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Die Abtrünnigen

Roman. Nobelpreis für Literatur 2021
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»Ein großes Werk.« NZZ - Einer der Höhepunkte im Romanwerk des Literaturnobelpreisträgers endlich wieder auf Deutsch!

Sansibar in den frühen 1950er-Jahren: Inmitten politischer Umwälzungen und Aufständen gegen die Kolonialherren wachsen die...
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Kommentar zu "Die Abtrünnigen"
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    3 von 6 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    alekto, 21.06.2023

    Kunstvoll arrangiertes Liebesdrama mit ungewöhnlichen mystischen Elementen im politisch-historischen Kontext Sansibars

    1899 in Sansibar. Als Hassanali Zakariya eines Morgens seiner Verpflichtung als Mujahedin nachkommt, indem er durch die Gassen seiner Heimatstadt eilt, um zum Morgengebet zu rufen, glaubt er aus den Schatten heraus von einem Ghul auf den Stufen der Moschee angegriffen zu werden. Dann muss er seinen Irrtum erkennen, da er den vor ihm liegenden Mann nur aufgrund der noch herrschenden Dunkelheit nicht gleich als solchen zu erkennen vermochte, bevor der wegen seiner Entkräftung zusammengebrochen ist. Wie es die Gastfreundschaft gebietet, bringt Hassanali den Fremden, der dieser in seinem geschwächten Zustand dringend bedarf, zu sich nach Hause. Das ist der Engländer Pearce. Als einziger Europäer, den Hassanali von nahem zu Gesicht bekommen hat und der einen Fuß in dieses Viertel gesetzt hat, ist er eine Sensation. Aber nach seiner Ankunft nimmt auch das Drama seinen Lauf.

    Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah beginnt seine Erzählung von “Die Abtrünnigen” beinahe mit einem mystischen Touch, wenn der Anfang dieses Romans Anleihen von einer Legende hat. Dazu trägt das erste Aufeinandertreffen von Hassanali und Pearce, bei dem Hassanali zunächst an einen Geist oder Dämon denkt, bei. Begleitet wird das von den Kommentaren der drei Ältesten Hamza, Kipara und Jumaane, die zufällig anwesend sind, als Hassanali Pearce zu seinem Haus tragen lässt, und dem weiteren Verlauf folgen, um ihre Neugierde zu stillen. Diese halten sich nicht mit ihrem guten Rat Hassanali gegenüber zurück und erinnern dabei an den in klassischen griechischen Theaterstücken auftretenden Chor.
    Hassanali ist ein einfacher Mann von kleiner, aber untersetzter Statur, dessen Alltag von seinen Ängsten bestimmt wird. Den Beruf des Krämers hat er von seinem Vater übernommen. So wird ihm nachgesagt, dass er geizig sei, obwohl er in Geld schwimme, und sein Leben in einfachen Verhältnissen Fassade für das von ihm heimlich beiseite geschaffte und versteckte Vermögen sei. Sein bescheidenes Zuhause, das er zusammen mit seiner Frau Malika und seiner Schwester Rehana bewohnt, hat nur zwei Zimmer, die sich die drei zu teilen haben. Hassanali sonnt sich im Respekt seiner jungen Braut Malika, die halb so alt wie er ist, hat dafür jedoch der fortwährenden Kritik von Rehana zu trotzen. Die verweigert sich den ihm zustehenden Respekt, wenn sie an jeder seiner Handlungen und Entscheidungen etwas auszusetzen hat.

