Die Jahre mit Jan
Angelika glaubt, dass Träume, Gedanken und Gefühle einen Menschen steuern. Jan dagegen ist Naturwissenschaftler, er glaubt nur an Fakten und ist überzeugt, dass die Gene einen Menschen bestimmen.
Sie gehört zu den Menschen, die auf der Suche sind. Jan...
Angelika glaubt, dass Träume, Gedanken und Gefühle einen Menschen steuern. Jan dagegen ist Naturwissenschaftler, er glaubt nur an Fakten und ist überzeugt, dass die Gene einen Menschen bestimmen.
Sie gehört zu den Menschen, die auf der Suche sind. Jan hat Angst vor ihrer Intuition, die er weder greifen noch begreifen kann.
Beide haben eigentlich nur eines gemeinsam: die übermächtige Angst vor den Gefühlen, die zwischen beiden unaufhaltsam wachsen.
Der Roman erzählt die Geschichte zweier Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten - und die doch durch die Kraft ihrer Liebe zueinander finden.
Marianne Fredriksson bringt mit ihrem neuen Roman wieder eine ganz besondere Saite der Liebe zum Klingen. Wie schon mit ihren Bestsellern ''Hannas Töchter'' oder ''Inge und Mira'' und vielen anderen mehr.
Die Jahremit Jan von Marianne Fredriksson
LESEPROBE
Später würde er sagen, es sei ein Werk des Zufalls gewesen.
Es war ein Freitagnachmittag im Frühling. Ein düsterer Himmelhatte sich wie ein Dach über die Stadt gesenkt und drückte die Abgase aufsPflaster.
Das Atmen fiel schwer.
In einer Bar in der Kungsgata spülte er einen Hamburger mitLeichtbier hinunter. In der Hamngata beschloss er dann, durch den Berzeliiparkzu gehen, wo er einen Blick auf den Alten warf, der dort als Denkmal stand.Seiner Wirklichkeit und seiner Bedeutung für die Wissenschaft enthoben.
Von dem schönen und geheimnisvollen Bau fasziniert, blieb erkurz vor der Synagoge stehen. In diesem Augenblick öffnete der Himmel seineSchleusen und überflutete die Stadt.
Wie viele andere Schutz suchend, rannte er unter dasausladende Vordach des Tores zur großen Ausstellung. Dort wurde es bald eng,und als der gewaltige Regen die Straße unter Wasser setzte, waren Hosenbeineund Schuhe im Nu durchnässt.
»Das muss die Sintflut sein«, sagte ein älterer Mann im Gedränge.
Niemand lachte.
Da beschloss er, sich die Ausstellung moderner schwedischer Kunstanzusehen.
Er hieß Jan Antonsson und empfand, wie viele andere auch, moderneKunst, also modernart, eher als Un-art. Unverständlich.
Um sich ein wenig trockenzuwischen, ging er zur Toiletteund bediente sich ausgiebig an den Papierhandtüchern. Die größte Mühebereiteten ihm seine Haare, sein roter Schopf wurde im nassen Zustand zumunmöglichen Krauskopf. Er verabscheute seine Haare, seine Sommersprossen undseine wasserblauen Augen. Das war schon immer so gewesen.
Er schlenderte an den Wänden der Ausstellung entlang und bliebvor einem Gemälde stehen: ein grenzenloses Meer, hohe Klippen und ein Abhangmit leuchtenden Lupinen.
Er war jetzt wieder drei Jahre alt. Es war einmal ...
Oder auch nicht.
Das Meer umfasste alles Blau der Erde und des Himmels. Weithinten, wo der Strand sich verlief, stand ein kleines weißes Haus.Unerschütterlich trotzte es den Stürmen vom offenen Meer. Dort wohntenfreundliche Menschen, das sagte ihm sein Bauch. Es waren so viele Jahrevergangen, seit er etwas mit allen Sinnen erfasst hatte, dass er es schon garnicht mehr wusste. Aber sein Körper erinnerte sich noch daran, dass es inseinem früheren Leben einmal so gewesen sein musste.
Jetzt konnte er sein Blut in den Ohren rauschen, sein Herzin der Brust schlagen hören. Er atmete tief ein, als müsste er seine Lungenmit mehr als der im Saal vorhandenen Luft füllen. Langsam wurde ihm die Unruheum ihn herum bewusst. Und er merkte, dass andere Menschen auf ihn aufmerksamwurden, weil er wie versteinert sein Meer anstarrte. Er ging weiter, er sahandere Bilder, und sie gefielen ihm, obwohl er sie nicht verstand. Es gabvieles, was ihn in einer unverständlichen Sprache anrührte.
Schön.
Was immer schön bedeuten mochte.
Auf dem Rückweg blieb er noch einmal vor seinem Gemälde stehen.Sah sich das einfache weiße Haus am Meeresstrand an und wusste ohne dengeringsten Zweifel, dass dort eine Mutter und ein Vater und mehrere Kinderwohnten, die viel miteinander sprachen und oft lachten.
Es regnete immer noch, als er die Ausstellung verließ, aberjetzt war es nur noch ein sanfter Nieselregen, der den Park nach Frühlingduften ließ. Die Knospen an den Bäumen im Kungsträdgärden sprossen. Es würdeauch in diesem Jahr wieder Frühling werden. Doch das tröstete ihn nicht.
Er dachte an sein Bild und wunderte sich, dass er so betrübtwar. Als trauerte er ...
Es war ihm nicht anders ergangen als den meisten Menschen.In der Schule musste er alles, was auf Fakten basierte, widerwillig verstehenlernen. Seine Mutter stand natürlich auf der Seite der Schule. Lernen bedeutetefür sie, wie sie sagte, dass man im wirklichen Leben festen Boden unter den Füßenhatte. Und diesen Boden konnte er nur durch Wissen erreichen.
Dann fügte sie, jede Silbe betonend, hinzu: Wissend, wahrhaftigund ehrlich zu sein, das ist das Wichtigste im Leben.
Er musste mit dem Lügen aufhören.
Das waren harte Worte für einen Siebenjährigen, der mit der gleichenSelbstverständlichkeit log, mit der ein Pferd trabt. Er war ein Mordskerl imErfinden. Und er sparte nicht mit Effekten und grellen Farben, wenn erloslegte. So wurde er zum Clown der Schule. (...)
© S. Fischer Verlag GmbH
Übersetzung: Senta Kapoun
- Autor: Marianne Fredriksson
- 2005, 410 Seiten, Maße: 15 x 22 cm, Geb. mit Su., Deutsch
- Verlag: FISCHER Krüger
- ISBN-10:
- ISBN-13: 2000000023120
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