Ein bisschen Kowalski gibt es nicht / Kowalski Bd.2
Deutsche Erstveröffentlichung
Moment mal die hübsche Lady da am Tresen wird belästigt! Doch als Kevin Kowalski, Besitzer der Sportsbar, ihren aufdringlichen Verehrer k.o. schlägt, erlebt er gleich mehrere Überraschungen. Die erste: Das Opfer, Beth Hansen, ist sauer auf ihn, statt...
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Produktinformationen zu „Ein bisschen Kowalski gibt es nicht / Kowalski Bd.2 “
Klappentext zu „Ein bisschen Kowalski gibt es nicht / Kowalski Bd.2 “
Moment mal die hübsche Lady da am Tresen wird belästigt! Doch als Kevin Kowalski, Besitzer der Sportsbar, ihren aufdringlichen Verehrer k.o. schlägt, erlebt er gleich mehrere Überraschungen. Die erste: Das Opfer, Beth Hansen, ist sauer auf ihn, statt dankbar zu sein. Der Typ da auf dem Kneipenboden ist nämlich ihr Boss! Und dank Kevin ist sie jetzt ihren Job los. Die zweite: Nicht lange, und er sieht Beth wieder was in einem heißen One-Night-Stand endet. Die dritte: Kevin wird Daddy! Und die vierte Überraschung: Beth denkt gar nicht daran, ihn in ihr Leben zu lassen. Aber Kevin nimmt es sportlich. Gewinner ist schließlich der, der zuerst am Ziel ankommt. Und seines ist glasklar: Beth, Baby und Flitterwochen.
Lese-Probe zu „Ein bisschen Kowalski gibt es nicht / Kowalski Bd.2 “
Ein bisschen Kowalski gibt es nicht von Shannon Stacey1. KAPITEL
Oktober
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Jedes Mal, wenn die New England Patriots einen Platz in der Tabelle aufrückten, gönnte Kevin Kowalski sich einen One-Night-Stand.
Ein Sieg für sein Team bedeutete einen Sieg für ihn. Es war zwar nicht so, dass er sonntags unbedingt Gesellschaft brauchte, aber es gab immer eine Menge Angebote. Kevin schob ein Glas Bier über den Holztresen der besten Sportsbar der Hauptstadt von New Hampshire - seiner Bar. Dann hob er den Kopf und bemerkte, dass eine Blondine ihn beobachtete. Die Patriots gingen gerade in Stellung, aber statt gebannt auf den Bildschirm zu schauen, sah sie ihn an. Ein sicheres Zeichen, dass heute nicht nur der Quarterback seiner Mannschaft zum Schuss kommen würde.
Seltsamerweise ließ die Blondine mit den aufgespritzten Lippen, Silikonbrüsten und anzüglichen Blicken ihn aber völlig kalt.
Das lag an der Dunkelhaarigen am Ende der Bar. Nicht unbedingt, weil sie hübsch war und eine tolle Figur hatte. Gut, zugegeben, beides schadete auch nicht gerade.
Trotzdem gab es einen anderen Grund, weswegen Kevin sie im Auge behielt. Der Typ, mit dem sie da war, hatte mehr als genug, trank aber lustig weiter. Er mochte spießig aussehen in seinem gebügelten Hemd und den Stoffhosen, benahm sich im Moment aber wie jeder betrunkene Mistkerl. Entweder hatte er schon ein paar Cocktails gekippt, bevor er in die Bar gekommen war, oder er konnte nichts ab. Die paar Scotchs, die er hier getrunken hatte, durften einen Mann eigentlich nicht umhauen.
Jedenfalls wurde er aufdringlich, und der Dunkelhaarigen war deutlich anzumerken, dass sie am liebsten abgehauen wäre. Das war ihrem Begleiter aber offensichtlich egal, denn er versuchte schon wieder, sie zu betatschen. Sie wehrte ihn ab, und sofort ging das Spiel wieder von vorn los.
In Jasper's Bar & Grille gab es nur drei Regeln: keine Kippen, keine Handgreiflichkeiten, keine sexuelle Belästigung. Wenn eine Frau Nein sagte, dann meinte sie auch Nein. Und damit basta.
Die Patriots machten den nächsten Punkt, und alles johlte vor Begeisterung, sodass die Gläser hinter der Bar klirrten. Die Blondine hüpfte auf ihrem Barhocker auf und ab, und ihre Brüste hüpften mit. Der betrunkene Spießer hob das Glas und schwenkte es in Kevins Richtung, weil er mehr wollte.
Kevin ging zu ihm rüber, allerdings ohne Nachschub zu liefern. „Hör mal, Alkohol gibt es für dich nicht mehr, aber ich mache dir gern einen Kaffee oder bringe dir eine Cola."
Der Spießer wurde knallrot, und Kevin seufzte. Es war also einer von der Sorte. Als der Typ den Hintern vom Barhocker schwang, nickte Kevin Paulie zu. Die verdrehte die Augen und griff zum Telefon.
„Ich bin nicht blau, gib mir noch einen Scotch!", rief der Spießer.
Die Dunkelhaarige legte ihm eine Hand auf den Arm, damit er sich wieder hinsetzte. „Komm, Derek, lass uns einfach ..."
„Für wen hältst du dich eigentlich, dass du mir Vorschriften machen willst?", pöbelte er Kevin an.
„Mir gehört der Laden, und deshalb bestimme ich hier die Regeln."
„Beth, sag diesem Arsch, dass ich jetzt sofort einen Whisky will!"
Kevin schüttelte den Kopf. „Kein Stück."
Und dann ging alles sehr schnell. Der Spießer wollte ihm wohl eine verpassen, schwankte aber und stieß seine Begleitung mit dem Ellbogen fast vom Barhocker. Sie landete in den Armen des Gastes neben ihr, der offensichtlich erfreut über seinen Fang war. Kevin war dadurch kurz abgelenkt, der Spießer holte aus und traf ihn leicht am Kinn.
