Die Hand des Pharaos
Die NY-Times-Bestsellerautorin Elizabeth Peters hat einen fesselnden Archäologie-Krimi geschrieben - spannend und trotzdem augenzwinkernd.
Nach einem spektakulären Raub des wertvollsten Kunstschatzes Ägyptens glaubt die...
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Produktinformationen zu „Die Hand des Pharaos “
Die NY-Times-Bestsellerautorin Elizabeth Peters hat einen fesselnden Archäologie-Krimi geschrieben - spannend und trotzdem augenzwinkernd.
Nach einem spektakulären Raub des wertvollsten Kunstschatzes Ägyptens glaubt die Polizei, den Täter bereits zu kennen: den berüchtigten Kunstdieb Sir John Smythe. Doch John beteuert seine Unschuld. Schließlich hat er sich zur Ruhe gesetzt, um mit der Altertumswissenschaftlerin Vicky zusammenzusein. Um seinen Ruf reinzuwaschen, bietet er an, den Raub aufzuklären. Gemeinsam mit Vicky reist er in den Nahen Osten. Doch jede Spur, die sie finden, wirft neue Fragen auf. So langsam kommen Vicky Zweifel. Ist John vielleicht doch nicht unschuldig?
Lese-Probe zu „Die Hand des Pharaos “
Die Hand des Pharaos von Elizabeth Peters 1 I cover my ears, I close my eyes, still I hear your voice and it's me lies ...
Mein Gesang lässt nicht unbedingt Tausende von Fans freudig kreischen, aber ich war doch ein wenig beleidigt, als mein Hund mit einem Jaulen aufsprang und zur Treppe lief. Normalerweise gefällt es ihm, wenn ich singe. Er ist der Einzige, der es mag. Davon abgesehen ist sein Gehör eigentlich ganz gut.
John kam die Treppe herunter. Er stoppte Caesars Frontalangriff mit einem strengen Kommando - etwas, das mir noch nie gelungen ist - und trat auf mich zu. Ich hatte ihn seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Meine Zehen kribbelten. Er trug ein blaues Hemd, passend zur Farbe seiner Augen - und denen der Siamkatze, die sich an seine Schulter schmiegte. Mit einer Hand stützte er Claras Oberkörper; seine langen Finger waren ebenso elegant geformt wie die kleinen seehundbraunen Pfoten, die darauf balancierten. Clara hatte John anfangs nicht sonderlich gemocht, aber er hatte sich bemüht, ihr Katzenherz für sich zu gewinnen (zumal die Alternative Bisse und Kratzer gewesen wären), und es war ihm mithilfe vieler Hühneropfer gelungen. Zusammen sahen sie umwerfend aus. Er sah auch allein umwerfend aus.
... mehr
Ich hatte aufgehört zu singen und sagte mürrisch: »Wenn man vom Teufel spricht ... Wieso kannst du nicht wie jeder normale Mensch zur Haustür reinkommen, statt durch mein Schlafzimmerfenster zu klettern? Das weckt gewisse Erinnerungen in mir.«
Erinnerungen an die Zeit, in der Interpol und mehrere konkurrierende Verbrecher nach ihm und den Kunstschätzen, mit denen er sich davongestohlen hatte, suchten. Mittlerweile war er ein ehrlicher Antiquitätenhändler, sofern ich ihm das glauben durfte —was ich wahrscheinlich besser nicht tun sollte. Telling me lies. Mir Lügen zu erzählen war schon damals eine seiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen.
Ich griff nach dem schmuddlig weißen, wollenen Etwas mit der gefährlich lose daran baumelnden Häkelnadel, das ich in meinen Schoß hatte fallen lassen. Ich tat so, als würde ich mein Werk betrachten. Ich gab mich kühl, als würden mich sein gewinnendes Lächeln und die sehnsuchtsblauen Augen komplett kaltlassen. Verdammt, er hatte sich zwei elend lange Wochen nicht sehen lassen. London ist keine zwei Flugstunden von München entfernt. Ich weiß das, ich bin die Strecke oft genug geflogen. Dank eines gutmütigen Chefs konnte ich mich leichter von meinem Job im Museum abseilen als John sich aus seinem Antiquitätenladen - wenn man seiner Darstellung glauben konnte. War das alles nur gelogen?
