Die Königin des Feuers
Roman
Die junge schottische Wissenschaftlerin Vivienne Rees hat die geheimnisvolle Brosche nur berührt da taucht sie in die vergangene Welt der keltischen Königin Cartimandua ein. Und ihr Leben verknüpft sich auf tragische Weise mit dem Schicksal der Königin.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Königin des Feuers “
Die junge schottische Wissenschaftlerin Vivienne Rees hat die geheimnisvolle Brosche nur berührt da taucht sie in die vergangene Welt der keltischen Königin Cartimandua ein. Und ihr Leben verknüpft sich auf tragische Weise mit dem Schicksal der Königin.
Klappentext zu „Die Königin des Feuers “
Eine geheimnisvolle Brosche führt die junge schottische Wissenschaftlerin Vivienne Rees in die Welt der keltischen Königin Cartimandua. Schon bald scheint ihr Leben unheilvoll mit dem tragischen Schicksal der Regentin verknüpft zu sein. Eine gefährliche Reise in die Vergangenheit beginnt. Der lang ersehnte neue Roman der Erfolgsautorin Barbara Erskine eine atemberaubende Saga um Liebe, Intrige und Leidenschaft.
Lese-Probe zu „Die Königin des Feuers “
Die Königin des Feuers von Barbara ErskineProlog
Sie hatte auf einer Initiation bestanden. Ohne die konnte sie nicht Königin werden.
Und jetzt hatte sie Angst. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie wirklich Angst.
Nicht vor den Ahnen, inmitten deren Gebeine sie im Dunkeln saß, sondern vor den anderen, den Schatten, den Stimmen, den Gesichtern aus der Zukunft. Die hatte sie nicht erwartet.
Als das letzte fahle Licht verblasste, kauerte sie sich lautlos zusammen. In der Stille war außer ihrem trommelnden Herzschlag nur das leise Poltern zu hören, als die Steine und das Erdreich, mit denen man den Höhleneingang hinter ihr verschlossen hatte, sich setzten. Sie hatte sich vorgestellt, sie würde die sich entfernenden Schritte der Druidenpriester hören, ihre flüsternden Stimmen, die in der Ferne verklangen, aber sie vernahm nichts; nichts als die lastende Schwere der Felsen und Erde über sich und die Gegenwart der Knochen um sich. Vorsichtig streckte sie die Hände aus und tastete umher. Schließlich berührten ihre Finger die der Frau, mit der sie dieses Grab teilte. Die Knochen klapperten leise.
Sie atmete tief durch und setzte sich auf den Boden, den Rücken an die Kalksteinwand gelehnt, schloss die Augen und wartete. Worauf, das wusste sie nicht.
Draußen über den Mooren brach die Dunkelheit herein.
Vor dem Grab, mit ihr als Lebender darin, standen keine Wachposten. Die waren nicht nötig – niemand, der bei Sinnen war, würde sich hierher wagen, weder bei Tag noch bei Nacht. Dies war der Ort der Ahnen. Ein Ort der Götter. Wenn sie noch lebte und nicht den Verstand verloren hatte, wenn der Eingang wieder geöffnet wurde, würde sie eine Initiierte sein, der Elite angehören. Eine Frau, die mit den Göttern in Verbindung treten und das Volk regieren konnte. Eine Frau, die sich als würdig erwiesen hatte,
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Königin zu sein. Sollte sie tot sein, würden ihre Gebeine zwischen den anderen liegen, und ihr Geist würde über die Berge streifen, bis er an den Ort der Ruhe jenseits der westlichen Meere gerufen wurde, ins Land der ewigen Jugend, und dann wieder in die Welt der Menschen, um erneut zu leben.
Zuerst waren die Stimmen undeutlich, ein Gemurmel in der Dunkelheit. Panisch ballte sie die Hände zur Faust, lauschte angestrengt, um die Worte auszumachen. Allmählich begriff sie ihre Bedeutung, und damit stiegen Bilder auf. Sie sah Männer mit Streitwagen, die am Fuß der Berge Stellung bezogen, die Augen wild und grausam, schwere Panzer am Leib. Sie sah weinende Frauen, Schwerter und Feuer und Blut. Sie sah, wie das Land sich veränderte, von Wald zu Heideland und wieder zu Wald wurde. Sie sah Männer, die Felder pflügten; zuerst zogen und schoben sie den Pflug selbst, dann wurden Ochsen davorgespannt, dann Pferde, und schließlich wurde er von seltsamen Wagen gezogen, die über ihren riesigen Rädern Rauch ausstießen. Sie sah Schwärme von Möwen, die den Furchen folgten, über die Zeitalter hinweg, durch Hungersnöte und Zeiten der Fülle, durch Krieg und Frieden. Sie sah ihr Volk leben, sie sah ihr Volk sterben. Sie sah die Menschen lachen und weinen. Und aus den Schatten rief eine Stimme klar und vernehmlich nach ihr, rief ihren Namen – Cartimandua, Geschmeidiges Pferd – mit einem ihr fremden Akzent. Sie schüttelte den Kopf, bemühte sich, in den treibenden Schwaden mehr zu erkennen, und das Gesicht einer Frau erschien vor ihr. Einer Frau, die die Hände nach ihr ausstreckte. Die über die Äonen hinweg griff, um ihren Geist zu berühren. Die wissen wollte, wer sie war und was sie getan hatte. Eine Frau, die sie vor allen anderen erwählt hatte, damit sie sie lehrte und ihr ihre Geschichte erzählte.
