Die dunkle Seite der Liebe
Über dem Tor der Pauluskirche in Damaskus hängt eines Morgens ein ermordeter muslimischer Offizier. Gerade nimmt Kommissar Barudi die Ermittlungen...
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Über dem Tor der Pauluskirche in Damaskus hängt eines Morgens ein ermordeter muslimischer Offizier. Gerade nimmt Kommissar Barudi die Ermittlungen auf, da wird ihm der Fall auch schon vom Geheimdienst entzogen. Heimlich recherchiert er weiter und bald weiß er, dass der Mord Teil einer Blutfehde zwischen zwei Clans ist.
Rafik Schami spannt hier einen großen schillernden Erzähl-Bogen über ein Jahrhundert syrischer Geschichte, in dem Politik und Religion das Volk nicht zur Ruhe kommen lassen. Gleichzeitig erzählt er vom Mut zweier Liebender, die es nicht zulassen wollen, dass Hass und Gewalt sie trennen.
Die dunkle Seite der Liebe von Rafik Schami
LESEPROBE
Ein warmer Wind fegte von Süden über die Ibn-Assaker-Straße.Der Tag hatte seine graue Maske noch nicht abgestreift. Hinter derAltstadtmauer erwachte Damaskus unwillig wie ein verwöhntes Mädchen.
Die ersten Busse und kleinen Transporter fuhren mit höllischem Lärmüber die lange Straße. Sie transportierten Hilfsarbeiter aus denumliegenden Dörfern zu den vielen Baustellen im neuen Stadtviertel. Einerder Bauarbeiter, ein Mann von kleiner Statur, lief am Straßenrand auf undab, von Bab Kisan, dem Eingang der Buloskapelle, ein Stück Richtung Osttor und wiederzurück. Er wartete auf seinen Bus. In der linken Hand trug er wie alleArbeiter aus dem bäuerlichen Umland sein Proviantbündel ausverblichenem blauem Stoff. Mit der rechten gestikulierte er heftig, als ob erauf einen unsichtbaren Gesprächspartner einreden würde. Die Schleife,die er ging, wurde immer länger, als wünschte er, dass der Bus beider nächsten Kehrtwende auftauchte.
Gerade als die Sonne die oberste Kante der alten Stadtmauer golden erleuchtete,drehte er sich wieder um. Dabei richtete er die Augen kurz nach Süden.Sein Blick fiel auf den großen Korb, der über dem Eingang der Buloskapelle hing, dem Ort, wo der Legende nach dergeläuterte Kirchengründer Bulos nach seinemDamaskus-Erlebnis in einem Korb seinen Häschern über die Mauerentkam.
Aus dem immer noch im Schatten hängenden Korb reckte sich eine Hand, alsgehörte sie einem Ertrinkenden. Noch im selben Moment wusste derBauarbeiter, dass der Mann, dem diese Hand gehörte, tot war. Auf einmalwurde ihm alles andere gleichgültig: der Bus, die Fliesen, die er aufseinem Rücken drei Treppen hoch schleppen musste, und sogar der Streit mitseinem geizigen Meister.
»Da ist ein Toter im Korb!«, schrie er vor Aufregung, und alsendlich ein Polizist vorbeikam, der verschlafen zu seinem Revier am Osttorradelte, wandte er sich so heftig an ihn, dass der beleibte Beamte nurmühsam das Gleichgewicht hielt. Entsetzen überzog das Gesicht desPolizisten, als der kleine Mann wie von Sinnen an seiner Lenkstangerüttelte und unentwegt wiederholte: »Ein Toter! Ein Toter!«
Ein Verrückter, dachte der Polizist. Widerwillig wandte er den Blick zuder Stelle, auf die der Arbeiter ständig deutete, und sah den inzwischenganz ins Morgenlicht getauchten großen Korb.
»Was für ein Toter? Sind Sie verrückt geworden? Lassen Sie meinRad los!« Er hatte in seinen dreißig Dienstjahren überall Totegesehen: im Bett, im Kanal und sogar erhängt auf einer Toilette, aber nochnie in einem Korb über der Stadtmauer. »Beruhigen Sie sich!«,versuchte er auf den Mann einzureden. »Da ist kein Toter. Die Christenfeiern nur die Erinnerung an ihren Apostel Bulos, derhier an dieser Stelle floh.« Und er beäugte noch einmal den Korb,der schon seit Wochen über dem Tor hing.
