Die Stimme des Dämons
Thriller. Deutsche Erstausgabe
Es ist jedermanns Albtraum. Für Zack wird er zur fürchterlichen Wirklichkeit: Eine fremde Stimme ruft an und teilt ihm mit, seine Frau und Tochter entführt zu haben. Um sie lebend wiederzusehen, muss er brutale Verbrechen begehen: der Auftakt zu einem gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel.
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Die Stimme des Dämons “
Es ist jedermanns Albtraum. Für Zack wird er zur fürchterlichen Wirklichkeit: Eine fremde Stimme ruft an und teilt ihm mit, seine Frau und Tochter entführt zu haben. Um sie lebend wiederzusehen, muss er brutale Verbrechen begehen: der Auftakt zu einem gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel.
Klappentext zu „Die Stimme des Dämons “
"Zack schloss die Augen und kämpfte gegen das Gefühl des Wahnsinns an, das ihn überfiel und in einen Abgrund zog, aus dem es kein Zurück gegeben hätte. 'Ich habe alles getan, was Sie wollten.' 'Kann sein', sagte die Stimme. Zack wartete und merkte gar nicht, dass er den Atem anhielt, bis seine Lunge zu brennen begann. 'Sie warten', fügte die Stimme hinzu. 'Ich sage Ihnen jetzt, was Sie tun werden.'"Der schlimmste Albtraum eines Mannes wird Wirklichkeit: Eine anonyme, elektronisch verzerrte Stimme teilt ihm per Handy mit, seine Frau und Tochter entführt zu haben. Um sie lebend wiederzusehen, muss er neben einem Lösegeld von einer Million Dollar mehrere brutale Verbrechen begehen. Als er schließlich am Haus, in dem sich seine gekidnappte Familie angeblich befindet, eintrifft, fliegt es vor seinen Augen in die Luft. Dies ist der Auftakt zu einem gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel.
Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit, ein Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes.
"McKenzie weiß, wie man die Spannung hochtreibt." -- Linwood Barclay
"Denken Sie an eine Mischung aus 'Saw' und 'Payback', und das Ganze in Überschallgeschwindigkeit." -- Lee Child
"Wie Harlan Coben auf Speed." -- Ken Bruen
"Denken Sie an eine Mischung aus 'Saw' und 'Payback', und das Ganze in Überschallgeschwindigkeit." -- Lee Child
"Wie Harlan Coben auf Speed." -- Ken Bruen
Lese-Probe zu „Die Stimme des Dämons “
Das Buch Zwei Männer, zwei Schicksale: Ihre Frauen und Töchter werden von einem Unbekannten entführt. Doch der
Entführer hat es nicht auf das Lösegeld abgesehen, er
will die beiden systematisch vernichten. Er zwingt sie,
verschiedene Verbrechen zu begehen, andernfalls droht
er mit dem Schlimmsten. Als sich die Wege der beiden
Männer kreuzen, beschließen sie, sich gemeinsam auf
die Suche nach diesem Dämon in Menschengestalt zu
machen. Gejagt von der Polizei führt die Spur in die
Vergangenheit, zurück zur Highschool, die sie gemeinsam vor 25 Jahren besucht haben. Von Wut und Angst
getrieben, folgen die beiden Männer der Spur des Verbrechers, die sie in die unterirdischen Tunnelsysteme
von Portland führt, wo der Gesuchte sein geheimes
Hauptquartier hat. Dort enthüllt sich ihnen, was wirklich hinter dem tödlichen Spiel steckt.
Der Autor
Grant McKenzie kam in Schottland zur Welt, arbeitete
aber in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren als
Journalist in Kanada. Zu Beginn seiner Laufbahn war
er für eine große kanadische Boulevardzeitung auf
dem »Deadbody-Beat« unterwegs: Er übernahm den
Nachtdienst und hatte die Aufgabe, der erste Journalist
am Tatort eines Verbrechens zu sein. Später war er
als Redakteur und Kolumnist tätig. Er lebt mit seiner
Frau und seiner Tochter an der Sunshine Coast in
British Columbia, Kanada. Die Stimme des Dämons
ist sein erster Roman. Besuchen Sie seine Website:
www.grantmckenzie.net
GRANT McKENZIE
DIE STIMME DES DÄMONS
Thriller
Aus dem Amerikanischen
von Norbert Jakober
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
Die Originalausgabe SWITCH erschien 2009 bei Transworld
Publishers, London. A Random House Group Company.
SGS-COC-1940
Verlagsgruppe Random House
FSC-DEU-0100
Das für dieses Buch verwendete
FSC-zertifizierte Papier Holmen
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Book Cream
liefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden.
Vollständige deutsche Erstausgabe 08/2009
Copyright © 2008 by Grant McKenzie
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House
Printed in Germany 2009
Umschlagfoto: © Plainpicture/ Biwa Inc
Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-453-40679-7
www.heyne.de
Für Kailey – die immer wissen wird, dass Träume
wahr werden können.
Für Karen – die es bereits gewusst hat.
0
Rick Ironwood taumelte schwer getroffen rückwärts,
und sein schwaches Knie gab mit einem Knacken nach,
als er in einer Ölpfütze ausrutschte.
Ein jäher Schmerz nahm ihm den Atem, und durch
den Schock mitgenommen, drang anstatt eines
Schreies nur ein kurzes Aufstöhnen aus seinem Mund.
Seine Füße fanden keinen Halt mehr und rutschten
unter ihm weg. Einen Moment lang hing er in der
Luft, sein Körper grotesk verdreht, bis er mit seinen
ganzen hundertzwanzig Kilo zu Boden ging. Im Fallen
warf er ein Dutzend alte Ölkanister um, ehe er mit
dem Hinterkopf auf dem harten Betonboden der
Garage aufschlug.
Rick stöhnte auf, während sein Körper den Schmerzen nachgab. Sein Gesicht glich einer blutigen Maske
mit klaffenden Wunden an der linken Wange und der
Oberlippe, und seine schon zweimal gebrochene Nase
brach erneut unter dem unerwarteten Angriff.
Er hielt die Hände hoch.
»Shit! Nehmen Sie alles, was Sie wollen! Das Auto!
Egal was! Herrgott! Es ist doch überhaupt nichts da!«
Der große dunkelhäutige Mann mit der Pistole sah
ihn an, die Augen weit aufgerissen und die Pupillen so
klein, dass das Weiße in seinen Augen an weichgekochte Eier erinnerte. Sein Mund war halb geöffnet, so
als wäre er selbst erstaunt, wie leicht er den viel schwereren Mann zu Fall gebracht hatte.
Als Rick so auf dem Rücken lag, mit blutüberströmtem Gesicht und verzerrten Muskeln, wurde ihm kurz
bewusst, dass sich sein Körper in all den Jahren nicht
zu seinem Vorteil verändert hatte; die harten Muskeln
seiner Jugend hatten sich in Fett verwandelt, nachdem
er sich viel zu wenig bewegt und viel zu viel Bier getrunken hatte. Seine Haut war kränklich blass von all
den ungesunden Fertiggerichten und der Lebererkrankung, die man erst kürzlich festgestellt hatte. Sein kahl
geschorener Kopf mit den spärlichen kurzen Stoppeln
konnte nicht verbergen, dass sein Haarausfall schon
weit fortgeschritten war.
Trotz seiner schlechten körperlichen Verfassung hätte er nicht erwartet, von einem mageren Kerl im
Business-Anzug niedergeschlagen zu werden, der noch
zu schwächlich aussah, um sich ordentlich die Haare
zu kämmen. Sicher, der Angriff war völlig überraschend gekommen, aber es war noch nicht so lange
her, dass er selbst dafür bekannt gewesen war, gehörig
austeilen zu können.