Im Grab wurde es kalt. Draußen versank die Sonne hinter einer Wolkenbank. Bald würde es völlig dunkel sein. Unvermittelt schauderte sie, und der Geist, der den ihren berührt hatte, zog sich zurück.
»Wo bist du?«, rief Carta. »Geh bitte nicht. Bist du eine Göttin?«
Es kam keine Antwort.
Irgendetwas verursachte zu ihren Füßen ein Rascheln, stieß leise klappernd gegen die Gebeine, und sie presste die Lippen zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob jemals jemand kommen und sie freisetzen oder ob man sie hier zwischen den Toten liegen lassen würde, während jemand anderes den Umhang des Königs anlegte. Jemand, der der Rolle mehr entsprach, weil er ein Mann war.
Kapitel 1
I
»Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, welchen Schaden Sie damit dem Institut zugefügt haben?« Professor Hugh Graham schleuderte die Zeitschrift auf den Schreibtisch.
Aufgeschlagen war sie bei einem Artikel mit der Überschrift »Cartimandua, die erste britische Königin?«. »Sie haben uns dem allgemeinen Gespött preisgegeben! Und mich!
Sie haben mich in der ganzen akademischen Welt lächerlich gemacht!« Er sprach mit dem weichen Tonfall der schottischen Grenzregion, der normalerweise kaum auffiel, doch jetzt in seinem Zorn immer stärker wurde.
Die Sonne, die durch das Bürofenster schien, das den Blick auf den George Square in Edinburgh freigab, hob sein dichtes grau meliertes Haar hervor und auch die Konturen seines wettergegerbten Gesichts. »Ich glaube, Sie und ich können nicht mehr zusammenarbeiten, Viv. Nicht, wenn Sie so wenig auf meine Ansichten geben.«
»Unsinn!« Viv Lloyd Rees war fünfunddreißig Jahre alt, eins sechzig groß und etwas füllig, und sie hatte kurz geschnittenes, leuchtend rotes Haar, das ihre grünen Augen noch betonte. Trotz ihres walisischen Namens sprach sie reinstes Englisch, und auch diese Tatsache ärgerte den Professor, der im Stillen eine nationalistische Gesinnung hegte.
»Wollen Sie damit sagen, dass auf einmal niemand mehr hier eine eigene Meinung haben darf?«, fuhr sie wütend fort.
»Du meine Güte, Hugh! Wir studieren keltische Geschichte. Wir sind keine Denkfabrik für irgendein Politbüro!«
»Nein, das sind wir auch nicht.« Er beugte sich vor, stützte die Hände auf die Unterlagen und aufgeschlagenen Bücher, die er über den gesamten Schreibtisch hinter seinem Computerbildschirm verteilt hatte. Irgendwo darunter lagen vermutlich eine Tastatur und eine Maus. »Da haben Sie recht. Wir forschen. Wir beschäftigen uns mit Tatsachen. Wir legen sie dar …«
»Und genau das habe ich getan, Hugh. Ich habe einige Tatsachen dargelegt. Sie interpretiert …«
»Es sind Ihre Interpretationen, nicht meine.«
Zwischen ihnen knisterte es vor Spannung.
»Meine Interpretationen, genau. Es ist mein Artikel, Hugh, nicht der Ihre.«
»Erfundenes Geschwätz!«
»Nein, Hugh, nicht erfunden.« Allmählich wurde sie ebenso zornig wie er. »Intuitiv interpretiert.«
Aber um ehrlich zu sein, war es mehr als das. Er hatte recht.
»Intuitiv!«, rief er verächtlich. »Genau das meine ich ja!
Und Ihr Buch, Ihr viel gepriesenes Buch. Steht in dem ähnlicher Unsinn wie hier?« Er deutete auf die Zeitschrift. »Natürlich. Haben Sie noch kein Rezensionsexemplar bekommen? « Herausfordernd begegnete sie seinem Blick.
Sie hatte dagegen angekämpft, hatte sich so heftig gegen diese fremde Stimme in ihrem Kopf gewehrt, die Stimme, die sie bei ihren Recherchen heraufbeschworen hatte. Die Stimme, die verlangt hatte, dass sie das Buch schrieb, und die jetzt verlangte, dass sie ein Hörspiel schrieb. Die Stimme, von der sie niemandem erzählen konnte. Aber ihre Eingebungen waren zu subtil gewesen, die Informationen zu spezifisch, als dass Viv sie hätte ignorieren können. Es war ihr nicht gelungen, diese Details aus dem Buch herauszufiltern, dem Buch, das in genau vier Wochen, am 14. Juli, veröffentlicht werden sollte. Sie hatte versucht, sich an die Tatsachen zu halten, das Bekannte vom Unbekannten zu trennen. Ohne Erfolg.