Dann starrte er Kevin erschrocken an. Offenbar fiel ihm erst jetzt auf, was er da gerade getan hatte. Bevor er Reißaus nehmen konnte, hatte Kevin ihn am Kragen gepackt. Als ehemaliger Polizist hatte er Erfahrung mit solchen Situationen.
Derek zappelte wie ein Fisch am Haken. Tatsächlich hätte er es fast geschafft, sich zu befreien. Kevin reichte es nun langsam, und er riss einmal kräftig den Arm nach unten, woraufhin Dereks Nase unsanft Bekanntschaft mit dem Tresen machte.
Er heulte auf wie ein Kleinkind ... und die anderen Gäste flippten aus. Das Stammpublikum war zwar eher harmlos, aber die Männer hatten natürlich absolut nichts gegen eine gepflegte Prügelei.
Okay, okay, Prügelei war in diesem Fall stark übertrieben. Derek hielt sich die Hand unter die Nase, versuchte, die Blutung zu stoppen, und schrie wie am Spieß. Die Gäste zuckten zusammen, als wäre eine Sirene losgegangen.
„Ruhe jetzt, Mann, oder ich geb dir eins auf die Zwölf", schrie Kevin ihn an, was seine Gäste natürlich weiter anstachelte.
„Ja, los, zeig's ihm!"
„Oh Gott, seine Nase!" Beth befreite sich aus der Umarmung des Gastes neben sich und schnappte sich ein paar Servietten von der Bar. Die wollte sie unter Dereks Nase halten, aber der stieß sie weg.
Als in dem Moment zwei Polizisten hereinkamen, wurde es endlich still in der Bar, und das Gejohle erstarb. Derek hörte auf zu kreischen und begann stattdessen, verzweifelt zu stöhnen.
„Hey, Kowalski!", rief der ältere der beiden Gesetzeshüter.
„Hey, Jonesy. Hat dein Vater sich über die Karten für das Spiel gefreut?"
„Machst du Witze? Zehnte Reihe, genau an der Fünfzig-Yard-Linie! Er war begeistert! Ich soll dich herzlich von ihm grüßen."
„Hab ich gern gemacht", sagte Kevin, ohne Dereks Kragen loszulassen. Er nutzte jede Gelegenheit, um seine guten Beziehungen zum örtlichen Polizeirevier zu pflegen. Nicht nur, weil er früher in Boston selbst für die Truppe gearbeitet hatte, sondern weil jeder kluge Barbesitzer das tat. „Ich hab hier einen Kandidaten für dich."
„Was ist dem denn passiert?"
„Ist mit dem Gesicht auf den Tresen geknallt. Passiert immer wieder mal, du weißt ja, wie das ist."
Kevin ließ Derek los, und bevor Jonesy dessen Handgelenke packen konnte, versuchte der Idiot, aus der Bar zu fliehen.
Jonesys junger Kollege wollte ihn stoppen, stolperte aber über Beths ausgestrecktes Bein. Ob das Zufall gewesen war, durfte bezweifelt werden, aber zumindest sah es nicht zu offensichtlich nach Absicht aus. Der Polizist landete auf dem Boden. Jonesy sprang über seinen Partner hinweg und sprintete, so schnell es in seinem Alter noch ging, hinter Derek her.
Beth hyperventilierte beinahe.
Entschlossen warf Jonesy sich schließlich mit der vollen Wucht seiner einhundert Kilo auf Derek und brachte ihn zur Strecke, während sein Partner sich gerade wieder aufrappelte. Der zückte die Handschellen, und Applaus brandete in der Bar auf. Allerdings waren die Handschellen wohl überflüssig - es sah nicht so aus, als würde Derek noch weiter Widerstand leisten wollen.
„Warum tun Sie ihm das an?"
Kevin musterte die Dunkelhaarige, die genauso wütend zu sein schien wie ihr am Boden liegender Begleiter. „Ich tu ihm doch gar nichts! Und Sie scheinen vergessen zu haben, dass er Sie geschlagen hat!"
„Hat er doch überhaupt nicht! Er ist nur aus dem Gleichgewicht gekommen, als er Sie schlagen wollte!"
Klar, das machte die Sache natürlich besser! „Aber betatscht hat er Sie, oder habe ich mir das etwa auch eingebildet?"
Jetzt verdrehte diese Frau doch tatsächlich die Augen! „Das hatte ich voll unter Kontrolle."
„Nein, unter Kontrolle ist der Kerl jetzt."
„Hören Sie mal, es ist nicht so, wie Sie ... Ach, vergessen Sie's! Jedenfalls müssen Sie ihm jetzt helfen."
Kevin schaute zu Derek hinüber. Der schwergewichtige Jonesy saß auf ihm drauf, und der junge Polizist ließ gerade die Handschellen zuschnappen. Im Moment hätte Kevin nichts für den Kerl tun können, selbst wenn er gewollt hätte - was nicht der Fall war.
„Ich werde Sie verklagen und Ihnen den letzten Cent abknöpfen!", brüllte Derek über die Schulter hinweg. „Und du bist entlassen, du blöde Kuh!"
Oops. Kevin schaute Beth an. „Ich dachte, Sie hätten einfach nur ein mieses Date."
Sie kletterte wieder auf den Barhocker und schüttelte genervt den Kopf. „Sie haben mich gerade meinen Job gekostet!"
Dank jahrelanger Erfahrung schaffte er es gerade noch, ihr nicht zu sagen, dass sie damit Riesenglück hatte. „Wie wäre es mit einem Bier?", fragte er stattdessen.
Ein Bier? Glaubte dieser Rambo wirklich, dass ihr ein Bier jetzt noch helfen würde? Beth Hansen ballte die Fäuste, um ihn nicht an den Schultern zu packen und zu schütteln wie einen trockenen Martini.
Natürlich war Derek, so betrunken wie er war, ein echter Idiot. Das wusste sie auch. Aber damit kam sie klar. Sie hatte gelernt, ohne größere Probleme mit ihm fertig zu werden. In den drei Monaten, die sie für ihn gearbeitet hatte, war er regelmäßig einmal die Woche in irgendeiner Bar abgestürzt.
