Der zweite Tod meines Vaters
Mit neuen Fakten
"Erschütternder als ein Krimi - die glasklare, durch solide Quellen gestützte Beschreibung eines bis heute andauernden Staatsskandals." FAZ
Dreißig Jahre nach dem Mord an seinem Vater, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, stellt Michael Buback fest,...
Dreißig Jahre nach dem Mord an seinem Vater, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, stellt Michael Buback fest,...
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Produktinformationen zu „Der zweite Tod meines Vaters “
Klappentext zu „Der zweite Tod meines Vaters “
"Erschütternder als ein Krimi - die glasklare, durch solide Quellen gestützte Beschreibung eines bis heute andauernden Staatsskandals." FAZDreißig Jahre nach dem Mord an seinem Vater, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, stellt Michael Buback fest, dass vieles an der offiziellen Version über das Attentat nicht stimmt. Er beginnt eine akribische Suche nach der Wahrheit, studiert die wenigen ihm zugänglichen Akten und spricht mit Augenzeugen und damaligen Ermittlern. Der Fall schlägt hohe Wellen in den Medien, neue Fakten kommen ans Licht und bald werden die düsteren Ahnungen für Michael Buback zur Gewissheit: Die wahren Mörder seines Vaters wurden nie angeklagt.
Mit bisher unveröffentlichtem Material und Augenzeugenberichten.
Lese-Probe zu „Der zweite Tod meines Vaters “
Der zweite Tod meines Vaters von Michael BubackZermatt, Gründonnerstag 1977
Wir wohnten in dem vertrauten Hotel. Auf der nach der Zahl der Sterne gereihten Rangliste, Zermatter Hotels stand es deutlich im hinteren Feld, aber nicht an letzter Stelle. Die Unterkunft entsprach unseren finanziellen Möglichkeiten, auch denen unserer Freunde, die mit uns im Skiurlaub waren. Als Lehrerin war meine Frau an die Schulferien gebunden, und es gab nicht sehr viele Orte mit so hoher Schneesicherheit für die Ostertage.
Es kündigte sich ein herrlicher Skitag an. Meine Frau fühlte sich allerdings an diesem 7. April 1977 - Gründonnerstag - nicht recht wohl und kehrte bereits gegen 10 Uhr ins Hotel zurück. Mit den Freunden fuhr ich bis in den späten Nachmittag Ski. Wir waren erschöpft, aber glücklich, als wir zum Hotel zurückkehrten. Meine Frau stand am Fenster des Speisesaals und sah zu, wie ich meine Skier zu der kleinen Hütte im Garten trug und dort verstaute. Obwohl sie wusste, dass ich die Skier wenig später wieder herausholen würde, ließ sie es geschehen. Als ich die Stufen zur Hoteltür hinaufstieg, kam sie mir entgegen. Sie war sehr blass und sagte, sie müsse mit mir sprechen, allein. Wir gingen in den leeren Frühstücksraum. Ich solle mich erst setzen. Dann fasste sie meine Hände und sagte: »Die haben deinen Vater erschossen.«
Meine Frau erinnert sich, dass ich zunächst ungläubig »Was?« rief und dann leiser: »Diese Schweine!«
Zu diesem Zeitpunkt war meine Frau seit mehr als sieben Stunden informiert. Schreckliche Stunden lagen hinter ihr, und noch heute ist siel obwohl sie inzwischen viel hinnehmen musste und beide Eltern recht früh verloren hat, überzeugt, dass dieser 7. April der schlimmste Tag ihres Lebens war. jetzt aber lenkte die Sorge um mich sie von ihrem Kummer ab.
Bei
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der Rückkehr ins Hotel hatte sie in unserem Schlüsselfach einen Zettel gefunden, sie möge sofort bei ihren Eltern in Karlsruhe anrufen. Ihr Vater war am Telefon, offenbar stand er unter Schock. Er müsse ihr etwas Furchtbares mitteilen, sagte er: »Auf Siegfried ist ein Attentat verübt worden. Er ist tot. «
Meine Frau hatte meinen Vater sehr gern. Sie konnte die Nachricht nicht fassen und rief immer wieder: Nein, nein!<„ bis sich ihr Vater schließlich nicht mehr anders zu helfen wusste und sagte: »Elisabeth, mit so etwas scherze ich nicht.,«
Mit diesem sehr formalen Satz, wie er zu einem Juristen passt, versuchte er wohl vor allem sich selbst zu beruhigen und Halt zu gewinnen. Er war ein Kollege meines Vaters und arbeitete als Bundesanwalt in der Revisionsabteilung der Behörde.