Bekümmert wartete sie auf Hughs Replik und starrte unverwandt auf die kleine Schatulle, die in seiner Eingang-Ablage im Sonnenlicht lag. Sie wagte es nicht, seinem Blick zu begegnen.
Eine Weile herrschte Stille. Hugh rang sichtbar nach Fassung.
Er war Anfang fünfzig, von durchschnittlicher Größe und mit seinen leicht schräg stehenden, haselnussbraunen Augen ein ausgesprochen gut aussehender Mann. Heute hatte er zudem etwas Bedrohliches, so wie er die Frau anfunkelte, die vor ihm auf dem abgetretenen Flickenteppich stand, der den Boden seines kleinen, überfrachteten Büros im ersten Stock bedeckte.
»Ihre Verfasserangabe«, fuhr er fort, ohne auf ihre Frage einzugehen, »›Viv Lloyd Rees vom Institut für pankeltische Geschichte und Kultur an der Universität Edinburgh‹« – er betonte die Bezeichnung des Instituts – »wird hoffentlich nicht in Ihrem viel besungenen Buch erscheinen. Ich entziehe Ihnen das Geld für Ihre Forschungen. Und Ihre Anstellung wird zum Ende des Jahres nicht verlängert.«
Viv starrte ihn an. »Das können Sie nicht machen!« Sie war fassungslos.
»Ich werde zweifellos Mittel und Wege finden.« Er verschränkte die Arme. »Dieses Institut ist der Forschung verpflichtet, nicht der Mutmaßung. Für Fantasten ist hier kein Platz.« Er hob das Hochglanzmagazin der Sunday Times mit spitzen Fingern auf und warf es Viv über den Schreibtisch zu. »Nehmen Sie’s gleich wieder mit. Ich werde es mir nicht noch mal ansehen.« Dann verschränkte er wieder die Arme und sah sie mit gerunzelter Stirn an.
Das Wissen, dass er mit seiner Kritik in vielen Punkten recht hatte und sie deswegen ohnehin schon von Gewissensbissen gequält wurde, schürte ihren Zorn noch mehr.
Sie war überglücklich gewesen, als er sie gefragt hatte, ob sie nicht wieder nach Edinburgh kommen und mit ihm arbeiten wolle, und hatte die Lehr- und Forschungsstelle voller Optimismus angenommen. Es war für sie eine Chance gewesen, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen, einen Neuanfang zu machen und unter den Fittichen des Mannes, den sie auf ihrem Gebiet am meisten verehrte, ihre Karriere voranzubringen.
Die Vergangenheit war Dublin und hieß Andrew Brennan. Vier Jahre lang hatten er und sie eine leidenschaftliche Affäre gehabt, von der sie in womöglich bewusster Naivität geglaubt hatte, sie würde eines Tages zwar vielleicht nicht in einer Ehe münden, aber doch in einer Gemeinsamkeit von Tisch und Bett, wenn er nur erst einmal die Scheidung eingereicht haben würde, was laut seiner Aussage nur eine Frage der Zeit sei. Dazu war es nie gekommen. Natürlich war es nie dazu gekommen; es war nicht einmal eine reelle Möglichkeit gewesen. Als sie sich das schließlich eingestand, hatte sie die Affäre beendet und Hugh auf das Gerücht hin, an seinem Institut sei eine Lehrstelle zu besetzen, einen Brief geschrieben. Er hatte ihr den Job gegeben, und sie hatte eine gigantische Hypothek aufgenommen und sich in der Old Town eine kleine Wohnung gekauft und Andrew und seine Beteuerungen mit solcher Begeisterung hinter sich gelassen, dass sie sich fragte, inwieweit sie ihn überhaupt je geliebt hatte.Trotzdem war die erste Zeit schwer gewesen, schwerer, als sie erwartet hatte. Auch wenn sie aus ihrer Studentenzeit noch Freunde in Edinburgh hatte, klaffte in ihrem Leben doch eine große Lücke. Ihr fehlte die enge Verbundenheit mit Andrew, sein Anrecht auf ihre Freizeit, und wegen dieses Gefühls von Einsamkeit hatte sie sich häufig mit Hugh Graham und seiner Frau getroffen, vielleicht allzu häufig.
Alison Graham war eine ihrer besten Freundinnen geworden.