Nachdem er die ersten drei Scotchs gekippt hatte, rief er sie an und behauptete, er hätte vergessen, irgendwas Wichtiges zu unterschreiben, und sie müsste sofort mit den Unterlagen in die Bar kommen. Als pflichtschuldige Sekretärin wies sie ihn natürlich nicht darauf hin, wie fadenscheinig seine Ausreden waren, sondern setzte sich in Bewegung und brachte den Vertrag vorbei. Auch sonntags. Anschließend versuchte Derek jedes Mal erfolglos, sie abzuschleppen, irgendwann bugsierte sie ihn ins Taxi, und am nächsten Tag taten sie beide so, als wäre nichts gewesen.
Das mochten vielleicht keine idealen Arbeitsbedingungen sein, aber sie hatte definitiv schon schlimmere Chefs gehabt.
Bedauerlicherweise war Dereks Lieblingsbar heute wegen Renovierung geschlossen gewesen, und so war er in Jasper's Bar & Grille gelandet. Mit dem Effekt, dass er nun eine gebrochene Nase hatte und sie ihren Job los war.
Da half ein Bier weiß Gott auch nichts mehr.
Sie hob den Kopf und stützte das Kinn in die Hände. „Mussten Sie unbedingt gleich die Polizei rufen?"
„Ja."
„Warum?"
Kevin lehnte sich an den Tresen und schaute sie an. Der Mann war wirklich beeindruckend groß. Und dann hatte er auch noch breite Schultern, blaue Augen, süße Grübchen und dunkle, leicht zerzauste Haare.
Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig.
„Schon vergessen? Er hat mich ins Gesicht geschlagen!"
„Das konnte man wohl kaum einen Schlag nennen", widersprach sie kleinlaut, weil er ja eigentlich recht hatte. „Außerdem hatte ich Derek schon fast im Taxi! Aber Sie mussten ja gleich ausflippen!"
„Hey, Kevin!", rief ein junger Gast. „Machst du mir eine Kalte Ente?"
„Du bist hier in einer Sportsbar und nicht beim Sonntagsbrunch!" Kopfschüttelnd drehte er sich wieder zu ihr um. „Ich habe ihm nur gesagt, dass er hier nichts mehr bekommt. Das ist als Eigentümer dieser Bar nicht nur mein gutes Recht, sondern sogar meine Pflicht, wenn jemand so offensichtlich betrunken ist. Außerdem halte ich nicht gern auch noch die andere Wange hin, wenn mir jemand eine verpasst."
Okay, das sah sie ja ein. Es war wirklich nicht seine Schuld, dass ihr Chef ein Idiot war. Ihm jetzt Vorwürfe zu machen war ungerecht. Trotzdem liefen Dereks Besäufnisse sonst immer glimpflich ab. „Und da müssen Sie ihm die Nase brechen?"
„Das war keine Absicht. Er ist mir weggerutscht ... gewissermaßen." Sein Lächeln war so unwiderstehlich, dass Beth kurz vergaß, wie verzweifelt und wütend sie war.
Sie wollte gerade etwas erwidern, als er sich zum oberen Fach des Regals hinterm Tresen hinaufstreckte und ein Geschirrhandtuch herunterholte. Dabei rutschte sein T-Shirt hoch und gab den Blick auf sein Sixpack frei. Beth machte den Mund wieder zu, weil ihr plötzlich entfallen war, was sie sagen wollte.
Kevin ging um den Tresen herum zu ihr, um Dereks Blut aufzuwischen. Sie verzog das Gesicht und rutschte einen Barhocker weiter. Nicht weil sie zimperlich gewesen wäre, sondern weil Kevin genauso gut roch, wie er aussah.
Dann wurde ihr der Blick auf ihn plötzlich von einer vollbusigen Blondine in einem aufreizend knappen Outfit versperrt. Die Blonde hielt Kevin eine Serviette hin, auf die sie etwas mit ihrem Lippenstift notiert hatte.
„Hi, Kevin", hauchte sie wie Marilyn Monroe in ihren besten Zeiten. „Ich hab dir mal meine Nummer aufgeschrieben. Nur falls du mich vielleicht anrufen willst ... oder so."
Er nahm die Serviette und zwinkerte ihr zu. „Danke, Püppi. Könnte durchaus passieren."
Beth schaffte es gerade noch, sich zu beherrschen, bis Barbie davonstöckelte, dann verdrehte sie die Augen. „Püppi? Wie abgeschmackt!"
„Hey, die weiblichen Gäste bei Laune zu halten gehört zu meinem Job."
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Und die war bestimmt genau Ihr Typ!"
Sein Lächeln erstarb.
„Woher wollen Sie bitte wissen, wer mein Typ ist?"
Betont gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Passen Sie nur gut auf, dass Sie ihre Nummer nicht verlieren. Ich muss jetzt nach Hause und die Stellenanzeigen studieren."
„Das tut mir wirklich leid, obwohl ich eigentlich gar nichts dafür kann."
„Ich werd's überleben." Sie stieg vom Barhocker und ging zur Tür. „Schönes Leben dann noch, Püppi."
Kevin lächelte in die Kamera. Und dann noch einmal. Und noch mal und noch mal und noch mal.
„Okay!", rief die herrische Fotografin. „Jetzt ein paar von der Braut und ihren Mädels. Danach der Bräutigam und seine Brüder."
Mit einem Seufzer der Erleichterung traten Kevin, seine Brüder Joe und Mike und sein Schwager Evan ein paar Schritte zur Seite. Diese Foto-Folter dauerte bereits geschlagene zwanzig Minuten, und obwohl es schon Anfang Oktober war, schwitzten sie alle in ihren Smokings.
Joes Hochzeitsempfang fand in einem auf solche Feiern spezialisierten Hotel statt, dessen Garten zahlreiche Motive für weitere Fotos bot. Vor dem verdammten Brunnen. Unter dem verdammten Rosenbogen. Neben dem Teich. Kevins Wangenmuskeln taten vom vielen Lächeln langsam weh.