Während er an seinem Blut würgte und mühsam versuchte, durch die gebrochene Nase zu atmen, fragte er
sich einen Moment lang, warum irgendjemand in seine
Garage eindringen sollte. Das einzig Wertvolle war sein
schwarzer Pontiac Trans Am Firebird Baujahr ’79 mit
dem silbernen Adler auf der Motorhaube. Aber nach
dem der Wagen auf Betonklötzen stand, war er höchstens ein paar hundert Dollar wert. Rick wollte ihn
eigentlich wiederherstellen, aber das Geld lag nun einmal nicht auf der Straße, zumindest nicht in der Gegend, in der er wohnte.
Der Mann, der ihn niedergeschlagen hatte, eine
schlaksige dunkle Gestalt, richtete eine kleine, blutbefleckte Pistole auf Ricks Gesicht. Die Detonics Pocket
Nine sah fast ein bisschen lächerlich aus mit ihrem sieben Zentimeter langen Lauf, der kaum dicker war als
die kohlschwarzen Finger des Mannes. Rick hatte fast
gelacht, als der gut gekleidete Fremde die Pistole aus
der Tasche zog – bis ihn der Kerl mit der Waffe niederschlug.
Der Mann begann schließlich mit leiser Stimme zu
sprechen.
»Ich hatte dich fast vergessen.«
»Ver … gessen?« Mit seinem blutenden Mund hatte
Rick Mühe, zu sprechen. »Ich weiß nicht … wer zum
Teufel … Sie sind!«
»Doch«, sagte der Mann leise, »du weißt es.« Er hielt
einen Augenblick inne und fügte dann hinzu: »Ironman.«
Rick kniff verdutzt die Augen zusammen; der alte
Spitzname löste Erinnerungen bei ihm aus, die durchaus angenehm waren – ja, sie gehörten sogar zu den
schönsten seines Lebens.
»Es tut mir leid«, fügte der Mann hinzu.
»Was …?«
Ricks Gesicht wurde fast entzweigerissen, als die
Kugel seine Nase durchschlug und wie eine umher
schießende Flipperkugel vom Knochen abprallte und
eine Spur der Zerstörung durch das Gewebe zog, ehe
sie durch den weichen Gaumen wieder austrat.
Seine untere Gesichtshälfte war zerfetzt und sein Gehirn brannte wie Feuer von dem Schock, doch er lebte
noch. Er versuchte zu sprechen, mit dem Mann zu verhandeln, doch seine Zunge war zerrissen. Er spürte den
kalten Beton an seiner Wange und merkte, dass er den
Kopf nicht mehr heben konnte.
Rick versuchte verzweifelt, einen Grund für die brutale Attacke zu finden. Sein Blick fiel auf eine Holzbank, auf der ein unfertiges Vogelhaus stand, und daneben ein alter Werkzeugkasten, der einst seinem Vater
gehört hatte.
Den Werkzeugkasten, der genauso rostig und abgenutzt war wie alles bei ihm, hatte er früher als Versteck benutzt, als er noch eine Frau hatte, vor der es
etwas zu verstecken gab. In dem Kasten lagen ein paar
Hustler-Hefte mit Eselsohren, eine kleine Metallpfeife,
die ein Kumpel von ihm, der bei der Army war, aus
Patronenhülsen gebastelt hatte, und ein Glasfläschchen mit zwei kleinen Klumpen Methamphetamin.
Was er hier aufbewahrte, war alles in allem vielleicht
zehn Dollar wert.
Der Mann mit der Waffe trat einen Schritt näher. In
seinen polierten schwarzen Schuhen spiegelte sich
Ricks entsetztes Gesicht. Rick stieß einen wimmernden Laut hervor, und er konnte nicht mehr weiterdenken, als er den heißen Lauf der Pistole an seiner
Schläfe spürte.
Ricks Blick schnellte nach oben, und als er das dunkle ernste Gesicht des Mannes so nah vor sich sah, erinnerte er sich plötzlich an ihn.
Es war der letzte Gedanke, den er hatte.
1
Der dünne Mann fühlte sich so zerbrechlich wie
Glas.
Mit zitternden Händen steckte er die warme Pistole
in die Tasche seines Anzugjacketts und zog ein gefaltetes weißes Stoffdreieck hervor. Er wischte sich den
Schweiß vom Gesicht und sah das Blut auf dem Taschentuch – Ironwoods Blut.
Großer Gott, dachte er. Was ist nur aus mir geworden?
Sein Handy piepste, und das unerwartete Geräusch
hätte ihn fast dazu gebracht, auf die Knie zu fallen und
sich die verdammte Pistole selbst in den Mund zu
stecken. Aber er würde jetzt nicht die Nerven verlieren,
nachdem er so weit gegangen war.
Er nahm den Anruf entgegen.
»Es ist erledigt.«
»Ich weiß«, sagte eine Stimme, die mit Hilfe von billigen elektronischen Hilfsmitteln verfremdet war.
»Sie haben es gesehen?«
»Sie haben eine ziemliche Schweinerei angerichtet,
Dr. Parker.«
Zack Parker suchte an der Decke der Garage
nach einer Kamera. Es überraschte ihn nicht, dass
er nichts fand. Wenn es heute Kameras gab, die so
klein waren, dass sie im Blutkreislauf schwimmen und
Plaque-Ablagerungen in den Blutgefäßen eines schlagenden Herzens finden konnten, dann konnten in
einem Raum wie diesem Tausende davon versteckt
sein.
Die verfremdete Stimme lachte.
»Soll ich Ihnen eine Kopie von der Aufnahme
schicken?«
Zack schloss die Augen und kämpfte gegen das Gefühl des Wahnsinns an, das ihn überfiel und in einen
Abgrund zog, aus dem es kein Zurück gegeben hätte.
»Ich habe alles getan, was Sie wollten.«
»Kann sein«, sagte die Stimme.
Zack wartete und merkte gar nicht, dass er den Atem
anhielt, bis seine Lunge zu brennen begann.
»Sie warten«, fügte die Stimme hinzu. »Ich sage
Ihnen jetzt, was Sie tun werden.«
Drinnen im Haus begannen Mutter und Tochter mit
ihrem abendlichen Ritual.
Es kam ihm vor, als würde er eine Seifenoper im
Fernsehen verfolgen. Als sie an einem Fenster vorbeigingen, sah er ihre Gesichter so deutlich als wäre er
selbst in dem Zimmer, aber dann verschwanden sie hinter einer Wand, und er konnte sich nur noch vorstellen,
was gerade vor sich ging. Aber das war kein Problem,
er besaß viel Fantasie, und außerdem konnte er ja ihre
Stimmen hören.
Die familiären Stimmen und Geräusche, die aus den
Lautsprechern tönten, klangen überraschend klar über die
billigen drahtlosen Mikrofone, die er im Haus installiert
hatte. Er hatte überlegt, ob er auch Kameras anbringen
sollte, aber die Vorstellung, das Kind absolut lückenlos
zu beobachten, hatte ihm irgendwie widerstrebt.
Es war besser, einfach nur zu lauschen.
»Hast du deine Zahnspange drin, MaryAnn?«
»Mmm … ja.«
»Wirklich?«
»Äh … ja.«
»Soll ich raufkommen und …«
»Okay, Mom. Ich hole sie schon.«
»MaryAnn! Weißt du überhaupt, wie viel Geld dein
Vater und ich für deine Zähne ausgeben?«
»Okay, du musst nicht schreien. Ich hätte es schon
gemacht.«
»Und vergiss nicht die Zahnseide.«
»Ja, Mom.«
In der Dunkelheit seines Verstecks spielte der Beobachter mit einem Wegwerffeuerzeug. Die Plastikoberfläche ging von Rot zu Orange und Gelb über – jene
Farben, die ein Amateurmaler verwendet hätte, um
eine Flamme darzustellen. Es brauchte schon einen
echten Künstler, um das volle Spektrum des Feuers zu
sehen – von blutrot über gelb, orange und schwarz bis
zu dem tiefen Violett, an dem man erkannte, dass es
etwas Lebendiges war.
