Die Spionin
London 1585: Als Alyson in den Tower gebracht wird, scheint ihr Schicksal besiegelt zu sein. Doch niemand anders als Sir Francis Walsingham, Erster Minister von Elisabeth I., erkennt ihre besonderen Fähigkeiten und macht der jungen...
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Produktinformationen zu „Die Spionin “
London 1585: Als Alyson in den Tower gebracht wird, scheint ihr Schicksal besiegelt zu sein. Doch niemand anders als Sir Francis Walsingham, Erster Minister von Elisabeth I., erkennt ihre besonderen Fähigkeiten und macht der jungen Straßendiebin ein unglaubliches Angebot, das sie bis in die prachtvollen Gemächer der Königin führen wird - und immer wieder in tödliche Gefahr ...
"Ein historischer Leckerbissen von großer Spannung und Leidenschaft!"
Alex Dengler, Bild am Sonntag
Lese-Probe zu „Die Spionin “
Die Spionin von Corina BomannProlog
1603
Hundegebell lässt mich von meiner Arbeit aufblicken. Durch das halboffene Fenster sehe ich einen Reiter auf das Haus zugaloppieren. Noch ist er nicht viel mehr als ein dunkler Fleck im abendlichen Nebel, doch er nähert sich rasch und taucht schließlich aus den rotgefärbten Schleiern auf. Von Kopf bis Fuß ist er in Schwarz gekleidet, eine weiße Feder weht an seinem Hut. Keinerlei Abzeichen sind an seiner Kleidung oder am Sattelzeug zu finden.
Ich kenne diese Art Bote gut. Während ich reglos vor dem Fenster stehe, frage ich mich, was er wohl von mir will. Bekomme ich nach so langer Zeit wieder einen Auftrag? Oder ist er gar ein Abgesandter des Feindes?
Als er seinen Rappen zügelt, gehe ich zur Tür. Ich ziehe meinen Dolch unter dem Hemd hervor und verberge ihn hinter meinem Rücken. Diese kleine, aber wirkungsvolle Waffe trage ich stets bei mir, sie gibt mir ein wohltuendes Gefühl von Sicherheit. Wenn der Mann gekommen ist, um mich zu töten, werde ich keine andere Wahl haben, als ihm die Klinge in die Brust zu stoßen und seine Leiche dann verschwinden zu lassen.
Die Abendluft, die durch die offene Tür ins Haus strömt, ist kühl, doch nicht sie verursacht mir ein leichtes Frösteln. Es ist vielmehr die Erwartung der Gefahr, die meine Glieder erzittern lässt. Nicht angstvoll, denn die Angst habe ich schon vor Jahren abgelegt. Ich zittere vor Kampfeslust. Meine Muskeln spannen sich und stellen sich darauf ein, blitzschnell zu reagieren.
Ich höre, wie sich die Hunde wütend in ihre Ketten werfen. Wenn ich sie losließe, würden sie den Boten innerhalb weniger Augenblicke zerfleischen. Aber das soll nicht ihr Kampf werden.
... mehr
Der Mann steigt aus dem Sattel und kommt auf mich zu. Wird er mir eine Nachricht überbringen oder einen Dolch ziehen?
Nein, er zieht seinen Hut, damit ich sein Gesicht sehen kann. Er hat helles Haar und blaue Augen. An seinem Kinn und über seinen Lippen wächst ein spärlicher Bart.
Unsere Blicke begegnen sich kurz, er grüßt mich mit einem Nicken, dann holt er einen versiegelten Brief aus seinem Wams und reicht ihn mir. Ich lasse die Waffe, von der er sicher nichts ahnt, in meinem hinteren Rockbund verschwinden und nehme den Umschlag an. »Melanie Woodward« steht darauf. Es ist mein Tarnname - einer von vielen.
Einen Hinweis, wer die Nachricht geschickt hat, gibt mir der Bote nicht. Auch sonst spricht er kein einziges Wort, was mich zu der Frage veranlasst, ob er überhaupt sprechen kann. Stumme Boten sind eines der Mittel, derer sich unser Gewerbe bedient. Vielleicht rechnet der junge Mann aber auch nur damit, dass ich angesichts des Siegels weiß, wer der Absender ist.
Von einer merkwürdigen Unruhe erfüllt öffne ich den Brief und habe wenig später die Nachricht vor mir.
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Was sich dahinter verbirgt, kann ich mir denken.
Ich bedanke mich bei dem Boten und kehre ins Haus zurück. Während ich höre, wie sich der Hufschlag entfernt, und die Hunde wieder Ruhe geben, schiebe ich den Dolch an seinen Platz zurück und gehe in mein Schreibzimmer. Mittlerweile ist es zu dunkel, um die Nachricht zu lesen, also entzünde ich eine Kerze, setze mich vor den alten Holztisch unterm Fenster und betrachte im flackernden Schein die Zahlenfolge.
Sie ist so einfach, dass ich beinahe lachen muss. Die 5 steht eindeutig für das E, denn es gibt keinen 51. Buchstaben im Alphabet. Auf dieser Grundlage gehe ich die Folge durch, und schließlich habe ich die Nachricht vor mir.
ELIZABETHISTTOT
Ist es möglich, oder sitze ich einem Irrtum auf? Rasch prüfe ich die Zahlenreihe noch einmal, versuche eine andere Reihenfolge, aber diese ergibt keinen Sinn. Es stimmt also, Elizabeth ist tot. Der Verfasser, niemand anderes als Robert Cecil, hat keinen Grund, mich zum Narren zu halten. Good Queen Bess, wie sie vom Volk genannt wird, ist zur Hölle gefahren.
Ich sinke gegen die Stuhllehne und betrachte fassungslos die Nachricht.
Stets hat der Tod einen großen Bogen um Elizabeth gemacht, gleich so, als wüsste er, was ihm droht, wenn sie, die Gloriana, den Acheron überquert. Sie hat England zur Blüte gebracht - und ihre Diener an den Rand des Wahnsinns. Doch letztlich entgeht niemand der letzten Reise in Charons Boot, und somit hat mich der ewige Fährmann von meiner Pflicht entbunden.
Ich blicke auf, mein Gesicht reflektiert in der Fensterscheibe. Eine Frau von zweiunddreißig Jahren, die gut und gerne drei oder vier Jahre jünger wirkt. Rotes Haar, blasse Haut, grüne Augen. Elizabeths Ebenbild ...
Was wird nun aus mir?
Es ist mehr als wahrscheinlich, dass mangels leiblichem Erben ein Stuart der letzten Tudor auf den Thron folgen wird. Jakob, der Sohn von Maria. Das Schicksal ist wirklich ein Meister der Ironie. Vor vielen Jahren hat die Königin von Schottland Elizabeths Herrschaft bedroht. Jetzt wird Jakob die Krone tragen, die seine Mutter stets erringen wollte. Ein Streben, das sie letztlich den Kopf gekostet hat.
Glücklicherweise überträgt sich der Eid, den ich der britischen Königin geschworen habe, nicht auf den neuen Herrscher. Ich, die ich bei meiner Geburt den Namen Alyson Taylor erhalten habe und zu einer Spionin in Sir Francis Walsinghams Diensten geworden war, habe meine Freiheit wiedererlangt. Zumindest teilweise. Die Gefahr für mich ist durch Elizabeths Tod natürlich nicht gebannt, noch immer können die Spanier einen Mörder schicken, der mich ins Jenseits befördert.
Doch noch ist es nicht so weit. Ich werfe einen letzten Blick auf das Schreiben, und wie es Tradition und Notwendigkeit in unserem Dienst ist, trage ich es anschließend zum Kamin.
Ein guter Spion hinterlässt niemals Spuren ...
Ohne zu zögern, werfe ich das Papier in die Flammen, und während ich zusehe, wie es zu Asche vergeht, erinnere ich mich an jene Zeit, als ich durch die Straßen von London lief und schließlich zu dem wurde, was ich heute bin ...
Erstes Buch
Lehrzeit 1585
1. Kapitel
Graues Licht traf mein Gesicht und weckte mich aus einem Traum, an den ich mich nicht mehr erinnern konnte. Leise seufzend erhob ich mich. Meine beiden Geschwister, die neben mir im Stroh lagen, spürten meine Bewegungen und wachten auf. Sie wussten, dass ich gleich fortgehen musste, denn unser Ritual wiederholte sich jeden Morgen.
»Wann kommst du wieder, Ally?«, fragte mich mein Bruder James, und in seinen blauen Augen konnte ich Sorge erkennen. Er war zwar noch klein, aber er wusste schon genug von der Welt, um Angst um mich zu haben.
»Bald. Ich komme bald wieder«, entgegnete ich und gab ihm und meiner kleinen Schwester Lilly einen Kuss auf die Stirn. »Bleibt hier und rührt euch nicht vom Fleck.«
Sie nickten eifrig, und ich hoffte, dass ich mich auch diesmal auf ihr Wort verlassen konnte.
Bevor ich ging, schaute ich noch einmal in ihre mageren Kindergesichter mit den großen, hungrig dreinblickenden Augen. Ich lächelte ihnen zu, dann wandte ich mich um, trat auf die Straße und zog die Scheunentür hinter mir zu.
Unser Versteck befand sich am Südufer der Themse in der Angel Alley, nahe der London Bridge. Es war eine alte, halb eingestürzte Scheune, die von niemandem mehr genutzt wurde. Der frühere Besitzer war vermutlich der Pest zum Opfer gefallen; am Scheunentor prangte noch immer ein großes rotes Warnkreuz. Es erwies sich als praktisch, denn aus Angst, sich anzustecken, traute sich niemand hinein.
Wie jeden Morgen schweifte mein Blick hinüber zum Tower, der sich bedrohlich und majestätisch zugleich am gegenüberliegenden Ufer der Themse erhob. Das Krächzen von Raben drang an mein Ohr, und trotz des Nebels konnte ich die schwarzen Vögel erkennen, die das hoch aufragende Gebäude umkreisten.
Einst, als ich noch klein war und glaubte, dass nichts meine Welt ändern könnte, hatte mir mein Vater die Legende von den Raben im Tower erzählt. Nach dieser würde England nur so lange in Sicherheit sein, wie die Vögel im Turm blieben. Verließen sie ihn eines Tages, würde er einbrechen, die Königin stürzen und Unheil über das ganze Land kommen.
Solche Vorzeichen waren aber wohl allein den Mächtigen vorbehalten, denn bei meinem Unglück hatte es keine Warnung gegeben.
In den vergangenen beiden Jahren war meine mehr oder minder heile Kinderwelt auf brutale Weise auf den Kopf gestellt worden. Meine Eltern starben kurz hintereinander, und da ich die Älteste von uns Geschwistern war, trug ich ab sofort die Verantwortung. Wir wurden aus unserer Bleibe nahe dem Newgate-Gefängnis geworfen und mussten sehen, wie wir zurechtkamen. Nachdem wir eine Weile durch die Stadt geirrt waren und mal hier und mal dort übernachtet hatten, hatte ich schließlich die Scheune in dem verlassenen Hinterhof entdeckt. Wir teilten sie uns mit einer alten grauen Katze, die uns die Ratten einigermaßen vom Leib hielt.
Um uns zu ernähren, streifte ich Tag für Tag durch die Stadt und stahl an Nahrung, was ich zwischen die Finger bekam. In den ersten Wochen war ich noch zögerlich gewesen, doch meine Dreistigkeit wuchs mit jedem erfolgreichen Beutezug. Mittlerweile schaffte ich es, in der Menge unterzutauchen und mich den Ständen zu nähern, ohne dass die Händler später sagen konnten, dass ich da gewesen war. Woher dieses Talent kam, wusste ich nicht, wahrscheinlich war es aus der Not geboren. Selbst der schwerfälligste Mensch wird zu einem guten Kletterer, wenn eine Meute tollwütiger Hunde hinter ihm her ist.