Mike zupfte an seinem engen Hemdkragen, wagte es aber nicht, ihn aufzuknöpfen, weil sonst die Tyrannin mit der Kamera sofort Stress gemacht hätte. „Gott, ich brauch einen Drink."
Kevin nickte nur, verkniff sich aber lautstarke Unmutsäußerungen, weil seine Mutter ihm gerade einen strengen Blick zuwarf. „Wenn das hier nicht ein bisschen fixer geht, Joe, ziehen wir uns aus, und du musst später erklären, was die Chippendales auf deiner Hochzeit gemacht haben."
„Wenn ich gewusst hätte, dass ihr beide so empfindlich seid, hätte ich euch zu Brautjungfern gemacht und mir andere Trauzeugen gesucht. Rosa steht euch bestimmt super."
Kevin stieß einen verächtlichen Laut aus. „Willst du an deinem Hochzeitstag unbedingt Prügel kassieren?"
„Terry sieht umwerfend aus in dem Kleid", stellte Evan fest. „Am liebsten würde ich sie sofort ..."
„Klappe!", riefen die drei Brüder im Chor.
Ihr Schwager machte ein beleidigtes Gesicht. „Nie darf ich mal so einen Spruch bringen."
Mike lachte. „Joey und Danny sind alt genug, um nachher auf die Kleinen aufzupassen. Lisa und ich haben also ein Zimmer für uns allein. Da werde ich mich richtig mit ihr amüsieren."
Ja, das würden sie nach der Hochzeit alle machen. Joe und seine Braut Keri. Mike und Lisa. Evan und Terry.
Kevin hingegen konnte sich nur darauf freuen, den steifen Kragen und die unbequemen Schuhe loszuwerden.
Es war jetzt ungefähr zwei Jahre her, dass seine Ehe gescheitert war. Nach der Trennung war es ihm so mies gegangen, dass er dann auch noch seinen Job vermasselt hatte. Seitdem hielt er sich mit One-Night-Stands über Wasser, die sich meistens aus den weiblichen Gästen seiner Bar rekrutierten. Das war zwar nicht so befriedigend wie eine echte Beziehung, aber auch nicht so gefährlich. Man wurde auch von Fertiggerichten satt, es musste nicht immer ein Fünf-Sterne-Restaurant sein. Außerdem taten solche Affären eben nicht weh.
Und von denen hatte er seit seiner Scheidung so einige gehabt. In letzter Zeit ging er allerdings immer öfter allein hoch in seine Wohnung über dem Jasper's. Mit Frauen, die die Nacht mit einem Fremden verbrachten, nur weil er halbwegs gut aussah, saß er ungern morgens am Frühstückstisch.
Und er hätte eine solche Frau auch niemals zur Hochzeit seines Bruders mitgebracht.
Erneut musste er an die hübsche Dunkelhaarige von neulich Abend denken. Wenn sie wirklich glaubte, dass dieser blonde Barbie-Verschnitt sein Typ war, hatte sie sich schwer geirrt! Mann, dass er ihrem Chef die Nase gebrochen hatte, war jetzt schon zwei Tage her! Wieso spukte sie ihm noch immer im Kopf herum, verdammt? Und was ihn noch mehr ärgerte: Die Frau hielt ihn für einen oberflächlichen Aufreißer ...
Wenn er gewusst hätte, wie sie mit Nachnamen hieß oder wo sie wohnte, hätte er ihr gern bewiesen, dass er in Wahrheit auf einen ganz anderen Frauentyp stand. Okay, vielleicht interessierte sie das auch gar nicht. Trotzdem. Er fand es einfach unfair, dass sie eine so schlechte Meinung von ihm hatte. Sowas war er nicht gewöhnt.
„Gleich kommen wir wieder an die Reihe", riss Joe ihn plötzlich aus seinen Gedanken. „Und danach sind wir hoffentlich mit den Fotos fertig und können reingehen. Um noch mehr Hochzeitskram über uns ergehen zu lassen. Und alles nur, weil Frauen darauf stehen. Egal. Keri ist so glücklich, also ist es das wert."
„Das bist du doch auch", stellte Mike fest. „Ich weiß immer noch nicht, wie ihr das alles so schnell organisiert habt."
Joe stieß einen verächtlichen Laut aus. „Ganz einfach - mit einem Blankoscheck. Keri wollte gern während des Indian Summer heiraten. Und weil ich kein volles Jahr mehr abwarten konnte, bis sie endlich meine Frau wird, habe ich es mit der geheimen Zauberformel versucht - Geld spielt keine Rolle."
Joe gab normalerweise nicht mit dem Vermögen an, das er mit seinen kranken Horrorromanen verdiente, aber wenn er jemandem freie Verfügungsgewalt über seine Barschaft einräumte, waren gigantische Summen im Spiel.
Plötzlich brüllte die Foto-Terroristin: „Okay, jetzt die Brüder und der Schwager links und rechts neben dem Bräutigam aufstellen, immer zehn Zentimeter Abstand dazwischen und leicht schräg zur Kamera. Sie - ja, der Große -, Sie gehen nach hinten."
Die konnte ihn mal! Kevin legte den Arm um Joes Schultern, zog ihn zu sich heran und gab ihm eine Kopfnuss. Joe versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, lief dabei aber genau Mike in die Arme, der ihm freundschaftlich mit den Fingerknöcheln gegen die Stirn klopfte, während Evan ihm Hasenohren machte.
Die Fotografin hätte beinahe die große teure Kamera fallen lassen, aber die Mütter des Brautpaars konnten den Moment gar nicht oft genug für die digitale Ewigkeit festhalten.
„Das Bild kommt gerahmt ins Wohnzimmer! Das Kowalski-Hochzeitsfoto des Todes!", rief die Braut fröhlich. Mikes vier Söhne und Terrys Tochter Stephanie hätten sich am liebsten ebenfalls auf ihren Onkel Joe gestürzt, wurden jedoch von ihren Eltern davon abgehalten. Schließlich erschien der Hochzeitsplaner im Garten und holte die noch immer lachende Familie ins Hotel, damit es endlich weiterging.
