Die Spur der Schuld / Agentur Private Bd.2
Thriller. Deutsche Erstveröffentlichung
Privatdetektiv Jack Morgan soll der Polizei von L.A. helfen einen Serienmörder zu finden, der junge Frauen tötet. Dann geschieht nicht nur ein weiterer Mord, Jack bekommt auch noch einen Anruf von seinem Freund Andy: Dessen Frau ist ermordet worden und Andy steht unter Verdacht.
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Produktinformationen zu „Die Spur der Schuld / Agentur Private Bd.2 “
Privatdetektiv Jack Morgan soll der Polizei von L.A. helfen einen Serienmörder zu finden, der junge Frauen tötet. Dann geschieht nicht nur ein weiterer Mord, Jack bekommt auch noch einen Anruf von seinem Freund Andy: Dessen Frau ist ermordet worden und Andy steht unter Verdacht.
Klappentext zu „Die Spur der Schuld / Agentur Private Bd.2 “
Seit der ehemalige CIA-Agent Jack Morgan die Privatdetektei seines Vaters übernommen hat, ist daraus ein florierendes Unternehmen mit Kunden aus den höchsten Kreisen geworden. Selbst das L.A. Police Department bittet PRIVATE um Unterstützung bei der Suche nach einem Serienmörder, der seit Jahren immer wieder Mädchen im College-Alter tötet. Die Agentur steht Kopf, als ein weiterer Mord geschieht. Und dann bekommt Jack auch noch einen verzweifelten Anruf eines Freundes: Andys Frau ist brutal ermordet worden, und er selbst steht unter Verdacht. Jack setzt alle Hebel in Bewegung, um Andys Unschuld zu beweisen ...
Lese-Probe zu „Die Spur der Schuld / Agentur Private Bd.2 “
Die Spur der Schuld von James Patterson und Maxine Paetro Eins
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Meine verschwommene Erinnerung an das erste Mal, als ich starb, sieht ungefähr so aus:
Das Donnern der Granatwerfer um mich herum klingt wie eine Dusche mit Rasierklingen. Ich trage Marine Corporal Danny Young über meiner Schulter, einen Kerl, der mir richtig ans Herz gewachsen ist. Er ist der tapferste Soldat, an dessen Seite ich je gekämpft habe, er kann unglaublich komisch sein und ist außerdem voller Zuversicht: seine Frau in Westtexas erwartet nämlich bald ihr viertes Kind.
Jetzt läuft sein Blut an meinem Flugoverall hinab und spritzt auf meine Stiefel wie Wasser aus einer Regenrinne.
Ich renne in der Dunkelheit über felsigen Untergrund. »Ich hab dich da rausgeholt, Danny«, bringe ich mit stockender Stimme hervor. »Jetzt halte durch. Hast du verstanden?«
Ein paar Meter vom Hubschrauber entfernt lege ich ihn auf den Boden. Im gleichen Moment erschüttert eine Explosion die Erde um uns, als würde sich ein Krater auftun. Ich habe das Gefühl, als schlüge mir jemand mit einem Hammer gegen die Brust, und dann ist alles aus.
Ich war tot und auf der anderen Seite. Wie lange allerdings, weiß ich nicht. Del Rio erzählte mir später, mein Herz habe aufgehört zu schlagen.
Ich erinnere mich nur, dass ich zum Licht hinaufschwebte. Und auch den Schmerz und den widerlichen Gestank von Flugbenzin werde ich nie vergessen.
Schließlich reiße ich die Augen auf und sehe del Rios Gesicht direkt vor mir. Seine Hände drücken auf meine Brust. Er lacht, als er meine offenen Augen bemerkt, gleichzeitig laufen ihm Tränen über das Gesicht. »Jack, du Hurensohn, da bist du ja wieder!«, freut er sich.
Ein dichter Vorhang aus öligem, schwarzem Rauch wabert über uns hinweg. Danny Young liegt direkt neben mir, die Beine seltsam gekrümmt. Hinter Del Rio schlagen weiße Flammen aus dem Hubschrauber. Gleich wird er explodieren.
Meine Kameraden sind noch da drin. Meine Freunde. Jungs, die ihr Leben für mich aufs Spiel gesetzt haben.
»Scheiße, nein«, krächze ich. »Wir müssen sie da rausholen. «
Del Rio drückt mich auf den Boden, doch ich versetze ihm mit dem Ellbogen einen Stoß gegen sein Kinn. Er fällt nach hinten, so dass ich entwischen und zum abgestürzten Hubschrauber rennen kann, als dessen Magnesiumhülle Feuer fängt.
Im Hubschrauber befinden sich noch Kameraden, Marines, die ich irgendwie da rausholen muss.
Maschinengewehre Kaliber .50 rattern gefährlich los, Geschütze explodieren im Hubschrauber. »Runter, du Arschloch «, ruft del Rio. »Jack, verdammt, geh in Deckung!«
Mit seinen fast hundert Kilo reißt er mich zu Boden, als sich der Hubschrauber in weißen Flammen auflöst. Ich bin nicht tot, aber viele meiner Freunde sind es. Ich hätte alles gegeben, um sie zu retten. Auch mein Leben.
Ich denke, das sagt viel über mich aus, aber ich bin mir nicht sicher, ob alles davon gut ist. Seht und bildet euch selbst ein Urteil.
