Der kleine Dämonenberater
Vom Autor des Bestsellers ''Die Bibel nach Biff''!
Travis O'Hearn hat ein Problem: Seit er vor siebzig Jahren eher aus Zufall einen Dämon geweckt hat, weicht ihm dieser nicht mehr von seiner Seite. Und Catch ist beileibe kein angenehmer Zeitgenosse, denn er hat einen unstillbaren Appetit auf menschliches Fleisch. Um dem dämonischen Treiben endlich ein Ende zu setzen, macht sich Travis auf den Weg zum König der Dschinn -der Einzige, der Catch in die Hölle verbannen kann, aus deren Staub er einst gekrochen kam ...
Derkleine Dämonenberater von Christopher Moore
LESEPROBE
THE BREEZE
The Breezerauschte auf dem Schleudersitz von Billy Winstons Pinto nach San Junipero. DerPinto beschrieb eine abenteuerliche Schlangenlinie und driftete auf denMittelstreifen zu, was daran lag, daß Billy versuchte, mit einer Hand einenJoint zu drehen, während er gleichzeitig eine Halbliterdose Coors in deranderen Hand hielt und zu einem Bob Marley Song, der aus der billigenStereoanlage schepperte, im Takt wippte.
»Jetzt gehtdie Post ab, Mon! « sagte Billy und prostete The Breeze so enthusiastisch zu,daß diesem das Bier aufs Hemd schwappte.
The Breezeschüttelte entnervt den Kopf. »Halt die Dose runter, paß auf, wo du hinfährst,und laß mich den Joint bauen«, sagte er.
BillysBewunderung für The Breeze kannte keine Grenzen. The Breeze war cool, einPartyhecht der alten Schule. Er verbrachte seine Tage am Strand und die Nächteeingehüllt in eine Wolke von Sinsemilla. The Breeze konnte die ganze Nachtdurchkiffen und dazu eine Flasche Tequila niedermachen, ohne daß man ihm dasGeringste anmerkte. Anschließend fuhr er dann die vierzig Meilen nach PineCove zurück, ohne auch nur den Funken eines Verdachts oder das geringsteMißtrauen eines Cops auf sich zu ziehen, um am nächsten Morgen Punkt neunwieder am Strand auf der Matte zu stehen und den Anschein zu erwecken, als seider Begriff »Kater« in seinem Vokabular inexistent. In Billy Winstons Hitlisteder größten Helden aller Zeiten rangierte The Breeze auf Platz zwei unmittelbarhinter David Bowie.
The Breeze rollte den Joint, steckte ihn an und reichte ihn Billyzum Anrauchen.
»Was feiern wir denn?« krächzte Billy in dem verzweifelten Versuch,den Rauch unten zu halten.
The Breeze streckte den Zeigefinger in die Luft, um ihm zu bedeuten,daß er der Frage auf den Grund gehen würde, und kramte in der Tasche seinesHawaiihemdes nach dem Dionysischen Kalender: Gelegenheiten und Anlässe fürParties an allen Tagen des Jahres. Er blätterte so lange, bis er dasaktuelle Datum gefunden hatte, und verkündete dann: »Unabhängigkeitstag inNamibia.«
»Astrein«, sagte Billy. »Ein dreifaches Hoch auf die namibischeUnabhängigkeit.«
»Hier steht«, fuhr The Breeze fort, »daß die Namibier ihre Unabhängigkeitfeiern, indem sie eine ganze Giraffe am Stück grillen und verspeisen und dazueine Mixtur aus fermentiertem Guavensaft und dem Extrakt bestimmterBaumfrösche trinken, denen magische Kräfte nachgesagt werden. Auf dem Höhepunktder Feierlichkeiten werden alle Jungen, die ein bestimmtes Alter erreichthaben, beschnitten, und zwar mit einem scharfen Stein.«
»Vielleicht können wir ja 'n paar Techies beschneiden, wenn'suns zu langweilig wird«, sagte Billy.
Mit Techies bezeichnete The Breeze imallgemeinen die männlichen Studenten des San Junipero Technical College - zumgrößten Teil ultrakonservative Grünschnäbel mit Bürstenhaarschnitten, derenhöchstes Ziel offenbar darin bestand, in der gesichtslosen Masse derErfüllungsgehilfen der amerikanischen Industrie aufzugehen, nachdem sie in derTretmühle des San Junipero Tech durch die Mangel gedreht, zurechtgebogen undwieder ausgespuckt worden waren.
Das Denken der Techies war The Breeze so fern und fremd, daßer noch nicht einmal Verachtung für sie aufbrachte. Sie waren einfachNichtexistenzen. Andererseits gab es auch weibliche Studenten am S. J. Tech,und diese lagen The Breeze erheblich mehr am Herzen. Die Aussicht darauf,zwischen den weichen Schenkeln einer jungfräulichen Ingenieurstudentin abtauchenzu können, und sei es auch nur für kurze Zeit, war der einzige Grund, warum TheBreeze sich überhaupt auf das zweifelhafte Vergnügen einer vierzig Meilenlangen Fahrt mit Billy Winston eingelassen hatte.
Billy Winston war groß und so spindeldürr, daß einem sein Anblickschon fast weh tat. Darüber hinaus war er häßlich und übelriechend, und erhatte das Talent, in nahezu jeder Situation genau das Falsche zu sagen. Zuallem Überfluß hatte The Breeze ihn auch noch im Verdacht, daß er schwul war.Dieser Gedanke hatte eines Abends neue Nahrung bekommen, als er Billy Winstonauf seiner Arbeitsstelle als Nachtportier in einem Hotel besucht und ihn dabeiüberrascht hatte, wie er eine Ausgabe des Playgirl durchblätterte.Bei den Geschäften, die The Breeze betrieb, war es nichts Ungewöhnliches, wenn mangelegentlich über die Leichen im Keller anderer Leute stolperte, und so machtees ihm auch nichts weiter aus, wenn die Leichen in Billy Winstons Keller Damenunterwäschetrugen. Sollte Billy Winston tatsächlich homosexuell sein, so war das etwa soschlimm wie Akne bei einem Leprakranken.
Was für Billy Winston sprach, war die Tatsache, daß er einenWagen hatte, der lief, und daß er The Breeze überall hinfahren würde, wo er nurwollte. The Breeze hatte zwar einen eigenen VW-Bus, doch den hatte er bei einpaar Marijuanapflanzern in Big Sur als Sicherheit für die vierzig PfundSinsemillablüten abstellen müssen, die in einem Koffer in seinem Trailer verstecktwaren. (...)
© Wilhelm Goldmann Verlag, München
Übersetzung: Christoph Hahn
- Autor: Christopher Moore
- 2005, 320 Seiten, Maße: 12 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Hahn, Kristof
- Übersetzer: Christoph Hahn
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442542170
- ISBN-13: 9783442542178
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