    Abwechslungsreich wird “Die Abtrünnigen” aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert. Diese umfassen etwa im ersten Teil des Romans neben der Sichtweise von Hassanali die seiner Schwester Rehana, des von ihm vor der Moschee aufgefundenen Engländers Martin Pearce sowie des seit vier Monaten in der Stadt stationierten britischen Regierungsbeamten Frederick Turner, der sich Pearce nach Hassanali annimmt und diesen in seinem geschwächten Zustand versorgen lässt.
    Das erste Drittel dieses Romans stellt eher eine Ouvertüre zu dem Liebesdrama dar, das sich dann entfalten wird, und wechselt die Erzählung der Geschichte in der Beschreibung der Gedankengänge von Hassanali über Frederick bis hin zu Rehana wie Martin. Dabei hat mich die erfolgende Verschiebung des Blickwinkels überzeugt, die einerseits die Sichtweise der jeweiligen Figur wiedergibt, andererseits aber auch deren Betrachtung von außen ermöglicht. Hassanali und Rehana sind mir in ihren Sorgen und Ängsten weit sympathischer als der schroffe Turner gewesen. In dessen von seinem kolonialen Anspruchsdenken geprägten Ansichten, die er seinem Gast Pearce in Monologartig geratenen Vorträgen erläutert, liegt wohl sein ruppiger bis Furcht einflößender Umgang mit der einheimischen Bevölkerung begründet. Ein Beispiel dafür ist dessen Dogma von der Faulheit der befreiten Sklaven, aufgrund derer die Plantagen verkommen sind, weil diese ihre Zeit lieber mit Nichtstun vergeudet als einer bezahlten Arbeit verbracht haben. Auch sind die Ausführungen, die Abdulrazak Gurnah nebenher zu einem weitestgehend vergessenen, da höchstens am Rande behandelten Kapitel deutscher Geschichte einfließen lässt, von Interesse. Zu diesen historischen Ereignissen zählen das Abkommen zur Abgrenzung der Interessenssphären in Ostafrika zwischen Deutschland und Großbritannien aus 1886 sowie der Verzicht auf alle Ansprüche nördlich Deutsch-Ostafrikas von deutscher Seite im Jahre 1890.

    "Die Abtrünnigen" gewinnt im weiteren Verlauf durch die auf zwei zusätzlich eingeführten Zeitebenen erzählte Handlung eine gewisse Komplexität. Nach dem Jahr 1899 springt der Roman für dessen zweiten Teil in die frühen Fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts, um die Kindheit und Jugend der von da an zentralen Figuren Amin und seines jüngeren Bruders Rashid zu schildern. Der dritte Teil wiederum spielt zwanzig Jahre nach dem Ende seines Vorgängers. Dabei werden die Zusammenhänge, die zwischen den verschiedenen zeitlichen Abschnitten bestehen, erst nach und nach enthüllt.
    Geschickt konstruiert Gurnah den nicht gänzlich chronologischen Aufbau seiner Geschichte, wenn er während des Erzählens schon mal in die Vergangenheit abdriftet oder Ausblicke auf die Zukunft liefert und kurz vor Schluss einen Abriss der letzten Jahrzehnte aus Sicht eines Protagonisten einschiebt. Diese kunstvoll arrangierte Art der Wiedergabe der Handlung führt zwar einerseits zu einigen überraschenden Entwicklungen unterschiedlicher Figuren, sorgt aber andererseits auch dafür, dass das Drama in ihrem Leben teilweise zu abstrakt geblieben und damit wenig nachvollziehbar für mich gewesen ist. Denn allzu oft spart der Autor die belastenden Abschnitte im Wesentlichen aus, indem er diese als Rückblick aus Sicht anderer, die diese als Gerüchte untereinander austauschen, wiedergibt oder kurz nach deren Auftreten die Perspektive zu einer Person wechselt, die die tragischen Ereignisse kaum zur Kenntnis nimmt.
    Stärker wären "Die Abtrünnigen" ausgefallen, wenn Gurnah seine überzeugende Kombination aus ungewöhnlichen mystischen Elementen eingebettet in den historisch politischen Kontext Sansibars in den Mittelpunkt seines Romans gestellt hätte. Beispiele dafür sind die nur am Rande einfließenden Legenden, die sich um ein lang verehrtes Grab und den giftigen Biss eines Skorpions ranken, aber auch die gelungenen Bilder, die der Autor für politische Umbrüche sowie den diesen vorausgehenden Ist-Zustand Sansibars aus früheren Zeiten gefunden hat. So wird etwa das Einfärben einer Karte von Afrika aus britischer Sicht zur Mitte des 20. Jahrhunderts beschrieben, die sich an den Ansprüchen wie Einflussgebieten verschiedener den Kontinent dominierender europäischer Nationen orientiert. Davon hätte ich gern mehr gelesen, da die tragische, Blut getränkte Geschichte Sansibars - anstelle der unglücklichen Liebesbeziehungen auf individueller Ebene - das eigentliche Drama im Kern dieses Romans darzustellen scheint.

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