Lehnt euch zurück. Die Geschichte ist lang. Und verdammt gut.
Zwei
Ich war bereits zwei Jahre aus Afghanistan und dem dort tobenden Krieg zurück und hatte seit über einem Jahr keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Ich hatte keinen Grund und kein Verlangen danach, ihn wiederzusehen. Doch als er anrief, sagte er, er müsse mir etwas Wichtiges mitteilen. Es sei dringend und von einschneidender Bedeutung für mein Leben.
Mein Vater war ein notorischer Lügner, der alles und jeden manipulieren wollte. Jetzt hatte er auch mich geködert. Deswegen trat ich durch das abschreckende Besuchertor des kalifornischen Staatsgefängnisses in Corcoran.
Zehn Minuten später nahm er auf der anderen Seite der Plexiglasscheibe Platz und grinste mich mit seinen Zahnlücken an. Er hatte einmal gut ausgesehen; jetzt kam er mir vor wie Harrison Ford auf Meth.
Jeder auf seiner Seite der Scheibe griffen wir zum Telefonhörer.
»Du siehst blendend aus, Jack. Das Leben scheint es gut mit dir zu meinen.«
»Du hast abgenommen«, erwiderte ich.
»Hier kriegt man nur Schweinefraß.«
Mein Vater griff das Thema dort auf, wo er bei unserer letzten Begegnung stehen geblieben war - dass es keine vornehmen Betrüger mehr gab, sondern nur noch Abschaum. »Die bringen den Angestellten um, der hinter der Ladentheke steht. Kassieren lebenslänglich für einen Raubüberfall. Wozu? Für einen Hunderter?«
Ihm zuzuhören tat mir im tiefsten Innern weh, und mein Nacken und mein Rücken verkrampften sich. Er ließ sich darüber aus, wie dumm Schwarze und Latinos seien, während er hier lebenslänglich wegen Erpressung und Mordes saß. Gleiche Zeit, gleicher Ort wie der Abschaum. Ich schämte mich für all die Jahre, die ich zu ihm aufgeschaut und mich verrenkt hatte, nur um statt Schlägen ein »braver Junge« zu ergattern.
»Weißt du was, Dad? Ich werde mich mal mit dem Gefängnisdirektor unterhalten und versuchen, dich ins Hotel Bel Air oder ins Beverly Wilshire versetzen zu lassen.«
Er lachte. »Ich werde dafür sorgen, dass du für deine Mühen belohnt wirst.«
Schließlich musste ich lächeln. »Du änderst dich nie.«
Achselzuckend grinste er zurück. »Warum sollte ich, Jack?«
Ich bemerkte neue Tätowierungen auf seinen Fingerknöcheln. Auf der linken Hand stand mein Name, der meines Bruders auf seiner rechten. Früher hatte er uns mit diesen Fäusten geprügelt, die er »meine Linke und meine Rechte« genannt hatte. Ich trommelte mit den Fingern auf den Sims vor der Glasscheibe.
»Langweile ich dich?«, fragte er.
»Quatsch, nein. Ich hab bloß meinen Wagen genau vor einem Hydranten geparkt.«
Wieder lachte mein Vater. »Wenn ich dich ansehe, sehe ich mich selbst. Als ich noch Idealist war.«
Narzisstisches Dreckschwein. Er glaubte immer noch, er wäre mein Idol, was nun wirklich allem anderen als der Wahrheit entsprach.
»Jack, ich will dir mal eine ernsthafte Frage stellen. Arbeitest du gern für diesen nutzlosen, jämmerlichen Privatermittler Pinkus?«
»Prentiss. Ich habe viel von ihm gelernt. Ich bin glücklich. Und gut in dem, was ich tue.«
»Du verschwendest deine Zeit, Jack. Ich habe ein besseres Angebot für dich.« Er vergewisserte sich, dass ich zuhörte, bevor er fortfuhr: »Ich möchte, dass du ›Private‹ übernimmst. «
Ich vermutete, er war zu dem Teil gekommen, der mein Leben ändern sollte.
»Dad. Weißt du nicht mehr? Von Private Investigations sind nur noch eine Menge Aktenschränke in einem Lager übrig.«
»Morgen wirst du ein Päckchen bekommen«, sprach mein Vater weiter, als hätte ich nichts gesagt. »Es enthält eine Liste all meiner Kunden - und warum ich sie in der Hand hatte. Du findest darin auch ein Dokument, in dem du als Inhaber eines Bankkontos auf den Kaimaninseln genannt wirst«, erklärte er. »Fünfzehn Millionen Dollar, Jack. Alles deins. Du kannst damit tun, was du willst.«
Ich hob die Augenbrauen. Die Ermittlungsagentur Private hatte früher Aufträge für Kinostars, Politiker, Multimillionäre und selbst Mitglieder des Weißen Hauses übernommen. Mein Vater hatte ihnen immer so viel in Rechnung gestellt wie möglich. Aber fünfzehn Millionen? Wie hatte er so viel Geld verdienen können? andererseits - wollte ich das wirklich wissen?
