Die Lagune des Löwen
Historischer Roman
Venedig 1502: Schon seit ihrer Kindheit kreuzen sich die Lebenswege von Laura und Antonio immer wieder in der sinnenfrohen Stadt. Beide treibt die Sehnsucht, Armut und Not hinter sich zu lassen. Doch ihre Begegnungen sind geprägt von tödlichen Intrigen und verzehrender Leidenschaft.
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Produktinformationen zu „Die Lagune des Löwen “
Venedig 1502: Schon seit ihrer Kindheit kreuzen sich die Lebenswege von Laura und Antonio immer wieder in der sinnenfrohen Stadt. Beide treibt die Sehnsucht, Armut und Not hinter sich zu lassen. Doch ihre Begegnungen sind geprägt von tödlichen Intrigen und verzehrender Leidenschaft.
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Die Lagune des Löwen von Charlotte Thomas LESEPROBE
August 1502
Der schwarze Junge blutete aus Mund und Nase, während er über den Landungssteg auf den Kai stolperte. Sein rechtes Auge war fast vollständig zugeschwollen und seine Oberlippe so unförmig dick, dass schwer zu sagen war, ob es von den Schlägen kam, die er offensichtlich hatte einstecken müssen, oder ob es ein Merkmal der fremden Rasse war, der er angehörte.
Laura starrte ihn bestürzt an, als er näher kam. Trotz des teils eingetrockneten, teils noch fließenden Blutes war zu erkennen, dass sein Gesicht tränenüberströmt war. Sie hatte gewusst, dass hier an der Riva degli Schiavoni Sklaven verkauft wurden, doch nichts hatte sie auf diesen Anblick vorbereitet.
Sie tastete nach der Hand ihres Vaters, und er ergriff sie, als hätte er nur darauf gewartet.
»Wir müssen nicht hier stehen bleiben«, sagte er. »Das ist ganz und gar nichts für ein Mädchen von neun Jahren.«
»Doch. Ich will es sehen.« Ihre Antwort kam spontan, und dabei wusste sie nicht einmal, ob es stimmte. »Außerdem werde ich bald zehn.« In Wahrheit wollte sie weit weg sein und mit diesen Grausamkeiten nichts zu tun haben. Gleichzeitig war sie jedoch auf eine merkwürdige Art außerstande, ihren Blick von dem Jungen abzuwenden.
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Es war beinahe so, als hätte sie nur allein dadurch, dass sie ihn anschaute, ein seltsames unsichtbares Band zwischen sich und dem fremdartigen Jungen geknüpft, das sie nun dazu zwang, an Ort und Stelle zu verharren und abzuwarten, wie es mit ihm weiterging.
Er mochte vielleicht elf oder zwölf Jahre alt sein, also nur wenig älter als sie selbst, und er war tatsächlich schwarz wie poliertes Ebenholz, nicht nur im Gesicht, sondern am ganzen Körper. Bis auf einen zerfledderten Lendenschurz war er nackt, und so war gut zu sehen, wie gleichmäßig dunkel seine Haut auch an jenen Stellen war, die bei den Menschen in Venedig normalerweise unter der Kleidung verborgen waren. Auch sein kurz geschorenes Haar war pechschwarz und seltsam strukturiert, weder glatt noch lockig, sondern eher wie wolliger Filz. In seinen runden Augen stach das Weiße hervor, und Furcht verwandelte sein Gesicht in eine starre Grimasse.
Hinter dem Jungen kam einer der Aufseher an Land, ein in schmierige Baumwolle gehüllter Händler, der mit gezielten Stockhieben die menschliche Ladung von dem hinter ihm vertäuten Traghetto an Land trieb.
