Die Braut des Florentiners
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Wagen, Tote und Verletzte. Sein Schützling wurde von einer Verbrecherbande geraubt, dem berüchtigten "Wolfspack". Lorenzo weiß, dass er Clarice nur mit Hilfe einer List befreien kann. So heuert er als Söldner beim Wolfspack an und begibt
sich damit in tödliche Gefahr ...
Die Braut des Florentiners von Richard Dübell
LESEPROBE
1.
Lorenzo setzte sich auf undüberblickte das Lager. Seine Männer lagen wie formlose Deckenbündel im erstenMorgengrau. Das leise Schnarchkonzert war keinem Einzelnen zuzuordnen undschwebte über dein Platz wie die Rauchschwaden aus denglimmenden Resten des Feuers und der leise Dunsthauch. Lorenzo streifte seineeigenen Decken ab, stand auf und vollführte das übliche männlicheMorgenritual: Gähnen, Strecken, Gliederschütteln, ausgiebiges Kratzen vonBauch, Gemächt, Gesäß und Gesicht (in dieserReihenfolge), während die Verdauung sich bemühte, ihrer Pflicht mit melodischenTonen nachzukommen; schließlich die Suche nach einem Platz abseits des Lagers,um die Gegend ein bisschen zu wässern. Erst nach Verrichtung all dieser Dingefühlte man sich einem neuen Tag gewachsen.
Als Lorenzo zurückkam, waren dieErsten ebenfalls aufgewacht und saßen da, die Augen noch blicklos und dieMünder weit aufgerissen. Lorenzo stapfte zu einem der unbeweglichenDeckenbündel hinüber und stupste es an, bis ein Gesicht zwischen den Falten zumVorschein kam. Über Stirn, Nasenrücken und Kinn des Mannes zog sich einefrische Schürfwunde. Die Salbeiblätter, die Lorenzo gestern auf die Verletzunggedrückt hatte, sahen aus wie Schmutz unter dein überNacht getrockneten Wundschorf. Lorenzo wusste, dass es kein Schmutz war; siehatten die Besinnungslosigkeit Micheles genutzt und die Wunde sofort mit Weinund Urin ausgewaschen. Auf die spezielle Salbe, die sie für größereVerletzungen mit sich führten, hatten sie verzichtet - sie half, aber sie hätteselbst carrarischen Marmor blind geätzt.
»Alles klar, Michele?« Lorenzo grinste.
»Der Schädel brummt noch, aber ichsehe nicht mehr doppelt«, sagte der Mann zwischen den Decken schwach.
»Ein Segen, wenn man bedenkt, dassdu sonst Lorenzos holdes Antlitz zweifach sehen müsstest«, brummte der Mann,der neben Michele hockte und gähnte. Er lächelte Lorenzo freundlich an. »GutenMorgen, capitano.«
»Das ist ganz allein IhreVerantwortung, Ghirardi«, sagte Niccolo. »Wenn wirgestern weitergeritten wären, hätten wir unser Zielnoch erreicht. Ohne große Anstrengung.«
Lorenzo wandte sich zu seinemTruppführer um. Niccolos Blick war unversöhnlich. Lorenzo hielt es fürmöglich, dass der Mann vor Arger die ganze Nacht wachgelegenwar.
»Wir hätten Michele einfach liegenlassen können«, sagte Niccolo. »Wer nicht anständig reiten kann, ist selberschuld. Dann hätten wir den Treck gestern Abend noch erreicht.«
»So siehst du aus«, erklärte derMann neben Michele. »Einen Bewusstlosen, den sein Pferd abgeworfen hat,einfach neben der Straße liegen lassen, hilflose Beute für jeden Halunken.«
»So haben wir den Treck von norm Clarice hilflos am Treffpunkt auf uns warten lassen.«
»Hilflos, du meine Güte. Der holdeApfel ist mit mindestens genauso viel Mann Geleitschutz in Mailandaufgebrochen, wie wir hier sind, um sie nach Florenz zu bringen. Hilflos ... «
Lorenzo, der inzwischen den Restseiner Truppe geweckt hatte, hockte sich an die Feuerstelle und stocherte miteinem Ast hinein. Die Glut ließ sich leicht zum Feuer wiedererwecken. Er hängteden Kessel mit der dicken Mehlsuppe niedriger und spähte dann über ihn hinwegin die Weite. In Lorenzos Rücken erhoben sich die Hügel desAppenin, aber vor ihm und zu beiden Seiten war dasLand flach wie eine Tischplatte. Dunst lag darüber und glänzte golden in denStrahlen der aufgehenden Sonne, der Himmel war eine weite, fliederfarbeneKuppel. Einzelne Kiefern standen wie die Masten von voll getakelten Schiffen,die über diese ebene Fläche eines zu Landschaft erstarrten gewaltigen Meerestrieben. So sehe ich dich wieder, dachte er. Und dabei hatte ich gehofft, eswäre damals ein Abschied ohne Rückkehr gewesen.