Das Feuer ließ einen in dem trügerischen Glauben,
dass es gezähmt und beherrscht werden konnte, wie
ein weißer Tiger in der Zirkusmanege. Doch es brauchte nur eine kurze Bewegung mit dem Daumen, um sein
wahres Wesen ans Licht zu bringen, und wenn man
aufmerksam lauschte, hörte man auch seine wahre
Stimme – nicht unähnlich einem menschlichen Schrei.
»Und jetzt gehst du auch nicht mehr auf die Facebook-Webseite, MaryAnn. Es ist Zeit zum Schlafen.«
»Aber, Mom …«
»Kein Aber, es ist schon spät. Schalt den Computer
aus und geh ins Bett.«
»Ja, Mom.«
Als das Kind unter der Bettdecke lag, wurde es still
im Haus.
Der Beobachter beugte sich vor, schloss die Augen
und lauschte auf das leise Tappen von Füßen, als die
Frau zum Kühlschrank ging, sich ein Glas gekühlten
Chardonnay einschenkte (sie trank am liebsten Wein
aus Südaustralien) und sich in ihren Lehnstuhl setzte.
Die Bücherregale in dem gemütlichen Zimmer, von
dem man auf den gepflegten Garten hinausblickte,
waren voll mit Taschenbuchkrimis. Auf einem Brett
standen auch ein paar Schauspieltexte und Fernsehdrehbücher, in denen kleinere Sprechrollen gelb markiert waren. Aber diese Bücher gehörten alle ihrem
Mann.
Der Beobachter wusste, dass Hannah in dieser ruhigen Stunde einen ihrer viktorianischen Liebesromane
zur Hand nehmen würde, die sie dutzendweise in
einem Secondhand-Buchladen in Burnside kaufte. Sie
liebte diese Geschichten voll altmodischer Romantik
und knisternder Erotik, in denen es jede Menge bange
Momente zu überstehen gab, für die man mit dem unvermeidlichen Happy End entschädigt wurde.
Das leise Knistern von Alufolie verriet ihm, dass sie
auch ihrer Schwäche für Terry’s Chocolate Orange
nachgab. Der Beobachter bewunderte ihre Disziplin;
sie aß nie mehr als zwei oder drei Stück pro Abend,
so dass sie eine ganze Woche mit einer Packung auskam.
Zufrieden, dass Mutter und Kind ihre abendliche
Routine hinter sich gebracht hatten, griff der Beobachter nach einer kleinen Fernbedienung mit zwei Knöpfen, einem blauen und einem roten. Es war ein unauffälliges Ding, das ebenso wie das Feuerzeug billig und
leicht zu entsorgen war.
Er drückte den blauen Knopf.
Von seinem Standort in dem olivgrünen Van, der
ganz in der Nähe geparkt war, konnte man nicht erkennen, dass irgendetwas passierte. Doch im Haus, in
einem dunklen Winkel des Kellers, wurde ein sauberes
Loch in die Gasleitung gebohrt, die zur Heizung führte.
Nach vierzig Minuten würde das tödliche Gas anfangen, aus dem Keller nach oben zu steigen. Bis sich der
Geruch nach faulen Eiern bemerkbar machte, würden
Mutter und Kind bereits tief und fest schlafen.
Nach etwa siebzig Minuten würde der kleinste Funke
genügen, um das hübsche, zitronengelb und weiß gestrichene Haus in einen einzigen brennenden Scheiterhaufen zu verwandeln. Mit jeder weiteren Minute
würde noch mehr Gas austreten, so dass die Gefahr
bestand, dass von dem ganzen Block nur ein riesiger
Krater übrig blieb.
Der Beobachter sah wieder auf das Plastikfeuerzeug
in seiner Hand hinunter. Die ständige Bewegung seines Daumens hatte ein wenig von der orangen Farbe
abgerieben. So wie alle anderen Feuerzeuge, die er
bisher verwendet hatte, war auch dieses unter der
Oberfläche von einem blassen, fast durchscheinenden
Weiß.
Mit einem bedauernden Lächeln lehnte sich der Beobachter auf seinem Sitz zurück, drehte das Metallrädchen gegen den Feuerstein und sah zu, wie die kleine Flamme aus der Plastikhülle hervorsprang. In der
stillen Dunkelheit hörte er, wie das zerstörerische Wesen zu schreien begann.
3
Als Dr. Zack Parker mit seinem silberfarbenen viertürigen Mercedes E320 am Straßenrand anhielt, klopfte
sein Herz so heftig, dass er hörte, wie das Blut durch
seine Adern rauschte.
Er wischte sich mit dem Handrücken über die
schweißnasse Stirn und blickte durch das Wagenfenster auf das freundliche gelbe Haus auf der anderen
Straßenseite.
Er blinzelte sich noch ein paar Schweißtropfen aus
den Augen und sah, dass sich im Schlafzimmer oben im
ersten Stock etwas regte. Es hätte auch nur der Schatten eines Spitzenvorhangs sein können, der vom nächtlichen Lufthauch bewegt wurde, doch Zack war sich
sicher, dass er die zarte dunkle Gesichtshaut seiner
Tochter gesehen hatte, mit dem hübschesten kleinen
Mund, den er je geküsst hatte.
Die Lippen waren zu einem Lächeln hochgezogen.
Als Zack die Autotür öffnete, klingelte sein Handy.
Nein. Bitte nicht, flüsterte er vor sich hin.
Das Handy hörte nicht auf zu klingeln, während er
wie erstarrt mitten auf der Straße stand, den Blick unverwandt auf das Schlafzimmerfenster gerichtet, und
auf die unbewegte Dunkelheit dahinter.
Mit wachsender Angst klappte er das Handy auf und
hob es ans Ohr.
»Der Plan wird geändert«, sagte die verfremdete
Stimme.
»Neiiin!«
Er schrie entsetzt auf und begann zu laufen. Die
Namen der beiden Menschen, die er auf dieser Welt am
meisten liebte, auf seinen Lippen.
Tränen trübten seine Augen, als ihn die volle Wucht
der Explosion traf.
Zack wurde von den Beinen gerissen und zurückgeschleudert. Er spürte ein Brennen in der Lunge, als er
durch die Luft gewirbelt wurde, über seinen Wagen
hinweg, dessen Dach er mit den Füßen streifte.
Sein solides deutsches Auto wurde durchgeschüttelt,
doch das schwere Fahrgestell hielt die Räder fest am
Boden. Zack landete hinter dem Mercedes und rollte
über einen grünen Rasen, während rings um ihn die
Autoalarmanlagen reihenweise losgingen.
Wo das gelbe Haus gestanden hatte, ragte eine riesige
Feuersäule zum Himmel empor.
Auf dem Rücken liegend, außer Atem, blutüberströmt und zerschrammt, sah Zack, wie eine riesige
Wolke von brennenden Trümmerresten herabfiel wie
glühender Regen.
Das war’s, schoss es durch Zacks Kopf, während
sich seine Gedanken in eine stille Dunkelheit zurückzogen, aus der er, so hoffte er, nie mehr auftauchen
würde.
4
Sam White biss herzhaft in sein Thunfisch-Kartoffelchips-Sandwich und bewunderte einen 60-Zoll-Plasmafernseher im Schaufenster des Sony-Geschäfts. Der
Fernseher war nicht eingeschaltet, da das Geschäft
geschlossen war und sich längst keine Kunden mehr im
Einkaufszentrum befanden.