Das Frachtboot war vom Zollhafen herübergekommen, wo die Galeere ankerte, mit der die Sklaven von Afrika in die venezianische Lagune gebracht worden waren. Die Aufseher waren ebenfalls Afrikaner, Sklavenjäger aus Alexandria, wie Laura von ihrem Vater erfahren hatte. Der Handelsstützpunkt Alexandria lag an der östlichen Nordküste Afrikas, während die schwarzen Sklaven im Inneren des großen, von der Sonne verbrannten Landes gefangen wurden.
Der Händler selbst war Portugiese, das hatte sie den Unterhaltungen der Gaffer entnehmen können. Auf den ersten Blick sah man ihm nicht an, dass er mit Sklaven handelte. Er trug schlichtes schwarzes Tuch wie ein unauffälliger Kaufmann, ohne Verzierungen an Brust oder Schultern, und dazu eine schmucklose flache Kappe. Seine gelbliche Gesichtsfarbe deutete darauf hin, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten bestellt war.
Die anderen Sklaven waren bereits auf dem Kai versammelt, der Junge war der Letzte. Seine magere Brust bewegte sich unter heftigen Atemzügen, doch wenn man genauer hinschaute, war zu sehen, dass er von Schluchzern geschüttelt wurde. Man hatte ihm die Füße mit Stricken zusammengebunden, nicht zu eng, gerade nur so fest, dass er nicht davonlaufen konnte. Es sah ein wenig lächerlich aus, weil er sich mit merkwürdig hopsenden Trippelschritten bewegen musste, immer nur um Haaresbreite davon entfernt, lang hinzuschlagen. Von der Fesselung behindert, kam er dem Aufseher offenbar nicht schnell genug voran.
Der Mann gab einen gutturalen Befehl von sich und holte dann mit dem Stock aus. Er versetzte dem Jungen einen Hieb quer über den Rücken, und das Schluchzen ging in einen erstickten Aufschrei über. In seinem Bemühen, weiteren Schlägen seines Peinigers zu entkommen, hoppelte der Junge mit seinen aneinandergefesselten Beinen schneller vorwärts, ein knochiges, missgestaltet wirkendes Wesen aus einer fremden Welt.
Einige der Umstehenden lachten, was Lauras Abscheu vor dem rohen Schauspiel noch verstärkte. Dabei war es nicht nur der Widerwille gegen den Anblick, der ihr zusetzte. Sie spürte, wie sich Wut in ihr zusammenballte, bis ihr ganzes Inneres gegen das, was hier geschah, rebellieren wollte.
Die anderen Sklaven, Frauen und kleinere Kinder, waren ungefesselt, bis auf einen Mann, der mit gesenktem Kopf ein paar Schritte abseits der Gruppe stand, die einer der anderen Aufseher vor einem hölzernen Stand zusammengetrieben hatte.
Der Mann war so schwarz wie der Junge, aber von unglaublicher Körperlänge und dabei so dünn, wie Laura es in diesem Verhältnis von Größe und Schlankheit bisher an einem Mann noch nie gesehen hatte. Er hatte außergewöhnlich lange Arme und Beine, und sein Kopf war wie bei dem Jungen schmal geformt, sein Hals lang und sehnig. Seine Kleidung bestand aus einem zerrissenen Hemd von undefinierbarer Farbe und einem Lendentuch, von dem einzelne Fetzen bis zu seinen Knien herabhingen.
Auch die vier Frauen waren dünn und hochgewachsen, wenn auch nicht so groß wie der Mann, und alle trugen sie das Haar geschoren und hatten in den Ohren seltsamen, bunt bemalten Schmuck, der bis auf ihre Schultern baumelte. Ihre Körper waren in Tücher gewickelt, die ebenso schmutzig und fleckig waren wie das Hemd des Mannes. Die sechs Kinder, die sich mit weit aufgerissenen Augen um die Frauen drängten, trugen Lendentücher wie der Junge.
Ein bedeutsames Detail unterschied indessen den Mann von den anderen: Man hatte ihn in Eisen gelegt, wobei die Ketten, die um seine Handgelenke geschlungen waren, mit denen an seinen Fußknöcheln verbunden waren.
