Die getürkte Republik
Woran die Integration in Deutschland scheitert
Eine Döner-Bude macht noch keine Integration!<br /><br />Ghettoisierung, Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität ... Die Probleme vieler Türken in Deutschland sind nicht nur Folgen mangelnder Integrationsbereitschaft, sondern auch...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die getürkte Republik “
Eine Döner-Bude macht noch keine Integration!<br />
<br />Ghettoisierung, Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität ... Die Probleme vieler Türken in Deutschland sind nicht nur Folgen mangelnder Integrationsbereitschaft, sondern auch einer verfehlten Ausländerpolitik. Ismail Boro fordert endlich Konsequenz auf beiden Seiten: von den Migranten eine Entscheidung für dieses Land und seine Werte und von den Deutschen wirksame Maßnahmen statt Multikulti-Illusionen und Appellen an die deutsche Leitkultur.<br />
<br />Rund 3 Millionen Menschen, die aus der Türkei stammen, leben in Deutschland, doch viele von ihnen sind hier nie heimisch geworden. Mangelnde Sprachkenntnisse und Abschottung führen zur Bildung von Parallelgesellschaften. Doch weder Plädoyers für mehr Toleranz noch populistische Forderungen nach hartem Durchgreifen werden die offensichtlichen Probleme lösen. Aus der Sicht eines Deutschen mit türkischen Wurzeln forscht Ismail Boro nach den Gründen der Misere und zeigt zugleich, welch ungeahnte Ressourcen eine gelingende multikulturelle Gesellschaft freisetzen könnte. In seinem Buch skizziert er die Eckpunkte einer realistischen, auf die Zukunft gerichteten Integrationspolitik, zu der rechtspolitische Maßnahmen wie Abschiebung und Ausweisung genauso gehören wie eine engagierte Bildungs- und Sozialpolitik.<br />
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Klappentext zu „Die getürkte Republik “
Ghettoisierung, Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität ... Die Probleme vieler Türken in Deutschland sind nicht nur Folgen mangelnder Integrationsbereitschaft, sondern auch einer verfehlten Ausländerpolitik. Ismail Boro fordert endlich Konsequenz auf beiden Seiten: von den Migranten eine Entscheidung für dieses Land und seine Werte und von den Deutschen wirksame Maßnahmen statt Multikulti-Illusionen und Appellen an die deutsche Leitkultur.
Lese-Probe zu „Die getürkte Republik “
Die getürkte Republik von Ismail Boro LESEPROBE 1 Die getürkte Republik
Haben Sie auch einen Traum? Einen Traum, wie Sie leben möchten? Wie das Land, wie Ihr Land sein sollte? Wie die Menschen nicht nur in Ihrem Land, sondern möglichst überall in der Welt miteinander umgehen sollten? Ich jedenfalls habe so einen Traum.
Ich heiße Ismail Boro. Nein, nicht in meinem Traum! Ich heiße wirklich so. Ich dachte, bevor ich Ihnen von meinem Traum erzähle, sollte ich Ihnen zuerst die Person vorstellen, die ihn träumt. Also, ich heiße Ismail Boro. Auch wenn mein Vorname es zuerst nicht vermuten lässt, bin ich ein Deutscher. Denn es gibt Deutsche, die Christen sind und einen christlichen Namen haben. Es gibt Deutsche, die der jüdischen Religionsgemeinschaft angehören und einen jüdischen Namen haben. Es gibt Deutsche, die Moslems oder Gläubige einer anderen Religion sind und einen entsprechenden Namen haben. Und dann gibt es natürlich auch Deutsche, die gar nichts sind, aber dennoch einen Namen haben.
Na ja, die sind natürlich schon etwas, aber sie gehören eben keiner Religionsgemeinschaft an, die sind dann einfach nur Deutsche.
Ich bin auch so einer. Nur ein Deutscher, kein Christ, kein Jude, kein Moslem. Und auch nicht jemand mit irgendeinem Hintergrund, sondern nur ein einfacher Deutscher ohne Zusatzbezeichnung. Und das bin ich gerne! Ich bin stolz auf diese Republik, stolz auf dieses Land.
Ich bin nicht als Deutscher zur Welt gekommen, sondern habe mich als Erwachsener später für diese Gesellschaft, für dieses Land entschieden.
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Trage ich deswegen weniger Verantwortung für Deutschland als andere, die in diese Gesellschaft, in welcher Generation auch immer, hineingeboren wurden?