Sie vertrauten einander Geheimnisse an, Viv erzählte Alison von Andrew, von ihrer Trauer, als ihr Bruder David, der wie ihr Vater ein angesehener Kinderarzt war, mit seiner Frau und ihrem kleinen Kind nach Australien zog, und von ihrem Gefühl unendlichen Verlusts, als ihre Eltern fünf Jahre später ebenfalls nach Perth übersiedelten. Alison und Hugh waren für sie da gewesen, hatten sie unterstützt. Sie hatten sich häufig gesehen, in verschiedenen Konstellationen, bis ihr der Verdacht kam, dass sie sich allmählich in Hugh verliebte. Sie zog sich etwas zurück. Sie wollte die Ehe ihrer Freunde auf keinen Fall gefährden. Also schränkte sie ihre Besuche ein und ging Hugh nach Möglichkeit aus dem Weg. Hugh aber reagierte verärgert, ihre plötzliche Zurückhaltung war ihm ein Rätsel und verletzte ihn. Und dann war Alison ganz unerwartet gestorben. Hughs Ärger legte sich auch nach dem Tod seiner Frau nicht, eher im Gegenteil, und seine freundschaftliche Kameradschaft mit Viv war, was ihre professionelle Beziehung betraf, in Feindseligkeit umgeschlagen. Sie bemerkte, dass er ein unerträgliches, überhebliches Ego hatte. Er weigerte sich anzuerkennen, dass das Studium der Geschichte sich verändert hatte, dass der akademische Anspruch zugunsten einer etwas populäreren Lesart zurücktreten sollte, und vor allem weigerte er sich anzuerkennen, dass jemand anderes außer ihm ein guter Historiker sein konnte, von einer guten Historikerin ganz zu schweigen. Der Mann, der der jüngste, ehrgeizigste Professor gewesen war, der je das Institut geleitet hatte, schwang sich jetzt offenbar zum Verfechter einer verbohrten, orthodoxen Denkweise auf.
Unverwandt erwiderte er ihren Blick, musterte sie, als sei sie ein befremdliches Fundstück unter einer Vakuumglocke im Labor. Jede Falte in seinem Gesicht brachte Missbilligung zum Ausdruck. Der Blick traf sie zutiefst.
Sie holte Luft und redete sich weiter in Rage. »Sie nennen mich eine Fantastin!« Ihre Stimme bebte. »Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie derjenige waren, der mich mit Auszeichnung hat bestehen lassen, Professor?«, fuhr sie fort, wobei sie die Anrede sarkastisch betonte. »Damals fanden Sie meine Arbeitsweise sehr gut. Sie haben mir geholfen, dass ich den Magister in Aberystwyth machen und an der Universität von Wales promovieren konnte. Sie haben meine Bewerbung für Dublin unterschrieben und Sie haben mir geholfen, die Stelle an der UCLA zu bekommen. Und dann haben Sie – Sie!«, wiederholte sie, »mir hier ein Forschungsstipendium und einen Lehrauftrag angeboten! Sie haben mich dazu ermutigt, das Buch zu schreiben!«
»Sie waren ja auch eine herausragende Studentin. Sonst hätte ich Ihnen die Stelle nie angeboten.« Er zuckte mit den Achseln. »Und als Sie nach Edinburgh zurückkamen, waren Sie anfangs auch eine erstklassige Historikerin. Offenbar sind Ihnen meine Freundschaft und mein Vertrauen zu Kopf gestiegen. Über die Gier nach öffentlicher Anerkennung haben Sie den Bezug zur Realität verloren. Deswegen habe ich keine Verwendung mehr für Sie. Ich schlage vor, dass Sie woanders hingehen und historische Romane schreiben, wo Ihre Auslassungen über die Eisenzeit keinen Schaden anrichten können, und das Schreiben über geschichtswissenschaftliche Themen denjenigen überlassen, die mehr davon verstehen.«
Einen Moment kam sich Viv, während sie so dastand und auf den sitzenden Institutsleiter schaute, wie ein unartiges Schulmädchen vor, das beim Spicken ertappt und zum Direktor zitiert worden war, und genau das beabsichtigte er wohl auch. Zittrig atmete sie ein, um sich die Kränkung nicht anmerken zu lassen, und bemühte sich, ruhig zu sprechen.
»Darum geht das Ganze also. Jetzt ist es mir klar!« Sie spielte Erstaunen. »Sie schreiben also auch ein Buch! Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt? Ach so, ich hätte es mir wohl denken sollen, oder?«
»Das hätten Sie in der Tat, schließlich ist diese Zeit mein Fachgebiet.« Er lehnte sich zurück. »Der Gedanke ist wohl nicht allzu abwegig.« Viv trug einen unförmigen fuchsienroten Pullover und eine Trainingshose. Allein ihr Anblick bereitete ihm Kopfschmerzen. Vor allem, wenn sie wütend war.
»Und Sie schreiben über Cartimandua, obwohl jeder weiß, dass sie mein Thema ist!« Vivs Augen verengten sich. Er zuckte mit den Achseln. Er erwähnte nicht, dass sein Buch bislang aus wenig mehr als Notizen, einer Gliederung und ein oder zwei Kapiteln bestand und dass außer seiner Lektorin bei der University Press noch niemand davon wusste.
»Nein.« Sein Tonfall war voll Verachtung. »Zufälligerweise schreibe ich nicht über Cartimandua. Die wäre kaum einer ernsthaften Untersuchung würdig. Ihren Behauptungen zum Trotz ist nicht genug über sie bekannt. Nein, mein Buch wird – ist – eine Abhandlung über den Widerstand der Briten gegen die römischen Eroberer, und die Hauptperson ist Venutius.«
»Cartimanduas Ehemann.«
»Eben dieser.«
Viv holte tief Luft, versuchte, die Situation zu entschärfen. »Aber das macht doch nichts, oder? Es ist doch Platz für beide Bücher.« Sie hob fragend die Augenbrauen. »Und was immer Sie von meinem Artikel halten mögen« – sie schaute zu der Zeitschrift auf seinem Schreibtisch –, »ich kann Ihnen versichern, dass mein Buch eine ernsthafte Untersuchung ist.« Das zumindest entsprach der Wahrheit. Mehr oder minder. Sie sah ihn nachdenklich an, bevor sie fortfuhr.