Als er vorhin an Land gegangen war, hatte er sich ähnlich unbeholfen bewegt wie der Junge, und auch er war mit dem Stock geschlagen worden. Allerdings hatte er dabei weder eine Miene verzogen noch einen Laut von sich gegeben, was Laura zu der Überlegung gebracht hatte, ob es womöglich stimmte, dass schwarze Menschen keine Schmerzen empfinden konnten. Monna Pippa hatte das erzählt, und obwohl die Nachbarin regelmäßig mehr Blödsinn daherplapperte, als ein Mensch allein sich ausdenken konnte, hatte Laura keinen Grund gesehen, ihr gerade in dem Punkt nicht zu glauben.
Bis sie vorhin den Jungen gesehen hatte. Er hatte Schmerzen, und er weinte deswegen, und seine Furcht war so stark, dass Laura fast meinte, sie mit Händen greifen zu können.
Der erwachsene Sklave blickte unter gesenkten Lidern hervor und betrachtete die Umstehenden. Als seine Blicke auf den Jungen fielen, versteifte er sich merklich. Danach blieb er ruhig stehen, doch die Hände, die vor seinem Körper gefesselt waren, zitterten so stark, dass seine Ketten klirrten.
Laura fühlte sich bei dem Geräusch von einer seltsamen Unruhe erfüllt, und als ihr Vater sie fortzog, wehrte sie sich nicht. »Nun reicht es«, meinte er. »Das war mehr als genug.«
»Der Junge hat geweint«, antwortete sie, während sie sich von ihrem Vater zwischen Gruppen von Passanten und Schaulustigen hindurch in Richtung Ponte della Paglia ziehen ließ.
»Natürlich hat er geweint«, meinte ihr Vater nachsichtig.
»Er wurde geschlagen.«
»Die anderen waren still, sie haben keinen Laut von sich gegeben, nicht einmal die Kinder, als der Portugiese sie geschubst hat. Nur der Junge hat geweint.«
»Du würdest auch weinen, wenn man dich so schlagen würde.«
»Aber Monna Pippa hat zu mir gesagt, dass Schwarze keine Schmerzen haben. Sie sagte sogar, dass Schwarze keine richtigen Menschen sind, sondern eine Art Affen.« Laura hatte das Bedürfnis, sich rechtfertigen zu müssen. Ihre Wut war unvermindert groß, und ihr war ein wenig übel von dem Erlebten. Außerdem schämte sie sich, weil sie eher mit Faszination als mit Widerwillen zugeschaut hatte, als der Aufseher den großen Sklaven mit harten Stockhieben an Land getrieben hatte. Sieh an, hatte sie gedacht, es stimmt tatsächlich, es tut ihm gar nicht weh!
Erst als gleich darauf der weinende Junge folgte, hatte sie begriffen, wie sehr sie sich geirrt hatte.
»Monna Pippa redet nichts als Unfug«, sagte ihr Vater. »Am besten lässt du es zum einen Ohr herein und zum anderen wieder hinaus.«
Auf der Brücke standen ebenfalls Menschen, um die bogenförmig erhöhte Konstruktion für eine bessere Aussicht zu nutzen. Sklaventransporte kamen nicht alle Tage an, weil die zuständigen Behörden des Rates dafür Sorge trugen, dass die meisten Versteigerungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vonstattengingen. Lauras Vater hatte ihr erklärt, dass viele Nobili es schätzten, Sklaven zu kaufen, aber sie legten keinen Wert darauf, bei solchen Geschäften angegafft zu werden. Folglich war dies hier für die sensationslüsternen Venezianer eine der wenigen Gelegenheiten, aus nächster Nähe die Ankunft eines Transportes zu verfolgen.