»Wo der Haken ist, willst du wissen?«, fragte er mich. »Ganz einfach: sag deinem Zwillingsbruder nichts davon. Alles, was ich ihm je gegeben habe, hat er verkokst oder verspielt. Dies ist dein Erstgeburtsrecht, Jack. Einmal im Leben versuche ich das Richtige zu tun.«
»Hast du schon vergessen, dass ich glücklich bei Prentiss bin?«, fragte ich.
»Ich wünschte, du könntest dein Gesicht sehen, Jack. Hör zu. Hör wenigstens eine halbe Sekunde lang auf, der ›gute Zwillingsbruder‹ zu sein, und denk darüber nach. Es gibt keinen Unterschied zwischen gutem und schlechtem Geld. Es ist ein und dasselbe. Nur ein Tauschmittel. Und dies hier ist eine verdammt gute Gelegenheit für dich. Eine Gelegenheit im Wert von fünfzehn Millionen Dollar. Ich möchte, dass Private in positiver Erinnerung bleibt. Du bist ein schlauer, gut aussehender Junge und außerdem ein verdammter Kriegsheld. Erwecke Private zu neuem Leben. Tu es für mich und, wichtiger noch, für dich. Rede dir diese wirklich gute Sache nicht aus. Mach Private zur besten Ermittlungsagentur der Welt. Du hast das Geld, das Talent - und die Leidenschaft. Also tu es.«
Ein Wärter legte eine Hand auf die Schulter meines Vaters. Er umklammerte den Hörer und sah mich mit einer Zärtlichkeit an, die ich das letzte Mal gesehen hatte, als ich fünf oder sechs Jahre alt gewesen war. »Führe das Leben, das du verdienst, Jack«, sagte er. »Vollbringe Großes.« Er legte seine flache Hand ans Glas, bevor er sich abwandte.
Eine Woche nach meinem Besuch in Corcoran rammte jemand meinem Vater Tom Morgan einen spitzen Gegenstand in die Leber. Drei Tage später war er tot.
Erster Teil
Fünf Jahre später. Und alles läuft nach Plan.
1
Die Menschen vertrauen mir ihre Geheimnisse an. Warum, weiß ich nicht genau. Es muss an meinem Gesicht liegen, vielleicht an meinen Augen. Guinevere Scott-Evans hatte die Chance ergriffen und mir ein paar Monate zuvor ihr Leben und ihre Karriere anvertraut.
Jetzt ergriff sie meine Hand, als ich ihr aus dem dunkelblauen Lamborghini half. Sie strich ihr schwarzes Kleid, das sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte, über ihren Hüften glatt. Sie war traumhaft, ein berühmter Kinostar und zugleich lustig und schlau, wie sie mit ihrem Abschluss an der Vanderbilt University bewiesen hatte.
Ich begleitete Guin an diesem Abend zu den Golden Globe Awards, ihre Art, mir zu danken, nachdem ich ihrem Rocker- Ehemann aufgelauert und herausgefunden hatte, dass er sie mit einem anderen Mann betrog.
Doch ihre Verbitterung darüber verbarg sie für den Golden Globe hinter professioneller Fröhlichkeit. Sie wollte an diesem Abend mit einem »attraktiven Mann« gesehen werden, und soweit ich das beurteilen kann, wollte sie sich begehrenswert fühlen.
»Wir werden großen Spaß haben«, versicherte sie mir, als sie meine Hand drückte. »Wir sitzen an einem tollen Tisch. Die ganze Columbia-Pictures-Mannschaft einschließlich matt, natürlich.«
Sie war als beste Nebendarstellerin in einem Liebesfilm mit Matt Damon nominiert. In meinen Augen hatte sie gute Aussichten zu gewinnen. Ich wünschte es ihr. Ich mochte sie sehr.
Die Fans vor dem Beverly Hilton genossen das Warmlaufen auf dem roten Teppich, riefen Guins Namen. Kameras blitzten auf, ein Fan richtete ihr Handy auf mich und fragte, ob ich jemand Wichtiges sei.
Ich lachte. »Quatsch. Ich bin nur das nette Beiwerk.«
Guin ließ meine Hand los, um Ryan Seacrest zu umarmen, der sie ins Scheinwerferlicht zog. Die Fans wollten sie, doch sie legte einen Arm um meine Taille und zog mich fürs Foto zu sich heran.
Seacrest spielte mit, bewunderte den Schnitt meines Smokings und fragte nach meinem Namen. Mit gerunzelter Stirn überlegte er, ob er mich kannte, bis Scarlett Johansson dazukam und mich mit »Hallo, Jack« begrüßte. Guin und ich wurden wie beim Spießrutenlaufen weitergeschoben, zwischen den johlenden Fans hindurch bis zum Eingang des Beverly Hilton.
Mein Telefon klingelte im falschen Moment.
»Geh nicht ran, Jack«, verlangte Guin. »Du hast frei. Heute Abend gehörst du mir, okay?« Ihr Lächeln verblasste, sorgen überschatteten ihr hübsches Gesicht. »Okay, Jack?«
Ich blickte auf die angezeigte Rufnummer. »Es dauert nur eine Sekunde.«
Der Anrufer war Andy Cushman. Ich konnte es nicht glauben, Andy war ein Fels in der Brandung, Doch jetzt, am Telefon, klang seine Stimme, als bräche er gleich in Tränen aus.