»Wie laufen die Geschäfte?«, erkundigte ich mich.
Keine Antwort. Ein Plumpsen und eine laute Siamkatzenbeschwerde ließen mich aufblicken. Clara stand auf ihren Pfoten zu seinen Füßen und starrte zu ihm hoch, während John — nein, er starrte nicht, er glotzte mich ungläubig an. Nun ja, weniger mich als das scheußliche Ding, das ich in Händen hielt.
»Was ist denn das?«, krächzte er.
»Kein Grund, unhöflich zu werden«, sagte ich abwehrend. »Es ist ein Babymützchen. Ich kann noch nicht sonderlich gut häkeln, aber ich kriege es schon noch raus.«
John taumelte zum nächsten Sessel und ließ sich hineinfallen. Er war weiß wie ein Laken, viel weißer als die klägliche Mütze, die zudem noch von Claras Versuchen, mit ihr zu spielen, in Mitleidenschaft gezogen worden war. »Was zum Teufel ist los mit dir?«,
fragte ich. »Bob - du weißt schon, Bob, mein Bruder - und seine neue Frau erwarten ihr erstes Kind, und ich dachte, es wäre eine nette Geste, wenn ich ... wenn ich ...«
Er stieß erleichtert den Atem aus, und da begriff ich. Es war wie ein Schlag in den Solarplexus.
»Ah«, sagte ich. »Aha. Manchmal bin ich so langsam im Kopf. Hast du das wirklich gedacht? Das hast du also gedacht! Nicht nur, dass ich Mami würde, sondern dass ich - Augenblick, gleich habe ich's, ich komme schon drauf -, dass ich mich habe schwängern lassen, um dich zur Ehe zu zwingen. Allein schon von der Vorstellung wird dir schlecht! Du widerwärtiges Stinktier! Du elender Hurensohn! Ich wette, deine Mutter warnt dich schon seit Monaten: >Sei vorsichtig mit diesem Flittchen, sie wird versuchen, dich ...< «
»Vicky!« Normalerweise spricht er in einem samtigen Tenor, aber wenn es wirklich sein muss, kann er lauter brüllen als ich ... Und glauben Sie mir, in diesem Fall musste es sein. Er sprang auf und kam auf mich zu. Ich warf die Babymütze mitsamt der Häkelnadel nach ihm. Er duckte sich. Das Wollknäuel rollte vom Sofa, und Clara schoss hinterher. John packte mich an den Schultern.
»Hör auf zu schreien und hör mir zu.«
»Das hast du geglaubt, nicht wahr? Das hast du geglaubt.«
»Was geglaubt? Dass du blöd genug wärst, so eine antiquierte Nummer abzuziehen? Nicht in meinen wildesten Träumen. Aber du musst zugeben, dass mein erster Eindruck gerechtfertigt war durch die Beweislage, wie sie sich mir zu diesem Zeitpunkt darstellte.«
»Hör auf zu reden wie ein Anwalt. Mir geht es nicht darum, was du gedacht hast, sondern um deine Reaktion darauf. Allein schon die Vorstellung hat dich in Panik versetzt. Du hast ausgesehen, als würdest du gleich ohnmächtig werden.«»Ja.«
Ich war jetzt in Stimmung für einen lauten, befriedigenden Streit, aber dieses leise Eingeständnis nahm mir den Wind aus den Segeln. Das Beste, was mir noch einfiel, war ein schwaches »Du gibst es also zu?«.
»Vielleicht trifft alles, was du mir vorgeworfen hast, zu, und noch vieles andere mehr, aber ich bin nicht so selbstgefällig, dass mir die Konsequenzen meiner eigenen Missetaten entgehen. Zum Teufel, Vicky, ich habe andauernd Angst! Zugegebenermaßen bin ich einer der größten Feiglinge der Welt, aber ich habe auch Angst um dich. Es gibt in der großen, bösen Welt da draußen eine Menge Menschen, die mich auf den Tod nicht ausstehen können und die mir Rache geschworen haben.« Die Worte quollen aus ihm heraus, sein Gesicht rötete sich, seine Finger gruben sich in meine Haut. »Als wir uns miteinander eingelassen haben, habe ich versucht, es dir auszureden. Dass du mit mir in Verbindung gebracht werden kannst, reicht aus, dich in Gefahr zu bringen. Aber wie du mir damals mit beachtlicher Eloquenz versichert hast, bist du erwachsen, und es war deine Entscheidung. Du hast mich überzeugt, trotz meines klaren Standpunkts und entgegen dem letzten verbliebenen Rest von Gewissen in meiner Brust. Was glaubst du, wie ich mich einen entsetzlichen Augenblick lang gefühlt habe, als ich dachte, dass es noch eine weitere potenzielle Geisel gäbe, ein hilfloses, unendlich verwundbares, absolut unschuldiges Wesen, das möglicherweise für meine Missetaten büßen muss? Die Leute, von denen ich spreche, hätten nicht die geringsten Skrupel, ein Kind zu benutzen, um sich an mir zu rächen - und an dir.«
Jetzt fühlte ich mich wie das widerwärtige Stinktier.