Laura widerstand dem Verlangen, über die Schulter zurückzublicken, als sie den Scheitelpunkt der Brücke erreicht hatten. © Ehrenwirth Verlag
Er mochte vielleicht elf oder zwölf Jahre alt sein, also nur wenig älter als sie selbst, und er war tatsächlich schwarz wie poliertes Ebenholz, nicht nur im Gesicht, sondern am ganzen Körper. Bis auf einen zerfledderten Lendenschurz war er nackt, und so war gut zu sehen, wie gleichmäßig dunkel seine Haut auch an jenen Stellen war, die bei den Menschen in Venedig normalerweise unter der Kleidung verborgen waren. Auch sein kurz geschorenes Haar war pechschwarz und seltsam strukturiert, weder glatt noch lockig, sondern eher wie wolliger Filz. In seinen runden Augen stach das Weiße hervor, und Furcht verwandelte sein Gesicht in eine starre Grimasse.
Hinter dem Jungen kam einer der Aufseher an Land, ein in schmierige Baumwolle gehüllter Händler, der mit gezielten Stockhieben die menschliche Ladung von dem hinter ihm vertäuten Traghetto an Land trieb.
Das Frachtboot war vom Zollhafen herübergekommen, wo die Galeere ankerte, mit der die Sklaven von Afrika in die venezianische Lagune gebracht worden waren. Die Aufseher waren ebenfalls Afrikaner, Sklavenjäger aus Alexandria, wie Laura von ihrem Vater erfahren hatte. Der Handelsstützpunkt Alexandria lag an der östlichen Nordküste Afrikas, während die schwarzen Sklaven im Inneren des großen, von der Sonne verbrannten Landes gefangen wurden.
Der Händler selbst war Portugiese, das hatte sie den Unterhaltungen der Gaffer entnehmen können. Auf den ersten Blick sah man ihm nicht an, dass er mit Sklaven handelte. Er trug schlichtes schwarzes Tuch wie ein unauffälliger Kaufmann, ohne Verzierungen an Brust oder Schultern, und dazu eine schmucklose flache Kappe. Seine gelbliche Gesichtsfarbe deutete darauf hin, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten bestellt war.
Die anderen Sklaven waren bereits auf dem Kai versammelt, der Junge war der Letzte. Seine magere Brust bewegte sich unter heftigen Atemzügen, doch wenn man genauer hinschaute, war zu sehen, dass er von Schluchzern geschüttelt wurde. Man hatte ihm die Füße mit Stricken zusammengebunden, nicht zu eng, gerade nur so fest, dass er nicht davonlaufen konnte. Es sah ein wenig lächerlich aus, weil er sich mit merkwürdig hopsenden Trippelschritten bewegen musste, immer nur um Haaresbreite davon entfernt, lang hinzuschlagen. Von der Fesselung behindert, kam er dem Aufseher offenbar nicht schnell genug voran.
Der Mann gab einen gutturalen Befehl von sich und holte dann mit dem Stock aus. Er versetzte dem Jungen einen Hieb quer über den Rücken, und das Schluchzen ging in einen erstickten Aufschrei über. In seinem Bemühen, weiteren Schlägen seines Peinigers zu entkommen, hoppelte der Junge mit seinen aneinandergefesselten Beinen schneller vorwärts, ein knochiges, missgestaltet wirkendes Wesen aus einer fremden Welt.
Einige der Umstehenden lachten, was Lauras Abscheu vor dem rohen Schauspiel noch verstärkte. Dabei war es nicht nur der Widerwille gegen den Anblick, der ihr zusetzte. Sie spürte, wie sich Wut in ihr zusammenballte, bis ihr ganzes Inneres gegen das, was hier geschah, rebellieren wollte.
Die anderen Sklaven, Frauen und kleinere Kinder, waren ungefesselt, bis auf einen Mann, der mit gesenktem Kopf ein paar Schritte abseits der Gruppe stand, die einer der anderen Aufseher vor einem hölzernen Stand zusammengetrieben hatte.