»Jack, du musst sofort herkommen. Ich brauche dich, sofort. «
»Andy, das passt jetzt grad überhaupt nicht. Glaub mir. Was ist los?«
»Es geht um Shelby. Sie ist tot, Jack.«
2
Tot? Wie konnte Shelby tot sein? Es musste ein Missverständnis vorliegen. Bloß welches?
Shelby und Andy hatten sich über mich kennengelernt. Vor knapp einem halben Jahr war ich Andys Trauzeuge auf ihrer Hochzeit gewesen. Letzte Woche hatte ich mit ihnen im »Musso and Frank's« zu Abend gegessen. Andy hatte erzählt, sie würden ihr erstes Kind Jack nennen. Nicht John oder Jackson, sondern Jack.
Hatte Shelby einen Herzinfarkt gehabt - in ihrem Alter? Oder einen Autounfall? Andy hatte nichts dergleichen erwähnt, doch er war am Boden zerstört. Und ich litt mit ihm.
Ich schob einem Mitarbeiter vom Parkdienst ein Bündel scheine in die Hand, begleitete die sichtbar verärgerte Guin mit einer Entschuldigung zum Ballsaal und übergab sie Matt Damon. Als ich nach draußen kam, stand dort bereits mein Auto.
Aufgewühlt raste ich mit meinem protzigen Sportwagen, dem Geschenk eines Kunden, dessen schreckliches Geheimnis ich wahrte, zu den Cushmans nach Hause. Wenn der Wagen nicht gerade in der Werkstatt war, zog er alle Polizisten magnetisch an.
Ich drosselte das Tempo, als ich das Bluffs-Viertel von Pacific Palisades erreichte, das von Polizeistreifen gut überwachte Viertel aus kleinen Geschäften und Häusern in Fußnähe zum Meer. Zehn Minuten später hielt ich auf der kreisförmigen Auffahrt vor Andys Haus.
Nebel zog herauf. Im Haus brannte kein Licht, die Haustür stand sperrangelweit auf, der Türrahmen war gesplittert.
War ein Einbrecher im Haus? Das bezweifelte ich, doch ich nahm meine Waffe aus dem Handschuhfach, bevor ich durch die offene Tür trat.
Sechs Jahre Krieg auf dem Pilotensitz einer CH-46 hatten meine Sehfähigkeit geschärft. Ich konnte Instrumente im Auge behalten und in der nächsten Sekunde den Boden auf Bewegung, Staubwolken, Rauch, Spiegelungen, menschliche Umrisse oder Lichtblitze absuchen.
Als Ermittler verfügte ich über eine weitere praktische Verwendung meiner irgendwie ungewöhnlichen Fähigkeit, Unregelmäßigkeiten wahrzunehmen. Noch während ich einen Tatort betrachtete, konnte ich sagen, was nicht stimmte - ein Blutfleck, eine Delle in der Wand, ein Haar auf einem Flokati.
Als ich das Haus der Cushmans betrat, ließ ich zuerst meinen Blick durchs Wohnzimmer schweifen. Alles hier war ordentlich: die Kissen auf dem Sofa, die Teppiche auf dem Boden, die Bücher in den Regalen und die Gemälde an den Wänden.
Ich rief Andys Namen. »Jack?«, antwortete er. »Jack! Ich bin im Schlafzimmer. Komm her, bitte.«
Mit gezogener Waffe huschte ich durch die luftigen Räume zum Schlafzimmer im hinteren Teil des Hauses.
Ich tastete an der Wand neben der Tür entlang und schaltete das Licht ein. Andy saß vornübergebeugt auf der Bettkante und stützte den Kopf in seine blutverschmierten Hände.
Heiliger Strohsack! Was war hier passiert?
Das Schlafzimmer sah aus wie nach einem Wirbelsturm: zerschlagene Lampen und Bilderrahmen, ein von der Wand gerissener Fernseher, dessen Kabel noch in der Steckdose steckte, wild durcheinandergeworfene Kleider, Schuhe und Unterwäsche. Du meine Güte!
Shelby lag in der Mitte des Bettes auf dem Rücken. Splitternackt und mausetot.
Ich versuchte das Bild zu begreifen, doch es war unmöglich. Auf Shelbys Stirn prangte ein Einschussloch. Dem Blutfleck auf dem Laken nach zu urteilen hatte ihr der Mörder auch einen Schuss in den Oberkörper verpasst.
Mir wurden die Knie weich. Ich bekämpfte den Drang, zu Andy zu gehen. Oder zu Shelby. Ich durfte das nicht. Einen Fuß in dieses Zimmer zu setzen bedeutete, dass wertvolle Spuren am Tatort zerstört würden.
»Andy!«, rief ich ihm daher von der Tür aus zu. »Was ist hier passiert?«
Andy sah mich an. Sein rundes Gesicht war kreidebleich, die Brille vor seinen blutunterlaufenen Augen saß schief. Sein Gesicht und seine Hände waren mit Blut verschmiert. »Jemand hat Shelby getötet«, antwortete er mit zittriger Stimme. »Hat sie einfach so erschossen. Du musst herausfinden, wer das getan hat, Jack. Du musst dieses Schwein finden, das Shelby getötet hat.«
Mit diesen Worten brach mein bester Freund zusammen und weinte wie ein Kind. Was hart für mich war. Schließlich hatte ich ihn schon als Jungen weinen sehen.