»Es tut mir leid«, murmelte ich. »Ich habe dich beschimpft, ohne nachzudenken. Es gibt auch ein paar Leute, die sauer auf mich sind.«
»Ja, das kann man durchaus sagen.« Es gelang ihm zu lächeln. »Na ja. Schon gut.«
»Es tut mir leid. Ich meine ... alles.«
Ich wusste, was er meinte, und wagte nicht, es zu Ende zu denken. Ich erhob mich, um meinen erbärmlichen Versuch hausfraulicher Normalität aus Claras Klauen zu retten. Er saß da, mit schlaff im Schoß liegenden Händen, und sah ungewöhnlich hilflos aus. Als ich das Garn unter den Sesseln und den Tischbeinen herausgefädelt hatte, stand John an der Kommode und mixte uns Drinks. Ich konnte ihm wirklich keinen Vorwurf machen. Ich warf das alberne Garnknäuel in den Mülleimer und nahm das Glas, das er mir reichte.
»Tut mir leid, was ich über deine Mutter gesagt habe.« Wenigstens war mir die Luft ausgegangen, bevor ich sie mit Schimpfnamen bedacht hatte. Jen und ich würden nie die besten Freundinnen werden, und meiner nicht sonderlich bescheidenen Meinung nach war sie ein wenig zu besitzergreifend ihrem kleinen Jungen gegenüber, aber unhöflich bleibt unhöflich, selbst wenn man die Wahrheit sagt.
John zuckte mit den Achseln. »Ihretwegen habe ich mich so lange nicht gemeldet. Nein, es ist nicht so, wie du denkst; ich musste runter nach Cornwall und mich um einen kleinen Notfall kümmern. Jemand ist ins Haus eingebrochen.«
»Wie schrecklich!«, rief ich, wobei ich mich nur ein ganz klein wenig verstellen musste. Ein Einbrecher, der Jen in die Arme liefe, hätte mein ganzes Mitleid, es sei denn, er wäre bis an die Zähne bewaffnet.
»Sie ist nicht verletzt und hat sich nicht einmal besonders erschreckt. Du kennst sie ja.«»Allerdings.«
»Sie hat gar nicht bemerkt, dass jemand eingebrochen hatte, bis sie in den Dachboden ging, weil sie ein wenig sauber machen wollte.«
Mein erster und bislang letzter Besuch auf dem Familiensitz war dem wohlmeinenden Bestreben Johns geschuldet, seine Mutter an mich zu gewöhnen, oder wenigstens an die Vorstellung, dass es mich gab. John hatte bereits bei einer früheren Gelegenheit mitgeteilt: »Du würdest sie nicht mögen, und sie würde dich auch nicht mögen.« Als ich Jen das erste Mal getroffen hatte, auf sozusagen neutralem Boden, hatte ich sie jedoch ganz amüsant und ausgesprochen nett gefunden.
Das war, bevor sie herausgefunden hatte, wer ich war - genau genommen welches Verhältnis ich zu John hatte.
Als er vorgeschlagen hatte, ein paar Tage in Cornwall zu verbringen, damit Jen die Gelegenheit bekäme, mich besser kennenzulernen, hatte ich gedacht: Warum nicht, wir können es ja versuchen. Und ich habe es versucht, wirklich. Ich hatte mir sogar ein Kleid gekauft. Es war in einem zurückhaltenden Grünton, mit einem anständigen Ausschnitt und einem Rock, der bis zur Mitte der Wade reichte. Ich hatte meine Nägel rosa lackiert und passenden Lippenstift aufgetragen. Ich war beim Friseur gewesen. Ich sah, wie John unklugerweise bemerkte, aus wie die jungfräuliche Heldin eines Vierzigerjahre-Musicals.