Doch bevor die Party richtig steigen konnte, wurden noch mehr Bilder gemacht, dann kamen die Reden und schließlich der offizielle Hochzeitstanz. Stöhnend fragte Kevin sich, wie er das alles ohne Alkohol überstehen sollte. Er brauchte ein Bier, und zwar schnell. Lächelnd machte er einen Abstecher an die Bar ... und stand plötzlich Beth gegenüber.
Übersetzerin: Alexandra Hinrichsen
Copyright © 2010 by Shannon Stacey
Jedes Mal, wenn die New England Patriots einen Platz in der Tabelle aufrückten, gönnte Kevin Kowalski sich einen One-Night-Stand.
Ein Sieg für sein Team bedeutete einen Sieg für ihn. Es war zwar nicht so, dass er sonntags unbedingt Gesellschaft brauchte, aber es gab immer eine Menge Angebote. Kevin schob ein Glas Bier über den Holztresen der besten Sportsbar der Hauptstadt von New Hampshire - seiner Bar. Dann hob er den Kopf und bemerkte, dass eine Blondine ihn beobachtete. Die Patriots gingen gerade in Stellung, aber statt gebannt auf den Bildschirm zu schauen, sah sie ihn an. Ein sicheres Zeichen, dass heute nicht nur der Quarterback seiner Mannschaft zum Schuss kommen würde.
Seltsamerweise ließ die Blondine mit den aufgespritzten Lippen, Silikonbrüsten und anzüglichen Blicken ihn aber völlig kalt.
Das lag an der Dunkelhaarigen am Ende der Bar. Nicht unbedingt, weil sie hübsch war und eine tolle Figur hatte. Gut, zugegeben, beides schadete auch nicht gerade.
Trotzdem gab es einen anderen Grund, weswegen Kevin sie im Auge behielt. Der Typ, mit dem sie da war, hatte mehr als genug, trank aber lustig weiter. Er mochte spießig aussehen in seinem gebügelten Hemd und den Stoffhosen, benahm sich im Moment aber wie jeder betrunkene Mistkerl. Entweder hatte er schon ein paar Cocktails gekippt, bevor er in die Bar gekommen war, oder er konnte nichts ab. Die paar Scotchs, die er hier getrunken hatte, durften einen Mann eigentlich nicht umhauen.
Jedenfalls wurde er aufdringlich, und der Dunkelhaarigen war deutlich anzumerken, dass sie am liebsten abgehauen wäre. Das war ihrem Begleiter aber offensichtlich egal, denn er versuchte schon wieder, sie zu betatschen. Sie wehrte ihn ab, und sofort ging das Spiel wieder von vorn los.
In Jasper's Bar & Grille gab es nur drei Regeln: keine Kippen, keine Handgreiflichkeiten, keine sexuelle Belästigung. Wenn eine Frau Nein sagte, dann meinte sie auch Nein. Und damit basta.
Die Patriots machten den nächsten Punkt, und alles johlte vor Begeisterung, sodass die Gläser hinter der Bar klirrten. Die Blondine hüpfte auf ihrem Barhocker auf und ab, und ihre Brüste hüpften mit. Der betrunkene Spießer hob das Glas und schwenkte es in Kevins Richtung, weil er mehr wollte.
Kevin ging zu ihm rüber, allerdings ohne Nachschub zu liefern. „Hör mal, Alkohol gibt es für dich nicht mehr, aber ich mache dir gern einen Kaffee oder bringe dir eine Cola."
Der Spießer wurde knallrot, und Kevin seufzte. Es war also einer von der Sorte. Als der Typ den Hintern vom Barhocker schwang, nickte Kevin Paulie zu. Die verdrehte die Augen und griff zum Telefon.
„Ich bin nicht blau, gib mir noch einen Scotch!", rief der Spießer.
Die Dunkelhaarige legte ihm eine Hand auf den Arm, damit er sich wieder hinsetzte. „Komm, Derek, lass uns einfach ..."
„Für wen hältst du dich eigentlich, dass du mir Vorschriften machen willst?", pöbelte er Kevin an.
„Mir gehört der Laden, und deshalb bestimme ich hier die Regeln."
„Beth, sag diesem Arsch, dass ich jetzt sofort einen Whisky will!"
Kevin schüttelte den Kopf. „Kein Stück."
Und dann ging alles sehr schnell. Der Spießer wollte ihm wohl eine verpassen, schwankte aber und stieß seine Begleitung mit dem Ellbogen fast vom Barhocker. Sie landete in den Armen des Gastes neben ihr, der offensichtlich erfreut über seinen Fang war. Kevin war dadurch kurz abgelenkt, der Spießer holte aus und traf ihn leicht am Kinn.
Dann starrte er Kevin erschrocken an. Offenbar fiel ihm erst jetzt auf, was er da gerade getan hatte. Bevor er Reißaus nehmen konnte, hatte Kevin ihn am Kragen gepackt. Als ehemaliger Polizist hatte er Erfahrung mit solchen Situationen.
Derek zappelte wie ein Fisch am Haken. Tatsächlich hätte er es fast geschafft, sich zu befreien. Kevin reichte es nun langsam, und er riss einmal kräftig den Arm nach unten, woraufhin Dereks Nase unsanft Bekanntschaft mit dem Tresen machte.
Er heulte auf wie ein Kleinkind ... und die anderen Gäste flippten aus. Das Stammpublikum war zwar eher harmlos, aber die Männer hatten natürlich absolut nichts gegen eine gepflegte Prügelei.
Okay, okay, Prügelei war in diesem Fall stark übertrieben. Derek hielt sich die Hand unter die Nase, versuchte, die Blutung zu stoppen, und schrie wie am Spieß. Die Gäste zuckten zusammen, als wäre eine Sirene losgegangen.
„Ruhe jetzt, Mann, oder ich geb dir eins auf die Zwölf", schrie Kevin ihn an, was seine Gäste natürlich weiter anstachelte.
„Ja, los, zeig's ihm!"