Auch ausgeschaltet sah das Gerät toll aus – vor allem
aber kostete es mehr, als Sam in einem Monat verdiente. Verdammt, sogar in zwei Monaten, wenn er keine
Überstunden machte.
Sam aß sein Sandwich auf und leckte sich die Finger
ab, bevor er sich noch etwas Kaffee in seinen Plastikbecher einschenkte – aus der neuen roten Thermosflasche mit dem Maskottchen der Portland Beavers darauf. Mit einem Lächeln griff er in seine Tasche und zog
einen großen unförmigen Haferkeks hervor. Seine Tochter hatte den Keks gebacken und mit kleinen Stückchen eines Marsriegels bestreut. Es war ein Rezept, das
er ihr beigebracht hatte, als sie sich für das Kochen zu
interessieren begann.
Sam tunkte den Keks in den Kaffee und sog die
schmelzende Masse in den Mund, als plötzlich sein
Funkgerät zum Leben erwachte.
»Sam, kommen. Bist du da? Over.«
Sam verdrehte die Augen, als er Kenneth Bakers zittrige Stimme hörte. Der Zweiundzwanzigjährige studierte Kriminalpsychologie an der hiesigen Universität,
aber Sam bezweifelte, dass er je den Abschluss schaffen
würde.
Sam nahm das Funkgerät vom Gürtel, hob es an den
Mund, während er fertig kaute, und drückte die Sendetaste.
»Was gibt’s, Ken?«
»Äh, nichts Besonderes. Was machst du so? Over.«
Sam lachte. »Ich esse gerade einen Happen und seh
mir den Fernseher hier an, den ich mir sicher nie leisten
kann.«
»Cool. Hey, ich habe heute Nachmittag deinen Werbespot im Sportkanal gesehen. Du warst toll. Over.«
Sam stöhnte.
»Ich verwandle mich in einen riesigen Biber, Ken.
Nicht gerade oscarverdächtig.«
»Äh, nein, aber … na ja, ich fand dich schon überzeugend. Over.«
»Danke, Ken. Das freut mich zu hören. Ich muss halt
irgendwie dranbleiben, du weißt schon.«
»Ja, klar. Es gibt viele Schauspieler, die in Werbespots
entdeckt wurden, nicht wahr? Over.«
»Ja«, sagte Sam. »Ich und Jodie Foster, Junge.«
»Jodie Foster hat Werbespots gemacht? Over.«
»Mit zwei Jahren hat sie in einem Spot für Coppertone-Sonnencreme mitgespielt. Elf Jahre später wurde
sie für den Oscar nominiert.«
»Oh, wow. Also, das habe ich nicht gewusst. Over.«
»Ja.« Sam lachte. »Aber sie ist eben Jodie Foster, und
ich spiele das verdammte Maskottchen der Portland
Beavers.«
Ȁh, aber du hast es echt gut gemacht, Sam. Du hast
mich richtig zum Lachen gebracht. Oh, und ich habe es
für dich auf eine DVD gebrannt. Ich geb sie dir nachher. Macht sich vielleicht gut in deinem Lebenslauf. Da
sieht man dich sozusagen in Aktion, nicht wahr?
Over.«
Sam schwieg einen Augenblick, gerührt von der Unterstützung seines Kollegen. Er schämte sich ein wenig,
dass er so undankbar war.
»Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir, Ken. Ich
glaube, meine Tochter hat es noch gar nicht gesehen.
Ist schön, dass ich es ihr jetzt zeigen kann.«
»Kein Problem. Ich hab mir nur gedacht, das ist
wirklich cool, dich da im Fernsehen zu sehen. Ich hab’s
auch meiner Mom gezeigt, und sie war total begeistert.
Ich hab selbst gehört, wie sie bei den Nachbarn damit
angegeben hat, dass ich einen berühmten Schauspieler
zum Kollegen habe. Over.«
Sam lachte. Der Junge war wirklich rührend.
»Ich würde vorschlagen, wir machen jetzt unsere
Runde, Ken. Und vergiss nicht, die Türen zu überprüfen. Wir treffen uns später auf einen Kaffee.«
»Ja, okay, geht klar. Over.«
Sam nahm den letzten Schluck von seinem Kaffee
und schraubte den Plastikbecher auf die Thermosflasche. Als er zur Mülltonne hinüberging, um die
Sandwichtüte hineinzuwerfen, sah er sein Spiegelbild
in einem dunklen Schaufenster.
Die Uniform eines Sicherheitsmannes – schwarze
Hose, hellblaues Hemd mit dunkleren Taschenklappen
und Schulterstücken, schwarzer Gürtel und Halfter
mit Pistole, Taschenlampe, Pfefferspray und Teleskop
schlagstock – war ganz der Portland City Police nachempfunden. Das Outfit sollte potenziellen Ladendieben Angst und normalen Kunden Respekt einflößen.
Zumindest theoretisch.
In den letzten Jahren hatte sich die Rolle der Sicherheitsleute, die tagsüber Dienst taten, doch beträchtlich
gewandelt; war man früher hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, Ladendiebstahl zu verhindern, so
ging es heute vor allem darum, den Kunden ein Gefühl
von Sicherheit zu vermitteln. Das bedeutete, dass man
in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden nicht
nur auf Ladendiebe zu achten hatte, sondern auch
auf Drogendealer, Zuhälter, die darauf aus waren,
naive Schülerinnen zu rekrutieren, zugedröhnte Kleinkriminelle auf der Jagd nach dem nächsten Schuss und
potenzielle Autodiebe, die möglicherweise draußen
auf dem Parkplatz auf eine günstige Gelegenheit
lauerten.
In der Nachtschicht ging es jedoch immer noch darum, auf die Waren in den Geschäften aufzupassen.
Und etwas anderes wollte Sam auch gar nicht tun. Bei
diesem Job musste er nicht viel nachdenken und sich
um nichts kümmern.
Wenn er so durch die großen leeren Gebäude streifte, Türen überprüfte und Kaffee trank, ließ er seine Gedanken zu dem Drehbuch schweifen, das er eines Tages
schreiben würde. Er stellte sich vor, dass er es machen
würde wie Sylvester Stallone und den großen Studios
sagen würde, dass sie den Film nur produzieren durften, wenn er die Hauptrolle spielte.
Im Gegensatz zu Rocky hatte Sam jedoch noch keine
todsichere Geschichte aus dem Hut gezaubert, die ihm
die Geldgeber aus den Händen reißen würden.
Sein Funkgerät begann erneut zu knacken.
»Äh, Sam, bist du da? Over.«
»Ja, Ken. Was gibt’s?«
»Ich hab da was gehört. Over.«
Sam seufzte. Der Junge war so nervös, dass er an die
Decke sprang, wenn eine Maus einen Furz ließ. Zum
Glück hatten hier im Pazifischen Nordwesten selbst die
Mäuse nicht so schlechte Manieren. Schließlich war
das hier nicht L.A.
»Was hast du gehört?«
»Äh … na ja, Stimmen, glaube ich, und ein Klopfen
an der Seitentür hinter den Juwelierläden. Over.«
»Hast du nachgesehen?«
»Ja, die Tür war nicht verschlossen. Ich muss es beim
ersten Rundgang übersehen haben. Ich glaube, es ist
jemand drin. Over.«
Sam warf seinen Abfall in die Tonne und wischte sich
die Kekskrümel und Kartoffelchipsstückchen vom
Hemd.
»Bleib, wo du bist, Ken. Ich bin gleich bei dir.«
Er ging ruhigen Schrittes durch das Einkaufszentrum, vorbei am Food-Court, und fuhr mit dem
Aufzug hinunter ins Erdgeschoss. Dort bog er in den
Gang zu den Toiletten ein und schritt durch eine Tür
mit der Aufschrift »Zutritt nur für Personal«, hinter der
sich ein Labyrinth von Gängen und Lagerräumen verbarg.