Nein, sie sind in diese Verantwortung hineingeboren worden. Ich übernahm sie bewusst, weil ich mich für dieses Land entschieden habe. Habe ich deswegen vielleicht sogar mehr Verantwortung? Auch nicht! Wir alle sind gleichberechtigte Bürger dieses Landes, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Das verbindet uns. Wir sitzen, sozusagen, im gleichen Boot und haben das Bestreben, das Boot nicht kentern zu lassen und gemeinsam und Hand in Hand in eine Richtung zu rudern, die wir als die richtige ausgemacht haben.
Ich bin kein sehr junger Mann mehr. Ein Mann, der seine beruflichen Höhen und Tiefen schon hinter sich hat, der nicht mehr um Anerkennung und um Statussymbole kämpfen muss. Einer, der in den Tälern des schwarzen Waldes seine innere Ruhe gefunden und Frieden mit sich und mit der Welt geschlossen hat. Ich bin also ein Mensch, der nur in Ruhe und Frieden mit den anderen Bewohnern dieser Welt leben will. Will? Na ja, das tue ich eigentlich schon seit einigen Jahren. Aber seit ich das Gefühl habe, dass mein Traum langsam, aber sicher in eine unerreichbare Ferne rückt, ist die Ruhe dahin.
In meinem Traum kommen alle Menschen vor. Vor allem aber Türken und Deutsche. Türken deswegen wahrscheinlich, weil ich ja als Türke in der Türkei zur Welt gekommen bin und dort 18 Jahre meines Lebens verbracht habe. Und Deutsche, weil mich meine Eltern vor 40 Jahren nach Deutschland geschickt haben, damit ich studiere und als ein gut ausgebildeter Ingenieur wieder zurückkehre. Sie konnten ja nicht ahnen, dass ich mich zuerst für eine Frau entscheide und dann für Deutschland. Die Frau wird Mutter meiner Kinder und Deutschland mein Land und das Vaterland meiner Kinder.
Oh ich diesen Traum auch dann hätte, wenn ich in die Türkei zurückgekehrt wäre? Heute also in der Türkei lebte? Als einer von 70 Millionen Türken? Würde der heutige Ismail Boro, der Deutsche, den Türken Ismail Boro überhaupt mögen? Wäre ich stolz auf den türkischen Staat? Auf seine Institutionen, auf seine Organe? Stolz auf die unabhängige türkische Justiz? Stolz darauf sein, dass ein junger Mann monatelang im Gefängnis auf die Entscheidung des Gerichts wartet und dabei kaputtgeht?1. Marco
Ein 13-jähriges Mädchen informiert ihre Mutter, von einem 17-jährigen Jungen sexuell missbraucht worden zu sein. Die Mutter handelt sofort und erstattet Strafanzeige. Der Junge wird verhaftet, verhört und ins Gefängnis gesteckt. Ein Verfahren wie viele andere auch? Nein! Weil der Junge ein Deutscher, das Mädchen eine Engländerin ist und der Ort des Geschehens in Antalya, in der Türkei, liegt.
Was in dieser Nacht zwischen den beiden Heranwachsenden passiert ist die Aussagen widersprechen sich -, wissen wir nicht. Dass der Junge sieben volle Monate in einem türkischen Gefängnis blieb und auf die Entscheidung des Gerichts wartete, das wissen wir.
Der zuständige Richter musste die Fakten zusammentragen, Aussagen und Gutachten studieren und sie vergleichen, um Recht sprechen zu können. Braucht man dafür sieben volle Monate? Im Zeitalter der elektronischen Post? Im Zeitalter der Video- und Internet- Telefonie? In sieben Monaten werden Häuser gebaut. In sieben Monaten entsteht ein überlebensfähiger Mensch. In sieben Monaten kann man aber auch einen jungen Menschen zerstören!