Auch heute musste ich mein Können wieder unter Beweis stellen. Ich warf mir mein verschlissenes graues Tuch über die feuerroten Haare, ignorierte die Kälte und stiefelte los.
Der Borough Market war mein Ziel, der größte Marktplatz von ganz London. Von unserem Versteck aus war es nur ein kurzes Stück bis dorthin. Im Schatten der St. Saviour Church und der verwinkelten Giebelhäuser des Borough lief ich zu den New Rents und bog schließlich in die Dirty Lane ein. Diese Straße machte ihrem Namen alle Ehre; man konnte nicht sagen, ob die vielen Pfützen von Regenwasser herrührten oder von ausgeschütteten Nachttöpfen. Gegen Morgen musste man sich vorsehen, wenn man an den Häusern vorbeieilte, denn meist gossen die Hausfrauen ihr Schmutzwasser oder den Inhalt des Nachtgeschirrs direkt aus den Fenstern auf die Straße. Nicht nur einmal war ich von oben bis unten von widerlich riechender Brühe durchnässt worden, bevor ich den Marktplatz überhaupt erreicht hatte. Und nicht nur die Pfützen stanken, dass es einem den Atem verschlug. Zahlreiche Misthaufen dampften vor und neben den Häusern, und überall machten Schweine den Fußgängern den Weg streitig, wobei sie den Boden mit ihrem Unrat bedeckten. Ein jeder, der es sich leisten konnte, viel Geld für seine Kleidung auszugeben, trug lederne Stiefel, wenn er herkam. Menschen wie ich, denen so etwas nicht vergönnt war, ließen ihre Beine auf dem Heimweg im Fluss baumeln.
Vor der Mauer, die die Straße vom Borough Market abtrennte, lungerten wie immer Bettler. Einige von ihnen kannte ich, andere waren neu, doch alle hatten etwas gemeinsam: Ihre Kleider standen noch schlimmer vor Dreck als die der normalen Leute. Sie stanken drei Meilen gegen den Wind, dass gegen sie selbst ein Ziegenstall wie feinstes Parfüm duftete, und ihre Körper waren von Lepra und Blattern zerfressen. Meist beachteten sie mich gar nicht, manchmal bettelten sie mich um ein paar Schillinge an, und dann sagte ich guten Gewissens, dass ich selbst nichts hatte. Doch an diesem Tag streckte einer von ihnen die Hand nach meinem Rock aus. Mein zerschlissenes Kleid machte ein Geräusch, als würde es reißen. Ruckartig blieb ich stehen.
»He, Kleine, siehst aus, als hättest du Lust, auf 'nem stattlichen Bock zu reiten«, rief mir der Bettler zu. Er gehörte zu den Neuen, die noch halbwegs manierlich aussahen. Seine Hände waren sogar noch gänzlich von der Lepra verschont geblieben, was sich zweifelsohne in den nächsten Monaten ändern würde.
»Dir würde bloß der Schwanz abfallen!«, fuhr ich ihn an. »Nimm die Pfoten weg, verfaulter Drecksack!« Gewiss hätte ich ihm gegen die Hand getreten, wenn er nicht augenblicklich losgelassen hätte. Er grinste mich breit an, worauf ich mich schnell umwandte und weiter in Richtung Tor lief.
Von einem Bettler berührt zu werden war ein schlechtes Omen, aber ich schob den Gedanken schnell als abergläubischen Unsinn beiseite.
Auf dem Marktplatz wimmelte es nur so von Menschen. Leute in feinen Kleidern und Wollmänteln drängten sich neben solchen in Lumpen und mit Strohhüten auf dem Kopf. Dazwischen liefen Schweine, Ziegen und Hühner herum, und aus den Buchten der Tierhändler drang ein beißender Gestank nach Mist und Vieh. Milchmädchen forderten die Kunden zum Kauf auf, während die Händler an den Ständen mit lautem Geschrei ihre Waren anpriesen.
Ich zwängte mich zwischen den Menschen hindurch. Ein mageres Mädchen von unauffälligem Aussehen beachtete niemand, nur hier und da schickte mir jemand einen Unmutslaut hinterher, wenn ich ihn anrempelte.
Schließlich hatte ich mein Ziel erreicht: die Stände der Bäcker, die sich unter der Last der frischen Ware bogen. Der Geruch nach Backwerk schlug mir wie eine Welle entgegen. Mühelos durchdrang er den Gestank von Mist, verschwitzten Leibern und auf den Boden geworfenen, verwesenden Innereien und packte mich wie eine Hand. Bevor ich mich anders entscheiden konnte, zog er mich mit sich.
Der Bäcker, den ich mir an diesem Morgen als Opfer aussuchte, war ein rotgesichtiger Mann mit schütterem Haar und dickem Bauch. Sein Gewicht in Brot aufgewogen würde uns sicher ein Jahr lang satt machen. Aber so viel wollte ich gar nicht. Mir reichte ein einziges Brot, das unser Überleben für einen oder zwei Tage sicherte.
Die Laibe in den Körben waren noch warm, das spürte ich schon von weitem. Wahrscheinlich hatte der Bäcker seinen Stand erst vor kurzem aufgebaut, die Brote in Tücher eingeschlagen und mit einer dicken Schicht Stroh bedeckt, damit die Wärme nicht entwich.
Noch einmal schaute ich mich nach dem fetten Kerl um, der gar nicht mehr aufhören wollte, die Frische seiner Ware und die seltenen Gewürze darin zu preisen. Ich beobachtete seine Kunden, die mich jedoch keines Blickes würdigten. Dann griff ich zu. Niemand hatte mich bemerkt, niemand schlug Alarm, doch die Gefahr war noch nicht vorbei. Erst, wenn ich weit genug entfernt war, konnte ich aufatmen. Ich schlängelte mich unauffällig zwischen den Leuten hindurch und presste meine warme Beute an die Brust. Sie verlieh meinen Gliedern Geschmeidigkeit und meinem Verstand Zuversicht. Auch diesmal hatten sie mich nicht erwischt!
Ich nahm den nächstbesten Ausgang vom Marktplatz, er führte zur Winchester Street, von der aus ich wieder zum Kirchhof gelangen würde. Die Angel Alley war dann nicht mehr weit, und meine Geschwister brauchten sich nicht länger um mich zu sorgen.
Als ich ein paar Schritte weit in den finsteren Torbogen eingetaucht war, erblickte ich drei Männer. Ich kannte sie nicht, aber ich sah, dass einer von ihnen einem vierten Mann gerade sein Schwert in den Leib stieß. Der Verletzte stöhnte auf, Blut schoss aus der Wunde, dann sank er zu Boden.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich gerade einen Mord beobachtet hatte und besser von hier verschwinden sollte. Doch ich konnte mich nicht bewegen. Mein Blick war starr auf die Männer gerichtet, die lachend auf den Leichnam hinunterschauten und ihm dann noch einen Tritt versetzten.
Plötzlich sah einer von ihnen zu mir auf. »Schnappt sie euch!«, rief er nur wenige Atemzüge später, und sogleich wirbelten seine Gefährten herum.
Seine Worte wirkten wie ein Peitschenhieb auf mich. Ich begann zu rennen. Das Brot glitt mir aus den Armen und fiel zu Boden, doch ich achtete nicht weiter darauf. Wenn ich nicht schnellstens von hier wegkam, würde ich nie mehr dazu kommen, etwas zu stehlen.
Ich entschied mich dafür, ans andere Ende des Marktes zu laufen, zurück zum Torbogen, der zur Dirty Lane führte. Vielleicht konnte ich in der Menge untertauchen. Die Menschen wichen vor mir zurück, als hätte ich die Pest, doch wie ich erschreckt feststellen musste, holten meine Verfolger auf. Ich musste weiterrennen. Mager, wie ich war, schlüpfte ich behende zwischen den Ständen hindurch. Ich hielt es für eine gute Idee, Hindernisse zu überqueren, denen die Männer nicht so ohne weiteres aus dem Weg gehen konnten. Doch genau das war mein Verderben.
Als ich über einen Karren springen wollte, der gerade entladen worden war, blieb ich mit einem Fuß daran hängen. Kopfüber flog ich in den Dreck, ein scharfer Schmerz durchzuckte meine linke Schulter, und das Tuch rutschte so weit herunter, dass meine roten Haare sichtbar wurden. In dem Augenblick hatte ich nicht mal einen Fluch übrig. Der Schmerz fuhr hinauf bis in mein Hirn, doch dann verschwand er in einer Welle von Angst. Ich musste auf die Beine kommen, wenn mich meine Verfolger nicht erwischen und töten sollten.
Als ich mich keuchend aufrappelte, packte mich plötzlich eine schwielige Hand im Genick, und eine rauhe Stimme rief mit einem merkwürdigen, harten Akzent: »Seht an, was wir hier haben! Ein Füchslein.« Mühelos, als hätte ich keinerlei Gewicht, zog mich der Mann aus dem Schmutz.
Der Besitzer des Karrens schüttelte kurz den Kopf und schob ihn dann beiseite. Von ihm konnte ich keine Hilfe erwarten.
»Lass mich los!«, kreischte ich und starrte meinen Häscher hasserfüllt an.
Er hatte einen ungepflegten schwarzen Bart und dunkelbraune Augen. In einem seiner Ohrläppchen trug er einen goldenen Ring wie ein Zigeuner. Und er stank, als hätte er nicht nur eine Nacht im Stall verbracht.
»Kennst du den Spruch, Neugier ist der Katze Tod?«
»Ich ... ich habe nichts gesehen!«, sagte ich und spürte, wie ein Zittern durch meine Glieder fuhr.
Die Menschen ringsherum glaubten wohl, dass die Männer eine Diebin gefasst hätten, denn niemand gebot ihnen Einhalt.
»Du hast also nichts gesehen«, raunte mir der Schwarzbart zu. Da er wusste, dass es zu viel Aufsehen erregte, wenn er mich gleich hier erledigte, zerrte er mich zurück in den Winchester-Torbogen, wo noch immer die Leiche lag. Hart drückte er mich gegen die Wand.
»Bitte, Sir, lasst mich gehen, ich habe wirklich nichts gesehen! «, flehte ich und wusste gleichzeitig, dass mir die Kerle nicht glauben würden.
»Mich kümmert nicht, was du gesehen hast«, entgegnete er und zog mit einem bösartigen Funkeln in den Augen sein Messer. »Denn du wirst nicht mehr dazu kommen, uns zu verraten. «
Damit wandte er sich an seine Begleiter und sagte etwas zu ihnen, das ich nicht verstand. Sie lachten auf, und ich war mir sicher, dass er mir gleich die Klinge in den Leib rammen würde. Mein Herz raste, und mein Verstand suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dieser Lage, während meine Glieder immer weicher wurden. Was sollte aus Lilly und James werden, wenn er mich tötete? Es war schlimm genug, dass ich das Brot verloren hatte. Mein Leben wollte ich nicht auch noch verlieren.
»Bitte, Sir, ich verrate wirklich nichts«, flehte ich noch einmal mit erstickter Stimme. »Ich tue, was Ihr wollt, aber lasst mich gehen!«
»Du tust wirklich alles?«, fragte der Schwarzbart spöttisch. »Dann werden wir noch ein bisschen Spaß mit dir haben, bevor wir dich zur Hölle schicken.« Damit riss er mein schmutziges Hemd auseinander.