Doch statt in den Bus einzusteigen, der endlich kam, ereiferte sich derBauarbeiter weiter. Er klammerte sich an das Fahrrad des Polizisten. »Undich sage Ihnen, da liegt ein Toter drin«, brüllte er heiser.
Der Busfahrer, der neugierig geworden war, schaltete den Motor ab und stieg ausdem Wagen. Ihm folgten mehrere Fahrgäste. Alle umringten den Polizistenund bestärkten ihren Kollegen in seiner Vermutung.
Endlich lenkte der Polizist ein und versprach, die Kriminalpolizei zuverständigen, doch zugleich bestand er darauf, den Mann, der ihm denMorgen verdorben hatte, als Zeugen zu benennen. Er schrieb die Personalien aufund ermahnte ihn, sich jederzeit zur Verfügung zu halten. Dann radelte erweiter. Auch der Busfahrer setzte seine Fahrt gen Norden fort.
© Carl Hanser Verlag
Interview mit Rafik Schami
Ihr Roman "Die dunkle Seite derLiebe" reifte eine lange Zeit. Mehr als 40 Jahre liegt die erste Idee zurück,und es brauchte mehrere Anläufe, bis das Buch - einem Mosaik gleich - seineendgültige Form annahm. Wie geht es Ihnen, nachdem dieses Werk nun in der Weltist?
Traumhaftgut, aus guten Gründen. Ich hatte in all den Jahrzehnten große Durststrecken,während der ich nicht mehr geglaubt habe, dass ich mit dem Roman fertig werde.Dann kam die letzte Phase vor drei Jahren, wo ich vor einem Berg von ca. 1.600Seiten stand und erkannte, ich muss den Roman so kompakt machen, dass keinüberflüssiges Wort bleibt. Zwei Jahre brauchte ich, und noch ein Jahr mit dreiLektoren, um diese heutige Form zu erreichen, und in all diesen letzten Jahrenplagte mich eine Angst, die mich manchmal aus dem Schlaf riss. Was, wenn einarabischer Autor auf denselben Gedanken der verbotenen Liebe kommt, das Tabubricht und einen guten oder schlechten Roman darüber schreibt? Das ist Gott seiDank nicht passiert, und dann kam die unglaublich positive Aufnahme durch meindeutsches Publikum und die deutsche Literaturkritik. Das Buch wurde zum mit 89positiven Rezensionen gelobten Bestseller, und die Veranstaltungen waren inallen Städten Wochen im Voraus ausverkauft. Welcher Autor würde sich für überso viel Glück nicht freuen!
In Ihrem Buch geht es um alle Spielartender verbotenen Liebe. Farid und Rana, deren Geschichte Sie erzählen, sind fernearabische Schicksalsverwandte von Romeo und Julia. Was macht die Liebe inArabien so kompliziert?
DieVerbote, die einem von Kindesbeinen an begleiten. Liebe erkennt keine Grenzenan, und die arabischen Gesellschaften haben zu viele Grenzen zwischen denEthnien, Religionsgemeinschaften, Sippen und politischen Strömungen. DieLiebenden müssen immer gegen Mauern und Stacheldraht kämpfen.
Sie haben geschrieben, Sie würden jedenTag beim Aufwachen an Damaskus denken. Was sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge,wenn Sie aufwachen?
In derRegel die Terrasse meines Hauses in der Morgendämmerung. Ich war seit meinem15. Lebensjahr Frühaufsteher. Meine Mutter auch, und wir tranken fast täglichKaffee in der morgendlichen Stille unter einem unglaublich blauen Himmel undbeobachteten, wie die Stadt erwachte, wie ein verwöhntes schönes Mädchen.
Sie leben seit 1971 in Deutschland.Schon oft haben Sie Ihre Verwunderung über das hiesige Jammern, dieallgegenwärtige schlechte Laune artikuliert. Doch die Stimmung im Lande wirdscheinbar eher noch schlechter. Wie erklären Sie sich das?
Sie habenein gutes Gedächtnis. Ich sprach damals u.a. verwundert über dieNeujahransprachen der diversen Kanzler der Republik, die ich in dreißig Jahrenbeobachtet habe. Sie enthielten kein einziges Lächeln und glichen einer Rede imArbeitsamt oder auf einer Beerdigung. Heute bin ich immer noch verwundert.