Kurze Zeit später hatten unsere engsten Karlsruher Freunde, angerufen und Elisabeth gefragt, ob sie uns denn nicht abholen oder uns zumindest entgegenfahren sollten. Gegen Mittag dann kamen, zwei Beamte der Zermatter Polizei. Ihre Frage, ob sie denn schon wisse, was geschehen sei, beantwortete sich beim Blick auf meine Frau von selbst.
Ob man uns irgendwie helfen könne? Elisabeth vereinbarte mit den Beamten, dass uns die Polizei, sobald ich zurück sei, auf der für Urlauber gesperrten Straße zu unserem Auto nach Ätsch hinunterfahren würde. Sie konnte keinen festen Zeitpunkt verabreden, da ich ja nicht zu erreichen war; schließlich gab es damals kein Handy Ihr war der Gedanke schrecklich, dass ich die Nachricht, die sich schnell verbreiten würde, möglich an einer Bergstation aus dem Radio oder beim Anstehen am Lift aus einem Gespräch Dritter erführe.
Die Hotelbesitzerin, die extrem kurzsichtig war, so dass wir schon meinten, sie registriere vieles iii ihrer Umgebung nicht, hatte die Tragweite des Geschehenen sofort erfasst. Sie versuchte, meine Frau zu einem Kaffee oder einem Cognac zu überreden„ aber Elisabeth war nicht in der Lage, irgendetwas zu sich zu nehmen. Stattdessen begann sie alle Vorbereitungen für die Abreise zu treffen. Ich konnte ja jeden Moment kommen, und wir mussten so schnell als möglich nach Karlsruhe zurück. Da ich aber nicht kam und auch nicht anrief, wusste Elisabeth, dass ich noch nichts vorn Tod meines Vaters gehört hatte. In ihrer qualvollen Situation versuchte sie sich damit zu trösten, dass wenigstens ich jetzt noch die für lange Zeit letzten unbeschwerten Stunden verbringen konnte. Immer wieder schaute sie nach mir, manchmal vorn Balkon unseres Zimmers, dann wieder vom Fenster des Speisesaals aus. Als ich schließlich gegen 18 Uhr mit den Freunden kam, ausgelassen und bester Dinge, war ihr klar, dass sie mir die schreckliche Nachricht würde mitteilen müssen.
Ich bewundere es noch heute, wie überlegt und souverän Elisabeth in dieser schlimmen Situation gehandelt hat. Noch nie hatte ich eine so furchtbare Nachricht erhalten, sie wusste nicht, wie ich reagieren würde.
Zunächst beherrschte mich eine verwirrende Vielzahl von Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen. Zorn und Schmerz wurden allmählich von der Sorge überlagert, wie alles weitergehen sollte. Wie würde es meine Mutter verkraften?
Und dann war da auch das bedrückende Gefühl, nichts mehr für meinen Vater tun zu können. Es belastete mich, und ich schämte mich„ dass ich im Urlaub war und ihm nicht geholfen, ihn nicht gewarnt hatte - merkwürdige, auch törichte Gedanken, für die aber nicht viel Zeit blieb. Wir mussten ja schnell los.
'Wir sagten unseren Freunden, was geschehen war. Auch ihr Urlaub war damit zu Ende, wenn sie auch nicht sofort abreisten. Sie kannten meinen Vater seit vielen Jahren und mochten ihn sehr. Die Freunde halfen uns mit dem Gepäck und begleiteten uns.
Am Ende des Stichwegs, der zu der größeren Straße führt, schaute ich noch einmal zum Hotel zurück. Es sah so aus wie immer. In diesem Moment dachte ich an einen anderen Abend in diesem Hotel. Damals, vor drei Jahren, konnte ich nicht einschlafen, weil mich der Gedanke wach hielt, dass mein Vater in wenigen Wochen Generalbundesanwalt werden würde. Der Bundesrat hatte seiner Ernennung zugestimmt, und ich war sehr stolz auf ihn. Ohne Mitglied einer Partei zu sein und ohne einem Netzwerk anzugehören, hatte mein Vater die Position als ranghöchster Staatsanwalt der Bundesrepublik erreicht.