„Oh Gott, seine Nase!" Beth befreite sich aus der Umarmung des Gastes neben sich und schnappte sich ein paar Servietten von der Bar. Die wollte sie unter Dereks Nase halten, aber der stieß sie weg.
Als in dem Moment zwei Polizisten hereinkamen, wurde es endlich still in der Bar, und das Gejohle erstarb. Derek hörte auf zu kreischen und begann stattdessen, verzweifelt zu stöhnen.
„Hey, Kowalski!", rief der ältere der beiden Gesetzeshüter.
„Hey, Jonesy. Hat dein Vater sich über die Karten für das Spiel gefreut?"
„Machst du Witze? Zehnte Reihe, genau an der Fünfzig-Yard-Linie! Er war begeistert! Ich soll dich herzlich von ihm grüßen."
„Hab ich gern gemacht", sagte Kevin, ohne Dereks Kragen loszulassen. Er nutzte jede Gelegenheit, um seine guten Beziehungen zum örtlichen Polizeirevier zu pflegen. Nicht nur, weil er früher in Boston selbst für die Truppe gearbeitet hatte, sondern weil jeder kluge Barbesitzer das tat. „Ich hab hier einen Kandidaten für dich."
„Was ist dem denn passiert?"
„Ist mit dem Gesicht auf den Tresen geknallt. Passiert immer wieder mal, du weißt ja, wie das ist."
Kevin ließ Derek los, und bevor Jonesy dessen Handgelenke packen konnte, versuchte der Idiot, aus der Bar zu fliehen.
Jonesys junger Kollege wollte ihn stoppen, stolperte aber über Beths ausgestrecktes Bein. Ob das Zufall gewesen war, durfte bezweifelt werden, aber zumindest sah es nicht zu offensichtlich nach Absicht aus. Der Polizist landete auf dem Boden. Jonesy sprang über seinen Partner hinweg und sprintete, so schnell es in seinem Alter noch ging, hinter Derek her.
Beth hyperventilierte beinahe.
Entschlossen warf Jonesy sich schließlich mit der vollen Wucht seiner einhundert Kilo auf Derek und brachte ihn zur Strecke, während sein Partner sich gerade wieder aufrappelte. Der zückte die Handschellen, und Applaus brandete in der Bar auf. Allerdings waren die Handschellen wohl überflüssig - es sah nicht so aus, als würde Derek noch weiter Widerstand leisten wollen.
„Warum tun Sie ihm das an?"
Kevin musterte die Dunkelhaarige, die genauso wütend zu sein schien wie ihr am Boden liegender Begleiter. „Ich tu ihm doch gar nichts! Und Sie scheinen vergessen zu haben, dass er Sie geschlagen hat!"
„Hat er doch überhaupt nicht! Er ist nur aus dem Gleichgewicht gekommen, als er Sie schlagen wollte!"
Klar, das machte die Sache natürlich besser! „Aber betatscht hat er Sie, oder habe ich mir das etwa auch eingebildet?"
Jetzt verdrehte diese Frau doch tatsächlich die Augen! „Das hatte ich voll unter Kontrolle."
„Nein, unter Kontrolle ist der Kerl jetzt."
„Hören Sie mal, es ist nicht so, wie Sie ... Ach, vergessen Sie's! Jedenfalls müssen Sie ihm jetzt helfen."
Kevin schaute zu Derek hinüber. Der schwergewichtige Jonesy saß auf ihm drauf, und der junge Polizist ließ gerade die Handschellen zuschnappen. Im Moment hätte Kevin nichts für den Kerl tun können, selbst wenn er gewollt hätte - was nicht der Fall war.
„Ich werde Sie verklagen und Ihnen den letzten Cent abknöpfen!", brüllte Derek über die Schulter hinweg. „Und du bist entlassen, du blöde Kuh!"
Oops. Kevin schaute Beth an. „Ich dachte, Sie hätten einfach nur ein mieses Date."
Sie kletterte wieder auf den Barhocker und schüttelte genervt den Kopf. „Sie haben mich gerade meinen Job gekostet!"
Dank jahrelanger Erfahrung schaffte er es gerade noch, ihr nicht zu sagen, dass sie damit Riesenglück hatte. „Wie wäre es mit einem Bier?", fragte er stattdessen.
Ein Bier? Glaubte dieser Rambo wirklich, dass ihr ein Bier jetzt noch helfen würde? Beth Hansen ballte die Fäuste, um ihn nicht an den Schultern zu packen und zu schütteln wie einen trockenen Martini.
Natürlich war Derek, so betrunken wie er war, ein echter Idiot. Das wusste sie auch. Aber damit kam sie klar. Sie hatte gelernt, ohne größere Probleme mit ihm fertig zu werden. In den drei Monaten, die sie für ihn gearbeitet hatte, war er regelmäßig einmal die Woche in irgendeiner Bar abgestürzt.
Nachdem er die ersten drei Scotchs gekippt hatte, rief er sie an und behauptete, er hätte vergessen, irgendwas Wichtiges zu unterschreiben, und sie müsste sofort mit den Unterlagen in die Bar kommen. Als pflichtschuldige Sekretärin wies sie ihn natürlich nicht darauf hin, wie fadenscheinig seine Ausreden waren, sondern setzte sich in Bewegung und brachte den Vertrag vorbei. Auch sonntags. Anschließend versuchte Derek jedes Mal erfolglos, sie abzuschleppen, irgendwann bugsierte sie ihn ins Taxi, und am nächsten Tag taten sie beide so, als wäre nichts gewesen.
Das mochten vielleicht keine idealen Arbeitsbedingungen sein, aber sie hatte definitiv schon schlimmere Chefs gehabt.
Bedauerlicherweise war Dereks Lieblingsbar heute wegen Renovierung geschlossen gewesen, und so war er in Jasper's Bar & Grille gelandet. Mit dem Effekt, dass er nun eine gebrochene Nase hatte und sie ihren Job los war.
Da half ein Bier weiß Gott auch nichts mehr.
Sie hob den Kopf und stützte das Kinn in die Hände. „Mussten Sie unbedingt gleich die Polizei rufen?"