Übersetzung: Helmut Splinter
© der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Meine verschwommene Erinnerung an das erste Mal, als ich starb, sieht ungefähr so aus:
Das Donnern der Granatwerfer um mich herum klingt wie eine Dusche mit Rasierklingen. Ich trage Marine Corporal Danny Young über meiner Schulter, einen Kerl, der mir richtig ans Herz gewachsen ist. Er ist der tapferste Soldat, an dessen Seite ich je gekämpft habe, er kann unglaublich komisch sein und ist außerdem voller Zuversicht: seine Frau in Westtexas erwartet nämlich bald ihr viertes Kind.
Jetzt läuft sein Blut an meinem Flugoverall hinab und spritzt auf meine Stiefel wie Wasser aus einer Regenrinne.
Ich renne in der Dunkelheit über felsigen Untergrund. »Ich hab dich da rausgeholt, Danny«, bringe ich mit stockender Stimme hervor. »Jetzt halte durch. Hast du verstanden?«
Ein paar Meter vom Hubschrauber entfernt lege ich ihn auf den Boden. Im gleichen Moment erschüttert eine Explosion die Erde um uns, als würde sich ein Krater auftun. Ich habe das Gefühl, als schlüge mir jemand mit einem Hammer gegen die Brust, und dann ist alles aus.
Ich war tot und auf der anderen Seite. Wie lange allerdings, weiß ich nicht. Del Rio erzählte mir später, mein Herz habe aufgehört zu schlagen.
Ich erinnere mich nur, dass ich zum Licht hinaufschwebte. Und auch den Schmerz und den widerlichen Gestank von Flugbenzin werde ich nie vergessen.
Schließlich reiße ich die Augen auf und sehe del Rios Gesicht direkt vor mir. Seine Hände drücken auf meine Brust. Er lacht, als er meine offenen Augen bemerkt, gleichzeitig laufen ihm Tränen über das Gesicht. »Jack, du Hurensohn, da bist du ja wieder!«, freut er sich.
Ein dichter Vorhang aus öligem, schwarzem Rauch wabert über uns hinweg. Danny Young liegt direkt neben mir, die Beine seltsam gekrümmt. Hinter Del Rio schlagen weiße Flammen aus dem Hubschrauber. Gleich wird er explodieren.
Meine Kameraden sind noch da drin. Meine Freunde. Jungs, die ihr Leben für mich aufs Spiel gesetzt haben.
»Scheiße, nein«, krächze ich. »Wir müssen sie da rausholen. «
Del Rio drückt mich auf den Boden, doch ich versetze ihm mit dem Ellbogen einen Stoß gegen sein Kinn. Er fällt nach hinten, so dass ich entwischen und zum abgestürzten Hubschrauber rennen kann, als dessen Magnesiumhülle Feuer fängt.
Im Hubschrauber befinden sich noch Kameraden, Marines, die ich irgendwie da rausholen muss.
Maschinengewehre Kaliber .50 rattern gefährlich los, Geschütze explodieren im Hubschrauber. »Runter, du Arschloch «, ruft del Rio. »Jack, verdammt, geh in Deckung!«
Mit seinen fast hundert Kilo reißt er mich zu Boden, als sich der Hubschrauber in weißen Flammen auflöst. Ich bin nicht tot, aber viele meiner Freunde sind es. Ich hätte alles gegeben, um sie zu retten. Auch mein Leben.
Ich denke, das sagt viel über mich aus, aber ich bin mir nicht sicher, ob alles davon gut ist. Seht und bildet euch selbst ein Urteil.
Lehnt euch zurück. Die Geschichte ist lang. Und verdammt gut.
Zwei
Ich war bereits zwei Jahre aus Afghanistan und dem dort tobenden Krieg zurück und hatte seit über einem Jahr keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Ich hatte keinen Grund und kein Verlangen danach, ihn wiederzusehen. Doch als er anrief, sagte er, er müsse mir etwas Wichtiges mitteilen. Es sei dringend und von einschneidender Bedeutung für mein Leben.
Mein Vater war ein notorischer Lügner, der alles und jeden manipulieren wollte. Jetzt hatte er auch mich geködert. Deswegen trat ich durch das abschreckende Besuchertor des kalifornischen Staatsgefängnisses in Corcoran.
Zehn Minuten später nahm er auf der anderen Seite der Plexiglasscheibe Platz und grinste mich mit seinen Zahnlücken an. Er hatte einmal gut ausgesehen; jetzt kam er mir vor wie Harrison Ford auf Meth.
Jeder auf seiner Seite der Scheibe griffen wir zum Telefonhörer.
»Du siehst blendend aus, Jack. Das Leben scheint es gut mit dir zu meinen.«
»Du hast abgenommen«, erwiderte ich.