Jetzt war alles dahin. Die glanzvolle Amtseinführung vom Mai 1974 erschien nun eher bedrohlich. Wäre es nicht besser gewesen, er wäre Bundesanwalt geblieben? Andererseits, er war sehr gern Generalbundesanwalt geworden, und er wollte ein sehr guter Generalbundesanwalt sein.
Die letzten Sätze seiner Antrittsrede waren uns in Erinnerung geblieben. Er und seine Mitarbeiter wollten alles in ihren Kräften Stehende tun, um ihren durch das Gesetz übertragenen Aufgaben gerecht zu werden, sagte er, und er Witte hinzu - »Mit Hingabe an unseren Beruf, mit Besonnenheit und Entschlossenheit mit dem Glück, das auch der Tüchtige braucht, und mit der Hilfe des Allmächtigen wollen wir unsere Pflicht stets so erfüllen, dass wir vor den Bürgern unseres Landes bestehen können.« Und genau so hatte er es gemeint. Nur waren ihm das Glück und auch die Hilfe, die er brauchte nicht zuteil geworden.
Am Ortsausgang wartete das Polizeifahrzeug. Man fuhr uns rasch zum Parkplatz nach Täsch. Als wir vor dem Lötschbergtunnel auf die Autoverladung warteten, brachte das Radio die Nachricht„ dass der deutsche Generalbundesanwalt einem Attentat zum Opfer gefallen sei. Elisabeth hatte diese Meldung den Tag über schon so oft gehört, und auf der Fahrt nach Karlsruhe hörten wir sie noch viele Male gemeinsam. Durch die ständige Wiederholung der Meldung wurde es gleichsam in unser Bewusstsein eingemeißelt, dass mein Mater ermordet worden war.
Bei der Passkontrolle in Basel fragte der deutsche Grenzbeamte, ob wir denn schon von der Sache mit unserem Namensvetter gehört hätten. Ich zögerte und wusste nicht recht, was ich antworten sollte, denn ich wollte den Beamten nicht in Verlegenheit bringen. Dann sagte ich aber doch: »Es ist mein Vater « Sofort erhielten wir die Ausweise zurück. Im Nachhinein meine ich, dass dies wohl der Punkt war, an dem ich die neue Situation angenommen habe.
Allmählich wurde mir dann auch bewusst, dass mein Vater nicht allein gestorben war. Wolfgang Göbel, den ich gut kannte und der ein so liebenswerter, fröhlicher Mensch war, lebte auch nicht mehr, und Georg -Wurster lag mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus.
Kurz vor Mitternacht kamen wir im Haus meiner Eltern an. Zum ersten Mal an diesem Tag sah. ich Menschen in Trauerkleidung. Meine Mutter und Großmutter waren recht gefasst, aber es lag eine ungewohnte Düsternis über dem Haus, und wir spürten, wie viel Güte, Liebe und Seele uns verloren gegangen war. Auf dem Wohnzimmertisch sah ich erste Beileidstelegramme und Briefe. Viel -Anteilnahme an unserer schwierigen persönlichen Situation kam darin zum Ausdruck, manche sprachen aber auch davon, dass dieses Attentat unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat treffen sollte. So saßen wir kleines Häuflein der Bubacks in dem plötzlich viel zu großen Zimmer und versuchten den verheerenden Treffer auszuhalten, den wohl doch nicht der
Rechtsstaat, sondern im Wesentlichen wir und die Angehörigen der Begleiter meines Vaters würden hinnehmen und ertragen müssen. Nach etwa zwei Stunden fuhren Elisabeth und ich nach Ettlingen in unsere Wohnung. Ein Gedanke quälte mich noch vor dem Einschlafen: Während wir und die anderen Angehörigen nun mit so viel Schrecklichem konfrontiert waren, saßen die Mörder vielleicht noch zusammen und feierten ihre Tat als großen Erfolg.
Meine Frau hatte meinen Vater sehr gern. Sie konnte die Nachricht nicht fassen und rief immer wieder: Nein, nein!<„ bis sich ihr Vater schließlich nicht mehr anders zu helfen wusste und sagte: »Elisabeth, mit so etwas scherze ich nicht.,«
Mit diesem sehr formalen Satz, wie er zu einem Juristen passt, versuchte er wohl vor allem sich selbst zu beruhigen und Halt zu gewinnen. Er war ein Kollege meines Vaters und arbeitete als Bundesanwalt in der Revisionsabteilung der Behörde.