Mit glühenden Augen starrte er auf meinen mageren Körper und strich über meine Brustwarzen, bis sie schmerzten. Als ich angstvoll nach unten blickte, sah ich eine riesige Beule in seiner Hose. Was das zu bedeuten hatte, wusste ich. Also schloss ich die Augen und rührte mich nicht, während er mit seinen schmutzigen Händen meine mageren Rippen und meine kaum vorhandenen Brüste befingerte. Dann presste er mich gegen die kalten, feuchten Steine und zerrte meinen Rock in die Höhe.
»Was meint Ihr, Rodrigo, ob sie noch Jungfrau ist?«, keuchte er heiser und ließ kurz von mir ab. Rasch bäumte ich mich auf, um mich aus seinem Griff zu winden, doch er stieß mich heftig zurück, so dass ich wieder gegen die Mauer prallte. Er ließ seine rauhen Hände meine Schenkel hinaufgleiten und griff schließlich dazwischen. Als sein Finger sich den Weg in mein Geschlecht bahnte, hielt ich die Luft an.
»Wenn ja, dann wird sie nicht als solche zur Hölle fahren«, frohlockte der Angesprochene, und der Dritte im Bunde rief: »Wenn du fertig bist, will ich sie gleich als Nächster haben.«
Bei diesen Worten zitterte ich noch mehr als ohnehin schon. Doch dann nahm ich all meine Kraft zusammen und rammte dem Schwarzbart mein Knie zwischen die Beine.
Er schrie auf und krümmte sich vor Schmerz zusammen. Sein Griff lockerte sich, das Messer fiel zu Boden, und bevor seine Begleiter über mich herfallen konnten, rannte ich los. Noch einmal sollten sie mich nicht kriegen!
Ich floh aus dem Torbogen auf die Winchester Street. Dabei raffte ich mein Hemd vor der Brust zusammen, hob den Rock hoch und stieß die Entgegenkommenden zur Seite, ohne mich um ihr Murren und Fluchen zu kümmern. Ich musste unbedingt den Kirchhof erreichen, dann würde ich mich vielleicht ungesehen verdrücken können.
Außer Atem blickte ich mich nach meinen Verfolgern um, die mir dicht auf den Fersen waren. Anscheinend stand für sie einiges auf dem Spiel, so dass sie jegliche Zeugen ihrer Tat - auch wenn es nur ein Bettelmädchen war - nicht am Leben lassen durften.
Das Glück schien an diesem Tag allerdings nicht auf meiner Seite zu sein, denn plötzlich schossen mehrere Männer aus einer Seitenstraße auf mich zu. Sie waren schwarz gekleidet, und unter ihren Hüten konnte ich ihre Gesichter nicht erkennen. Ich war mir sicher, dass sie zu den Mördern gehörten, und wollte schreien, doch eine schwere Hand drückte mir grob den Mund zu, und sie hielten mich so fest, dass ich mich nicht gegen sie wehren konnte. Sie zerrten mich in die Dunkelheit einer nahen Gasse, und versetzten mir einen Schlag in den Nacken. Ein Meer leuchtender Punkte explodierte vor meinen Augen, dann versank ich in die Finsternis, ohne die Gelegenheit, noch einen Gedanken zu fassen.
2. Kapitel
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem nasskalten Steinfußboden. Der Geruch von altem Stroh und Kot stieg mir in die Nase. Ich öffnete die Augen und sah eine Ratte. Sie strich sich mit den Pfoten über die weißen Barthaare und musterte mich abwartend, gleich so, als hoffte sie, dass ich es mir mit dem Sterben noch einmal überlegen würde, damit sie mich fressen konnte.
Ich hatte keine Angst vor Ratten, trotzdem fuhr ich mit einem Aufschrei in die Höhe und fuchtelte mit den Armen, worauf das Tier zusammenschreckte und fiepend in seinem Loch verschwand.
Ich atmete tief durch, strich mir das Haar aus dem Gesicht und blickte mich um. Der winzige, kahle Raum sah wie eine Gefängniszelle aus. Es gab hier kein Fenster, ein wenig Licht fiel lediglich durch ein vergittertes Loch in der Tür. Die Luft war verbraucht und so feucht, dass man sie fast greifen konnte. Wie viel Zeit vergangen war, seit die finsteren Kerle mich auf dem Marktplatz erwischt hatten, wusste ich nicht. Da sie mich nicht getötet hatten, gehörten meine Häscher wohl doch nicht zu den Mördern, die ich beobachtet hatte. Trotzdem war meine Situation alles andere als beruhigend.
Als ich mich erhob, fuhr mir ein Schmerz durch Schulter und Nacken. Er erinnerte mich daran, dass ich auf dem Marktplatz gestürzt war - und dass mir jemand einen Schlag versetzt hatte, damit ich kein Gezeter machte. Doch warum hatten mich die Kerle ergriffen? Glaubten sie vielleicht, dass ich den Mann im Torbogen getötet hatte? Nein, das konnte nicht sein. Sie mussten gesehen haben, dass ich keine Waffe bei mir trug. Oder hatten sie mich wegen etwas anderem hierhergebracht?
Ich tastete mich ab. Jemand hatte mein Hemd wieder zugebunden, ungelenk zwar, aber immerhin bedeckte es meine Blöße. Die Männer waren wohl nicht über mich hergefallen. Als ich mir über die Brust strich, bemerkte ich ein paar schmerzende Stellen, doch die stammten von den groben Händen des Schwarzbartes.
Nach einer Weile stand ich auf und ging zu der Tür. Gern hätte ich durch das Gitterfenster gespäht, aber es war zu hoch. Selbst wenn ich sprang, konnte ich es nicht erreichen. Ich musste mich mit dem Lichtfleck begnügen, der sich an der gegenüberliegenden Mauer abzeichnete und mir zeigte, dass das Gestein mit Schimmel und Moos überzogen war. Der rechte Ort, um sich die Schwindsucht zu holen.
Da hörte ich ein Geräusch. Schritte näherten sich meiner Zelle. Dazwischen vernahm ich das Klimpern von Schlüsseln. Wollten sie mich etwa wieder freilassen? Ich wich von der Tür zurück. Tatsächlich machten die Schritte vor meiner Zelle halt. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und herumgedreht. Wenige Augenblicke später blendete mich ein Lichtschein. Die Männer, die in der Tür standen, waren für mich im ersten Moment nur dunkle Schemen.
»Komm mit!«, sagte einer von ihnen.
»Wo bin ich?«, entgegnete ich und rührte mich nicht von der Stelle. Die Angst lähmte mich.
»Das wirst du schon noch erfahren, Mädchen. Und jetzt beweg dich, sonst mache ich dir Beine.«
Ich hatte genug von Männerhänden, die mich anfassten, also trat ich rasch in den Gang. Nachdem sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, erkannte ich, dass die beiden Männer die gleiche Kleidung trugen wie jene, die mich ergriffen hatten. Sie nahmen mich in die Mitte, um sicherzustellen, dass ich nicht floh.
Ich warf meinen Begleitern einen verstohlenen Blick zu, doch sie nahmen keine Notiz von mir, solange ich nicht stehenblieb. Ihre Mienen wirkten wie aus Wachs gegossen, ihre Augen waren reglos auf den Weg vor uns gerichtet. Es war von ihren Gesichtern nicht abzulesen, wohin sie mich brachten und welches Schicksal mir dort zuteil werden würde.
Wir schritten eilig durch den langen Gang, umringt vom Jammern und Stöhnen der Gefangenen und dem Fluchen der Wärter. Kein Zweifel, das hier war ein Gefängnis. Doch warum war ich hier? Ich wünschte mir plötzlich, eine Ratte zu sein, die zwischen den Beinen der Männer hindurchhuschen und sich durch geheime Gänge einen Weg in die Freiheit bahnen konnte.
Nach einem Marsch, der mir schier endlos erschien, hielten wir vor einer eisenbeschlagenen Tür inne. Einer der Wächter klopfte, und wenig später erhielt er Antwort von einer Männerstimme, die uns hereinbat.
Ich erwartete fast schon, meinem Henker gegenüberzutreten, doch als die Tür geöffnet wurde, erblickte ich einen Mann, der keineswegs aussah, als würde er jemandem persönlich den Kopf abschlagen. Er schien eher den Befehl dazu zu geben.
Er war eine imposante Erscheinung in seiner dunklen Robe, dem weißen Kragen und der schwarzen Haube, unter der sich sein kurzgeschnittenes graumeliertes Haar verbarg. Schnurrund Kinnbart waren nach der neuesten Mode gestutzt, und obwohl ich ein ganzes Stück weit von ihm entfernt stand, konnte ich seine Augen erkennen. Sie waren dunkel wie Holzkohle und blickten so wachsam wie die eines Diebes. Er stand kerzengerade, und sein Blick traf mich wie ein Eiszapfen, der meinen Leib durchbohrte.
»Das ist das Mädchen, Sir.« Einer meiner Begleiter versetzte mir einen Stoß, so dass ich mich wenig später in der Raummitte wiederfand, wie eine Angeklagte, die vernommen werden sollte.
Der dunkle Fremde musterte mich kurz, dann sagte er: »Lasst mich mit ihr allein.«
Die beiden Männer nickten und zogen sich zurück. Die Tür fiel hinter ihnen leise ins Schloss.
»Sir, bitte, ich habe nichts getan!«, verteidigte ich mich schon im Voraus.
»Du bist nicht hier, weil du etwas getan hast, sondern weil ich etwas von dir wissen will«, entgegnete mein Gegenüber in einem Tonfall, der mich misstrauisch machte.
»Warum steckt man mich dann in eine Zelle?«
»Zu deinem Schutz. Aus demselben Grund ist es wichtig, dass du mir ein paar Fragen beantwortest.«
Wahrscheinlich drehte es sich um den Toten im Torbogen.
»Kann ich danach gehen?«, fragte ich, denn ich dachte nun wieder an Lilly und James. Sicher warteten sie auf mich. Ich musste ihnen irgendwas zu essen bringen, ihnen zeigen, dass ich sie nicht alleingelassen hatte. Dass mir nichts passiert war. Bisher hatten sie keine Dummheiten gemacht, aber ich war auch noch nie stunden- oder gar tagelang fortgewesen.
»Das hängt ganz davon ab, wie du dich bei den Fragen anstellst. Deshalb rate ich dir, die Wahrheit zu sagen.« Die Stimme des Mannes wurde nun ein wenig härter. »Also, wollen wir beginnen?«
Ich nickte, davon überzeugt, dass ich nichts von Wert zu berichten hatte. Ich wollte nur hier raus, nichts weiter.
»Wie ist dein Name?«, lautete die erste Frage.
»Alyson, Sir.«
»Nur Alyson, oder hast du auch einen Nachnamen?«
Bislang hatte sich niemand für meinen Nachnamen interessiert. Alle nannten mich Alyson, nur meine Geschwister riefen mich Ally. Dass mein Vater Ambrose Taylor war, wusste außer mir niemand mehr. Tote gerieten schnell in Vergessenheit.
»Taylor«, antwortete ich. »Alyson Taylor.«
»Nun, Alyson, du hattest sehr großes Glück. Nicht jedem ist es vergönnt, spanische Spione bei der Arbeit zu beobachten und das auch noch zu überleben.«
Meine Augen weiteten sich. »Spanische Spione?«
Der Mann nickte. »Allein der Umstand, dass meine Leute gerade in der Nähe waren, hat dir das Leben gerettet. Die Spanier wären dir durch die ganze Stadt gefolgt, bis sie dich schließlich gefunden hätten. Und dann wärst du wahrscheinlich als Leiche in der Themse gelandet.«
Daran hatte ich keinen Zweifel, wenn ich an die Begegnung mit den finsteren Gestalten im Torbogen zurückdachte. Doch was hatte er mit spanischen Spionen gemeint? »Sir, ich verstehe das nicht.«
»Das brauchst du auch nicht.« Er kam näher an mich heran, legte seine Hand unter mein Kinn und hob es an, um mein Gesicht genauer betrachten zu können.