»Befürchten Sie vielleicht, ich könnte so viele Exemplare verkaufen, dass Sie sich wegen Ihrer Verkaufszahlen schämen müssten? Von einer solchen Banalität wird sich doch der große Professor Hugh Graham nicht beeinflussen lassen! «
»Nein, das befürchte ich keineswegs.« Er verzog den Mund. »Mein Buch wird in einem Fachverlag erscheinen. Ihres kommt meines Wissens bei einem Publikumsverlag heraus. Das bedeutet, dass Sie nolens volens mehr Exemplare verkaufen werden. An eine ahnungslose Leserschaft, der es nicht um akademische Redlichkeit geht. Ich habe Ihnen meine Gründe für meine Einwände schon genannt. Ihre Forschungen und Ihre Veröffentlichungen entsprechen nicht dem Standard, den ich von den Mitarbeitern meines Instituts erwarte und verlange. Und wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe zu tun.«
Übersetzung: Ursula Wulfekamp
Copyright © 2008 der deutschen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Zuerst waren die Stimmen undeutlich, ein Gemurmel in der Dunkelheit. Panisch ballte sie die Hände zur Faust, lauschte angestrengt, um die Worte auszumachen. Allmählich begriff sie ihre Bedeutung, und damit stiegen Bilder auf. Sie sah Männer mit Streitwagen, die am Fuß der Berge Stellung bezogen, die Augen wild und grausam, schwere Panzer am Leib. Sie sah weinende Frauen, Schwerter und Feuer und Blut. Sie sah, wie das Land sich veränderte, von Wald zu Heideland und wieder zu Wald wurde. Sie sah Männer, die Felder pflügten; zuerst zogen und schoben sie den Pflug selbst, dann wurden Ochsen davorgespannt, dann Pferde, und schließlich wurde er von seltsamen Wagen gezogen, die über ihren riesigen Rädern Rauch ausstießen. Sie sah Schwärme von Möwen, die den Furchen folgten, über die Zeitalter hinweg, durch Hungersnöte und Zeiten der Fülle, durch Krieg und Frieden. Sie sah ihr Volk leben, sie sah ihr Volk sterben. Sie sah die Menschen lachen und weinen. Und aus den Schatten rief eine Stimme klar und vernehmlich nach ihr, rief ihren Namen – Cartimandua, Geschmeidiges Pferd – mit einem ihr fremden Akzent. Sie schüttelte den Kopf, bemühte sich, in den treibenden Schwaden mehr zu erkennen, und das Gesicht einer Frau erschien vor ihr. Einer Frau, die die Hände nach ihr ausstreckte. Die über die Äonen hinweg griff, um ihren Geist zu berühren. Die wissen wollte, wer sie war und was sie getan hatte. Eine Frau, die sie vor allen anderen erwählt hatte, damit sie sie lehrte und ihr ihre Geschichte erzählte.
Im Grab wurde es kalt. Draußen versank die Sonne hinter einer Wolkenbank. Bald würde es völlig dunkel sein. Unvermittelt schauderte sie, und der Geist, der den ihren berührt hatte, zog sich zurück.
»Wo bist du?«, rief Carta. »Geh bitte nicht. Bist du eine Göttin?«
Es kam keine Antwort.
Irgendetwas verursachte zu ihren Füßen ein Rascheln, stieß leise klappernd gegen die Gebeine, und sie presste die Lippen zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Zum ersten Mal fragte sie sich, ob jemals jemand kommen und sie freisetzen oder ob man sie hier zwischen den Toten liegen lassen würde, während jemand anderes den Umhang des Königs anlegte. Jemand, der der Rolle mehr entsprach, weil er ein Mann war.
Kapitel 1
I
»Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, welchen Schaden Sie damit dem Institut zugefügt haben?« Professor Hugh Graham schleuderte die Zeitschrift auf den Schreibtisch.
Aufgeschlagen war sie bei einem Artikel mit der Überschrift »Cartimandua, die erste britische Königin?«. »Sie haben uns dem allgemeinen Gespött preisgegeben! Und mich!
Sie haben mich in der ganzen akademischen Welt lächerlich gemacht!« Er sprach mit dem weichen Tonfall der schottischen Grenzregion, der normalerweise kaum auffiel, doch jetzt in seinem Zorn immer stärker wurde.