Ich weißwohl von der schlechten Lage und Situation der Wirtschaft, und sie geben genugAnlass für Kummer und noch mehr für Anstrengung, um aus dem Tal zu kommen. Dochdie Lage wird niemals besser, wenn die Deutschen in dieser Stimmung des "es hatkeinen Sinn" und "es ist schlecht und wird nur noch schlechter" bleiben. Ersteinmal bedenken Sie bitte, dass Millionen Menschen in vielen Ländern Europasund der Erde täglich um ihre Existenz kämpfen und es immer noch fertig bringen,Hoffnungen und Visionen zu entwickeln und wenigstens noch zu lächeln. Zweitenshat das Deutschland von heute tausend Mal bessere Voraussetzungen als das derVäter in den fünfziger Jahren - und die haben das Land zu einer führenden Industrienationgemacht!
Ihre Lesungen sind ein ganz besonderesErlebnis. Sie lesen nicht vor, sondern erzählen Geschichten. Ihr Buch ist reichan einzelnen Erzählungen. Wie entstehen all diese Geschichten, wie setzen Siedas Mosaik zusammen? Ist es vor allem disziplinierte Arbeit, oder finden dieeinzelnen Steine eher wie von selbst ihren Platz?
Ich kommeaus einer Kultur, in der das mündliche Erzählen stark ist. Ich wollte andersals viele meiner arabischen Kollegen keinen europäischen oder amerikanischen Stilnachahmen, sondern diese Kunst der spannenden mündlichen Erzählung in unsereZeit retten.
Durch die Jahre habe ich einen bestimmten Stil entwickelt, in dem weniger diePsychologie der Personen als ihr Handeln im Mittelpunkt steht. Die Geschichterollt sich aus wie ein Teppich, der bunt und verführerisch einlädt zumVerweilen. Die Handlung verzweigt sich, aber sie lässt die Leser nie im Stich,kein einziger Faden läuft ins Leere, keine einzige Geschichte wird nichtabgeschlossen.
Das istaber kein "Sammeln", sondern eine nach gründlicher Recherche aufgebaute oderfabulierte Erzählung, die aus tausendundeins kleineren Geschichten besteht, dieaber nicht lose aneinender gereiht werden, sondern präzise zum Gesamtbild oderGeschehen beitragen. Im jüngsten Roman beispielsweise bilden die einzelnenGeschichten Bausteine im spannenden Bogen der abenteuerlichen Liebe von Ranaund Farid.
Was macht für Sie einen guten Tagaus?
Ein Lachenmeiner Frau.
Die Fragen stellte Ulrike Künnecke,literaturtest.de.
- Autor: Rafik Schami
- 2004, 13. Aufl., 896 Seiten, Maße: 14 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: HANSER
- ISBN-10: 3446205365
- ISBN-13: 9783446205369
- Erscheinungsdatum: 20.08.2004
"Rafik Schami ist einer der besten deutschsprachigen Geschichtenerzähler - und diese Gabe macht seinen neuen Roman zu einer absolut unwiderstehlichen Familiensaga und zu einem mörderischen Krimi obendrein ... ein grandioser Roman." Brigitte, 15.09.04
"Ein opulentes Geschichten-Mosaik über ein Jahrhundert auf fast 900 Seiten." Cosima Lutz, Die Welt, 18.09.04
"Ein pralles, lebenssattes Opus Magnum! Einzigartig in der deutschsprachigen Literatur, denn Rafik Schami hat einen so fabulierfreudigen wie ironisch-distanzierten Ton gefunden, mit dem er auf all die Schrecknisse des Lebens in nachgerade fröhlicher Demut reagiert. ... Ein grandioses Buch - und eines der kühnsten, ergiebigsten und schönsten Welterfassungsprojekte der letzten Jahre." Florian Felix Weyh, DeutschlandRadio, 09.09.04
"Die Fremdheit der arabischen Welt wird in Schamis Roman sofort vertraut - auf 896 Seiten in 300 Geschichten zwischen Trauer und Schmunzeln, Krimi und Poesie." Süddeutsche Zeitung, 16.09.04"Eine Kaskade von Geschichten, die sich immer wieder flammend neu entzünden. Eine