„Ja."
„Warum?"
Kevin lehnte sich an den Tresen und schaute sie an. Der Mann war wirklich beeindruckend groß. Und dann hatte er auch noch breite Schultern, blaue Augen, süße Grübchen und dunkle, leicht zerzauste Haare.
Sie schätzte ihn auf Mitte dreißig.
„Schon vergessen? Er hat mich ins Gesicht geschlagen!"
„Das konnte man wohl kaum einen Schlag nennen", widersprach sie kleinlaut, weil er ja eigentlich recht hatte. „Außerdem hatte ich Derek schon fast im Taxi! Aber Sie mussten ja gleich ausflippen!"
„Hey, Kevin!", rief ein junger Gast. „Machst du mir eine Kalte Ente?"
„Du bist hier in einer Sportsbar und nicht beim Sonntagsbrunch!" Kopfschüttelnd drehte er sich wieder zu ihr um. „Ich habe ihm nur gesagt, dass er hier nichts mehr bekommt. Das ist als Eigentümer dieser Bar nicht nur mein gutes Recht, sondern sogar meine Pflicht, wenn jemand so offensichtlich betrunken ist. Außerdem halte ich nicht gern auch noch die andere Wange hin, wenn mir jemand eine verpasst."
Okay, das sah sie ja ein. Es war wirklich nicht seine Schuld, dass ihr Chef ein Idiot war. Ihm jetzt Vorwürfe zu machen war ungerecht. Trotzdem liefen Dereks Besäufnisse sonst immer glimpflich ab. „Und da müssen Sie ihm die Nase brechen?"
„Das war keine Absicht. Er ist mir weggerutscht ... gewissermaßen." Sein Lächeln war so unwiderstehlich, dass Beth kurz vergaß, wie verzweifelt und wütend sie war.
Sie wollte gerade etwas erwidern, als er sich zum oberen Fach des Regals hinterm Tresen hinaufstreckte und ein Geschirrhandtuch herunterholte. Dabei rutschte sein T-Shirt hoch und gab den Blick auf sein Sixpack frei. Beth machte den Mund wieder zu, weil ihr plötzlich entfallen war, was sie sagen wollte.
Kevin ging um den Tresen herum zu ihr, um Dereks Blut aufzuwischen. Sie verzog das Gesicht und rutschte einen Barhocker weiter. Nicht weil sie zimperlich gewesen wäre, sondern weil Kevin genauso gut roch, wie er aussah.
Dann wurde ihr der Blick auf ihn plötzlich von einer vollbusigen Blondine in einem aufreizend knappen Outfit versperrt. Die Blonde hielt Kevin eine Serviette hin, auf die sie etwas mit ihrem Lippenstift notiert hatte.
„Hi, Kevin", hauchte sie wie Marilyn Monroe in ihren besten Zeiten. „Ich hab dir mal meine Nummer aufgeschrieben. Nur falls du mich vielleicht anrufen willst ... oder so."
Er nahm die Serviette und zwinkerte ihr zu. „Danke, Püppi. Könnte durchaus passieren."
Beth schaffte es gerade noch, sich zu beherrschen, bis Barbie davonstöckelte, dann verdrehte sie die Augen. „Püppi? Wie abgeschmackt!"
„Hey, die weiblichen Gäste bei Laune zu halten gehört zu meinem Job."
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Und die war bestimmt genau Ihr Typ!"
Sein Lächeln erstarb.
„Woher wollen Sie bitte wissen, wer mein Typ ist?"
Betont gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Passen Sie nur gut auf, dass Sie ihre Nummer nicht verlieren. Ich muss jetzt nach Hause und die Stellenanzeigen studieren."
„Das tut mir wirklich leid, obwohl ich eigentlich gar nichts dafür kann."
„Ich werd's überleben." Sie stieg vom Barhocker und ging zur Tür. „Schönes Leben dann noch, Püppi."
Kevin lächelte in die Kamera. Und dann noch einmal. Und noch mal und noch mal und noch mal.
„Okay!", rief die herrische Fotografin. „Jetzt ein paar von der Braut und ihren Mädels. Danach der Bräutigam und seine Brüder."
Mit einem Seufzer der Erleichterung traten Kevin, seine Brüder Joe und Mike und sein Schwager Evan ein paar Schritte zur Seite. Diese Foto-Folter dauerte bereits geschlagene zwanzig Minuten, und obwohl es schon Anfang Oktober war, schwitzten sie alle in ihren Smokings.
Joes Hochzeitsempfang fand in einem auf solche Feiern spezialisierten Hotel statt, dessen Garten zahlreiche Motive für weitere Fotos bot. Vor dem verdammten Brunnen. Unter dem verdammten Rosenbogen. Neben dem Teich. Kevins Wangenmuskeln taten vom vielen Lächeln langsam weh.
Mike zupfte an seinem engen Hemdkragen, wagte es aber nicht, ihn aufzuknöpfen, weil sonst die Tyrannin mit der Kamera sofort Stress gemacht hätte. „Gott, ich brauch einen Drink."
Kevin nickte nur, verkniff sich aber lautstarke Unmutsäußerungen, weil seine Mutter ihm gerade einen strengen Blick zuwarf. „Wenn das hier nicht ein bisschen fixer geht, Joe, ziehen wir uns aus, und du musst später erklären, was die Chippendales auf deiner Hochzeit gemacht haben."
„Wenn ich gewusst hätte, dass ihr beide so empfindlich seid, hätte ich euch zu Brautjungfern gemacht und mir andere Trauzeugen gesucht. Rosa steht euch bestimmt super."
Kevin stieß einen verächtlichen Laut aus. „Willst du an deinem Hochzeitstag unbedingt Prügel kassieren?"
„Terry sieht umwerfend aus in dem Kleid", stellte Evan fest. „Am liebsten würde ich sie sofort ..."
„Klappe!", riefen die drei Brüder im Chor.
Ihr Schwager machte ein beleidigtes Gesicht. „Nie darf ich mal so einen Spruch bringen."