Kurze Zeit später hatten unsere engsten Karlsruher Freunde, angerufen und Elisabeth gefragt, ob sie uns denn nicht abholen oder uns zumindest entgegenfahren sollten. Gegen Mittag dann kamen, zwei Beamte der Zermatter Polizei. Ihre Frage, ob sie denn schon wisse, was geschehen sei, beantwortete sich beim Blick auf meine Frau von selbst.
Ob man uns irgendwie helfen könne? Elisabeth vereinbarte mit den Beamten, dass uns die Polizei, sobald ich zurück sei, auf der für Urlauber gesperrten Straße zu unserem Auto nach Ätsch hinunterfahren würde. Sie konnte keinen festen Zeitpunkt verabreden, da ich ja nicht zu erreichen war; schließlich gab es damals kein Handy Ihr war der Gedanke schrecklich, dass ich die Nachricht, die sich schnell verbreiten würde, möglich an einer Bergstation aus dem Radio oder beim Anstehen am Lift aus einem Gespräch Dritter erführe.
Die Hotelbesitzerin, die extrem kurzsichtig war, so dass wir schon meinten, sie registriere vieles iii ihrer Umgebung nicht, hatte die Tragweite des Geschehenen sofort erfasst. Sie versuchte, meine Frau zu einem Kaffee oder einem Cognac zu überreden„ aber Elisabeth war nicht in der Lage, irgendetwas zu sich zu nehmen. Stattdessen begann sie alle Vorbereitungen für die Abreise zu treffen. Ich konnte ja jeden Moment kommen, und wir mussten so schnell als möglich nach Karlsruhe zurück. Da ich aber nicht kam und auch nicht anrief, wusste Elisabeth, dass ich noch nichts vorn Tod meines Vaters gehört hatte. In ihrer qualvollen Situation versuchte sie sich damit zu trösten, dass wenigstens ich jetzt noch die für lange Zeit letzten unbeschwerten Stunden verbringen konnte. Immer wieder schaute sie nach mir, manchmal vorn Balkon unseres Zimmers, dann wieder vom Fenster des Speisesaals aus. Als ich schließlich gegen 18 Uhr mit den Freunden kam, ausgelassen und bester Dinge, war ihr klar, dass sie mir die schreckliche Nachricht würde mitteilen müssen.
Ich bewundere es noch heute, wie überlegt und souverän Elisabeth in dieser schlimmen Situation gehandelt hat. Noch nie hatte ich eine so furchtbare Nachricht erhalten, sie wusste nicht, wie ich reagieren würde.
Zunächst beherrschte mich eine verwirrende Vielzahl von Gedanken, Empfindungen und Erinnerungen. Zorn und Schmerz wurden allmählich von der Sorge überlagert, wie alles weitergehen sollte. Wie würde es meine Mutter verkraften?
Und dann war da auch das bedrückende Gefühl, nichts mehr für meinen Vater tun zu können. Es belastete mich, und ich schämte mich„ dass ich im Urlaub war und ihm nicht geholfen, ihn nicht gewarnt hatte - merkwürdige, auch törichte Gedanken, für die aber nicht viel Zeit blieb. Wir mussten ja schnell los.
'Wir sagten unseren Freunden, was geschehen war. Auch ihr Urlaub war damit zu Ende, wenn sie auch nicht sofort abreisten. Sie kannten meinen Vater seit vielen Jahren und mochten ihn sehr. Die Freunde halfen uns mit dem Gepäck und begleiteten uns.
Am Ende des Stichwegs, der zu der größeren Straße führt, schaute ich noch einmal zum Hotel zurück. Es sah so aus wie immer. In diesem Moment dachte ich an einen anderen Abend in diesem Hotel. Damals, vor drei Jahren, konnte ich nicht einschlafen, weil mich der Gedanke wach hielt, dass mein Vater in wenigen Wochen Generalbundesanwalt werden würde. Der Bundesrat hatte seiner Ernennung zugestimmt, und ich war sehr stolz auf ihn. Ohne Mitglied einer Partei zu sein und ohne einem Netzwerk anzugehören, hatte mein Vater die Position als ranghöchster Staatsanwalt der Bundesrepublik erreicht.