Ich wusste, dass ich keinen besonders schönen Anblick bot. Mein Haar war verfilzt, meine Wangen waren von Schmutzrändem verkrustet, und der Hunger hatte dunkle Schatten unter meine Augen eingegraben. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass seine kohlrabenschwarzen Augen in meinen Zügen etwas ganz Bestimmtes suchten und schließlich auch fanden.
»Hast du beobachtet, was sie getan haben?« Noch immer hielt er meinen Kopf fest und zwang mich dazu, ihm in die Augen zu blicken.
»Sie haben einen Mann getötet, in einem der Torbögen des Borough Market.«
»Hast du die Gesichter der Männer gesehen?«
Und ob ich die gesehen hatte! Ich nickte, woraufhin der Fremde mich aufforderte, sie zu beschreiben. Ich kniff die Augen zusammen, wie ich es immer tat, wenn ich mich an etwas erinnern wollte. Jetzt sah ich die drei wieder vor mir, wie auf einem Gemälde, und da ich keine Furcht mehr vor ihnen hatte, konnte ich auf alle Details achten. Während ich die Mörder in meiner Erinnerung betrachtete, sprudelten die Worte nur so aus mir heraus.
»Einer von ihnen trug einen schwarzen Bart und einen Ring im rechten Ohr. Seine Nase war krumm, und über der linken Augenbraue hatte er eine Narbe. Seine Kleidung war schwarz, bis auf ein kleines goldenes Wappen auf seinem Schwertgurt. Er stank nach Stall, doch seine Stiefel waren frisch poliert. Er sprach merkwürdig, wahrscheinlich war er nicht von hier. Er nannte einen seiner Begleiter Rodrigo. Der hatte das Gesicht eines Knaben und gelocktes dunkles Haar. Der dritte Mann war blond und trug die Kleider eines Komödianten. Seine Augen waren blau, und um das Kinn herum hatte er einen spärlichen Bart. Sie alle waren bewaffnet, der Schwarzbart hatte neben seinem Schwert auch ein Messer.« Wieder sah ich das Metall vor meinem Gesicht aufblitzen. »Es war verziert. Mit demselben Wappen wie der Schwertgurt.«
Ich öffnete die Augen und sah, dass die Miene des Fremden auf einmal wie versteinert wirkte. Er ließ mich langsam wieder los, entfernte sich ein paar Schritte von mir und fragte dann: »Das alles hast du dir in so kurzer Zeit merken können? Trotz deiner Furcht?«
»Ja, Sir«, entgegnete ich. »Es ist immer so, wenn ich etwas anschaue. Ich kann das Bild später jederzeit in meinen Verstand zurückrufen, obwohl ich das manchmal gar nicht will.«
Der Fremde nickte und fragte dann: »Kannst du vielleicht auch das Mordopfer beschreiben?«
Diesmal brauchte ich nicht einmal mehr die Augen zusammenzukneifen, um den Getöteten erneut vor mir zu sehen.
»Es war ein Mann, deutlich kleiner als der Schwarzbart. Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen, dazu war es zu dunkel. Ich habe aber seine Gestalt gesehen. Er war ziemlich dünn. So dünn, dass ...« Ich stockte, als ich wieder vor mir hatte, wie die Klinge des Mörders in seine Brust fuhr. Auf einmal sah ich auch, dass das nicht alles war. »Die Klinge glitt durch ihn hindurch und bohrte sich in die Mauer. Blut spritzte aus der Wunde, dann sank er zusammen.«
Der Fremde trat jetzt wieder dicht vor mich. Ein leichter Geruch nach Medizin strömte mir in die Nase. Er war mir unangenehm, dennoch konnte ich nicht zurückweichen. Die Augen des Mannes, der mit seinem Talar einem Raben glich, hielten mich regelrecht fest. »Deine Fähigkeiten, dir etwas zu merken, sind erstaunlich.« Sein Atem strich mir übers Gesicht. Ich schauderte.
Etwas Machtvolles und zugleich Böses ging von ihm aus. Ich spürte, dass es ihn nur einen Wink kosten würde, um mir die Freiheit und vielleicht auch das Leben zu nehmen.
»Darf ich jetzt gehen, Sir?«
»Ich habe noch ein paar weitere Fragen an dich.« Mich überkam das ungute Gefühl, dass er mich nicht so schnell fortlassen würde. »Vielleicht eröffnen dir diese Fragen den Weg in ein neues Leben. Vielleicht entkommst du dadurch deinem Elend.« Seine Hand strich nun über meine Wange. Als ich mein Zittern nicht länger verbergen konnte, lächelte er zufrieden. »Wie alt bist du?«
»Vierzehn, Sir.«
»Hast du Familie?«
»Zwei Geschwister«, antwortete ich.
»Und deine Eltern?«
»Sind tot, Sir. Das Kerkerfieber hat sie hinweggerafft.«
»Diese Seuche grassiert in Newgate. Waren deine Eltern als Gefangene dort?«
Ich schüttelte den Kopf. »Mein Vater hat dort gearbeitet, als Aufseher. Eines Tages brachte er das Fieber mit nach Hause. Er ist zuerst krank geworden, dann unsere Mutter. Binnen einer Woche waren beide tot.«
»Und euch Kinder hat es nicht getroffen?«
»Nein, Sir.« Ich erinnerte mich nur ungern an die Verheerungen, die das Fieber den Leibern unserer Eltern angetan hatte. Hässliche Flecke überall, stinkende Ausdünstungen, gelblicher Schweiß. Im Fieberwahn hatten sie Dinge gesagt, an die ich mich nicht mehr erinnern wollte. Schließlich waren ihre wirren Worte grässlichen Schreien gewichen. Ich war die ganze Zeit um sie herum gewesen, folglich hätte ich ebenfalls krank werden müssen. Aber das war nicht geschehen.
»Interessant«, entgegnete der Mann. »Ihr seid also Waisen.«
»Ja, Sir.«
»Wie alt sind deine Geschwister?«
»James ist sechs und Lilly vier.«
Der Fremde wandte sich um und ging ein paar Schritte durch den Raum. »Dann sorgst du also für sie?«
»Ja, Sir.«
»Mit anderen Worten, du stiehlst.«
Seine Worte trafen mich wie eine Ohrfeige. Wenn ich seine Vermutung bestätigte, würde ich in Teufels Küche kommen, oder besser gesagt, in den Kerker. Man würde mir die Hände abhacken und mich im Dunkeln verrotten lassen.
»Ich erhalte uns am Leben!« Meine Stimme klang dabei ruhig, beinahe trotzig, was mich selbst überraschte.
Der Mann zog eine Augenbraue hoch. Die Dreistigkeit meiner Worte schien ihn zu amüsieren.
»Wie lange erhältst du euch schon am Leben, wie du es nennst?«
»Seit zwei Jahren.«
»Hast du keine Angst, allein durch die Straßen von London zu streifen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Gibt es überhaupt etwas, wovor du Angst hast?«
Ich überlegte. Ich hatte Angst um meine Geschwister, dass sie verhungern könnten. Aber das nannte man wohl eher Sorge. »Ich hatte Angst, dass mich die drei Männer töten könnten«, antwortete ich.
»Trotzdem hast du einen Weg gefunden, dich aus ihren Fängen zu befreien.«
Ich nickte.
»Du scheinst ein ziemlich couragiertes Mädchen zu sein, das gefällt mir.« Wieder bohrte sich sein Blick in mein Gesicht. »Couragierte Menschen sind selten und interessant für uns.«
Wen er mit »uns« meinte, wusste ich nicht, aber das würde ich sicher bald erfahren.
»Ich werde dir jetzt ein Angebot machen, Alyson. Du kannst frei entscheiden, ob du durch die Hand der Spanier sterben oder ein neues Leben beginnen willst. Ein Leben, das der Königin gewidmet ist.«
»Sterben?«, fragte ich entsetzt. »Aber die Männer wissen doch gar nicht ...«
»Nein, sie wissen nicht, wer du bist, aber sie haben Augen im Kopf! Sie werden nach dir suchen, und irgendwann wird eine Hand aus der Dunkelheit schnellen und dich töten. Vielleicht werden sie auch deine Geschwister töten. Sie können sich keine Zeugen erlauben.«
»Habt Ihr sie denn nicht wegen Mordes verhaftet?«
»Sie sind uns entkommen«, entgegnete der Fremde. »Außerdem gibt es Menschen, die man nicht so einfach einkerkern kann.«
»Aber ich habe gesehen ...«
»Ja, das hast du. Deshalb mache ich dir auch dieses Angebot. Wenn du es annimmst, kannst du sicher sein, dass dich dein Wissen nicht in Gefahr bringt. Wir haben jede Menge Zeit, um Vergeltung für diesen Mord zu üben. Wenn du allerdings vorher ermordet wirst, haben wir nichts, und du hast auch nichts, also wähle!«
Seine Worte prasselten wie Schläge auf mich ein. Ich wollte auf keinen Fall sterben, ich wollte auch nicht, dass Lilly und James etwas zustieß. Mir blieb wohl keine andere Wahl, als mir das Angebot des geheimnisvollen Mannes anzuhören. »Was soll ich tun?«
»Du wirst in meine Dienste treten«, antwortete der Fremde ernst. »Und damit in den der Königin und des Staates. «
»In den Dienst der Königin?«, wiederholte ich fassungslos. Das konnte er nicht ernst meinen!
»Ja, genau«, erwiderte der Mann in Schwarz, und in seinen Augen sah ich etwas aufleuchten, von dem ich erst später erfahren sollte, dass es Loyalität war. Bedingungslose Loyalität, die er auch von all jenen verlangte, die für ihn arbeiteten. »Du wirst Dinge tun, die die Sicherheit der Königin gewährleisten - und Englands.«
»Was wird aus meinen Geschwistern?«
»Für die wird gesorgt werden. Aber nur, wenn du dich für uns entscheidest ...«
Unter diesen Bedingungen hatte ich gar keine andere Wahl, als zuzustimmen, und das machte mich zornig.
Der Fremde schien meine Miene deuten zu können, und zeigte sich auf grimmige Art belustigt. »Du hast ziemlich viel Wut in dir, nicht wahr? Vielleicht kannst du sie eines Tages nutzen, um die Männer zu bestrafen, die dir ans Leder wollten. Aber das geht nur, wenn du in meine Dienste trittst.« Er machte eine kleine Pause, und trotz seiner Worte wäre ich ihm jetzt am liebsten an die Kehle gesprungen. »Ich weiß, du sorgst dich um deine Geschwister, und ich will dir nicht verheimlichen, dass du sie für eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen wirst. Doch durch deine Entscheidung haben sie vielleicht das Glück, ein normales Leben zu führen. Ein Leben ohne Hunger. Also denk jetzt gut nach und entscheide dich.«
Er sah mich noch einen Moment lang an, dann ließ er mich stehen und ging zu dem Buntglasfenster hinüber, dessen Farben unter der dicken Schmutzschicht kaum noch zu erkennen waren. Das schwache Licht, das in den Raum drang, zeichnete sein Profil nach. Er wirkte vollkommen ruhig, ja beinahe gleichgültig. Er würde meine Entscheidung so hinnehmen, wie ich sie traf.
Doch ich würde sie unter Umständen bereuen. Ich rang eine ganze Weile mit mir, versuchte mir einzureden, dass es vielleicht einen anderen Ausweg gab. Aber ich kam immer wieder zu demselben Schluss. »Ja«, sagte ich schließlich, und meine Stimme klang in meinen Ohren wie ein Glockenschlag.