Er fand Ken schließlich Fingernägel kauend vor einer
Doppeltür, die zum hinteren Parkplatz führte. Trotz
UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE
Grant McKenzie
Die Stimme des Dämons
Thriller
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Taschenbuch, Broschur, 384 Seiten, 11,8 x 18,7 cm
ISBN: 978-3-453-40679-7
Heyne
Erscheinungstermin: August 2009
Sind Sie bereit, für Ihre Familie zu töten?
»Zack schloss die Augen und kämpfte gegen das Gefühl des Wahnsinns an, das ihn überfiel und
in einen Abgrund zog, aus dem es kein Zurück gegeben hätte. ›Ich habe alles getan, was Sie
wollten.‹ ›Kann sein‹, sagte die Stimme. Zack wartete und merkte gar nicht, dass er den Atem
anhielt, bis seine Lunge zu brennen begann. ›Sie warten‹, fügte die Stimme hinzu. ›Ich sage
Ihnen jetzt, was Sie tun werden.‹«
Der schlimmste Albtraum eines Mannes wird Wirklichkeit: Eine anonyme, elektronisch verzerrte
Stimme teilt ihm per Handy mit, seine Frau und Tochter entführt zu haben. Um sie lebend
wiederzusehen, muss er neben einem Lösegeld von einer Million Dollar mehrere brutale
Verbrechen begehen. Als er schließlich am Haus, in dem sich seine gekidnappte Familie
angeblich befindet, eintrifft, fliegt es vor seinen Augen in die Luft. Dies ist der Auftakt zu einem
gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel.
Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit, ein Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes.
liefert Holmen Paper, Hallstavik, Schweden.
Vollständige deutsche Erstausgabe 08/2009
Copyright © 2008 by Grant McKenzie
Copyright © 2009 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House
Printed in Germany 2009
Umschlagfoto: © Plainpicture/ Biwa Inc
Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München
Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-453-40679-7
www.heyne.de
Für Kailey – die immer wissen wird, dass Träume
wahr werden können.
Für Karen – die es bereits gewusst hat.
0
Rick Ironwood taumelte schwer getroffen rückwärts,
und sein schwaches Knie gab mit einem Knacken nach,
als er in einer Ölpfütze ausrutschte.
Ein jäher Schmerz nahm ihm den Atem, und durch
den Schock mitgenommen, drang anstatt eines
Schreies nur ein kurzes Aufstöhnen aus seinem Mund.
Seine Füße fanden keinen Halt mehr und rutschten
unter ihm weg. Einen Moment lang hing er in der
Luft, sein Körper grotesk verdreht, bis er mit seinen
ganzen hundertzwanzig Kilo zu Boden ging. Im Fallen
warf er ein Dutzend alte Ölkanister um, ehe er mit
dem Hinterkopf auf dem harten Betonboden der
Garage aufschlug.
Rick stöhnte auf, während sein Körper den Schmerzen nachgab. Sein Gesicht glich einer blutigen Maske
mit klaffenden Wunden an der linken Wange und der
Oberlippe, und seine schon zweimal gebrochene Nase
brach erneut unter dem unerwarteten Angriff.
Er hielt die Hände hoch.
»Shit! Nehmen Sie alles, was Sie wollen! Das Auto!
Egal was! Herrgott! Es ist doch überhaupt nichts da!«
Der große dunkelhäutige Mann mit der Pistole sah
ihn an, die Augen weit aufgerissen und die Pupillen so
klein, dass das Weiße in seinen Augen an weichgekochte Eier erinnerte. Sein Mund war halb geöffnet, so
als wäre er selbst erstaunt, wie leicht er den viel schwereren Mann zu Fall gebracht hatte.
Als Rick so auf dem Rücken lag, mit blutüberströmtem Gesicht und verzerrten Muskeln, wurde ihm kurz
bewusst, dass sich sein Körper in all den Jahren nicht
zu seinem Vorteil verändert hatte; die harten Muskeln
seiner Jugend hatten sich in Fett verwandelt, nachdem
er sich viel zu wenig bewegt und viel zu viel Bier getrunken hatte. Seine Haut war kränklich blass von all
den ungesunden Fertiggerichten und der Lebererkrankung, die man erst kürzlich festgestellt hatte. Sein kahl
geschorener Kopf mit den spärlichen kurzen Stoppeln
konnte nicht verbergen, dass sein Haarausfall schon
weit fortgeschritten war.
Trotz seiner schlechten körperlichen Verfassung hätte er nicht erwartet, von einem mageren Kerl im
Business-Anzug niedergeschlagen zu werden, der noch
zu schwächlich aussah, um sich ordentlich die Haare
zu kämmen. Sicher, der Angriff war völlig überraschend gekommen, aber es war noch nicht so lange
her, dass er selbst dafür bekannt gewesen war, gehörig
austeilen zu können.
Während er an seinem Blut würgte und mühsam versuchte, durch die gebrochene Nase zu atmen, fragte er
sich einen Moment lang, warum irgendjemand in seine
Garage eindringen sollte. Das einzig Wertvolle war sein
schwarzer Pontiac Trans Am Firebird Baujahr ’79 mit
dem silbernen Adler auf der Motorhaube. Aber nach
dem der Wagen auf Betonklötzen stand, war er höchstens ein paar hundert Dollar wert. Rick wollte ihn
eigentlich wiederherstellen, aber das Geld lag nun einmal nicht auf der Straße, zumindest nicht in der Gegend, in der er wohnte.
Der Mann, der ihn niedergeschlagen hatte, eine
schlaksige dunkle Gestalt, richtete eine kleine, blutbefleckte Pistole auf Ricks Gesicht. Die Detonics Pocket
Nine sah fast ein bisschen lächerlich aus mit ihrem sieben Zentimeter langen Lauf, der kaum dicker war als
die kohlschwarzen Finger des Mannes. Rick hatte fast
gelacht, als der gut gekleidete Fremde die Pistole aus
der Tasche zog – bis ihn der Kerl mit der Waffe niederschlug.
Der Mann begann schließlich mit leiser Stimme zu
sprechen.
»Ich hatte dich fast vergessen.«
»Ver … gessen?« Mit seinem blutenden Mund hatte
Rick Mühe, zu sprechen. »Ich weiß nicht … wer zum
Teufel … Sie sind!«
»Doch«, sagte der Mann leise, »du weißt es.« Er hielt
einen Augenblick inne und fügte dann hinzu: »Ironman.«
Rick kniff verdutzt die Augen zusammen; der alte
Spitzname löste Erinnerungen bei ihm aus, die durchaus angenehm waren – ja, sie gehörten sogar zu den
schönsten seines Lebens.
»Es tut mir leid«, fügte der Mann hinzu.
»Was …?«
Ricks Gesicht wurde fast entzweigerissen, als die
Kugel seine Nase durchschlug und wie eine umher
schießende Flipperkugel vom Knochen abprallte und
eine Spur der Zerstörung durch das Gewebe zog, ehe
sie durch den weichen Gaumen wieder austrat.
Seine untere Gesichtshälfte war zerfetzt und sein Gehirn brannte wie Feuer von dem Schock, doch er lebte
noch. Er versuchte zu sprechen, mit dem Mann zu verhandeln, doch seine Zunge war zerrissen. Er spürte den
kalten Beton an seiner Wange und merkte, dass er den
Kopf nicht mehr heben konnte.
Rick versuchte verzweifelt, einen Grund für die brutale Attacke zu finden. Sein Blick fiel auf eine Holzbank, auf der ein unfertiges Vogelhaus stand, und daneben ein alter Werkzeugkasten, der einst seinem Vater
gehört hatte.