Dabei müssen Sie bitte berücksichtigen, dass ich Jen nicht als Bedrohung wahrgenommen hatte. Mir war rasch klar gewesen, dass Johns Gefühle seiner Mutter gegenüber aus einer Mischung von Genervtheit und mitfühlender Zuneigung bestanden. Er würde tun und lassen, was er wollte, ganz egal, was sie sagte oder dachte. Mir war allerdings nicht klar gewesen, dass Jen sich schlicht weigerte, diese Sachlage zu akzeptieren.
Es heißt, Amerikaner wären süchtig nach Antiquitäten. Ich vermute, das sind wir wirklich, denn es gibt bei uns nicht viele Häuser, die über dreihundert Jahre alt sind. Jens Zuhause verfügte über das volle Programm - Säulen mit formlosen Wappentieren obenauf, ein schweres schmiedeeisernes Tor, eine gewundene Auffahrt mit knorrigen Bäumen, einen kreisrunden Kiesplatz vor der Haustür.
Copyright der Originalausgabe © 2008 by MPM Manor, Inc.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2010 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Übersetzung:»Ulrich Hoffmann, Hamburg«
Erinnerungen an die Zeit, in der Interpol und mehrere konkurrierende Verbrecher nach ihm und den Kunstschätzen, mit denen er sich davongestohlen hatte, suchten. Mittlerweile war er ein ehrlicher Antiquitätenhändler, sofern ich ihm das glauben durfte —was ich wahrscheinlich besser nicht tun sollte. Telling me lies. Mir Lügen zu erzählen war schon damals eine seiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen.
Ich griff nach dem schmuddlig weißen, wollenen Etwas mit der gefährlich lose daran baumelnden Häkelnadel, das ich in meinen Schoß hatte fallen lassen. Ich tat so, als würde ich mein Werk betrachten. Ich gab mich kühl, als würden mich sein gewinnendes Lächeln und die sehnsuchtsblauen Augen komplett kaltlassen. Verdammt, er hatte sich zwei elend lange Wochen nicht sehen lassen. London ist keine zwei Flugstunden von München entfernt. Ich weiß das, ich bin die Strecke oft genug geflogen. Dank eines gutmütigen Chefs konnte ich mich leichter von meinem Job im Museum abseilen als John sich aus seinem Antiquitätenladen - wenn man seiner Darstellung glauben konnte. War das alles nur gelogen?
»Wie laufen die Geschäfte?«, erkundigte ich mich.
Keine Antwort. Ein Plumpsen und eine laute Siamkatzenbeschwerde ließen mich aufblicken. Clara stand auf ihren Pfoten zu seinen Füßen und starrte zu ihm hoch, während John — nein, er starrte nicht, er glotzte mich ungläubig an. Nun ja, weniger mich als das scheußliche Ding, das ich in Händen hielt.
»Was ist denn das?«, krächzte er.
»Kein Grund, unhöflich zu werden«, sagte ich abwehrend. »Es ist ein Babymützchen. Ich kann noch nicht sonderlich gut häkeln, aber ich kriege es schon noch raus.«
John taumelte zum nächsten Sessel und ließ sich hineinfallen. Er war weiß wie ein Laken, viel weißer als die klägliche Mütze, die zudem noch von Claras Versuchen, mit ihr zu spielen, in Mitleidenschaft gezogen worden war. »Was zum Teufel ist los mit dir?«,
fragte ich. »Bob - du weißt schon, Bob, mein Bruder - und seine neue Frau erwarten ihr erstes Kind, und ich dachte, es wäre eine nette Geste, wenn ich ... wenn ich ...«
Er stieß erleichtert den Atem aus, und da begriff ich. Es war wie ein Schlag in den Solarplexus.