Der Fremde blieb reglos am Fenster stehen und blickte weiterhin durch die schmutzigen Scheiben, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen. »Ja, was?«
»Ich ... ich trete in Eure Dienste.«
Daraufhin wandte er sich um, und sein Blick sagte mir, dass er mit nichts anderem gerechnet hatte. »Eine kluge Entscheidung, Alyson. Nicht nur deine Geschwister werden ihren Nutzen davon haben, sondern auch du. Aber bevor du Weiteres erfährst, solltest du wissen, wer ich bin.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, dann sagte er: »Mein Name ist Francis Walsingham.«
Ich atmete scharf ein, denn ich kannte diesen Namen! Mein Vater hatte ihn einst erwähnt. Zuweilen hatte ich ihn auch auf dem Marktplatz oder in den Straßen aufgeschnappt. »Ihr seid der Polizeiminister«, presste ich hervor, denn so nannten ihn die Menschen auf der Straße.
»Ich bevorzuge die Bezeichnung Staatssekretär«, gab er mit leichter Belustigung zurück und schritt zur Tür. »Du wirst mit mir kommen und gleich morgen mit deiner Ausbildung beginnen. Wenn du dich gut anstellst, wirst du nie wieder Not leiden müssen.«
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Der Mann steigt aus dem Sattel und kommt auf mich zu. Wird er mir eine Nachricht überbringen oder einen Dolch ziehen?
Nein, er zieht seinen Hut, damit ich sein Gesicht sehen kann. Er hat helles Haar und blaue Augen. An seinem Kinn und über seinen Lippen wächst ein spärlicher Bart.
Unsere Blicke begegnen sich kurz, er grüßt mich mit einem Nicken, dann holt er einen versiegelten Brief aus seinem Wams und reicht ihn mir. Ich lasse die Waffe, von der er sicher nichts ahnt, in meinem hinteren Rockbund verschwinden und nehme den Umschlag an. »Melanie Woodward« steht darauf. Es ist mein Tarnname - einer von vielen.
Einen Hinweis, wer die Nachricht geschickt hat, gibt mir der Bote nicht. Auch sonst spricht er kein einziges Wort, was mich zu der Frage veranlasst, ob er überhaupt sprechen kann. Stumme Boten sind eines der Mittel, derer sich unser Gewerbe bedient. Vielleicht rechnet der junge Mann aber auch nur damit, dass ich angesichts des Siegels weiß, wer der Absender ist.
Von einer merkwürdigen Unruhe erfüllt öffne ich den Brief und habe wenig später die Nachricht vor mir.
51292612520891920201520
Was sich dahinter verbirgt, kann ich mir denken.
Ich bedanke mich bei dem Boten und kehre ins Haus zurück. Während ich höre, wie sich der Hufschlag entfernt, und die Hunde wieder Ruhe geben, schiebe ich den Dolch an seinen Platz zurück und gehe in mein Schreibzimmer. Mittlerweile ist es zu dunkel, um die Nachricht zu lesen, also entzünde ich eine Kerze, setze mich vor den alten Holztisch unterm Fenster und betrachte im flackernden Schein die Zahlenfolge.
Sie ist so einfach, dass ich beinahe lachen muss. Die 5 steht eindeutig für das E, denn es gibt keinen 51. Buchstaben im Alphabet. Auf dieser Grundlage gehe ich die Folge durch, und schließlich habe ich die Nachricht vor mir.
ELIZABETHISTTOT
Ist es möglich, oder sitze ich einem Irrtum auf? Rasch prüfe ich die Zahlenreihe noch einmal, versuche eine andere Reihenfolge, aber diese ergibt keinen Sinn. Es stimmt also, Elizabeth ist tot. Der Verfasser, niemand anderes als Robert Cecil, hat keinen Grund, mich zum Narren zu halten. Good Queen Bess, wie sie vom Volk genannt wird, ist zur Hölle gefahren.
Ich sinke gegen die Stuhllehne und betrachte fassungslos die Nachricht.
Stets hat der Tod einen großen Bogen um Elizabeth gemacht, gleich so, als wüsste er, was ihm droht, wenn sie, die Gloriana, den Acheron überquert. Sie hat England zur Blüte gebracht - und ihre Diener an den Rand des Wahnsinns. Doch letztlich entgeht niemand der letzten Reise in Charons Boot, und somit hat mich der ewige Fährmann von meiner Pflicht entbunden.
Ich blicke auf, mein Gesicht reflektiert in der Fensterscheibe. Eine Frau von zweiunddreißig Jahren, die gut und gerne drei oder vier Jahre jünger wirkt. Rotes Haar, blasse Haut, grüne Augen. Elizabeths Ebenbild ...
Was wird nun aus mir?
Es ist mehr als wahrscheinlich, dass mangels leiblichem Erben ein Stuart der letzten Tudor auf den Thron folgen wird. Jakob, der Sohn von Maria. Das Schicksal ist wirklich ein Meister der Ironie. Vor vielen Jahren hat die Königin von Schottland Elizabeths Herrschaft bedroht. Jetzt wird Jakob die Krone tragen, die seine Mutter stets erringen wollte. Ein Streben, das sie letztlich den Kopf gekostet hat.
Glücklicherweise überträgt sich der Eid, den ich der britischen Königin geschworen habe, nicht auf den neuen Herrscher. Ich, die ich bei meiner Geburt den Namen Alyson Taylor erhalten habe und zu einer Spionin in Sir Francis Walsinghams Diensten geworden war, habe meine Freiheit wiedererlangt. Zumindest teilweise. Die Gefahr für mich ist durch Elizabeths Tod natürlich nicht gebannt, noch immer können die Spanier einen Mörder schicken, der mich ins Jenseits befördert.
Doch noch ist es nicht so weit. Ich werfe einen letzten Blick auf das Schreiben, und wie es Tradition und Notwendigkeit in unserem Dienst ist, trage ich es anschließend zum Kamin.
Ein guter Spion hinterlässt niemals Spuren ...
Ohne zu zögern, werfe ich das Papier in die Flammen, und während ich zusehe, wie es zu Asche vergeht, erinnere ich mich an jene Zeit, als ich durch die Straßen von London lief und schließlich zu dem wurde, was ich heute bin ...
Erstes Buch
Lehrzeit 1585
1. Kapitel
Graues Licht traf mein Gesicht und weckte mich aus einem Traum, an den ich mich nicht mehr erinnern konnte. Leise seufzend erhob ich mich. Meine beiden Geschwister, die neben mir im Stroh lagen, spürten meine Bewegungen und wachten auf. Sie wussten, dass ich gleich fortgehen musste, denn unser Ritual wiederholte sich jeden Morgen.
»Wann kommst du wieder, Ally?«, fragte mich mein Bruder James, und in seinen blauen Augen konnte ich Sorge erkennen. Er war zwar noch klein, aber er wusste schon genug von der Welt, um Angst um mich zu haben.
»Bald. Ich komme bald wieder«, entgegnete ich und gab ihm und meiner kleinen Schwester Lilly einen Kuss auf die Stirn. »Bleibt hier und rührt euch nicht vom Fleck.«
Sie nickten eifrig, und ich hoffte, dass ich mich auch diesmal auf ihr Wort verlassen konnte.
Bevor ich ging, schaute ich noch einmal in ihre mageren Kindergesichter mit den großen, hungrig dreinblickenden Augen. Ich lächelte ihnen zu, dann wandte ich mich um, trat auf die Straße und zog die Scheunentür hinter mir zu.
Unser Versteck befand sich am Südufer der Themse in der Angel Alley, nahe der London Bridge. Es war eine alte, halb eingestürzte Scheune, die von niemandem mehr genutzt wurde. Der frühere Besitzer war vermutlich der Pest zum Opfer gefallen; am Scheunentor prangte noch immer ein großes rotes Warnkreuz. Es erwies sich als praktisch, denn aus Angst, sich anzustecken, traute sich niemand hinein.
Wie jeden Morgen schweifte mein Blick hinüber zum Tower, der sich bedrohlich und majestätisch zugleich am gegenüberliegenden Ufer der Themse erhob. Das Krächzen von Raben drang an mein Ohr, und trotz des Nebels konnte ich die schwarzen Vögel erkennen, die das hoch aufragende Gebäude umkreisten.
Einst, als ich noch klein war und glaubte, dass nichts meine Welt ändern könnte, hatte mir mein Vater die Legende von den Raben im Tower erzählt. Nach dieser würde England nur so lange in Sicherheit sein, wie die Vögel im Turm blieben. Verließen sie ihn eines Tages, würde er einbrechen, die Königin stürzen und Unheil über das ganze Land kommen.
Solche Vorzeichen waren aber wohl allein den Mächtigen vorbehalten, denn bei meinem Unglück hatte es keine Warnung gegeben.
In den vergangenen beiden Jahren war meine mehr oder minder heile Kinderwelt auf brutale Weise auf den Kopf gestellt worden. Meine Eltern starben kurz hintereinander, und da ich die Älteste von uns Geschwistern war, trug ich ab sofort die Verantwortung. Wir wurden aus unserer Bleibe nahe dem Newgate-Gefängnis geworfen und mussten sehen, wie wir zurechtkamen. Nachdem wir eine Weile durch die Stadt geirrt waren und mal hier und mal dort übernachtet hatten, hatte ich schließlich die Scheune in dem verlassenen Hinterhof entdeckt. Wir teilten sie uns mit einer alten grauen Katze, die uns die Ratten einigermaßen vom Leib hielt.
Um uns zu ernähren, streifte ich Tag für Tag durch die Stadt und stahl an Nahrung, was ich zwischen die Finger bekam. In den ersten Wochen war ich noch zögerlich gewesen, doch meine Dreistigkeit wuchs mit jedem erfolgreichen Beutezug. Mittlerweile schaffte ich es, in der Menge unterzutauchen und mich den Ständen zu nähern, ohne dass die Händler später sagen konnten, dass ich da gewesen war. Woher dieses Talent kam, wusste ich nicht, wahrscheinlich war es aus der Not geboren. Selbst der schwerfälligste Mensch wird zu einem guten Kletterer, wenn eine Meute tollwütiger Hunde hinter ihm her ist.
Auch heute musste ich mein Können wieder unter Beweis stellen. Ich warf mir mein verschlissenes graues Tuch über die feuerroten Haare, ignorierte die Kälte und stiefelte los.
Der Borough Market war mein Ziel, der größte Marktplatz von ganz London. Von unserem Versteck aus war es nur ein kurzes Stück bis dorthin. Im Schatten der St. Saviour Church und der verwinkelten Giebelhäuser des Borough lief ich zu den New Rents und bog schließlich in die Dirty Lane ein. Diese Straße machte ihrem Namen alle Ehre; man konnte nicht sagen, ob die vielen Pfützen von Regenwasser herrührten oder von ausgeschütteten Nachttöpfen. Gegen Morgen musste man sich vorsehen, wenn man an den Häusern vorbeieilte, denn meist gossen die Hausfrauen ihr Schmutzwasser oder den Inhalt des Nachtgeschirrs direkt aus den Fenstern auf die Straße. Nicht nur einmal war ich von oben bis unten von widerlich riechender Brühe durchnässt worden, bevor ich den Marktplatz überhaupt erreicht hatte. Und nicht nur die Pfützen stanken, dass es einem den Atem verschlug. Zahlreiche Misthaufen dampften vor und neben den Häusern, und überall machten Schweine den Fußgängern den Weg streitig, wobei sie den Boden mit ihrem Unrat bedeckten. Ein jeder, der es sich leisten konnte, viel Geld für seine Kleidung auszugeben, trug lederne Stiefel, wenn er herkam. Menschen wie ich, denen so etwas nicht vergönnt war, ließen ihre Beine auf dem Heimweg im Fluss baumeln.