Den Werkzeugkasten, der genauso rostig und abgenutzt war wie alles bei ihm, hatte er früher als Versteck benutzt, als er noch eine Frau hatte, vor der es
etwas zu verstecken gab. In dem Kasten lagen ein paar
Hustler-Hefte mit Eselsohren, eine kleine Metallpfeife,
die ein Kumpel von ihm, der bei der Army war, aus
Patronenhülsen gebastelt hatte, und ein Glasfläschchen mit zwei kleinen Klumpen Methamphetamin.
Was er hier aufbewahrte, war alles in allem vielleicht
zehn Dollar wert.
Der Mann mit der Waffe trat einen Schritt näher. In
seinen polierten schwarzen Schuhen spiegelte sich
Ricks entsetztes Gesicht. Rick stieß einen wimmernden Laut hervor, und er konnte nicht mehr weiterdenken, als er den heißen Lauf der Pistole an seiner
Schläfe spürte.
Ricks Blick schnellte nach oben, und als er das dunkle ernste Gesicht des Mannes so nah vor sich sah, erinnerte er sich plötzlich an ihn.
Es war der letzte Gedanke, den er hatte.
1
Der dünne Mann fühlte sich so zerbrechlich wie
Glas.
Mit zitternden Händen steckte er die warme Pistole
in die Tasche seines Anzugjacketts und zog ein gefaltetes weißes Stoffdreieck hervor. Er wischte sich den
Schweiß vom Gesicht und sah das Blut auf dem Taschentuch – Ironwoods Blut.
Großer Gott, dachte er. Was ist nur aus mir geworden?
Sein Handy piepste, und das unerwartete Geräusch
hätte ihn fast dazu gebracht, auf die Knie zu fallen und
sich die verdammte Pistole selbst in den Mund zu
stecken. Aber er würde jetzt nicht die Nerven verlieren,
nachdem er so weit gegangen war.
Er nahm den Anruf entgegen.
»Es ist erledigt.«
»Ich weiß«, sagte eine Stimme, die mit Hilfe von billigen elektronischen Hilfsmitteln verfremdet war.
»Sie haben es gesehen?«
»Sie haben eine ziemliche Schweinerei angerichtet,
Dr. Parker.«
Zack Parker suchte an der Decke der Garage
nach einer Kamera. Es überraschte ihn nicht, dass
er nichts fand. Wenn es heute Kameras gab, die so
klein waren, dass sie im Blutkreislauf schwimmen und
Plaque-Ablagerungen in den Blutgefäßen eines schlagenden Herzens finden konnten, dann konnten in
einem Raum wie diesem Tausende davon versteckt
sein.
Die verfremdete Stimme lachte.
»Soll ich Ihnen eine Kopie von der Aufnahme
schicken?«
Zack schloss die Augen und kämpfte gegen das Gefühl des Wahnsinns an, das ihn überfiel und in einen
Abgrund zog, aus dem es kein Zurück gegeben hätte.
»Ich habe alles getan, was Sie wollten.«
»Kann sein«, sagte die Stimme.
Zack wartete und merkte gar nicht, dass er den Atem
anhielt, bis seine Lunge zu brennen begann.
»Sie warten«, fügte die Stimme hinzu. »Ich sage
Ihnen jetzt, was Sie tun werden.«
Drinnen im Haus begannen Mutter und Tochter mit
ihrem abendlichen Ritual.
Es kam ihm vor, als würde er eine Seifenoper im
Fernsehen verfolgen. Als sie an einem Fenster vorbeigingen, sah er ihre Gesichter so deutlich als wäre er
selbst in dem Zimmer, aber dann verschwanden sie hinter einer Wand, und er konnte sich nur noch vorstellen,
was gerade vor sich ging. Aber das war kein Problem,
er besaß viel Fantasie, und außerdem konnte er ja ihre
Stimmen hören.
Die familiären Stimmen und Geräusche, die aus den
Lautsprechern tönten, klangen überraschend klar über die
billigen drahtlosen Mikrofone, die er im Haus installiert
hatte. Er hatte überlegt, ob er auch Kameras anbringen
sollte, aber die Vorstellung, das Kind absolut lückenlos
zu beobachten, hatte ihm irgendwie widerstrebt.
Es war besser, einfach nur zu lauschen.
»Hast du deine Zahnspange drin, MaryAnn?«
»Mmm … ja.«
»Wirklich?«
»Äh … ja.«
»Soll ich raufkommen und …«
»Okay, Mom. Ich hole sie schon.«
»MaryAnn! Weißt du überhaupt, wie viel Geld dein
Vater und ich für deine Zähne ausgeben?«
»Okay, du musst nicht schreien. Ich hätte es schon
gemacht.«
»Und vergiss nicht die Zahnseide.«
»Ja, Mom.«
In der Dunkelheit seines Verstecks spielte der Beobachter mit einem Wegwerffeuerzeug. Die Plastikoberfläche ging von Rot zu Orange und Gelb über – jene
Farben, die ein Amateurmaler verwendet hätte, um
eine Flamme darzustellen. Es brauchte schon einen
echten Künstler, um das volle Spektrum des Feuers zu
sehen – von blutrot über gelb, orange und schwarz bis
zu dem tiefen Violett, an dem man erkannte, dass es
etwas Lebendiges war.
Das Feuer ließ einen in dem trügerischen Glauben,
dass es gezähmt und beherrscht werden konnte, wie
ein weißer Tiger in der Zirkusmanege. Doch es brauchte nur eine kurze Bewegung mit dem Daumen, um sein
wahres Wesen ans Licht zu bringen, und wenn man
aufmerksam lauschte, hörte man auch seine wahre
Stimme – nicht unähnlich einem menschlichen Schrei.
»Und jetzt gehst du auch nicht mehr auf die Facebook-Webseite, MaryAnn. Es ist Zeit zum Schlafen.«
»Aber, Mom …«
»Kein Aber, es ist schon spät. Schalt den Computer
aus und geh ins Bett.«
»Ja, Mom.«
Als das Kind unter der Bettdecke lag, wurde es still
im Haus.
Der Beobachter beugte sich vor, schloss die Augen
und lauschte auf das leise Tappen von Füßen, als die
Frau zum Kühlschrank ging, sich ein Glas gekühlten
Chardonnay einschenkte (sie trank am liebsten Wein
aus Südaustralien) und sich in ihren Lehnstuhl setzte.
Die Bücherregale in dem gemütlichen Zimmer, von
dem man auf den gepflegten Garten hinausblickte,
waren voll mit Taschenbuchkrimis. Auf einem Brett
standen auch ein paar Schauspieltexte und Fernsehdrehbücher, in denen kleinere Sprechrollen gelb markiert waren. Aber diese Bücher gehörten alle ihrem
Mann.
Der Beobachter wusste, dass Hannah in dieser ruhigen Stunde einen ihrer viktorianischen Liebesromane
zur Hand nehmen würde, die sie dutzendweise in
einem Secondhand-Buchladen in Burnside kaufte. Sie
liebte diese Geschichten voll altmodischer Romantik
und knisternder Erotik, in denen es jede Menge bange
Momente zu überstehen gab, für die man mit dem unvermeidlichen Happy End entschädigt wurde.
Das leise Knistern von Alufolie verriet ihm, dass sie
auch ihrer Schwäche für Terry’s Chocolate Orange
nachgab. Der Beobachter bewunderte ihre Disziplin;
sie aß nie mehr als zwei oder drei Stück pro Abend,
so dass sie eine ganze Woche mit einer Packung auskam.