»Hier kriegt man nur Schweinefraß.«
Mein Vater griff das Thema dort auf, wo er bei unserer letzten Begegnung stehen geblieben war - dass es keine vornehmen Betrüger mehr gab, sondern nur noch Abschaum. »Die bringen den Angestellten um, der hinter der Ladentheke steht. Kassieren lebenslänglich für einen Raubüberfall. Wozu? Für einen Hunderter?«
Ihm zuzuhören tat mir im tiefsten Innern weh, und mein Nacken und mein Rücken verkrampften sich. Er ließ sich darüber aus, wie dumm Schwarze und Latinos seien, während er hier lebenslänglich wegen Erpressung und Mordes saß. Gleiche Zeit, gleicher Ort wie der Abschaum. Ich schämte mich für all die Jahre, die ich zu ihm aufgeschaut und mich verrenkt hatte, nur um statt Schlägen ein »braver Junge« zu ergattern.
»Weißt du was, Dad? Ich werde mich mal mit dem Gefängnisdirektor unterhalten und versuchen, dich ins Hotel Bel Air oder ins Beverly Wilshire versetzen zu lassen.«
Er lachte. »Ich werde dafür sorgen, dass du für deine Mühen belohnt wirst.«
Schließlich musste ich lächeln. »Du änderst dich nie.«
Achselzuckend grinste er zurück. »Warum sollte ich, Jack?«
Ich bemerkte neue Tätowierungen auf seinen Fingerknöcheln. Auf der linken Hand stand mein Name, der meines Bruders auf seiner rechten. Früher hatte er uns mit diesen Fäusten geprügelt, die er »meine Linke und meine Rechte« genannt hatte. Ich trommelte mit den Fingern auf den Sims vor der Glasscheibe.
»Langweile ich dich?«, fragte er.
»Quatsch, nein. Ich hab bloß meinen Wagen genau vor einem Hydranten geparkt.«
Wieder lachte mein Vater. »Wenn ich dich ansehe, sehe ich mich selbst. Als ich noch Idealist war.«
Narzisstisches Dreckschwein. Er glaubte immer noch, er wäre mein Idol, was nun wirklich allem anderen als der Wahrheit entsprach.
»Jack, ich will dir mal eine ernsthafte Frage stellen. Arbeitest du gern für diesen nutzlosen, jämmerlichen Privatermittler Pinkus?«
»Prentiss. Ich habe viel von ihm gelernt. Ich bin glücklich. Und gut in dem, was ich tue.«
»Du verschwendest deine Zeit, Jack. Ich habe ein besseres Angebot für dich.« Er vergewisserte sich, dass ich zuhörte, bevor er fortfuhr: »Ich möchte, dass du ›Private‹ übernimmst. «
Ich vermutete, er war zu dem Teil gekommen, der mein Leben ändern sollte.
»Dad. Weißt du nicht mehr? Von Private Investigations sind nur noch eine Menge Aktenschränke in einem Lager übrig.«
»Morgen wirst du ein Päckchen bekommen«, sprach mein Vater weiter, als hätte ich nichts gesagt. »Es enthält eine Liste all meiner Kunden - und warum ich sie in der Hand hatte. Du findest darin auch ein Dokument, in dem du als Inhaber eines Bankkontos auf den Kaimaninseln genannt wirst«, erklärte er. »Fünfzehn Millionen Dollar, Jack. Alles deins. Du kannst damit tun, was du willst.«
Ich hob die Augenbrauen. Die Ermittlungsagentur Private hatte früher Aufträge für Kinostars, Politiker, Multimillionäre und selbst Mitglieder des Weißen Hauses übernommen. Mein Vater hatte ihnen immer so viel in Rechnung gestellt wie möglich. Aber fünfzehn Millionen? Wie hatte er so viel Geld verdienen können? andererseits - wollte ich das wirklich wissen?
»Wo der Haken ist, willst du wissen?«, fragte er mich. »Ganz einfach: sag deinem Zwillingsbruder nichts davon. Alles, was ich ihm je gegeben habe, hat er verkokst oder verspielt. Dies ist dein Erstgeburtsrecht, Jack. Einmal im Leben versuche ich das Richtige zu tun.«
»Hast du schon vergessen, dass ich glücklich bei Prentiss bin?«, fragte ich.
»Ich wünschte, du könntest dein Gesicht sehen, Jack. Hör zu. Hör wenigstens eine halbe Sekunde lang auf, der ›gute Zwillingsbruder‹ zu sein, und denk darüber nach. Es gibt keinen Unterschied zwischen gutem und schlechtem Geld. Es ist ein und dasselbe. Nur ein Tauschmittel. Und dies hier ist eine verdammt gute Gelegenheit für dich. Eine Gelegenheit im Wert von fünfzehn Millionen Dollar. Ich möchte, dass Private in positiver Erinnerung bleibt. Du bist ein schlauer, gut aussehender Junge und außerdem ein verdammter Kriegsheld. Erwecke Private zu neuem Leben. Tu es für mich und, wichtiger noch, für dich. Rede dir diese wirklich gute Sache nicht aus. Mach Private zur besten Ermittlungsagentur der Welt. Du hast das Geld, das Talent - und die Leidenschaft. Also tu es.«
Ein Wärter legte eine Hand auf die Schulter meines Vaters. Er umklammerte den Hörer und sah mich mit einer Zärtlichkeit an, die ich das letzte Mal gesehen hatte, als ich fünf oder sechs Jahre alt gewesen war. »Führe das Leben, das du verdienst, Jack«, sagte er. »Vollbringe Großes.« Er legte seine flache Hand ans Glas, bevor er sich abwandte.