Vor der Mauer, die die Straße vom Borough Market abtrennte, lungerten wie immer Bettler. Einige von ihnen kannte ich, andere waren neu, doch alle hatten etwas gemeinsam: Ihre Kleider standen noch schlimmer vor Dreck als die der normalen Leute. Sie stanken drei Meilen gegen den Wind, dass gegen sie selbst ein Ziegenstall wie feinstes Parfüm duftete, und ihre Körper waren von Lepra und Blattern zerfressen. Meist beachteten sie mich gar nicht, manchmal bettelten sie mich um ein paar Schillinge an, und dann sagte ich guten Gewissens, dass ich selbst nichts hatte. Doch an diesem Tag streckte einer von ihnen die Hand nach meinem Rock aus. Mein zerschlissenes Kleid machte ein Geräusch, als würde es reißen. Ruckartig blieb ich stehen.
»He, Kleine, siehst aus, als hättest du Lust, auf 'nem stattlichen Bock zu reiten«, rief mir der Bettler zu. Er gehörte zu den Neuen, die noch halbwegs manierlich aussahen. Seine Hände waren sogar noch gänzlich von der Lepra verschont geblieben, was sich zweifelsohne in den nächsten Monaten ändern würde.
»Dir würde bloß der Schwanz abfallen!«, fuhr ich ihn an. »Nimm die Pfoten weg, verfaulter Drecksack!« Gewiss hätte ich ihm gegen die Hand getreten, wenn er nicht augenblicklich losgelassen hätte. Er grinste mich breit an, worauf ich mich schnell umwandte und weiter in Richtung Tor lief.
Von einem Bettler berührt zu werden war ein schlechtes Omen, aber ich schob den Gedanken schnell als abergläubischen Unsinn beiseite.
Auf dem Marktplatz wimmelte es nur so von Menschen. Leute in feinen Kleidern und Wollmänteln drängten sich neben solchen in Lumpen und mit Strohhüten auf dem Kopf. Dazwischen liefen Schweine, Ziegen und Hühner herum, und aus den Buchten der Tierhändler drang ein beißender Gestank nach Mist und Vieh. Milchmädchen forderten die Kunden zum Kauf auf, während die Händler an den Ständen mit lautem Geschrei ihre Waren anpriesen.
Ich zwängte mich zwischen den Menschen hindurch. Ein mageres Mädchen von unauffälligem Aussehen beachtete niemand, nur hier und da schickte mir jemand einen Unmutslaut hinterher, wenn ich ihn anrempelte.
Schließlich hatte ich mein Ziel erreicht: die Stände der Bäcker, die sich unter der Last der frischen Ware bogen. Der Geruch nach Backwerk schlug mir wie eine Welle entgegen. Mühelos durchdrang er den Gestank von Mist, verschwitzten Leibern und auf den Boden geworfenen, verwesenden Innereien und packte mich wie eine Hand. Bevor ich mich anders entscheiden konnte, zog er mich mit sich.
Der Bäcker, den ich mir an diesem Morgen als Opfer aussuchte, war ein rotgesichtiger Mann mit schütterem Haar und dickem Bauch. Sein Gewicht in Brot aufgewogen würde uns sicher ein Jahr lang satt machen. Aber so viel wollte ich gar nicht. Mir reichte ein einziges Brot, das unser Überleben für einen oder zwei Tage sicherte.
Die Laibe in den Körben waren noch warm, das spürte ich schon von weitem. Wahrscheinlich hatte der Bäcker seinen Stand erst vor kurzem aufgebaut, die Brote in Tücher eingeschlagen und mit einer dicken Schicht Stroh bedeckt, damit die Wärme nicht entwich.
Noch einmal schaute ich mich nach dem fetten Kerl um, der gar nicht mehr aufhören wollte, die Frische seiner Ware und die seltenen Gewürze darin zu preisen. Ich beobachtete seine Kunden, die mich jedoch keines Blickes würdigten. Dann griff ich zu. Niemand hatte mich bemerkt, niemand schlug Alarm, doch die Gefahr war noch nicht vorbei. Erst, wenn ich weit genug entfernt war, konnte ich aufatmen. Ich schlängelte mich unauffällig zwischen den Leuten hindurch und presste meine warme Beute an die Brust. Sie verlieh meinen Gliedern Geschmeidigkeit und meinem Verstand Zuversicht. Auch diesmal hatten sie mich nicht erwischt!
Ich nahm den nächstbesten Ausgang vom Marktplatz, er führte zur Winchester Street, von der aus ich wieder zum Kirchhof gelangen würde. Die Angel Alley war dann nicht mehr weit, und meine Geschwister brauchten sich nicht länger um mich zu sorgen.
Als ich ein paar Schritte weit in den finsteren Torbogen eingetaucht war, erblickte ich drei Männer. Ich kannte sie nicht, aber ich sah, dass einer von ihnen einem vierten Mann gerade sein Schwert in den Leib stieß. Der Verletzte stöhnte auf, Blut schoss aus der Wunde, dann sank er zu Boden.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich gerade einen Mord beobachtet hatte und besser von hier verschwinden sollte. Doch ich konnte mich nicht bewegen. Mein Blick war starr auf die Männer gerichtet, die lachend auf den Leichnam hinunterschauten und ihm dann noch einen Tritt versetzten.
Plötzlich sah einer von ihnen zu mir auf. »Schnappt sie euch!«, rief er nur wenige Atemzüge später, und sogleich wirbelten seine Gefährten herum.
Seine Worte wirkten wie ein Peitschenhieb auf mich. Ich begann zu rennen. Das Brot glitt mir aus den Armen und fiel zu Boden, doch ich achtete nicht weiter darauf. Wenn ich nicht schnellstens von hier wegkam, würde ich nie mehr dazu kommen, etwas zu stehlen.
Ich entschied mich dafür, ans andere Ende des Marktes zu laufen, zurück zum Torbogen, der zur Dirty Lane führte. Vielleicht konnte ich in der Menge untertauchen. Die Menschen wichen vor mir zurück, als hätte ich die Pest, doch wie ich erschreckt feststellen musste, holten meine Verfolger auf. Ich musste weiterrennen. Mager, wie ich war, schlüpfte ich behende zwischen den Ständen hindurch. Ich hielt es für eine gute Idee, Hindernisse zu überqueren, denen die Männer nicht so ohne weiteres aus dem Weg gehen konnten. Doch genau das war mein Verderben.
Als ich über einen Karren springen wollte, der gerade entladen worden war, blieb ich mit einem Fuß daran hängen. Kopfüber flog ich in den Dreck, ein scharfer Schmerz durchzuckte meine linke Schulter, und das Tuch rutschte so weit herunter, dass meine roten Haare sichtbar wurden. In dem Augenblick hatte ich nicht mal einen Fluch übrig. Der Schmerz fuhr hinauf bis in mein Hirn, doch dann verschwand er in einer Welle von Angst. Ich musste auf die Beine kommen, wenn mich meine Verfolger nicht erwischen und töten sollten.
Als ich mich keuchend aufrappelte, packte mich plötzlich eine schwielige Hand im Genick, und eine rauhe Stimme rief mit einem merkwürdigen, harten Akzent: »Seht an, was wir hier haben! Ein Füchslein.« Mühelos, als hätte ich keinerlei Gewicht, zog mich der Mann aus dem Schmutz.
Der Besitzer des Karrens schüttelte kurz den Kopf und schob ihn dann beiseite. Von ihm konnte ich keine Hilfe erwarten.
»Lass mich los!«, kreischte ich und starrte meinen Häscher hasserfüllt an.
Er hatte einen ungepflegten schwarzen Bart und dunkelbraune Augen. In einem seiner Ohrläppchen trug er einen goldenen Ring wie ein Zigeuner. Und er stank, als hätte er nicht nur eine Nacht im Stall verbracht.
»Kennst du den Spruch, Neugier ist der Katze Tod?«
»Ich ... ich habe nichts gesehen!«, sagte ich und spürte, wie ein Zittern durch meine Glieder fuhr.
Die Menschen ringsherum glaubten wohl, dass die Männer eine Diebin gefasst hätten, denn niemand gebot ihnen Einhalt.
»Du hast also nichts gesehen«, raunte mir der Schwarzbart zu. Da er wusste, dass es zu viel Aufsehen erregte, wenn er mich gleich hier erledigte, zerrte er mich zurück in den Winchester-Torbogen, wo noch immer die Leiche lag. Hart drückte er mich gegen die Wand.
»Bitte, Sir, lasst mich gehen, ich habe wirklich nichts gesehen! «, flehte ich und wusste gleichzeitig, dass mir die Kerle nicht glauben würden.
»Mich kümmert nicht, was du gesehen hast«, entgegnete er und zog mit einem bösartigen Funkeln in den Augen sein Messer. »Denn du wirst nicht mehr dazu kommen, uns zu verraten. «
Damit wandte er sich an seine Begleiter und sagte etwas zu ihnen, das ich nicht verstand. Sie lachten auf, und ich war mir sicher, dass er mir gleich die Klinge in den Leib rammen würde. Mein Herz raste, und mein Verstand suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dieser Lage, während meine Glieder immer weicher wurden. Was sollte aus Lilly und James werden, wenn er mich tötete? Es war schlimm genug, dass ich das Brot verloren hatte. Mein Leben wollte ich nicht auch noch verlieren.
»Bitte, Sir, ich verrate wirklich nichts«, flehte ich noch einmal mit erstickter Stimme. »Ich tue, was Ihr wollt, aber lasst mich gehen!«
»Du tust wirklich alles?«, fragte der Schwarzbart spöttisch. »Dann werden wir noch ein bisschen Spaß mit dir haben, bevor wir dich zur Hölle schicken.« Damit riss er mein schmutziges Hemd auseinander.
Mit glühenden Augen starrte er auf meinen mageren Körper und strich über meine Brustwarzen, bis sie schmerzten. Als ich angstvoll nach unten blickte, sah ich eine riesige Beule in seiner Hose. Was das zu bedeuten hatte, wusste ich. Also schloss ich die Augen und rührte mich nicht, während er mit seinen schmutzigen Händen meine mageren Rippen und meine kaum vorhandenen Brüste befingerte. Dann presste er mich gegen die kalten, feuchten Steine und zerrte meinen Rock in die Höhe.
»Was meint Ihr, Rodrigo, ob sie noch Jungfrau ist?«, keuchte er heiser und ließ kurz von mir ab. Rasch bäumte ich mich auf, um mich aus seinem Griff zu winden, doch er stieß mich heftig zurück, so dass ich wieder gegen die Mauer prallte. Er ließ seine rauhen Hände meine Schenkel hinaufgleiten und griff schließlich dazwischen. Als sein Finger sich den Weg in mein Geschlecht bahnte, hielt ich die Luft an.
»Wenn ja, dann wird sie nicht als solche zur Hölle fahren«, frohlockte der Angesprochene, und der Dritte im Bunde rief: »Wenn du fertig bist, will ich sie gleich als Nächster haben.«
Bei diesen Worten zitterte ich noch mehr als ohnehin schon. Doch dann nahm ich all meine Kraft zusammen und rammte dem Schwarzbart mein Knie zwischen die Beine.
Er schrie auf und krümmte sich vor Schmerz zusammen. Sein Griff lockerte sich, das Messer fiel zu Boden, und bevor seine Begleiter über mich herfallen konnten, rannte ich los. Noch einmal sollten sie mich nicht kriegen!