Zufrieden, dass Mutter und Kind ihre abendliche
Routine hinter sich gebracht hatten, griff der Beobachter nach einer kleinen Fernbedienung mit zwei Knöpfen, einem blauen und einem roten. Es war ein unauffälliges Ding, das ebenso wie das Feuerzeug billig und
leicht zu entsorgen war.
Er drückte den blauen Knopf.
Von seinem Standort in dem olivgrünen Van, der
ganz in der Nähe geparkt war, konnte man nicht erkennen, dass irgendetwas passierte. Doch im Haus, in
einem dunklen Winkel des Kellers, wurde ein sauberes
Loch in die Gasleitung gebohrt, die zur Heizung führte.
Nach vierzig Minuten würde das tödliche Gas anfangen, aus dem Keller nach oben zu steigen. Bis sich der
Geruch nach faulen Eiern bemerkbar machte, würden
Mutter und Kind bereits tief und fest schlafen.
Nach etwa siebzig Minuten würde der kleinste Funke
genügen, um das hübsche, zitronengelb und weiß gestrichene Haus in einen einzigen brennenden Scheiterhaufen zu verwandeln. Mit jeder weiteren Minute
würde noch mehr Gas austreten, so dass die Gefahr
bestand, dass von dem ganzen Block nur ein riesiger
Krater übrig blieb.
Der Beobachter sah wieder auf das Plastikfeuerzeug
in seiner Hand hinunter. Die ständige Bewegung seines Daumens hatte ein wenig von der orangen Farbe
abgerieben. So wie alle anderen Feuerzeuge, die er
bisher verwendet hatte, war auch dieses unter der
Oberfläche von einem blassen, fast durchscheinenden
Weiß.
Mit einem bedauernden Lächeln lehnte sich der Beobachter auf seinem Sitz zurück, drehte das Metallrädchen gegen den Feuerstein und sah zu, wie die kleine Flamme aus der Plastikhülle hervorsprang. In der
stillen Dunkelheit hörte er, wie das zerstörerische Wesen zu schreien begann.
3
Als Dr. Zack Parker mit seinem silberfarbenen viertürigen Mercedes E320 am Straßenrand anhielt, klopfte
sein Herz so heftig, dass er hörte, wie das Blut durch
seine Adern rauschte.
Er wischte sich mit dem Handrücken über die
schweißnasse Stirn und blickte durch das Wagenfenster auf das freundliche gelbe Haus auf der anderen
Straßenseite.
Er blinzelte sich noch ein paar Schweißtropfen aus
den Augen und sah, dass sich im Schlafzimmer oben im
ersten Stock etwas regte. Es hätte auch nur der Schatten eines Spitzenvorhangs sein können, der vom nächtlichen Lufthauch bewegt wurde, doch Zack war sich
sicher, dass er die zarte dunkle Gesichtshaut seiner
Tochter gesehen hatte, mit dem hübschesten kleinen
Mund, den er je geküsst hatte.
Die Lippen waren zu einem Lächeln hochgezogen.
Als Zack die Autotür öffnete, klingelte sein Handy.
Nein. Bitte nicht, flüsterte er vor sich hin.
Das Handy hörte nicht auf zu klingeln, während er
wie erstarrt mitten auf der Straße stand, den Blick unverwandt auf das Schlafzimmerfenster gerichtet, und
auf die unbewegte Dunkelheit dahinter.
Mit wachsender Angst klappte er das Handy auf und
hob es ans Ohr.
»Der Plan wird geändert«, sagte die verfremdete
Stimme.
»Neiiin!«
Er schrie entsetzt auf und begann zu laufen. Die
Namen der beiden Menschen, die er auf dieser Welt am
meisten liebte, auf seinen Lippen.
Tränen trübten seine Augen, als ihn die volle Wucht
der Explosion traf.
Zack wurde von den Beinen gerissen und zurückgeschleudert. Er spürte ein Brennen in der Lunge, als er
durch die Luft gewirbelt wurde, über seinen Wagen
hinweg, dessen Dach er mit den Füßen streifte.
Sein solides deutsches Auto wurde durchgeschüttelt,
doch das schwere Fahrgestell hielt die Räder fest am
Boden. Zack landete hinter dem Mercedes und rollte
über einen grünen Rasen, während rings um ihn die
Autoalarmanlagen reihenweise losgingen.
Wo das gelbe Haus gestanden hatte, ragte eine riesige
Feuersäule zum Himmel empor.
Auf dem Rücken liegend, außer Atem, blutüberströmt und zerschrammt, sah Zack, wie eine riesige
Wolke von brennenden Trümmerresten herabfiel wie
glühender Regen.
Das war’s, schoss es durch Zacks Kopf, während
sich seine Gedanken in eine stille Dunkelheit zurückzogen, aus der er, so hoffte er, nie mehr auftauchen
würde.
4
Sam White biss herzhaft in sein Thunfisch-Kartoffelchips-Sandwich und bewunderte einen 60-Zoll-Plasmafernseher im Schaufenster des Sony-Geschäfts. Der
Fernseher war nicht eingeschaltet, da das Geschäft
geschlossen war und sich längst keine Kunden mehr im
Einkaufszentrum befanden.
Auch ausgeschaltet sah das Gerät toll aus – vor allem
aber kostete es mehr, als Sam in einem Monat verdiente. Verdammt, sogar in zwei Monaten, wenn er keine
Überstunden machte.
Sam aß sein Sandwich auf und leckte sich die Finger
ab, bevor er sich noch etwas Kaffee in seinen Plastikbecher einschenkte – aus der neuen roten Thermosflasche mit dem Maskottchen der Portland Beavers darauf. Mit einem Lächeln griff er in seine Tasche und zog
einen großen unförmigen Haferkeks hervor. Seine Tochter hatte den Keks gebacken und mit kleinen Stückchen eines Marsriegels bestreut. Es war ein Rezept, das
er ihr beigebracht hatte, als sie sich für das Kochen zu
interessieren begann.
Sam tunkte den Keks in den Kaffee und sog die
schmelzende Masse in den Mund, als plötzlich sein
Funkgerät zum Leben erwachte.
»Sam, kommen. Bist du da? Over.«
Sam verdrehte die Augen, als er Kenneth Bakers zittrige Stimme hörte. Der Zweiundzwanzigjährige studierte Kriminalpsychologie an der hiesigen Universität,
aber Sam bezweifelte, dass er je den Abschluss schaffen
würde.
Sam nahm das Funkgerät vom Gürtel, hob es an den
Mund, während er fertig kaute, und drückte die Sendetaste.
»Was gibt’s, Ken?«
»Äh, nichts Besonderes. Was machst du so? Over.«
Sam lachte. »Ich esse gerade einen Happen und seh
mir den Fernseher hier an, den ich mir sicher nie leisten
kann.«
»Cool. Hey, ich habe heute Nachmittag deinen Werbespot im Sportkanal gesehen. Du warst toll. Over.«
Sam stöhnte.
»Ich verwandle mich in einen riesigen Biber, Ken.
Nicht gerade oscarverdächtig.«
»Äh, nein, aber … na ja, ich fand dich schon überzeugend. Over.«
»Danke, Ken. Das freut mich zu hören. Ich muss halt
irgendwie dranbleiben, du weißt schon.«
»Ja, klar. Es gibt viele Schauspieler, die in Werbespots
entdeckt wurden, nicht wahr? Over.«
»Ja«, sagte Sam. »Ich und Jodie Foster, Junge.«
»Jodie Foster hat Werbespots gemacht? Over.«
»Mit zwei Jahren hat sie in einem Spot für Coppertone-Sonnencreme mitgespielt. Elf Jahre später wurde
sie für den Oscar nominiert.«
»Oh, wow. Also, das habe ich nicht gewusst. Over.«
»Ja.« Sam lachte. »Aber sie ist eben Jodie Foster, und
ich spiele das verdammte Maskottchen der Portland
Beavers.«
Ȁh, aber du hast es echt gut gemacht, Sam. Du hast
mich richtig zum Lachen gebracht. Oh, und ich habe es
für dich auf eine DVD gebrannt. Ich geb sie dir nachher. Macht sich vielleicht gut in deinem Lebenslauf. Da
sieht man dich sozusagen in Aktion, nicht wahr?