Eine Woche nach meinem Besuch in Corcoran rammte jemand meinem Vater Tom Morgan einen spitzen Gegenstand in die Leber. Drei Tage später war er tot.
Erster Teil
Fünf Jahre später. Und alles läuft nach Plan.
1
Die Menschen vertrauen mir ihre Geheimnisse an. Warum, weiß ich nicht genau. Es muss an meinem Gesicht liegen, vielleicht an meinen Augen. Guinevere Scott-Evans hatte die Chance ergriffen und mir ein paar Monate zuvor ihr Leben und ihre Karriere anvertraut.
Jetzt ergriff sie meine Hand, als ich ihr aus dem dunkelblauen Lamborghini half. Sie strich ihr schwarzes Kleid, das sich wie eine zweite Haut an ihren Körper schmiegte, über ihren Hüften glatt. Sie war traumhaft, ein berühmter Kinostar und zugleich lustig und schlau, wie sie mit ihrem Abschluss an der Vanderbilt University bewiesen hatte.
Ich begleitete Guin an diesem Abend zu den Golden Globe Awards, ihre Art, mir zu danken, nachdem ich ihrem Rocker- Ehemann aufgelauert und herausgefunden hatte, dass er sie mit einem anderen Mann betrog.
Doch ihre Verbitterung darüber verbarg sie für den Golden Globe hinter professioneller Fröhlichkeit. Sie wollte an diesem Abend mit einem »attraktiven Mann« gesehen werden, und soweit ich das beurteilen kann, wollte sie sich begehrenswert fühlen.
»Wir werden großen Spaß haben«, versicherte sie mir, als sie meine Hand drückte. »Wir sitzen an einem tollen Tisch. Die ganze Columbia-Pictures-Mannschaft einschließlich matt, natürlich.«
Sie war als beste Nebendarstellerin in einem Liebesfilm mit Matt Damon nominiert. In meinen Augen hatte sie gute Aussichten zu gewinnen. Ich wünschte es ihr. Ich mochte sie sehr.
Die Fans vor dem Beverly Hilton genossen das Warmlaufen auf dem roten Teppich, riefen Guins Namen. Kameras blitzten auf, ein Fan richtete ihr Handy auf mich und fragte, ob ich jemand Wichtiges sei.
Ich lachte. »Quatsch. Ich bin nur das nette Beiwerk.«
Guin ließ meine Hand los, um Ryan Seacrest zu umarmen, der sie ins Scheinwerferlicht zog. Die Fans wollten sie, doch sie legte einen Arm um meine Taille und zog mich fürs Foto zu sich heran.
Seacrest spielte mit, bewunderte den Schnitt meines Smokings und fragte nach meinem Namen. Mit gerunzelter Stirn überlegte er, ob er mich kannte, bis Scarlett Johansson dazukam und mich mit »Hallo, Jack« begrüßte. Guin und ich wurden wie beim Spießrutenlaufen weitergeschoben, zwischen den johlenden Fans hindurch bis zum Eingang des Beverly Hilton.
Mein Telefon klingelte im falschen Moment.
»Geh nicht ran, Jack«, verlangte Guin. »Du hast frei. Heute Abend gehörst du mir, okay?« Ihr Lächeln verblasste, sorgen überschatteten ihr hübsches Gesicht. »Okay, Jack?«
Ich blickte auf die angezeigte Rufnummer. »Es dauert nur eine Sekunde.«
Der Anrufer war Andy Cushman. Ich konnte es nicht glauben, Andy war ein Fels in der Brandung, Doch jetzt, am Telefon, klang seine Stimme, als bräche er gleich in Tränen aus.
»Jack, du musst sofort herkommen. Ich brauche dich, sofort. «
»Andy, das passt jetzt grad überhaupt nicht. Glaub mir. Was ist los?«
»Es geht um Shelby. Sie ist tot, Jack.«
2
Tot? Wie konnte Shelby tot sein? Es musste ein Missverständnis vorliegen. Bloß welches?
Shelby und Andy hatten sich über mich kennengelernt. Vor knapp einem halben Jahr war ich Andys Trauzeuge auf ihrer Hochzeit gewesen. Letzte Woche hatte ich mit ihnen im »Musso and Frank's« zu Abend gegessen. Andy hatte erzählt, sie würden ihr erstes Kind Jack nennen. Nicht John oder Jackson, sondern Jack.
Hatte Shelby einen Herzinfarkt gehabt - in ihrem Alter? Oder einen Autounfall? Andy hatte nichts dergleichen erwähnt, doch er war am Boden zerstört. Und ich litt mit ihm.
Ich schob einem Mitarbeiter vom Parkdienst ein Bündel scheine in die Hand, begleitete die sichtbar verärgerte Guin mit einer Entschuldigung zum Ballsaal und übergab sie Matt Damon. Als ich nach draußen kam, stand dort bereits mein Auto.
Aufgewühlt raste ich mit meinem protzigen Sportwagen, dem Geschenk eines Kunden, dessen schreckliches Geheimnis ich wahrte, zu den Cushmans nach Hause. Wenn der Wagen nicht gerade in der Werkstatt war, zog er alle Polizisten magnetisch an.