Ich floh aus dem Torbogen auf die Winchester Street. Dabei raffte ich mein Hemd vor der Brust zusammen, hob den Rock hoch und stieß die Entgegenkommenden zur Seite, ohne mich um ihr Murren und Fluchen zu kümmern. Ich musste unbedingt den Kirchhof erreichen, dann würde ich mich vielleicht ungesehen verdrücken können.
Außer Atem blickte ich mich nach meinen Verfolgern um, die mir dicht auf den Fersen waren. Anscheinend stand für sie einiges auf dem Spiel, so dass sie jegliche Zeugen ihrer Tat - auch wenn es nur ein Bettelmädchen war - nicht am Leben lassen durften.
Das Glück schien an diesem Tag allerdings nicht auf meiner Seite zu sein, denn plötzlich schossen mehrere Männer aus einer Seitenstraße auf mich zu. Sie waren schwarz gekleidet, und unter ihren Hüten konnte ich ihre Gesichter nicht erkennen. Ich war mir sicher, dass sie zu den Mördern gehörten, und wollte schreien, doch eine schwere Hand drückte mir grob den Mund zu, und sie hielten mich so fest, dass ich mich nicht gegen sie wehren konnte. Sie zerrten mich in die Dunkelheit einer nahen Gasse, und versetzten mir einen Schlag in den Nacken. Ein Meer leuchtender Punkte explodierte vor meinen Augen, dann versank ich in die Finsternis, ohne die Gelegenheit, noch einen Gedanken zu fassen.
2. Kapitel
Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem nasskalten Steinfußboden. Der Geruch von altem Stroh und Kot stieg mir in die Nase. Ich öffnete die Augen und sah eine Ratte. Sie strich sich mit den Pfoten über die weißen Barthaare und musterte mich abwartend, gleich so, als hoffte sie, dass ich es mir mit dem Sterben noch einmal überlegen würde, damit sie mich fressen konnte.
Ich hatte keine Angst vor Ratten, trotzdem fuhr ich mit einem Aufschrei in die Höhe und fuchtelte mit den Armen, worauf das Tier zusammenschreckte und fiepend in seinem Loch verschwand.
Ich atmete tief durch, strich mir das Haar aus dem Gesicht und blickte mich um. Der winzige, kahle Raum sah wie eine Gefängniszelle aus. Es gab hier kein Fenster, ein wenig Licht fiel lediglich durch ein vergittertes Loch in der Tür. Die Luft war verbraucht und so feucht, dass man sie fast greifen konnte. Wie viel Zeit vergangen war, seit die finsteren Kerle mich auf dem Marktplatz erwischt hatten, wusste ich nicht. Da sie mich nicht getötet hatten, gehörten meine Häscher wohl doch nicht zu den Mördern, die ich beobachtet hatte. Trotzdem war meine Situation alles andere als beruhigend.
Als ich mich erhob, fuhr mir ein Schmerz durch Schulter und Nacken. Er erinnerte mich daran, dass ich auf dem Marktplatz gestürzt war - und dass mir jemand einen Schlag versetzt hatte, damit ich kein Gezeter machte. Doch warum hatten mich die Kerle ergriffen? Glaubten sie vielleicht, dass ich den Mann im Torbogen getötet hatte? Nein, das konnte nicht sein. Sie mussten gesehen haben, dass ich keine Waffe bei mir trug. Oder hatten sie mich wegen etwas anderem hierhergebracht?
Ich tastete mich ab. Jemand hatte mein Hemd wieder zugebunden, ungelenk zwar, aber immerhin bedeckte es meine Blöße. Die Männer waren wohl nicht über mich hergefallen. Als ich mir über die Brust strich, bemerkte ich ein paar schmerzende Stellen, doch die stammten von den groben Händen des Schwarzbartes.
Nach einer Weile stand ich auf und ging zu der Tür. Gern hätte ich durch das Gitterfenster gespäht, aber es war zu hoch. Selbst wenn ich sprang, konnte ich es nicht erreichen. Ich musste mich mit dem Lichtfleck begnügen, der sich an der gegenüberliegenden Mauer abzeichnete und mir zeigte, dass das Gestein mit Schimmel und Moos überzogen war. Der rechte Ort, um sich die Schwindsucht zu holen.
Da hörte ich ein Geräusch. Schritte näherten sich meiner Zelle. Dazwischen vernahm ich das Klimpern von Schlüsseln. Wollten sie mich etwa wieder freilassen? Ich wich von der Tür zurück. Tatsächlich machten die Schritte vor meiner Zelle halt. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und herumgedreht. Wenige Augenblicke später blendete mich ein Lichtschein. Die Männer, die in der Tür standen, waren für mich im ersten Moment nur dunkle Schemen.
»Komm mit!«, sagte einer von ihnen.
»Wo bin ich?«, entgegnete ich und rührte mich nicht von der Stelle. Die Angst lähmte mich.
»Das wirst du schon noch erfahren, Mädchen. Und jetzt beweg dich, sonst mache ich dir Beine.«
Ich hatte genug von Männerhänden, die mich anfassten, also trat ich rasch in den Gang. Nachdem sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, erkannte ich, dass die beiden Männer die gleiche Kleidung trugen wie jene, die mich ergriffen hatten. Sie nahmen mich in die Mitte, um sicherzustellen, dass ich nicht floh.
Ich warf meinen Begleitern einen verstohlenen Blick zu, doch sie nahmen keine Notiz von mir, solange ich nicht stehenblieb. Ihre Mienen wirkten wie aus Wachs gegossen, ihre Augen waren reglos auf den Weg vor uns gerichtet. Es war von ihren Gesichtern nicht abzulesen, wohin sie mich brachten und welches Schicksal mir dort zuteil werden würde.
Wir schritten eilig durch den langen Gang, umringt vom Jammern und Stöhnen der Gefangenen und dem Fluchen der Wärter. Kein Zweifel, das hier war ein Gefängnis. Doch warum war ich hier? Ich wünschte mir plötzlich, eine Ratte zu sein, die zwischen den Beinen der Männer hindurchhuschen und sich durch geheime Gänge einen Weg in die Freiheit bahnen konnte.
Nach einem Marsch, der mir schier endlos erschien, hielten wir vor einer eisenbeschlagenen Tür inne. Einer der Wächter klopfte, und wenig später erhielt er Antwort von einer Männerstimme, die uns hereinbat.
Ich erwartete fast schon, meinem Henker gegenüberzutreten, doch als die Tür geöffnet wurde, erblickte ich einen Mann, der keineswegs aussah, als würde er jemandem persönlich den Kopf abschlagen. Er schien eher den Befehl dazu zu geben.
Er war eine imposante Erscheinung in seiner dunklen Robe, dem weißen Kragen und der schwarzen Haube, unter der sich sein kurzgeschnittenes graumeliertes Haar verbarg. Schnurrund Kinnbart waren nach der neuesten Mode gestutzt, und obwohl ich ein ganzes Stück weit von ihm entfernt stand, konnte ich seine Augen erkennen. Sie waren dunkel wie Holzkohle und blickten so wachsam wie die eines Diebes. Er stand kerzengerade, und sein Blick traf mich wie ein Eiszapfen, der meinen Leib durchbohrte.
»Das ist das Mädchen, Sir.« Einer meiner Begleiter versetzte mir einen Stoß, so dass ich mich wenig später in der Raummitte wiederfand, wie eine Angeklagte, die vernommen werden sollte.
Der dunkle Fremde musterte mich kurz, dann sagte er: »Lasst mich mit ihr allein.«
Die beiden Männer nickten und zogen sich zurück. Die Tür fiel hinter ihnen leise ins Schloss.
»Sir, bitte, ich habe nichts getan!«, verteidigte ich mich schon im Voraus.
»Du bist nicht hier, weil du etwas getan hast, sondern weil ich etwas von dir wissen will«, entgegnete mein Gegenüber in einem Tonfall, der mich misstrauisch machte.
»Warum steckt man mich dann in eine Zelle?«
»Zu deinem Schutz. Aus demselben Grund ist es wichtig, dass du mir ein paar Fragen beantwortest.«
Wahrscheinlich drehte es sich um den Toten im Torbogen.
»Kann ich danach gehen?«, fragte ich, denn ich dachte nun wieder an Lilly und James. Sicher warteten sie auf mich. Ich musste ihnen irgendwas zu essen bringen, ihnen zeigen, dass ich sie nicht alleingelassen hatte. Dass mir nichts passiert war. Bisher hatten sie keine Dummheiten gemacht, aber ich war auch noch nie stunden- oder gar tagelang fortgewesen.
»Das hängt ganz davon ab, wie du dich bei den Fragen anstellst. Deshalb rate ich dir, die Wahrheit zu sagen.« Die Stimme des Mannes wurde nun ein wenig härter. »Also, wollen wir beginnen?«
Ich nickte, davon überzeugt, dass ich nichts von Wert zu berichten hatte. Ich wollte nur hier raus, nichts weiter.
»Wie ist dein Name?«, lautete die erste Frage.
»Alyson, Sir.«
»Nur Alyson, oder hast du auch einen Nachnamen?«
Bislang hatte sich niemand für meinen Nachnamen interessiert. Alle nannten mich Alyson, nur meine Geschwister riefen mich Ally. Dass mein Vater Ambrose Taylor war, wusste außer mir niemand mehr. Tote gerieten schnell in Vergessenheit.
»Taylor«, antwortete ich. »Alyson Taylor.«
»Nun, Alyson, du hattest sehr großes Glück. Nicht jedem ist es vergönnt, spanische Spione bei der Arbeit zu beobachten und das auch noch zu überleben.«
Meine Augen weiteten sich. »Spanische Spione?«
Der Mann nickte. »Allein der Umstand, dass meine Leute gerade in der Nähe waren, hat dir das Leben gerettet. Die Spanier wären dir durch die ganze Stadt gefolgt, bis sie dich schließlich gefunden hätten. Und dann wärst du wahrscheinlich als Leiche in der Themse gelandet.«
Daran hatte ich keinen Zweifel, wenn ich an die Begegnung mit den finsteren Gestalten im Torbogen zurückdachte. Doch was hatte er mit spanischen Spionen gemeint? »Sir, ich verstehe das nicht.«
»Das brauchst du auch nicht.« Er kam näher an mich heran, legte seine Hand unter mein Kinn und hob es an, um mein Gesicht genauer betrachten zu können.
Ich wusste, dass ich keinen besonders schönen Anblick bot. Mein Haar war verfilzt, meine Wangen waren von Schmutzrändem verkrustet, und der Hunger hatte dunkle Schatten unter meine Augen eingegraben. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass seine kohlrabenschwarzen Augen in meinen Zügen etwas ganz Bestimmtes suchten und schließlich auch fanden.
»Hast du beobachtet, was sie getan haben?« Noch immer hielt er meinen Kopf fest und zwang mich dazu, ihm in die Augen zu blicken.
»Sie haben einen Mann getötet, in einem der Torbögen des Borough Market.«
»Hast du die Gesichter der Männer gesehen?«
Und ob ich die gesehen hatte! Ich nickte, woraufhin der Fremde mich aufforderte, sie zu beschreiben. Ich kniff die Augen zusammen, wie ich es immer tat, wenn ich mich an etwas erinnern wollte. Jetzt sah ich die drei wieder vor mir, wie auf einem Gemälde, und da ich keine Furcht mehr vor ihnen hatte, konnte ich auf alle Details achten. Während ich die Mörder in meiner Erinnerung betrachtete, sprudelten die Worte nur so aus mir heraus.