Die Sonne, die durch das Bürofenster schien, das den Blick auf den George Square in Edinburgh freigab, hob sein dichtes grau meliertes Haar hervor und auch die Konturen seines wettergegerbten Gesichts. »Ich glaube, Sie und ich können nicht mehr zusammenarbeiten, Viv. Nicht, wenn Sie so wenig auf meine Ansichten geben.«
»Unsinn!« Viv Lloyd Rees war fünfunddreißig Jahre alt, eins sechzig groß und etwas füllig, und sie hatte kurz geschnittenes, leuchtend rotes Haar, das ihre grünen Augen noch betonte. Trotz ihres walisischen Namens sprach sie reinstes Englisch, und auch diese Tatsache ärgerte den Professor, der im Stillen eine nationalistische Gesinnung hegte.
»Wollen Sie damit sagen, dass auf einmal niemand mehr hier eine eigene Meinung haben darf?«, fuhr sie wütend fort.
»Du meine Güte, Hugh! Wir studieren keltische Geschichte. Wir sind keine Denkfabrik für irgendein Politbüro!«
»Nein, das sind wir auch nicht.« Er beugte sich vor, stützte die Hände auf die Unterlagen und aufgeschlagenen Bücher, die er über den gesamten Schreibtisch hinter seinem Computerbildschirm verteilt hatte. Irgendwo darunter lagen vermutlich eine Tastatur und eine Maus. »Da haben Sie recht. Wir forschen. Wir beschäftigen uns mit Tatsachen. Wir legen sie dar …«
»Und genau das habe ich getan, Hugh. Ich habe einige Tatsachen dargelegt. Sie interpretiert …«
»Es sind Ihre Interpretationen, nicht meine.«
Zwischen ihnen knisterte es vor Spannung.
»Meine Interpretationen, genau. Es ist mein Artikel, Hugh, nicht der Ihre.«
»Erfundenes Geschwätz!«
»Nein, Hugh, nicht erfunden.« Allmählich wurde sie ebenso zornig wie er. »Intuitiv interpretiert.«
Aber um ehrlich zu sein, war es mehr als das. Er hatte recht.
»Intuitiv!«, rief er verächtlich. »Genau das meine ich ja!
Und Ihr Buch, Ihr viel gepriesenes Buch. Steht in dem ähnlicher Unsinn wie hier?« Er deutete auf die Zeitschrift. »Natürlich. Haben Sie noch kein Rezensionsexemplar bekommen? « Herausfordernd begegnete sie seinem Blick.
Sie hatte dagegen angekämpft, hatte sich so heftig gegen diese fremde Stimme in ihrem Kopf gewehrt, die Stimme, die sie bei ihren Recherchen heraufbeschworen hatte. Die Stimme, die verlangt hatte, dass sie das Buch schrieb, und die jetzt verlangte, dass sie ein Hörspiel schrieb. Die Stimme, von der sie niemandem erzählen konnte. Aber ihre Eingebungen waren zu subtil gewesen, die Informationen zu spezifisch, als dass Viv sie hätte ignorieren können. Es war ihr nicht gelungen, diese Details aus dem Buch herauszufiltern, dem Buch, das in genau vier Wochen, am 14. Juli, veröffentlicht werden sollte. Sie hatte versucht, sich an die Tatsachen zu halten, das Bekannte vom Unbekannten zu trennen. Ohne Erfolg.
Bekümmert wartete sie auf Hughs Replik und starrte unverwandt auf die kleine Schatulle, die in seiner Eingang-Ablage im Sonnenlicht lag. Sie wagte es nicht, seinem Blick zu begegnen.
Eine Weile herrschte Stille. Hugh rang sichtbar nach Fassung.
Er war Anfang fünfzig, von durchschnittlicher Größe und mit seinen leicht schräg stehenden, haselnussbraunen Augen ein ausgesprochen gut aussehender Mann. Heute hatte er zudem etwas Bedrohliches, so wie er die Frau anfunkelte, die vor ihm auf dem abgetretenen Flickenteppich stand, der den Boden seines kleinen, überfrachteten Büros im ersten Stock bedeckte.
»Ihre Verfasserangabe«, fuhr er fort, ohne auf ihre Frage einzugehen, »›Viv Lloyd Rees vom Institut für pankeltische Geschichte und Kultur an der Universität Edinburgh‹« – er betonte die Bezeichnung des Instituts – »wird hoffentlich nicht in Ihrem viel besungenen Buch erscheinen. Ich entziehe Ihnen das Geld für Ihre Forschungen. Und Ihre Anstellung wird zum Ende des Jahres nicht verlängert.«
Viv starrte ihn an. »Das können Sie nicht machen!« Sie war fassungslos.
»Ich werde zweifellos Mittel und Wege finden.« Er verschränkte die Arme. »Dieses Institut ist der Forschung verpflichtet, nicht der Mutmaßung. Für Fantasten ist hier kein Platz.« Er hob das Hochglanzmagazin der Sunday Times mit spitzen Fingern auf und warf es Viv über den Schreibtisch zu. »Nehmen Sie’s gleich wieder mit. Ich werde es mir nicht noch mal ansehen.« Dann verschränkte er wieder die Arme und sah sie mit gerunzelter Stirn an.
Das Wissen, dass er mit seiner Kritik in vielen Punkten recht hatte und sie deswegen ohnehin schon von Gewissensbissen gequält wurde, schürte ihren Zorn noch mehr.