Der Mann war so schwarz wie der Junge, aber von unglaublicher Körperlänge und dabei so dünn, wie Laura es in diesem Verhältnis von Größe und Schlankheit bisher an einem Mann noch nie gesehen hatte. Er hatte außergewöhnlich lange Arme und Beine, und sein Kopf war wie bei dem Jungen schmal geformt, sein Hals lang und sehnig. Seine Kleidung bestand aus einem zerrissenen Hemd von undefinierbarer Farbe und einem Lendentuch, von dem einzelne Fetzen bis zu seinen Knien herabhingen.
Auch die vier Frauen waren dünn und hochgewachsen, wenn auch nicht so groß wie der Mann, und alle trugen sie das Haar geschoren und hatten in den Ohren seltsamen, bunt bemalten Schmuck, der bis auf ihre Schultern baumelte. Ihre Körper waren in Tücher gewickelt, die ebenso schmutzig und fleckig waren wie das Hemd des Mannes. Die sechs Kinder, die sich mit weit aufgerissenen Augen um die Frauen drängten, trugen Lendentücher wie der Junge.
Ein bedeutsames Detail unterschied indessen den Mann von den anderen: Man hatte ihn in Eisen gelegt, wobei die Ketten, die um seine Handgelenke geschlungen waren, mit denen an seinen Fußknöcheln verbunden waren.
Als er vorhin an Land gegangen war, hatte er sich ähnlich unbeholfen bewegt wie der Junge, und auch er war mit dem Stock geschlagen worden. Allerdings hatte er dabei weder eine Miene verzogen noch einen Laut von sich gegeben, was Laura zu der Überlegung gebracht hatte, ob es womöglich stimmte, dass schwarze Menschen keine Schmerzen empfinden konnten. Monna Pippa hatte das erzählt, und obwohl die Nachbarin regelmäßig mehr Blödsinn daherplapperte, als ein Mensch allein sich ausdenken konnte, hatte Laura keinen Grund gesehen, ihr gerade in dem Punkt nicht zu glauben.
Bis sie vorhin den Jungen gesehen hatte. Er hatte Schmerzen, und er weinte deswegen, und seine Furcht war so stark, dass Laura fast meinte, sie mit Händen greifen zu können.
Der erwachsene Sklave blickte unter gesenkten Lidern hervor und betrachtete die Umstehenden. Als seine Blicke auf den Jungen fielen, versteifte er sich merklich. Danach blieb er ruhig stehen, doch die Hände, die vor seinem Körper gefesselt waren, zitterten so stark, dass seine Ketten klirrten.
Laura fühlte sich bei dem Geräusch von einer seltsamen Unruhe erfüllt, und als ihr Vater sie fortzog, wehrte sie sich nicht. »Nun reicht es«, meinte er. »Das war mehr als genug.«
»Der Junge hat geweint«, antwortete sie, während sie sich von ihrem Vater zwischen Gruppen von Passanten und Schaulustigen hindurch in Richtung Ponte della Paglia ziehen ließ.
»Natürlich hat er geweint«, meinte ihr Vater nachsichtig.
»Er wurde geschlagen.«
»Die anderen waren still, sie haben keinen Laut von sich gegeben, nicht einmal die Kinder, als der Portugiese sie geschubst hat. Nur der Junge hat geweint.«
»Du würdest auch weinen, wenn man dich so schlagen würde.«
»Aber Monna Pippa hat zu mir gesagt, dass Schwarze keine Schmerzen haben. Sie sagte sogar, dass Schwarze keine richtigen Menschen sind, sondern eine Art Affen.« Laura hatte das Bedürfnis, sich rechtfertigen zu müssen. Ihre Wut war unvermindert groß, und ihr war ein wenig übel von dem Erlebten. Außerdem schämte sie sich, weil sie eher mit Faszination als mit Widerwillen zugeschaut hatte, als der Aufseher den großen Sklaven mit harten Stockhieben an Land getrieben hatte. Sieh an, hatte sie gedacht, es stimmt tatsächlich, es tut ihm gar nicht weh!