»Einer von ihnen trug einen schwarzen Bart und einen Ring im rechten Ohr. Seine Nase war krumm, und über der linken Augenbraue hatte er eine Narbe. Seine Kleidung war schwarz, bis auf ein kleines goldenes Wappen auf seinem Schwertgurt. Er stank nach Stall, doch seine Stiefel waren frisch poliert. Er sprach merkwürdig, wahrscheinlich war er nicht von hier. Er nannte einen seiner Begleiter Rodrigo. Der hatte das Gesicht eines Knaben und gelocktes dunkles Haar. Der dritte Mann war blond und trug die Kleider eines Komödianten. Seine Augen waren blau, und um das Kinn herum hatte er einen spärlichen Bart. Sie alle waren bewaffnet, der Schwarzbart hatte neben seinem Schwert auch ein Messer.« Wieder sah ich das Metall vor meinem Gesicht aufblitzen. »Es war verziert. Mit demselben Wappen wie der Schwertgurt.«
Ich öffnete die Augen und sah, dass die Miene des Fremden auf einmal wie versteinert wirkte. Er ließ mich langsam wieder los, entfernte sich ein paar Schritte von mir und fragte dann: »Das alles hast du dir in so kurzer Zeit merken können? Trotz deiner Furcht?«
»Ja, Sir«, entgegnete ich. »Es ist immer so, wenn ich etwas anschaue. Ich kann das Bild später jederzeit in meinen Verstand zurückrufen, obwohl ich das manchmal gar nicht will.«
Der Fremde nickte und fragte dann: »Kannst du vielleicht auch das Mordopfer beschreiben?«
Diesmal brauchte ich nicht einmal mehr die Augen zusammenzukneifen, um den Getöteten erneut vor mir zu sehen.
»Es war ein Mann, deutlich kleiner als der Schwarzbart. Sein Gesicht konnte ich nicht erkennen, dazu war es zu dunkel. Ich habe aber seine Gestalt gesehen. Er war ziemlich dünn. So dünn, dass ...« Ich stockte, als ich wieder vor mir hatte, wie die Klinge des Mörders in seine Brust fuhr. Auf einmal sah ich auch, dass das nicht alles war. »Die Klinge glitt durch ihn hindurch und bohrte sich in die Mauer. Blut spritzte aus der Wunde, dann sank er zusammen.«
Der Fremde trat jetzt wieder dicht vor mich. Ein leichter Geruch nach Medizin strömte mir in die Nase. Er war mir unangenehm, dennoch konnte ich nicht zurückweichen. Die Augen des Mannes, der mit seinem Talar einem Raben glich, hielten mich regelrecht fest. »Deine Fähigkeiten, dir etwas zu merken, sind erstaunlich.« Sein Atem strich mir übers Gesicht. Ich schauderte.
Etwas Machtvolles und zugleich Böses ging von ihm aus. Ich spürte, dass es ihn nur einen Wink kosten würde, um mir die Freiheit und vielleicht auch das Leben zu nehmen.
»Darf ich jetzt gehen, Sir?«
»Ich habe noch ein paar weitere Fragen an dich.« Mich überkam das ungute Gefühl, dass er mich nicht so schnell fortlassen würde. »Vielleicht eröffnen dir diese Fragen den Weg in ein neues Leben. Vielleicht entkommst du dadurch deinem Elend.« Seine Hand strich nun über meine Wange. Als ich mein Zittern nicht länger verbergen konnte, lächelte er zufrieden. »Wie alt bist du?«
»Vierzehn, Sir.«
»Hast du Familie?«
»Zwei Geschwister«, antwortete ich.
»Und deine Eltern?«
»Sind tot, Sir. Das Kerkerfieber hat sie hinweggerafft.«
»Diese Seuche grassiert in Newgate. Waren deine Eltern als Gefangene dort?«
Ich schüttelte den Kopf. »Mein Vater hat dort gearbeitet, als Aufseher. Eines Tages brachte er das Fieber mit nach Hause. Er ist zuerst krank geworden, dann unsere Mutter. Binnen einer Woche waren beide tot.«
»Und euch Kinder hat es nicht getroffen?«
»Nein, Sir.« Ich erinnerte mich nur ungern an die Verheerungen, die das Fieber den Leibern unserer Eltern angetan hatte. Hässliche Flecke überall, stinkende Ausdünstungen, gelblicher Schweiß. Im Fieberwahn hatten sie Dinge gesagt, an die ich mich nicht mehr erinnern wollte. Schließlich waren ihre wirren Worte grässlichen Schreien gewichen. Ich war die ganze Zeit um sie herum gewesen, folglich hätte ich ebenfalls krank werden müssen. Aber das war nicht geschehen.
»Interessant«, entgegnete der Mann. »Ihr seid also Waisen.«
»Ja, Sir.«
»Wie alt sind deine Geschwister?«
»James ist sechs und Lilly vier.«
Der Fremde wandte sich um und ging ein paar Schritte durch den Raum. »Dann sorgst du also für sie?«
»Ja, Sir.«
»Mit anderen Worten, du stiehlst.«
Seine Worte trafen mich wie eine Ohrfeige. Wenn ich seine Vermutung bestätigte, würde ich in Teufels Küche kommen, oder besser gesagt, in den Kerker. Man würde mir die Hände abhacken und mich im Dunkeln verrotten lassen.
»Ich erhalte uns am Leben!« Meine Stimme klang dabei ruhig, beinahe trotzig, was mich selbst überraschte.
Der Mann zog eine Augenbraue hoch. Die Dreistigkeit meiner Worte schien ihn zu amüsieren.
»Wie lange erhältst du euch schon am Leben, wie du es nennst?«
»Seit zwei Jahren.«
»Hast du keine Angst, allein durch die Straßen von London zu streifen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Gibt es überhaupt etwas, wovor du Angst hast?«
Ich überlegte. Ich hatte Angst um meine Geschwister, dass sie verhungern könnten. Aber das nannte man wohl eher Sorge. »Ich hatte Angst, dass mich die drei Männer töten könnten«, antwortete ich.
»Trotzdem hast du einen Weg gefunden, dich aus ihren Fängen zu befreien.«
Ich nickte.
»Du scheinst ein ziemlich couragiertes Mädchen zu sein, das gefällt mir.« Wieder bohrte sich sein Blick in mein Gesicht. »Couragierte Menschen sind selten und interessant für uns.«
Wen er mit »uns« meinte, wusste ich nicht, aber das würde ich sicher bald erfahren.
»Ich werde dir jetzt ein Angebot machen, Alyson. Du kannst frei entscheiden, ob du durch die Hand der Spanier sterben oder ein neues Leben beginnen willst. Ein Leben, das der Königin gewidmet ist.«
»Sterben?«, fragte ich entsetzt. »Aber die Männer wissen doch gar nicht ...«
»Nein, sie wissen nicht, wer du bist, aber sie haben Augen im Kopf! Sie werden nach dir suchen, und irgendwann wird eine Hand aus der Dunkelheit schnellen und dich töten. Vielleicht werden sie auch deine Geschwister töten. Sie können sich keine Zeugen erlauben.«
»Habt Ihr sie denn nicht wegen Mordes verhaftet?«
»Sie sind uns entkommen«, entgegnete der Fremde. »Außerdem gibt es Menschen, die man nicht so einfach einkerkern kann.«
»Aber ich habe gesehen ...«
»Ja, das hast du. Deshalb mache ich dir auch dieses Angebot. Wenn du es annimmst, kannst du sicher sein, dass dich dein Wissen nicht in Gefahr bringt. Wir haben jede Menge Zeit, um Vergeltung für diesen Mord zu üben. Wenn du allerdings vorher ermordet wirst, haben wir nichts, und du hast auch nichts, also wähle!«
Seine Worte prasselten wie Schläge auf mich ein. Ich wollte auf keinen Fall sterben, ich wollte auch nicht, dass Lilly und James etwas zustieß. Mir blieb wohl keine andere Wahl, als mir das Angebot des geheimnisvollen Mannes anzuhören. »Was soll ich tun?«
»Du wirst in meine Dienste treten«, antwortete der Fremde ernst. »Und damit in den der Königin und des Staates. «
»In den Dienst der Königin?«, wiederholte ich fassungslos. Das konnte er nicht ernst meinen!
»Ja, genau«, erwiderte der Mann in Schwarz, und in seinen Augen sah ich etwas aufleuchten, von dem ich erst später erfahren sollte, dass es Loyalität war. Bedingungslose Loyalität, die er auch von all jenen verlangte, die für ihn arbeiteten. »Du wirst Dinge tun, die die Sicherheit der Königin gewährleisten - und Englands.«
»Was wird aus meinen Geschwistern?«
»Für die wird gesorgt werden. Aber nur, wenn du dich für uns entscheidest ...«
Unter diesen Bedingungen hatte ich gar keine andere Wahl, als zuzustimmen, und das machte mich zornig.
Der Fremde schien meine Miene deuten zu können, und zeigte sich auf grimmige Art belustigt. »Du hast ziemlich viel Wut in dir, nicht wahr? Vielleicht kannst du sie eines Tages nutzen, um die Männer zu bestrafen, die dir ans Leder wollten. Aber das geht nur, wenn du in meine Dienste trittst.« Er machte eine kleine Pause, und trotz seiner Worte wäre ich ihm jetzt am liebsten an die Kehle gesprungen. »Ich weiß, du sorgst dich um deine Geschwister, und ich will dir nicht verheimlichen, dass du sie für eine sehr lange Zeit nicht wiedersehen wirst. Doch durch deine Entscheidung haben sie vielleicht das Glück, ein normales Leben zu führen. Ein Leben ohne Hunger. Also denk jetzt gut nach und entscheide dich.«
Er sah mich noch einen Moment lang an, dann ließ er mich stehen und ging zu dem Buntglasfenster hinüber, dessen Farben unter der dicken Schmutzschicht kaum noch zu erkennen waren. Das schwache Licht, das in den Raum drang, zeichnete sein Profil nach. Er wirkte vollkommen ruhig, ja beinahe gleichgültig. Er würde meine Entscheidung so hinnehmen, wie ich sie traf.
Doch ich würde sie unter Umständen bereuen. Ich rang eine ganze Weile mit mir, versuchte mir einzureden, dass es vielleicht einen anderen Ausweg gab. Aber ich kam immer wieder zu demselben Schluss. »Ja«, sagte ich schließlich, und meine Stimme klang in meinen Ohren wie ein Glockenschlag.
Der Fremde blieb reglos am Fenster stehen und blickte weiterhin durch die schmutzigen Scheiben, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen. »Ja, was?«
»Ich ... ich trete in Eure Dienste.«
Daraufhin wandte er sich um, und sein Blick sagte mir, dass er mit nichts anderem gerechnet hatte. »Eine kluge Entscheidung, Alyson. Nicht nur deine Geschwister werden ihren Nutzen davon haben, sondern auch du. Aber bevor du Weiteres erfährst, solltest du wissen, wer ich bin.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, dann sagte er: »Mein Name ist Francis Walsingham.«
Ich atmete scharf ein, denn ich kannte diesen Namen! Mein Vater hatte ihn einst erwähnt. Zuweilen hatte ich ihn auch auf dem Marktplatz oder in den Straßen aufgeschnappt. »Ihr seid der Polizeiminister«, presste ich hervor, denn so nannten ihn die Menschen auf der Straße.
»Ich bevorzuge die Bezeichnung Staatssekretär«, gab er mit leichter Belustigung zurück und schritt zur Tür. »Du wirst mit mir kommen und gleich morgen mit deiner Ausbildung beginnen. Wenn du dich gut anstellst, wirst du nie wieder Not leiden müssen.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Corina Bomann
Corina Bomann wurde 1974 in Parchim geboren. Heute lebt sie mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Mehr Informationen über die Autorin im Internet: www.corina-bomann-online.deBibliographische Angaben
- Autor: Corina Bomann
- 640 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 386365644X
- ISBN-13: 9783863656447
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