»Ah«, sagte ich. »Aha. Manchmal bin ich so langsam im Kopf. Hast du das wirklich gedacht? Das hast du also gedacht! Nicht nur, dass ich Mami würde, sondern dass ich - Augenblick, gleich habe ich's, ich komme schon drauf -, dass ich mich habe schwängern lassen, um dich zur Ehe zu zwingen. Allein schon von der Vorstellung wird dir schlecht! Du widerwärtiges Stinktier! Du elender Hurensohn! Ich wette, deine Mutter warnt dich schon seit Monaten: >Sei vorsichtig mit diesem Flittchen, sie wird versuchen, dich ...< «
»Vicky!« Normalerweise spricht er in einem samtigen Tenor, aber wenn es wirklich sein muss, kann er lauter brüllen als ich ... Und glauben Sie mir, in diesem Fall musste es sein. Er sprang auf und kam auf mich zu. Ich warf die Babymütze mitsamt der Häkelnadel nach ihm. Er duckte sich. Das Wollknäuel rollte vom Sofa, und Clara schoss hinterher. John packte mich an den Schultern.
»Hör auf zu schreien und hör mir zu.«
»Das hast du geglaubt, nicht wahr? Das hast du geglaubt.«
»Was geglaubt? Dass du blöd genug wärst, so eine antiquierte Nummer abzuziehen? Nicht in meinen wildesten Träumen. Aber du musst zugeben, dass mein erster Eindruck gerechtfertigt war durch die Beweislage, wie sie sich mir zu diesem Zeitpunkt darstellte.«
»Hör auf zu reden wie ein Anwalt. Mir geht es nicht darum, was du gedacht hast, sondern um deine Reaktion darauf. Allein schon die Vorstellung hat dich in Panik versetzt. Du hast ausgesehen, als würdest du gleich ohnmächtig werden.«»Ja.«
Ich war jetzt in Stimmung für einen lauten, befriedigenden Streit, aber dieses leise Eingeständnis nahm mir den Wind aus den Segeln. Das Beste, was mir noch einfiel, war ein schwaches »Du gibst es also zu?«.
»Vielleicht trifft alles, was du mir vorgeworfen hast, zu, und noch vieles andere mehr, aber ich bin nicht so selbstgefällig, dass mir die Konsequenzen meiner eigenen Missetaten entgehen. Zum Teufel, Vicky, ich habe andauernd Angst! Zugegebenermaßen bin ich einer der größten Feiglinge der Welt, aber ich habe auch Angst um dich. Es gibt in der großen, bösen Welt da draußen eine Menge Menschen, die mich auf den Tod nicht ausstehen können und die mir Rache geschworen haben.« Die Worte quollen aus ihm heraus, sein Gesicht rötete sich, seine Finger gruben sich in meine Haut. »Als wir uns miteinander eingelassen haben, habe ich versucht, es dir auszureden. Dass du mit mir in Verbindung gebracht werden kannst, reicht aus, dich in Gefahr zu bringen. Aber wie du mir damals mit beachtlicher Eloquenz versichert hast, bist du erwachsen, und es war deine Entscheidung. Du hast mich überzeugt, trotz meines klaren Standpunkts und entgegen dem letzten verbliebenen Rest von Gewissen in meiner Brust. Was glaubst du, wie ich mich einen entsetzlichen Augenblick lang gefühlt habe, als ich dachte, dass es noch eine weitere potenzielle Geisel gäbe, ein hilfloses, unendlich verwundbares, absolut unschuldiges Wesen, das möglicherweise für meine Missetaten büßen muss? Die Leute, von denen ich spreche, hätten nicht die geringsten Skrupel, ein Kind zu benutzen, um sich an mir zu rächen - und an dir.«
Jetzt fühlte ich mich wie das widerwärtige Stinktier.
»Es tut mir leid«, murmelte ich. »Ich habe dich beschimpft, ohne nachzudenken. Es gibt auch ein paar Leute, die sauer auf mich sind.«
»Ja, das kann man durchaus sagen.« Es gelang ihm zu lächeln. »Na ja. Schon gut.«
»Es tut mir leid. Ich meine ... alles.«
Ich wusste, was er meinte, und wagte nicht, es zu Ende zu denken. Ich erhob mich, um meinen erbärmlichen Versuch hausfraulicher Normalität aus Claras Klauen zu retten. Er saß da, mit schlaff im Schoß liegenden Händen, und sah ungewöhnlich hilflos aus. Als ich das Garn unter den Sesseln und den Tischbeinen herausgefädelt hatte, stand John an der Kommode und mixte uns Drinks. Ich konnte ihm wirklich keinen Vorwurf machen. Ich warf das alberne Garnknäuel in den Mülleimer und nahm das Glas, das er mir reichte.
