehmen, das dort über dem Geländer hing. »Aber morgen früh um Punkt sechs bist du wieder hier.«
Ich stöhnte. »Du bist gemein.«
Er rieb mit dem Handtuch über seine roten Stoppelhaare. Obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, wusste ich, dass er grinste. Manchmal konnte mein Bruder eine ziemliche Nervensäge sein.
»Vielleicht überlegst du dir das nächste Mal, ob du schummelst.«
»Das ist doch egal. Immerhin hat es funktioniert.«
Er lächelte zwar, doch seine Augen wirkten sehr ernst. Er machte sich große Sorgen, weil ich bei dem bevorstehenden Auftrag eine wichtige Rolle spielen sollte. Er wollte genauso wenig, dass ich daran teilnahm, wie ich einst gewollt hatte, dass er ein Wächter wurde. Aber mit manchen Wendungen des Lebens muss man sich eben abfinden, hatte er damals zu mir gesagt.
»Du solltest lernen, anzugreifen und dich zu verteidigen«, erklärte er. »Alberne Tricks retten dir nicht das Leben.«
»Aber wenn sie es nur einmal retten könnten, darf man es doch zumindest damit versuchen.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe ein, dass man mit dir kein vernünftiges Wort mehr reden kann, bevor du Sex gehabt hast.«
»Schön, dass du endlich verstanden hast, was ich schon die ganze letzte Stunde versucht habe, dir zu erklären.« Ich grinste. »He, sieh es doch mal von der positiven Seite: Liander wird sich riesig freuen, dich zur Abwechslung mal zu einer normalen Uhrzeit zu sehen.«
Er knurrte. »Wenn er nicht so klammern würde, könnte er das viel häufiger haben.«
Rhoan klang ziemlich genervt, und ich hob erstaunt die Brauen. »Er stellt dir frei, zusammen zu sein, mit wem du willst. Das würde ich nicht gerade als klammern bezeichnen.«
»Weiß ich, aber ... « Er zögerte und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, ob ich ihm geben kann, was er sich wünscht. Ich weiß nicht, ob ich dazu jemals in der Lage sein werde.«
So ziemlich das Gleiche hatte ich vor zwei Monaten zu Quinn gesagt. Es war erstaunlich, wie parallel sich unser Liebesleben entwickelte. Allerdings standen hinter meinen Worten ganz andere Beweggründe als bei meinem Bruder. Rhoan liebte Liander. Das konnte ich von mir in Bezug auf Quinn nicht behaupten. Wir kannten uns ja schließlich kaum, abgesehen vom Sex.
Und Liander war zumindest in guten wie in schlechten Zeiten bei Rhoan geblieben. Quinn dagegen war schon wieder davongelaufen, obwohl er behauptet hatte, er würde mich nicht gehen lassen, bis die Sache zwischen uns geklärt war.
Keine Ahnung, wie er das von Sydney aus schaffen wollte. Vielleicht war er auch zu dem Schluss gekommen, dass ich ihm zu viele Schwierigkeiten machte und es besser war, sich nicht mit mir abzugeben. Doch wir hatten ein paar ziemlich intensive erotische Träume miteinander geteilt, und ich glaubte kaum, dass einer von uns ernsthaft erwog, den anderen jetzt zu verlassen.
Ich drückte meinem Bruder leicht den Arm. »Liander liebt dich. Er wird auf dich warten.«
Rhoan sah mir in die Augen. »Ich weiß nicht, ob ich so viel Liebe verdient habe.«
Ich sah ihn erstaunt an. »Ich liebe dich auch.«
Er strich mir leicht über die Wange. »Ja, aber du bist als meine Zwillingsschwester und Rudelkameradin dazu verpflichtet.«
»Stimmt.« Ich musterte ihn einen Augenblick, dann sagte ich leise: »Nur weil unser Rudel uns verstoßen hat, heißt das nicht, dass wir nicht liebenswert sind.«
Wie oft hatte er das in all den Jahren zu mir gesagt? Und jetzt, wo er selbst in einer Krise steckte, fiel es ihm genauso schwer, es zu glauben.