Woran lagt diese »Vertagungsfreudigkeit« des Verfahrens, diese unsägliche Langsamkeit der türkischen Justiz? Wollte die türkische Justiz uns Deutschen beweisen, wie unabhängig sie ist? Dass sie sich von populistischen Äußerungen einiger deutscher Politiker nicht beeindrucken lässt? Wollte sie es den deutschen Politikern, die auf Kosten des Jungen Kapital in Form von Wählerstimmen schlagen wollten, mal so richtig zeigen? Marcos Verhaftung wurde in Deutschland zuerst völlig verzerrt wiedergegeben. Wir nahmen alle an, dass der Junge wegen eines altmodischen türkischen Sexualkodexes im Gefängnis sitzt. Bis ein wichtiger Journalist der auflagenstärksten türkischen Zeitung Hürriyet zum Gegenangriff blies. Er nahm den Fall auf und zeigte uns, warum der Junge verhaftet wurde und wie gut (!) es ihm im türkischen Gefängnis eigentlich geht. Der Journalist soll - eigenen Angaben zufolge - zuerst den Ministerpräsidenten der Türkei angerufen und den Wunsch geäußert haben, mit dem Jungen sprechen zu wollen. Anschließend hätte er mit dem Justizminister des Landes telefoniert. Am nächsten Tag hätte er dann die Erlaubnis erhalten, den Jungen im Gefängnis besuchen zu dürfen. Vermissen Sie nicht etwas? Ja, genau! Niemand kam auf die Idee, den Jungen zu fragen, ob er denn ein Interview geben will! Oder seine Eltern oder gar seinen Anwalt. Warum denn auch? Der Journalist wollte es. Der Ministerpräsident wollte es. Die Gefängnisleitung wollte es wahrscheinlich auch. Hat der Junge da überhaupt noch etwas zu sagen? Werden die Rechte eines Menschen im Generellen und den staatlichen Institutionen gegenüber im Besonderen in der Türkei mit anderen Augen gesehen als hier bei uns in Deutschland? Ja!
Was bedeutet nun das alles? Türkei ein Unrechtsstaat? Die türkische Justiz in ihrer Rechtsprechung nicht neutral?
Die parlamentarische Demokratie in Spanien wird anders gehandhabt als in Großbritannien. Die politischen Parteien in Deutschland haben eine andere Funktion als in den Vereinigten Staaten. Das Verhältnis von Kirche zu Staat ist bei uns anders geregelt als in Frankreich. Dennoch sind sie alle demokratischen Staaten. Gibt es eine Demokratie-Skala, auf der man messen könnte, wie demokratisch ein Staat ist? Gibt es nicht. Bedingt durch seine Entwicklung, durch seine Vergangenheit, hat jedes Land seine Besonderheiten. Diese Besonderheiten, diese Andersartigkeit müssen wir akzeptieren. Als eine zivilisierte Gesellschaft müssen wir sie sogar ohne jegliche Bewertung respektieren.
Respektieren? Die Todesstrafe zum Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika darf ich nicht kritisieren, sondern muss sie, weil ich einer zivilisiert. Gesellschaft angehöre, respektieren? Menschen haben die Fähigkeit zu denken. Manche von ihnen haben als Bürger eines freien Staates sogar das Recht, dies frei auszusprechen. Dieses Recht einzulösen kann jedoch nicht bedeuten, anderen Menschen, anderen demokratischen Gesellschaften zu unterstellen, sie seien nicht fähig, richtig zu denken! Dass sie - aus welchen Gründen auch immer - anders denken, muss ich akzeptieren und als Angehöriger einer zivilisierten Gesellschaft sogar respektieren.
Ich kann anders denken, ich kann gegen die Todesstrafe sein und das nicht nur laut und deutlich kundtun, sondern auch die Menschen in den USA unterstützen, die eine andere Mehrheit anstreben, um die Todesstrafe endgültig abzuschaffen. All die Menschen jedoch, die im Rahmen rechtsstaatlicher Prinzipien anders denken als ich, zu rückständigen, zu undemokratischen, zu schlechten Menschen abzustempeln, hat mit kritisieren nichts zu tun. Es zeigt nur, dass ich mich noch im Reifeprozess befinde und deswegen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung noch nicht verantwortungsvoll umgehen kann.
»Irgendwo muss aber Schluss sein mit dem Respekt«, sagen Sie?
Ja, Sie haben Recht! Auch der Respekt vor Andersdenkenden hat seine Grenzen. Nämlich genau dort, wo die Mehrheitsentscheidung frei denkender, demokratischer Menschen endet und die Tyrannei anfängt.
© Heyne Verlag
Nein, sie sind in diese Verantwortung hineingeboren worden. Ich übernahm sie bewusst, weil ich mich für dieses Land entschieden habe. Habe ich deswegen vielleicht sogar mehr Verantwortung? Auch nicht! Wir alle sind gleichberechtigte Bürger dieses Landes, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten. Das verbindet uns. Wir sitzen, sozusagen, im gleichen Boot und haben das Bestreben, das Boot nicht kentern zu lassen und gemeinsam und Hand in Hand in eine Richtung zu rudern, die wir als die richtige ausgemacht haben.