»Tut mir leid, was ich über deine Mutter gesagt habe.« Wenigstens war mir die Luft ausgegangen, bevor ich sie mit Schimpfnamen bedacht hatte. Jen und ich würden nie die besten Freundinnen werden, und meiner nicht sonderlich bescheidenen Meinung nach war sie ein wenig zu besitzergreifend ihrem kleinen Jungen gegenüber, aber unhöflich bleibt unhöflich, selbst wenn man die Wahrheit sagt.
John zuckte mit den Achseln. »Ihretwegen habe ich mich so lange nicht gemeldet. Nein, es ist nicht so, wie du denkst; ich musste runter nach Cornwall und mich um einen kleinen Notfall kümmern. Jemand ist ins Haus eingebrochen.«
»Wie schrecklich!«, rief ich, wobei ich mich nur ein ganz klein wenig verstellen musste. Ein Einbrecher, der Jen in die Arme liefe, hätte mein ganzes Mitleid, es sei denn, er wäre bis an die Zähne bewaffnet.
»Sie ist nicht verletzt und hat sich nicht einmal besonders erschreckt. Du kennst sie ja.«»Allerdings.«
»Sie hat gar nicht bemerkt, dass jemand eingebrochen hatte, bis sie in den Dachboden ging, weil sie ein wenig sauber machen wollte.«
Mein erster und bislang letzter Besuch auf dem Familiensitz war dem wohlmeinenden Bestreben Johns geschuldet, seine Mutter an mich zu gewöhnen, oder wenigstens an die Vorstellung, dass es mich gab. John hatte bereits bei einer früheren Gelegenheit mitgeteilt: »Du würdest sie nicht mögen, und sie würde dich auch nicht mögen.« Als ich Jen das erste Mal getroffen hatte, auf sozusagen neutralem Boden, hatte ich sie jedoch ganz amüsant und ausgesprochen nett gefunden.
Das war, bevor sie herausgefunden hatte, wer ich war - genau genommen welches Verhältnis ich zu John hatte.
Als er vorgeschlagen hatte, ein paar Tage in Cornwall zu verbringen, damit Jen die Gelegenheit bekäme, mich besser kennenzulernen, hatte ich gedacht: Warum nicht, wir können es ja versuchen. Und ich habe es versucht, wirklich. Ich hatte mir sogar ein Kleid gekauft. Es war in einem zurückhaltenden Grünton, mit einem anständigen Ausschnitt und einem Rock, der bis zur Mitte der Wade reichte. Ich hatte meine Nägel rosa lackiert und passenden Lippenstift aufgetragen. Ich war beim Friseur gewesen. Ich sah, wie John unklugerweise bemerkte, aus wie die jungfräuliche Heldin eines Vierzigerjahre-Musicals.
Dabei müssen Sie bitte berücksichtigen, dass ich Jen nicht als Bedrohung wahrgenommen hatte. Mir war rasch klar gewesen, dass Johns Gefühle seiner Mutter gegenüber aus einer Mischung von Genervtheit und mitfühlender Zuneigung bestanden. Er würde tun und lassen, was er wollte, ganz egal, was sie sagte oder dachte. Mir war allerdings nicht klar gewesen, dass Jen sich schlicht weigerte, diese Sachlage zu akzeptieren.
Es heißt, Amerikaner wären süchtig nach Antiquitäten. Ich vermute, das sind wir wirklich, denn es gibt bei uns nicht viele Häuser, die über dreihundert Jahre alt sind. Jens Zuhause verfügte über das volle Programm - Säulen mit formlosen Wappentieren obenauf, ein schweres schmiedeeisernes Tor, eine gewundene Auffahrt mit knorrigen Bäumen, einen kreisrunden Kiesplatz vor der Haustür.
Copyright der Originalausgabe © 2008 by MPM Manor, Inc.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2010 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Übersetzung:»Ulrich Hoffmann, Hamburg«
... weniger
Bibliographische Angaben
- Autor: Elizabeth Peters
- 2010, 1, 352 Seiten, Maße: 14,4 x 22 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 386800310X
- ISBN-13: 9783868003109
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