Er lächelte warm, aber irgendwie traurig. »Im Unterschied zu dir will ich mich nicht binden. Überhaupt nicht. Ich will zusammen sein, mit wem ich will und wann ich will.«
»Mit wem?«, unterbrach ich ihn ziemlich gereizt. »Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass du dich immer noch mit Davern triffst?«
Rhoan fühlte sich sichtlich unwohl. »Nur wenn er in der Stadt ist, und das kommt derzeit nicht oft vor.«
»Aber hast du Liander nicht erklärt, dass ihr zwei kein Paar mehr seid?«
»Das sind wir auch nicht. Nur gelegentliche Liebhaber.«
»Das ist im Prinzip dasselbe und dürfte Liander kaum gefallen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat meine Beziehungsunfähigkeit ja mit dem zu tun, was ich bin.«
Damit meinte er seine Homosexualität, nicht sein Dasein als Wächter oder die Tatsache, dass er ein Mischling war. Das ärgerte mich.
»Liander ist genau wie du und will sich trotzdem binden. Red' dich nicht raus, nur weil du Angst hast.«
Er hob empört die Brauen, und seine silberfarbenen Augen blitzten scharf, was darauf hindeutete, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Angst?«
»Ja. Sich zu binden heißt, sich zu bekennen. Du willst dich zu niemandem bekennen. Nicht weil es dir angeboren wäre, sondern weil du dich so entschieden hast. Gesteh dir das wenigstens ein. Und ihm ebenso.«
»Er verdient mehr als nur einen Teilzeitliebhaber.«
»Mag sein«, stimmte ich zu, worauf Rhoan mich erstaunt ansah. »Aber wir haben beide nicht das Recht, das für ihn zu entscheiden. Es ist seine Entscheidung und sein Leben.«
Rhoan lächelte schwach, dann beugte er sich vor und küsste mich auf die Stirn. »Für ein Mädchen bist du ganz schön schlau. Ich hoffe, du beherzigst deinen Rat auch in deinem eigenen Leben.«
»Ich? Einen Rat befolgen? Eher schneit es an Weihnachten.« In Melbourne fiel der Sommer auf den Dezember. Es musste also schon extreme Klimaveränderungen geben, damit das passierte. Doch nach all den merkwürdigen Wendungen, die mein Leben in letzter Zeit genommen hatte, hielt ich es sogar für möglich, dass es an Weihnachten schneite.
Und dass ich meinen eigenen Rat beherzigte.
Ich gab Rhoan den Schläger und schob ihn sanft in Richtung Ausgang. »Geh und rede mit ihm.«
»Soll ich dich nicht zur Umkleidekabine begleiten?«
»Nein, es ist alles okay.« Solange jemand hier unten trainierte, wurde die Arena videoüberwacht. Außerdem war ich mir sicher, dass sich Jack irgendwo in der Nähe aufhielt. Er hatte ein berechtigtes Interesse daran, dass ich heil blieb. Schließlich wollte er mich nicht nur bei diesem Auftrag dabeihaben, sondern mich zur vollwertigen Wächterin ausbilden. »Wir sehen uns morgen früh hier.«
Übersetzung: Babette Schröder und Wolfgang Thon
Copyright © 2011 für die deutsche Ausgabe
by Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, München
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Autoren-Porträt von Keri Arthur
Keri Arthur schreibt, seit sie zwölf Jahre alt ist und hat seitdem mehr als 15 Romane veröffentlicht. Hauptberuflich ist sie Köchin. Sie ist mit einem wundervollen Mann verheiratet, der sie nicht nur beim Schreiben unterstützt, sondern ihr auch noch den Großteil der Hausarbeit abnimmt. Sie haben eine Tochter, mit der sie in Melburne, Australien, leben.Wolfgang Thon lebt als freier Übersetzer in Hamburg. Er hat viele Thriller, u. a. von Brad Meltzer, Joseph Finder und Paul Grossman ins Deutsche übertragen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Keri Arthur
- 2011, 446 Seiten, Maße: 11,4 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Schröder, Babette; Thon, Wolfgang
- Übersetzer: Wolfgang Thon
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442375266
- ISBN-13: 9783442375264
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