Sie war überglücklich gewesen, als er sie gefragt hatte, ob sie nicht wieder nach Edinburgh kommen und mit ihm arbeiten wolle, und hatte die Lehr- und Forschungsstelle voller Optimismus angenommen. Es war für sie eine Chance gewesen, einen Strich unter die Vergangenheit zu ziehen, einen Neuanfang zu machen und unter den Fittichen des Mannes, den sie auf ihrem Gebiet am meisten verehrte, ihre Karriere voranzubringen.
Die Vergangenheit war Dublin und hieß Andrew Brennan. Vier Jahre lang hatten er und sie eine leidenschaftliche Affäre gehabt, von der sie in womöglich bewusster Naivität geglaubt hatte, sie würde eines Tages zwar vielleicht nicht in einer Ehe münden, aber doch in einer Gemeinsamkeit von Tisch und Bett, wenn er nur erst einmal die Scheidung eingereicht haben würde, was laut seiner Aussage nur eine Frage der Zeit sei. Dazu war es nie gekommen. Natürlich war es nie dazu gekommen; es war nicht einmal eine reelle Möglichkeit gewesen. Als sie sich das schließlich eingestand, hatte sie die Affäre beendet und Hugh auf das Gerücht hin, an seinem Institut sei eine Lehrstelle zu besetzen, einen Brief geschrieben. Er hatte ihr den Job gegeben, und sie hatte eine gigantische Hypothek aufgenommen und sich in der Old Town eine kleine Wohnung gekauft und Andrew und seine Beteuerungen mit solcher Begeisterung hinter sich gelassen, dass sie sich fragte, inwieweit sie ihn überhaupt je geliebt hatte.Trotzdem war die erste Zeit schwer gewesen, schwerer, als sie erwartet hatte. Auch wenn sie aus ihrer Studentenzeit noch Freunde in Edinburgh hatte, klaffte in ihrem Leben doch eine große Lücke. Ihr fehlte die enge Verbundenheit mit Andrew, sein Anrecht auf ihre Freizeit, und wegen dieses Gefühls von Einsamkeit hatte sie sich häufig mit Hugh Graham und seiner Frau getroffen, vielleicht allzu häufig.
Alison Graham war eine ihrer besten Freundinnen geworden.
Sie vertrauten einander Geheimnisse an, Viv erzählte Alison von Andrew, von ihrer Trauer, als ihr Bruder David, der wie ihr Vater ein angesehener Kinderarzt war, mit seiner Frau und ihrem kleinen Kind nach Australien zog, und von ihrem Gefühl unendlichen Verlusts, als ihre Eltern fünf Jahre später ebenfalls nach Perth übersiedelten. Alison und Hugh waren für sie da gewesen, hatten sie unterstützt. Sie hatten sich häufig gesehen, in verschiedenen Konstellationen, bis ihr der Verdacht kam, dass sie sich allmählich in Hugh verliebte. Sie zog sich etwas zurück. Sie wollte die Ehe ihrer Freunde auf keinen Fall gefährden. Also schränkte sie ihre Besuche ein und ging Hugh nach Möglichkeit aus dem Weg. Hugh aber reagierte verärgert, ihre plötzliche Zurückhaltung war ihm ein Rätsel und verletzte ihn. Und dann war Alison ganz unerwartet gestorben. Hughs Ärger legte sich auch nach dem Tod seiner Frau nicht, eher im Gegenteil, und seine freundschaftliche Kameradschaft mit Viv war, was ihre professionelle Beziehung betraf, in Feindseligkeit umgeschlagen. Sie bemerkte, dass er ein unerträgliches, überhebliches Ego hatte. Er weigerte sich anzuerkennen, dass das Studium der Geschichte sich verändert hatte, dass der akademische Anspruch zugunsten einer etwas populäreren Lesart zurücktreten sollte, und vor allem weigerte er sich anzuerkennen, dass jemand anderes außer ihm ein guter Historiker sein konnte, von einer guten Historikerin ganz zu schweigen. Der Mann, der der jüngste, ehrgeizigste Professor gewesen war, der je das Institut geleitet hatte, schwang sich jetzt offenbar zum Verfechter einer verbohrten, orthodoxen Denkweise auf.
Unverwandt erwiderte er ihren Blick, musterte sie, als sei sie ein befremdliches Fundstück unter einer Vakuumglocke im Labor. Jede Falte in seinem Gesicht brachte Missbilligung zum Ausdruck. Der Blick traf sie zutiefst.