Er senkte den Blick und spähte indie erstarrten Schlieren der dicken Suppe, betrachtete den Ring aus Fettaugen,den das erkaltete Schmalz am Kesselrand entlanggezogenhatte, und wusste, dass er diesen Tag ohne warme Mahlzeit beginnen würde.Niccolo, der eifersüchtig auf Lorenzo und scharf auf dessen Posten als capitano des Hauses Bianchi war, ahnte nicht,dass Lorenzo es kaum weniger eilig hatte, zum Treffpunkt zu gelangen, die künftigeSchwiegertochter ihres Herrn in Empfang zu nehmen und wieder nach Hause zukommen. Es beschwerte die Seele eines Mannes, wenn er statt Brot und Suppe aufseinen Erinnerungen kaute.
»Etwas mehr Respekt vor der jungenHerrin, wenn ich bitten darf«, sagte Niccolo.
»Wenn sie erst mal die junge Herrinist, werde ich ihr schon den nötigen Respekt erweisen. Bis dahin ist sie fürmich ein holder Apfel wie die anderen Röcke auch, mit Kerngehäuse und allem.«
»Ich werde deine Bemerkungen Ser Domenico weitermelden, Pietro Trovatore!«
»0 hab Erbarmen mit mir Armen«, sangPietro und grinste über das ganze Gesicht.
Buonarotti tauchte neben Lorenzo auf undhängte den Kessel höher. »Du brennst alles an, capitano«,brummte er missmutig. »Das Zeug schmeckt ohnehin schon wie PietrosLeibhemd, da muss es nicht auch noch nach angebranntem Leihhemdschmecken.« Buonarottibegann mit einem geschälten Ast die Suppe umzurühren. Eigentlich hieß erGiuliano; seinen Spitznamen verdankte er seiner platt geschlagenen Nase, vonder jemand vor langer Zeit behauptet hatte, sie sehe aus wie die Nase jenesschrulligen Bildhauers, dessen Zornesausbrüche ihn in ganz Florenz bekanntgemacht hatten, bevor er endlich nach Rom gegangen war. »Morgen, capitano«, sagte er. Buonarottipflegte den Tag missmutig zu beginnen und ebenso zu beenden; dazwischen war erungenießbar. Wenn Lorenzo seine Zuverlässigkeit in Gefahrensituationen nichtbekannt gewesen wäre und seine Kenntnisse in Wundheilung, hätte er sichgefragt, warum ihn die anderen Männer unter sich duldeten.
»Du musst es wissen, du hast esgekocht«, sagte Lorenzo und stützte sich auf BuonarottisSchulter, um aufzustehen. Er hätte die Stütze nicht gebraucht; Lorenzo Ghirardi war klein und sehnig und kannte die morgendlicheSteifheit lediglich in ersten zarten Ansätzen; dennoch, die Zeit seiner Jugendlag hinter ihm. Definitiv, mein Held, dachte er und starrte wieder über dieEbene, durch die irgendwo weit entfernt im Norden der große Strom floss. Undhier ist der Ort, wo sie geblieben ist. Er klopfte Buonarottiauf den Rücken und trottete zu den Pferden hinüber. Er wusste es nicht, dochinmitten seiner Männer sah er aus wie ein magerer struppiger Wolf unter einerHorde von Wachhunden. Man sah sie an und wusste, sie konnten beißen; inLorenzos Fall ahnte man, dass er beißen würde.
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© Verlagsgruppe Lübbe
Richard Dübell ist verheiratet, hat zwei Söhne und eine Katze und lebt in der Nähe seiner Heimatstadt Landshut.
- Autor: Richard Dübell
- 2007, 364 Seiten, Maße: 12,4 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404157141
- ISBN-13: 9783404157143
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