Over.«
Sam schwieg einen Augenblick, gerührt von der Unterstützung seines Kollegen. Er schämte sich ein wenig,
dass er so undankbar war.
»Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir, Ken. Ich
glaube, meine Tochter hat es noch gar nicht gesehen.
Ist schön, dass ich es ihr jetzt zeigen kann.«
»Kein Problem. Ich hab mir nur gedacht, das ist
wirklich cool, dich da im Fernsehen zu sehen. Ich hab’s
auch meiner Mom gezeigt, und sie war total begeistert.
Ich hab selbst gehört, wie sie bei den Nachbarn damit
angegeben hat, dass ich einen berühmten Schauspieler
zum Kollegen habe. Over.«
Sam lachte. Der Junge war wirklich rührend.
»Ich würde vorschlagen, wir machen jetzt unsere
Runde, Ken. Und vergiss nicht, die Türen zu überprüfen. Wir treffen uns später auf einen Kaffee.«
»Ja, okay, geht klar. Over.«
Sam nahm den letzten Schluck von seinem Kaffee
und schraubte den Plastikbecher auf die Thermosflasche. Als er zur Mülltonne hinüberging, um die
Sandwichtüte hineinzuwerfen, sah er sein Spiegelbild
in einem dunklen Schaufenster.
Die Uniform eines Sicherheitsmannes – schwarze
Hose, hellblaues Hemd mit dunkleren Taschenklappen
und Schulterstücken, schwarzer Gürtel und Halfter
mit Pistole, Taschenlampe, Pfefferspray und Teleskop
schlagstock – war ganz der Portland City Police nachempfunden. Das Outfit sollte potenziellen Ladendieben Angst und normalen Kunden Respekt einflößen.
Zumindest theoretisch.
In den letzten Jahren hatte sich die Rolle der Sicherheitsleute, die tagsüber Dienst taten, doch beträchtlich
gewandelt; war man früher hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, Ladendiebstahl zu verhindern, so
ging es heute vor allem darum, den Kunden ein Gefühl
von Sicherheit zu vermitteln. Das bedeutete, dass man
in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden nicht
nur auf Ladendiebe zu achten hatte, sondern auch
auf Drogendealer, Zuhälter, die darauf aus waren,
naive Schülerinnen zu rekrutieren, zugedröhnte Kleinkriminelle auf der Jagd nach dem nächsten Schuss und
potenzielle Autodiebe, die möglicherweise draußen
auf dem Parkplatz auf eine günstige Gelegenheit
lauerten.
In der Nachtschicht ging es jedoch immer noch darum, auf die Waren in den Geschäften aufzupassen.
Und etwas anderes wollte Sam auch gar nicht tun. Bei
diesem Job musste er nicht viel nachdenken und sich
um nichts kümmern.
Wenn er so durch die großen leeren Gebäude streifte, Türen überprüfte und Kaffee trank, ließ er seine Gedanken zu dem Drehbuch schweifen, das er eines Tages
schreiben würde. Er stellte sich vor, dass er es machen
würde wie Sylvester Stallone und den großen Studios
sagen würde, dass sie den Film nur produzieren durften, wenn er die Hauptrolle spielte.
Im Gegensatz zu Rocky hatte Sam jedoch noch keine
todsichere Geschichte aus dem Hut gezaubert, die ihm
die Geldgeber aus den Händen reißen würden.
Sein Funkgerät begann erneut zu knacken.
»Äh, Sam, bist du da? Over.«
»Ja, Ken. Was gibt’s?«
»Ich hab da was gehört. Over.«
Sam seufzte. Der Junge war so nervös, dass er an die
Decke sprang, wenn eine Maus einen Furz ließ. Zum
Glück hatten hier im Pazifischen Nordwesten selbst die
Mäuse nicht so schlechte Manieren. Schließlich war
das hier nicht L.A.
»Was hast du gehört?«
»Äh … na ja, Stimmen, glaube ich, und ein Klopfen
an der Seitentür hinter den Juwelierläden. Over.«
»Hast du nachgesehen?«
»Ja, die Tür war nicht verschlossen. Ich muss es beim
ersten Rundgang übersehen haben. Ich glaube, es ist
jemand drin. Over.«
Sam warf seinen Abfall in die Tonne und wischte sich
die Kekskrümel und Kartoffelchipsstückchen vom
Hemd.
»Bleib, wo du bist, Ken. Ich bin gleich bei dir.«
Er ging ruhigen Schrittes durch das Einkaufszentrum, vorbei am Food-Court, und fuhr mit dem
Aufzug hinunter ins Erdgeschoss. Dort bog er in den
Gang zu den Toiletten ein und schritt durch eine Tür
mit der Aufschrift »Zutritt nur für Personal«, hinter der
sich ein Labyrinth von Gängen und Lagerräumen verbarg.
Er fand Ken schließlich Fingernägel kauend vor einer
Doppeltür, die zum hinteren Parkplatz führte. Trotz
UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE
Grant McKenzie
Die Stimme des Dämons
Thriller
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Taschenbuch, Broschur, 384 Seiten, 11,8 x 18,7 cm
ISBN: 978-3-453-40679-7
Heyne
Erscheinungstermin: August 2009
Sind Sie bereit, für Ihre Familie zu töten?
»Zack schloss die Augen und kämpfte gegen das Gefühl des Wahnsinns an, das ihn überfiel und
in einen Abgrund zog, aus dem es kein Zurück gegeben hätte. ›Ich habe alles getan, was Sie
wollten.‹ ›Kann sein‹, sagte die Stimme. Zack wartete und merkte gar nicht, dass er den Atem
anhielt, bis seine Lunge zu brennen begann. ›Sie warten‹, fügte die Stimme hinzu. ›Ich sage
Ihnen jetzt, was Sie tun werden.‹«
Der schlimmste Albtraum eines Mannes wird Wirklichkeit: Eine anonyme, elektronisch verzerrte
Stimme teilt ihm per Handy mit, seine Frau und Tochter entführt zu haben. Um sie lebend
wiederzusehen, muss er neben einem Lösegeld von einer Million Dollar mehrere brutale
Verbrechen begehen. Als er schließlich am Haus, in dem sich seine gekidnappte Familie
angeblich befindet, eintrifft, fliegt es vor seinen Augen in die Luft. Dies ist der Auftakt zu einem
gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel.
Ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit, ein Pageturner im wahrsten Sinne des Wortes.
... weniger
Autoren-Porträt von Grant McKenzie
Grant McKenzie kam in Schottland zur Welt, hat aber in den vergangenen 25 Jahren als Journalist in Kanada gearbeitet. Zu Beginn seiner Laufbahn war er für eine große kanadische Boulevardzeitung auf dem "Deadbody-Beat" unterwegs - er übernahm die Nachtschicht und war der erste Journalist am Ort eines Verbrechens. Später wurde er Chefredakteur und Kolumnist für Zeitungen und Magazine. Grant McKenzie lebt mit seiner Frau und seiner Tochter an der Sunshine Coast in British Columbia, Kanada.
Bibliographische Angaben
- Autor: Grant McKenzie
- 2009, 381 Seiten, Maße: 11,7 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Norbert Jakober
- Übersetzer: Norbert Jakober
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453406796
- ISBN-13: 9783453406797
Rezension zu „Die Stimme des Dämons “
"Wie Harlan Coben auf Speed."
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