Jetzt war alles dahin. Die glanzvolle Amtseinführung vom Mai 1974 erschien nun eher bedrohlich. Wäre es nicht besser gewesen, er wäre Bundesanwalt geblieben? Andererseits, er war sehr gern Generalbundesanwalt geworden, und er wollte ein sehr guter Generalbundesanwalt sein.
Die letzten Sätze seiner Antrittsrede waren uns in Erinnerung geblieben. Er und seine Mitarbeiter wollten alles in ihren Kräften Stehende tun, um ihren durch das Gesetz übertragenen Aufgaben gerecht zu werden, sagte er, und er Witte hinzu - »Mit Hingabe an unseren Beruf, mit Besonnenheit und Entschlossenheit mit dem Glück, das auch der Tüchtige braucht, und mit der Hilfe des Allmächtigen wollen wir unsere Pflicht stets so erfüllen, dass wir vor den Bürgern unseres Landes bestehen können.« Und genau so hatte er es gemeint. Nur waren ihm das Glück und auch die Hilfe, die er brauchte nicht zuteil geworden.
Am Ortsausgang wartete das Polizeifahrzeug. Man fuhr uns rasch zum Parkplatz nach Täsch. Als wir vor dem Lötschbergtunnel auf die Autoverladung warteten, brachte das Radio die Nachricht„ dass der deutsche Generalbundesanwalt einem Attentat zum Opfer gefallen sei. Elisabeth hatte diese Meldung den Tag über schon so oft gehört, und auf der Fahrt nach Karlsruhe hörten wir sie noch viele Male gemeinsam. Durch die ständige Wiederholung der Meldung wurde es gleichsam in unser Bewusstsein eingemeißelt, dass mein Mater ermordet worden war.
Bei der Passkontrolle in Basel fragte der deutsche Grenzbeamte, ob wir denn schon von der Sache mit unserem Namensvetter gehört hätten. Ich zögerte und wusste nicht recht, was ich antworten sollte, denn ich wollte den Beamten nicht in Verlegenheit bringen. Dann sagte ich aber doch: »Es ist mein Vater « Sofort erhielten wir die Ausweise zurück. Im Nachhinein meine ich, dass dies wohl der Punkt war, an dem ich die neue Situation angenommen habe.
Allmählich wurde mir dann auch bewusst, dass mein Vater nicht allein gestorben war. Wolfgang Göbel, den ich gut kannte und der ein so liebenswerter, fröhlicher Mensch war, lebte auch nicht mehr, und Georg -Wurster lag mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus.
Kurz vor Mitternacht kamen wir im Haus meiner Eltern an. Zum ersten Mal an diesem Tag sah. ich Menschen in Trauerkleidung. Meine Mutter und Großmutter waren recht gefasst, aber es lag eine ungewohnte Düsternis über dem Haus, und wir spürten, wie viel Güte, Liebe und Seele uns verloren gegangen war. Auf dem Wohnzimmertisch sah ich erste Beileidstelegramme und Briefe. Viel -Anteilnahme an unserer schwierigen persönlichen Situation kam darin zum Ausdruck, manche sprachen aber auch davon, dass dieses Attentat unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und den Rechtsstaat treffen sollte. So saßen wir kleines Häuflein der Bubacks in dem plötzlich viel zu großen Zimmer und versuchten den verheerenden Treffer auszuhalten, den wohl doch nicht der
Rechtsstaat, sondern im Wesentlichen wir und die Angehörigen der Begleiter meines Vaters würden hinnehmen und ertragen müssen. Nach etwa zwei Stunden fuhren Elisabeth und ich nach Ettlingen in unsere Wohnung. Ein Gedanke quälte mich noch vor dem Einschlafen: Während wir und die anderen Angehörigen nun mit so viel Schrecklichem konfrontiert waren, saßen die Mörder vielleicht noch zusammen und feierten ihre Tat als großen Erfolg.
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Autoren-Porträt von Michael Buback
Michael Buback, geboren 1945, ist Professor für Technische und Makromolekulare Chemie an der Georg-August-Universität und Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.
Bibliographische Angaben
- Autor: Michael Buback
- 2009, Erw. Ausg., 443 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 12,5 x 21,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Droemer/Knaur
- ISBN-10: 3426782340
- ISBN-13: 9783426782347
- Erscheinungsdatum: 10.09.2009
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