Mike lachte. „Joey und Danny sind alt genug, um nachher auf die Kleinen aufzupassen. Lisa und ich haben also ein Zimmer für uns allein. Da werde ich mich richtig mit ihr amüsieren."
Ja, das würden sie nach der Hochzeit alle machen. Joe und seine Braut Keri. Mike und Lisa. Evan und Terry.
Kevin hingegen konnte sich nur darauf freuen, den steifen Kragen und die unbequemen Schuhe loszuwerden.
Es war jetzt ungefähr zwei Jahre her, dass seine Ehe gescheitert war. Nach der Trennung war es ihm so mies gegangen, dass er dann auch noch seinen Job vermasselt hatte. Seitdem hielt er sich mit One-Night-Stands über Wasser, die sich meistens aus den weiblichen Gästen seiner Bar rekrutierten. Das war zwar nicht so befriedigend wie eine echte Beziehung, aber auch nicht so gefährlich. Man wurde auch von Fertiggerichten satt, es musste nicht immer ein Fünf-Sterne-Restaurant sein. Außerdem taten solche Affären eben nicht weh.
Und von denen hatte er seit seiner Scheidung so einige gehabt. In letzter Zeit ging er allerdings immer öfter allein hoch in seine Wohnung über dem Jasper's. Mit Frauen, die die Nacht mit einem Fremden verbrachten, nur weil er halbwegs gut aussah, saß er ungern morgens am Frühstückstisch.
Und er hätte eine solche Frau auch niemals zur Hochzeit seines Bruders mitgebracht.
Erneut musste er an die hübsche Dunkelhaarige von neulich Abend denken. Wenn sie wirklich glaubte, dass dieser blonde Barbie-Verschnitt sein Typ war, hatte sie sich schwer geirrt! Mann, dass er ihrem Chef die Nase gebrochen hatte, war jetzt schon zwei Tage her! Wieso spukte sie ihm noch immer im Kopf herum, verdammt? Und was ihn noch mehr ärgerte: Die Frau hielt ihn für einen oberflächlichen Aufreißer ...
Wenn er gewusst hätte, wie sie mit Nachnamen hieß oder wo sie wohnte, hätte er ihr gern bewiesen, dass er in Wahrheit auf einen ganz anderen Frauentyp stand. Okay, vielleicht interessierte sie das auch gar nicht. Trotzdem. Er fand es einfach unfair, dass sie eine so schlechte Meinung von ihm hatte. Sowas war er nicht gewöhnt.
„Gleich kommen wir wieder an die Reihe", riss Joe ihn plötzlich aus seinen Gedanken. „Und danach sind wir hoffentlich mit den Fotos fertig und können reingehen. Um noch mehr Hochzeitskram über uns ergehen zu lassen. Und alles nur, weil Frauen darauf stehen. Egal. Keri ist so glücklich, also ist es das wert."
„Das bist du doch auch", stellte Mike fest. „Ich weiß immer noch nicht, wie ihr das alles so schnell organisiert habt."
Joe stieß einen verächtlichen Laut aus. „Ganz einfach - mit einem Blankoscheck. Keri wollte gern während des Indian Summer heiraten. Und weil ich kein volles Jahr mehr abwarten konnte, bis sie endlich meine Frau wird, habe ich es mit der geheimen Zauberformel versucht - Geld spielt keine Rolle."
Joe gab normalerweise nicht mit dem Vermögen an, das er mit seinen kranken Horrorromanen verdiente, aber wenn er jemandem freie Verfügungsgewalt über seine Barschaft einräumte, waren gigantische Summen im Spiel.
Plötzlich brüllte die Foto-Terroristin: „Okay, jetzt die Brüder und der Schwager links und rechts neben dem Bräutigam aufstellen, immer zehn Zentimeter Abstand dazwischen und leicht schräg zur Kamera. Sie - ja, der Große -, Sie gehen nach hinten."
Die konnte ihn mal! Kevin legte den Arm um Joes Schultern, zog ihn zu sich heran und gab ihm eine Kopfnuss. Joe versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, lief dabei aber genau Mike in die Arme, der ihm freundschaftlich mit den Fingerknöcheln gegen die Stirn klopfte, während Evan ihm Hasenohren machte.
Die Fotografin hätte beinahe die große teure Kamera fallen lassen, aber die Mütter des Brautpaars konnten den Moment gar nicht oft genug für die digitale Ewigkeit festhalten.
„Das Bild kommt gerahmt ins Wohnzimmer! Das Kowalski-Hochzeitsfoto des Todes!", rief die Braut fröhlich. Mikes vier Söhne und Terrys Tochter Stephanie hätten sich am liebsten ebenfalls auf ihren Onkel Joe gestürzt, wurden jedoch von ihren Eltern davon abgehalten. Schließlich erschien der Hochzeitsplaner im Garten und holte die noch immer lachende Familie ins Hotel, damit es endlich weiterging.
Doch bevor die Party richtig steigen konnte, wurden noch mehr Bilder gemacht, dann kamen die Reden und schließlich der offizielle Hochzeitstanz. Stöhnend fragte Kevin sich, wie er das alles ohne Alkohol überstehen sollte. Er brauchte ein Bier, und zwar schnell. Lächelnd machte er einen Abstecher an die Bar ... und stand plötzlich Beth gegenüber.
Übersetzerin: Alexandra Hinrichsen
Copyright © 2010 by Shannon Stacey
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Autoren-Porträt von Shannon Stacey
Mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt die Bestsellerautorin in New England, das für seine farbenprächtigen Indian Summer bekannt ist, aber auch für sehr kalte Winter.
Bibliographische Angaben
- Autor: Shannon Stacey
- 2013, 300 Seiten, Maße: 12,3 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Alexandra Hinrichsen
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3862787265
- ISBN-13: 9783862787265
- Erscheinungsdatum: 14.05.2013
Rezension zu „Ein bisschen Kowalski gibt es nicht / Kowalski Bd.2 “
Die perfekte zeitgenössische Romance! Romantic Times Book Reviews Sexy, süß und sehr befriedigend! (Fresh Fiction)
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