Ich bin kein sehr junger Mann mehr. Ein Mann, der seine beruflichen Höhen und Tiefen schon hinter sich hat, der nicht mehr um Anerkennung und um Statussymbole kämpfen muss. Einer, der in den Tälern des schwarzen Waldes seine innere Ruhe gefunden und Frieden mit sich und mit der Welt geschlossen hat. Ich bin also ein Mensch, der nur in Ruhe und Frieden mit den anderen Bewohnern dieser Welt leben will. Will? Na ja, das tue ich eigentlich schon seit einigen Jahren. Aber seit ich das Gefühl habe, dass mein Traum langsam, aber sicher in eine unerreichbare Ferne rückt, ist die Ruhe dahin.
In meinem Traum kommen alle Menschen vor. Vor allem aber Türken und Deutsche. Türken deswegen wahrscheinlich, weil ich ja als Türke in der Türkei zur Welt gekommen bin und dort 18 Jahre meines Lebens verbracht habe. Und Deutsche, weil mich meine Eltern vor 40 Jahren nach Deutschland geschickt haben, damit ich studiere und als ein gut ausgebildeter Ingenieur wieder zurückkehre. Sie konnten ja nicht ahnen, dass ich mich zuerst für eine Frau entscheide und dann für Deutschland. Die Frau wird Mutter meiner Kinder und Deutschland mein Land und das Vaterland meiner Kinder.
Oh ich diesen Traum auch dann hätte, wenn ich in die Türkei zurückgekehrt wäre? Heute also in der Türkei lebte? Als einer von 70 Millionen Türken? Würde der heutige Ismail Boro, der Deutsche, den Türken Ismail Boro überhaupt mögen? Wäre ich stolz auf den türkischen Staat? Auf seine Institutionen, auf seine Organe? Stolz auf die unabhängige türkische Justiz? Stolz darauf sein, dass ein junger Mann monatelang im Gefängnis auf die Entscheidung des Gerichts wartet und dabei kaputtgeht?1. Marco
Ein 13-jähriges Mädchen informiert ihre Mutter, von einem 17-jährigen Jungen sexuell missbraucht worden zu sein. Die Mutter handelt sofort und erstattet Strafanzeige. Der Junge wird verhaftet, verhört und ins Gefängnis gesteckt. Ein Verfahren wie viele andere auch? Nein! Weil der Junge ein Deutscher, das Mädchen eine Engländerin ist und der Ort des Geschehens in Antalya, in der Türkei, liegt.
Was in dieser Nacht zwischen den beiden Heranwachsenden passiert ist die Aussagen widersprechen sich -, wissen wir nicht. Dass der Junge sieben volle Monate in einem türkischen Gefängnis blieb und auf die Entscheidung des Gerichts wartete, das wissen wir.
Der zuständige Richter musste die Fakten zusammentragen, Aussagen und Gutachten studieren und sie vergleichen, um Recht sprechen zu können. Braucht man dafür sieben volle Monate? Im Zeitalter der elektronischen Post? Im Zeitalter der Video- und Internet- Telefonie? In sieben Monaten werden Häuser gebaut. In sieben Monaten entsteht ein überlebensfähiger Mensch. In sieben Monaten kann man aber auch einen jungen Menschen zerstören!