Erst als gleich darauf der weinende Junge folgte, hatte sie begriffen, wie sehr sie sich geirrt hatte.
»Monna Pippa redet nichts als Unfug«, sagte ihr Vater. »Am besten lässt du es zum einen Ohr herein und zum anderen wieder hinaus.«
Auf der Brücke standen ebenfalls Menschen, um die bogenförmig erhöhte Konstruktion für eine bessere Aussicht zu nutzen. Sklaventransporte kamen nicht alle Tage an, weil die zuständigen Behörden des Rates dafür Sorge trugen, dass die meisten Versteigerungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vonstattengingen. Lauras Vater hatte ihr erklärt, dass viele Nobili es schätzten, Sklaven zu kaufen, aber sie legten keinen Wert darauf, bei solchen Geschäften angegafft zu werden. Folglich war dies hier für die sensationslüsternen Venezianer eine der wenigen Gelegenheiten, aus nächster Nähe die Ankunft eines Transportes zu verfolgen.
Laura widerstand dem Verlangen, über die Schulter zurückzublicken, als sie den Scheitelpunkt der Brücke erreicht hatten. © Ehrenwirth Verlag
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Autoren-Porträt von Charlotte Thomas
Autoren-Porträt von Charlotte Thomas
Liebhaber historischer Romane müssen sich seit 2007 einen neuen Namen merken: Charlotte Thomas. Die Schriftstellerin wuchs im Bergischen Land, in der Nähe von Wuppertal, auf und besuchte dort die Schule bis zum Abitur. Nach dem Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften absolvierte sie das Rechtsreferendariat in Frankfurt am Main, wo sie 1986 das Zweite Staatsexamen ablegte. Sie arbeitete bis 1992 als Richterin und danach als selbstständige Rechtsanwältin. 2005 gab sie den Anwaltsberuf auf und lebt seitdem mit ihren Kindern als freiberufliche Schriftstellerin am Rande der Rhön.
Für ihren ersten Roman „Die Madonna von Murano“ recherchierte sie mehrere Jahre, um ein stimmiges Bild Venedigs in der Renaissance entwerfen zu können. Es entstand eine spannende Liebesgeschichte zwischen Lorenzo, dem Sohn einer reichen Patrizierfamilie, und Sanchia, der Tochter einer Sklavin. Vor der Kulisse der durch Seehandel reich gewordenen Lagunenstadt muss sich die Liebe bewähren.
Auch in ihrem zweiten Roman „Die Lagune des Löwen“ führt Charlotte Thomas die Leser nach Venedig. Diesmal steht die Liebe zwischen Laura und Antonio im Mittelpunkt, die sich schon als Kinder zum ersten Mal begegnen: das Mädchen auf der Flucht vor intriganten Feinden und der Junge auf Diebestour. Zu dem ungleichen Paar gesellen sich der entlaufene Sklave Carlo und die Hure Valeria. Während des harten Kampfs ums Überleben werden sie oft getrennt, um sich immer wieder zu finden, bis ein Krieg die mächtige Stadt und ihre Bewohner bedroht.
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Die Schriftstellerin hat in ihren Romanen der wunderbaren, aber auch gefährlichen Stadt so viele Facetten und so vielen unterschiedlichen Menschen ein Gesicht gegeben, dass es sicherlich noch Stoff für viele weitere Romane gibt. Charlotte Thomas hat eine faszinierende Welt geschaffen, bevölkert mit Herrschern, Unterdrückten, Intriganten, Huren, Mördern, Kaufleuten, Künstlern und Gauklern. Leser dürfen also auch weiterhin auf die inspirierende Luft der Rhön hoffen...
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Bibliographische Angaben
- Autor: Charlotte Thomas
- 2008, 956 Seiten, Maße: 14,5 x 21,9 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Ehrenwirth
- ISBN-10: 3431037445
- ISBN-13: 9783431037449
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