Sie holte Luft und redete sich weiter in Rage. »Sie nennen mich eine Fantastin!« Ihre Stimme bebte. »Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie derjenige waren, der mich mit Auszeichnung hat bestehen lassen, Professor?«, fuhr sie fort, wobei sie die Anrede sarkastisch betonte. »Damals fanden Sie meine Arbeitsweise sehr gut. Sie haben mir geholfen, dass ich den Magister in Aberystwyth machen und an der Universität von Wales promovieren konnte. Sie haben meine Bewerbung für Dublin unterschrieben und Sie haben mir geholfen, die Stelle an der UCLA zu bekommen. Und dann haben Sie – Sie!«, wiederholte sie, »mir hier ein Forschungsstipendium und einen Lehrauftrag angeboten! Sie haben mich dazu ermutigt, das Buch zu schreiben!«
»Sie waren ja auch eine herausragende Studentin. Sonst hätte ich Ihnen die Stelle nie angeboten.« Er zuckte mit den Achseln. »Und als Sie nach Edinburgh zurückkamen, waren Sie anfangs auch eine erstklassige Historikerin. Offenbar sind Ihnen meine Freundschaft und mein Vertrauen zu Kopf gestiegen. Über die Gier nach öffentlicher Anerkennung haben Sie den Bezug zur Realität verloren. Deswegen habe ich keine Verwendung mehr für Sie. Ich schlage vor, dass Sie woanders hingehen und historische Romane schreiben, wo Ihre Auslassungen über die Eisenzeit keinen Schaden anrichten können, und das Schreiben über geschichtswissenschaftliche Themen denjenigen überlassen, die mehr davon verstehen.«
Einen Moment kam sich Viv, während sie so dastand und auf den sitzenden Institutsleiter schaute, wie ein unartiges Schulmädchen vor, das beim Spicken ertappt und zum Direktor zitiert worden war, und genau das beabsichtigte er wohl auch. Zittrig atmete sie ein, um sich die Kränkung nicht anmerken zu lassen, und bemühte sich, ruhig zu sprechen.
»Darum geht das Ganze also. Jetzt ist es mir klar!« Sie spielte Erstaunen. »Sie schreiben also auch ein Buch! Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt? Ach so, ich hätte es mir wohl denken sollen, oder?«
»Das hätten Sie in der Tat, schließlich ist diese Zeit mein Fachgebiet.« Er lehnte sich zurück. »Der Gedanke ist wohl nicht allzu abwegig.« Viv trug einen unförmigen fuchsienroten Pullover und eine Trainingshose. Allein ihr Anblick bereitete ihm Kopfschmerzen. Vor allem, wenn sie wütend war.
»Und Sie schreiben über Cartimandua, obwohl jeder weiß, dass sie mein Thema ist!« Vivs Augen verengten sich. Er zuckte mit den Achseln. Er erwähnte nicht, dass sein Buch bislang aus wenig mehr als Notizen, einer Gliederung und ein oder zwei Kapiteln bestand und dass außer seiner Lektorin bei der University Press noch niemand davon wusste.
»Nein.« Sein Tonfall war voll Verachtung. »Zufälligerweise schreibe ich nicht über Cartimandua. Die wäre kaum einer ernsthaften Untersuchung würdig. Ihren Behauptungen zum Trotz ist nicht genug über sie bekannt. Nein, mein Buch wird – ist – eine Abhandlung über den Widerstand der Briten gegen die römischen Eroberer, und die Hauptperson ist Venutius.«
»Cartimanduas Ehemann.«
»Eben dieser.«
Viv holte tief Luft, versuchte, die Situation zu entschärfen. »Aber das macht doch nichts, oder? Es ist doch Platz für beide Bücher.« Sie hob fragend die Augenbrauen. »Und was immer Sie von meinem Artikel halten mögen« – sie schaute zu der Zeitschrift auf seinem Schreibtisch –, »ich kann Ihnen versichern, dass mein Buch eine ernsthafte Untersuchung ist.« Das zumindest entsprach der Wahrheit. Mehr oder minder. Sie sah ihn nachdenklich an, bevor sie fortfuhr.
»Befürchten Sie vielleicht, ich könnte so viele Exemplare verkaufen, dass Sie sich wegen Ihrer Verkaufszahlen schämen müssten? Von einer solchen Banalität wird sich doch der große Professor Hugh Graham nicht beeinflussen lassen! «
»Nein, das befürchte ich keineswegs.« Er verzog den Mund. »Mein Buch wird in einem Fachverlag erscheinen. Ihres kommt meines Wissens bei einem Publikumsverlag heraus. Das bedeutet, dass Sie nolens volens mehr Exemplare verkaufen werden. An eine ahnungslose Leserschaft, der es nicht um akademische Redlichkeit geht. Ich habe Ihnen meine Gründe für meine Einwände schon genannt. Ihre Forschungen und Ihre Veröffentlichungen entsprechen nicht dem Standard, den ich von den Mitarbeitern meines Instituts erwarte und verlange. Und wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe zu tun.«
Übersetzung: Ursula Wulfekamp
Copyright © 2008 der deutschen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Barbara Erskine
Barbara Erskine studierte mittelalterliche Geschichte und hat bereits zahlreiche Romane veröffentlicht. Ihre Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und belegten stets die vorderen Plätze in den internationalen Bestsellerlisten. Barbara Erskine lebt mit ihrer Familie in Wales und auf einem alten Landsitz in North Essex.
Bibliographische Angaben
- Autor: Barbara Erskine
- 2008, 861 Seiten, Maße: 14,5 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Ursula Wulfekamp
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453265629
- ISBN-13: 9783453265622
Rezension zu „Die Königin des Feuers “
»Eine wirklich außergewöhnliche Erzählerin.«
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