"Rafik Schami führt den roten Faden seiner Erzählung so gekonnt durch die Kapitel hindurch, lässt ihn Schauplätze, Zeiten und Personen auf immer neue Weise zusammenführen, dass die Geschichte Syriens vom Ende des Osmanischen Reichs bis in die 1970er Jahre darin ebenso meisterhaft eingefangen und eingesponnen ist wie die seiner Protagonisten. ... Rafik Schamis Roman ist ein Fest für die Einbildungskraft, eine eher gottlose Komödie und ein großes tragisches Epos." Ulrich Baron, Süddeutsche Zeitung, 06.10.04
"Ein bunter Bilderbogen der syrischen Gesellschaft, manchmal schön, manchmal grausam. ... Geschickt verwebt Rafik Schami Humor und Tragik und will vor allem eines: seinen Leser auf kluge Weise unterhalten. ... Ein wahrhaft großer Roman, ein Buch, das den Leser über fast eintausend Seiten hinweg in seinen Bann zu ziehen vermag." Irene Binal, ORF, 03.10.04
"Schami verknüpft wie bei einem meisterhaft gewebten Teppich Politik, Liebesdramen, Familiengeschichte, Realität und Fiktion. Entstanden ist ein buntes orientalisch exotisches Werk voller Gefühl, Poesie und Dramatik." Margarete von Schwarzkopf, NDR 1, 12.10.04
"Eine arabische Variante von Romeo und Julia mit einem glücklichen Ende, wunderbar leicht zu lesen." Angelika Overath, WDR 3, 05.10.04
"Rafik Schami ist einer der besten deutschsprachigen Geschichtenerzähler - und diese Gabe macht seinen neuen Roman zu einer absolut unwiderstehlichen Familiensaga und zu einem mörderischen Krimi obendrein ... ein grandioser Roman." Brigitte, 15.09.04
"Ein opulentes Geschichten-Mosaik über ein Jahrhundert auf fast 900 Seiten." Cosima Lutz, Die Welt, 18.09.04
"Ein pralles, lebenssattes Opus Magnum! Einzigartig in der deutschsprachigen Literatur, denn Rafik Schami hat einen so fabulierfreudigen wie ironisch-distanzierten Ton gefunden, mit dem er auf all die Schrecknisse des Lebens in nachgerade fröhlicher Demut reagiert. ... Ein grandioses Buch - und eines der kühnsten, ergiebigsten und schönsten Welterfassungsprojekte der letzten Jahre." Florian Felix Weyh, DeutschlandRadio, 09.09.04
"Die Fremdheit der arabischen Welt wird in Schamis Roman sofort vertraut - auf 896 Seiten in 300 Geschichten zwischen Trauer und Schmunzeln, Krimi und Poesie." Süddeutsche Zeitung, 16.09.04"Eine Kaskade von Geschichten, die sich immer wieder flammend neu entzünden. Eine
"Rafik Schami führt den roten Faden seiner Erzählung so gekonnt durch die Kapitel hindurch, lässt ihn Schauplätze, Zeiten und Personen auf immer neue Weise zusammenführen, dass die Geschichte Syriens vom Ende des Osmanischen Reichs bis in die 1970er Jahre darin ebenso meisterhaft eingefangen und eingesponnen ist wie die seiner Protagonisten. ... Rafik Schamis Roman ist ein Fest für die Einbildungskraft, eine eher gottlose Komödie und ein großes tragisches Epos." Ulrich Baron, Süddeutsche Zeitung, 06.10.04
"Ein bunter Bilderbogen der syrischen Gesellschaft, manchmal schön, manchmal grausam. ... Geschickt verwebt Rafik Schami Humor und Tragik und will vor allem eines: seinen Leser auf kluge Weise unterhalten. ... Ein wahrhaft großer Roman, ein Buch, das den Leser über fast eintausend Seiten hinweg in seinen Bann zu ziehen vermag." Irene Binal, ORF, 03.10.04
"Schami verknüpft wie bei einem meisterhaft gewebten Teppich Politik, Liebesdramen, Familiengeschichte, Realität und Fiktion. Entstanden ist ein buntes orientalisch exotisches Werk voller Gefühl, Poesie und Dramatik." Margarete von Schwarzkopf, NDR 1, 12.10.04
"Eine arabische Variante von Romeo und Julia mit einem glücklichen Ende, wunderbar leicht zu lesen." Angelika Overath, WDR 3, 05.10.04
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