Ich drosselte das Tempo, als ich das Bluffs-Viertel von Pacific Palisades erreichte, das von Polizeistreifen gut überwachte Viertel aus kleinen Geschäften und Häusern in Fußnähe zum Meer. Zehn Minuten später hielt ich auf der kreisförmigen Auffahrt vor Andys Haus.
Nebel zog herauf. Im Haus brannte kein Licht, die Haustür stand sperrangelweit auf, der Türrahmen war gesplittert.
War ein Einbrecher im Haus? Das bezweifelte ich, doch ich nahm meine Waffe aus dem Handschuhfach, bevor ich durch die offene Tür trat.
Sechs Jahre Krieg auf dem Pilotensitz einer CH-46 hatten meine Sehfähigkeit geschärft. Ich konnte Instrumente im Auge behalten und in der nächsten Sekunde den Boden auf Bewegung, Staubwolken, Rauch, Spiegelungen, menschliche Umrisse oder Lichtblitze absuchen.
Als Ermittler verfügte ich über eine weitere praktische Verwendung meiner irgendwie ungewöhnlichen Fähigkeit, Unregelmäßigkeiten wahrzunehmen. Noch während ich einen Tatort betrachtete, konnte ich sagen, was nicht stimmte - ein Blutfleck, eine Delle in der Wand, ein Haar auf einem Flokati.
Als ich das Haus der Cushmans betrat, ließ ich zuerst meinen Blick durchs Wohnzimmer schweifen. Alles hier war ordentlich: die Kissen auf dem Sofa, die Teppiche auf dem Boden, die Bücher in den Regalen und die Gemälde an den Wänden.
Ich rief Andys Namen. »Jack?«, antwortete er. »Jack! Ich bin im Schlafzimmer. Komm her, bitte.«
Mit gezogener Waffe huschte ich durch die luftigen Räume zum Schlafzimmer im hinteren Teil des Hauses.
Ich tastete an der Wand neben der Tür entlang und schaltete das Licht ein. Andy saß vornübergebeugt auf der Bettkante und stützte den Kopf in seine blutverschmierten Hände.
Heiliger Strohsack! Was war hier passiert?
Das Schlafzimmer sah aus wie nach einem Wirbelsturm: zerschlagene Lampen und Bilderrahmen, ein von der Wand gerissener Fernseher, dessen Kabel noch in der Steckdose steckte, wild durcheinandergeworfene Kleider, Schuhe und Unterwäsche. Du meine Güte!
Shelby lag in der Mitte des Bettes auf dem Rücken. Splitternackt und mausetot.
Ich versuchte das Bild zu begreifen, doch es war unmöglich. Auf Shelbys Stirn prangte ein Einschussloch. Dem Blutfleck auf dem Laken nach zu urteilen hatte ihr der Mörder auch einen Schuss in den Oberkörper verpasst.
Mir wurden die Knie weich. Ich bekämpfte den Drang, zu Andy zu gehen. Oder zu Shelby. Ich durfte das nicht. Einen Fuß in dieses Zimmer zu setzen bedeutete, dass wertvolle Spuren am Tatort zerstört würden.
»Andy!«, rief ich ihm daher von der Tür aus zu. »Was ist hier passiert?«
Andy sah mich an. Sein rundes Gesicht war kreidebleich, die Brille vor seinen blutunterlaufenen Augen saß schief. Sein Gesicht und seine Hände waren mit Blut verschmiert. »Jemand hat Shelby getötet«, antwortete er mit zittriger Stimme. »Hat sie einfach so erschossen. Du musst herausfinden, wer das getan hat, Jack. Du musst dieses Schwein finden, das Shelby getötet hat.«
Mit diesen Worten brach mein bester Freund zusammen und weinte wie ein Kind. Was hart für mich war. Schließlich hatte ich ihn schon als Jungen weinen sehen.
Übersetzung: Helmut Splinter
© der deutschsprachigen Ausgabe 2012 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von James Patterson, Maxine Paetro
James Patterson wuchs in Newburgh, New York, auf, studierte englische Literatur am Manhattan College und an der Vanderbilt University. Während seines Studiums, das er mit Auszeichnung abschloss, jobbte er in einer psychiatrischen Klinik. Danach war Patterson lange Zeit Chef einer großen New Yorker Werbeagentur. Nebenher begann er mit dem Schreiben von Kriminalromanen und das mit großem Erfolg. Denn bereits für seinen Debütroman erhielt er den begehrten Edgar Allan Poe Award, Amerikas wichtigsten Krimipreis. Mittlerweile gilt James Patterson als der Mann, der nur Bestseller schreibt: In den letzten Jahren standen 63 seiner Bücher auf der New York Times Hardcover-Bestsellerliste. Seine Romane wurden bisher in 38 Sprachen übersetzt und erreichten weltweit eine Gesamtauflage von über 260 Millionen Exemplaren. James Patterson lebt heute mit seiner Familie in Palm Beach, Florida.
Bibliographische Angaben
- Autoren: James Patterson , Maxine Paetro
- 2012, 348 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Splinter, Helmut
- Übersetzer: Helmut Splinter
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442477530
- ISBN-13: 9783442477531
- Erscheinungsdatum: 16.10.2012
Rezension zu „Die Spur der Schuld / Agentur Private Bd.2 “
"James Patterson ist einer der besten Thrillerautoren der Welt."
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