Woran lagt diese »Vertagungsfreudigkeit« des Verfahrens, diese unsägliche Langsamkeit der türkischen Justiz? Wollte die türkische Justiz uns Deutschen beweisen, wie unabhängig sie ist? Dass sie sich von populistischen Äußerungen einiger deutscher Politiker nicht beeindrucken lässt? Wollte sie es den deutschen Politikern, die auf Kosten des Jungen Kapital in Form von Wählerstimmen schlagen wollten, mal so richtig zeigen? Marcos Verhaftung wurde in Deutschland zuerst völlig verzerrt wiedergegeben. Wir nahmen alle an, dass der Junge wegen eines altmodischen türkischen Sexualkodexes im Gefängnis sitzt. Bis ein wichtiger Journalist der auflagenstärksten türkischen Zeitung Hürriyet zum Gegenangriff blies. Er nahm den Fall auf und zeigte uns, warum der Junge verhaftet wurde und wie gut (!) es ihm im türkischen Gefängnis eigentlich geht. Der Journalist soll - eigenen Angaben zufolge - zuerst den Ministerpräsidenten der Türkei angerufen und den Wunsch geäußert haben, mit dem Jungen sprechen zu wollen. Anschließend hätte er mit dem Justizminister des Landes telefoniert. Am nächsten Tag hätte er dann die Erlaubnis erhalten, den Jungen im Gefängnis besuchen zu dürfen. Vermissen Sie nicht etwas? Ja, genau! Niemand kam auf die Idee, den Jungen zu fragen, ob er denn ein Interview geben will! Oder seine Eltern oder gar seinen Anwalt. Warum denn auch? Der Journalist wollte es. Der Ministerpräsident wollte es. Die Gefängnisleitung wollte es wahrscheinlich auch. Hat der Junge da überhaupt noch etwas zu sagen? Werden die Rechte eines Menschen im Generellen und den staatlichen Institutionen gegenüber im Besonderen in der Türkei mit anderen Augen gesehen als hier bei uns in Deutschland? Ja!
Was bedeutet nun das alles? Türkei ein Unrechtsstaat? Die türkische Justiz in ihrer Rechtsprechung nicht neutral?
Die parlamentarische Demokratie in Spanien wird anders gehandhabt als in Großbritannien. Die politischen Parteien in Deutschland haben eine andere Funktion als in den Vereinigten Staaten. Das Verhältnis von Kirche zu Staat ist bei uns anders geregelt als in Frankreich. Dennoch sind sie alle demokratischen Staaten. Gibt es eine Demokratie-Skala, auf der man messen könnte, wie demokratisch ein Staat ist? Gibt es nicht. Bedingt durch seine Entwicklung, durch seine Vergangenheit, hat jedes Land seine Besonderheiten. Diese Besonderheiten, diese Andersartigkeit müssen wir akzeptieren. Als eine zivilisierte Gesellschaft müssen wir sie sogar ohne jegliche Bewertung respektieren.
Respektieren? Die Todesstrafe zum Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika darf ich nicht kritisieren, sondern muss sie, weil ich einer zivilisiert. Gesellschaft angehöre, respektieren? Menschen haben die Fähigkeit zu denken. Manche von ihnen haben als Bürger eines freien Staates sogar das Recht, dies frei auszusprechen. Dieses Recht einzulösen kann jedoch nicht bedeuten, anderen Menschen, anderen demokratischen Gesellschaften zu unterstellen, sie seien nicht fähig, richtig zu denken! Dass sie - aus welchen Gründen auch immer - anders denken, muss ich akzeptieren und als Angehöriger einer zivilisierten Gesellschaft sogar respektieren.
Ich kann anders denken, ich kann gegen die Todesstrafe sein und das nicht nur laut und deutlich kundtun, sondern auch die Menschen in den USA unterstützen, die eine andere Mehrheit anstreben, um die Todesstrafe endgültig abzuschaffen. All die Menschen jedoch, die im Rahmen rechtsstaatlicher Prinzipien anders denken als ich, zu rückständigen, zu undemokratischen, zu schlechten Menschen abzustempeln, hat mit kritisieren nichts zu tun. Es zeigt nur, dass ich mich noch im Reifeprozess befinde und deswegen mit dem Recht der freien Meinungsäußerung noch nicht verantwortungsvoll umgehen kann.
»Irgendwo muss aber Schluss sein mit dem Respekt«, sagen Sie?
Ja, Sie haben Recht! Auch der Respekt vor Andersdenkenden hat seine Grenzen. Nämlich genau dort, wo die Mehrheitsentscheidung frei denkender, demokratischer Menschen endet und die Tyrannei anfängt.
© Heyne Verlag
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Autoren-Porträt von Ismail Boro
Dr. Ismail Boro, geboren 1953 in Tarsus/Türkei, promovierter Werkstoffwissenschaftler, lebt und arbeitet seit 1972 in Deutschland, wo er als Zugewanderter Vorbehalte und Ressentiments ebenso wie Verständnis und Unterstützung kennenlernte. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Mit seiner Familie wurde er durch die ARD-Dokumentation "Schwarzwaldhaus" 1902 bundesweit bekannt. Ismail Boro lebt in Berlin.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ismail Boro
- 2008, 224 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 345315536X
- ISBN-13: 9783453155367
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