Ein Schleier aus Tränen
''Meine Erinnerungen lasten auf mir wie ein Fluch.''
Die Lebensgeschichte einer jungen britischen Muslimin - erschütternd und zugleich hoffnungsvoll.
Was die junge britische Muslimin Sameem Ali erlebt hat, gleicht einem Katalog...
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Produktinformationen zu „Ein Schleier aus Tränen “
''Meine Erinnerungen lasten auf mir wie ein Fluch.''
Die Lebensgeschichte einer jungen britischen Muslimin - erschütternd und zugleich hoffnungsvoll.
Was die junge britische Muslimin Sameem Ali erlebt hat, gleicht einem Katalog des Schreckens: Seit sie sieben Jahren alt ist, geht sie durch die Hölle. In ihrer Familie erfährt sie statt ersehnter Liebe nur Demütigung und Schmerz, sie wird zu schwerer Arbeit gezwungen, geschlagen und gehänselt. Mit 13 wird sie mit einem Pakistani zwangsverheiratet - weil ihr Onkel Spielschulden hatte. Sie wird von ihrem Mann fast täglich missbraucht. Mit nur 14 Jahren bringt sie - mutterseelenallein in einer tristen Vorstadtklinik - ihr erstes Kind zur Welt. Erst als Sameem Oshgar kennenlernt gibt es Hoffnung für sie. Denn Oshgar ist anders, er liebt Sameem und hilft ihr, vor ihrer Familie zu fliehen. Doch Sameems Bruder schwört unmenschliche Rache.
Lese-Probe zu „Ein Schleier aus Tränen “
Ein Schleier aus Tränen von Sameem AliLESEPROBE
Prolog
In meiner Vergangenheit gibt es vieles, an das ich nur ungern zurückdenke. Bis heute kommen mir die Tränen, wenn ich mir vorstelle, was ich alles erdulden musste. Meine Erinnerungen sind mir weder ein Trost noch ein Ort, an den ich mich zurückziehen kann. Sie lasten auf mir wie ein Fluch.
Meine Mutter bedeutete mir alles. Deshalb war ich als Kind fest dazu entschlossen, ihr eine gehorsame, wohlerzogene und fleißige Tochter zu sein und mir ihre Anerkennung zu verdienen. Eine Tochter, die ihrer Liebe würdig war.Als ich vor einigen Jahren endlich den Mut fand, einer anderen Frau von meinen Erlebnissen zu erzählen, fiel diese aus allen Wolken. »Sicher warst du ein Adoptivkind«, sagte sie, nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte. »Eine andere Erklärung kann es nicht geben. Keine Mutter würde ihre eigene Tochter so behandeln. Warum versuchen wir nicht, deine Jugendamtakte aufzuspüren und deine wirkliche Mutter ausfindig zu machen? Vielleicht erfahren wir ja so etwas über deine Herkunft.«Diese Begründung erschien mir einleuchtend. Ja, natürlich, so musste es gewesen sein! Warum war ich nicht schon früher darauf gekommen? Ich nahm den Vorschlag begeistert an, und so kam es, dass wir einige Wochen später in einer Amtsstube saßen. Die Tränen liefen mir übers Gesicht, als ich die Akte durchsah, die man mir gerade vorgelegt hatte. Nein, ich sei nicht adoptiert, stand da. Allerdings hatte das Jugendamt mich meinen Eltern weggenommen, weil diese mit mir überfordert gewesen waren. Einige Jahre später, als meine Familie mich wieder bei sich aufnehmen wollte, hatten die Behörden mich zurückgegeben. So sehr hatte ich mir eine glückliche Kindheit gewünscht und gehofft, sie mir zurückerobern zu können, wenn ich erst wusste,
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was damals geschehen war. Stattdessen fühlte ich mich nun, als hätte meine eigene Vergangenheit mir etwas weggenommen. Meine leibliche Mutter war es gewesen, die mich geschlagen, gequält, misshandelt, verschleppt, in eine Zwangsehe gepresst, beleidigt, vernachlässigt und erniedrigt hatte! Hinzu kam, dass sie sich all die Jahre geweigert hatte, mich zu lieben. Alles andere hätte ich ertragen können, doch nicht das. Schließlich war ich doch nur ein kleines Mädchen gewesen. Ich hatte mich ausgerechnet nach dem gesehnt, was meine Familie mir nicht geben wollte. Und dabei hatte auch ich es verdient, geliebt zu werden.
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Als ich sechs Monate alt war, nahm das Jugendamt mich meinem Vater weg und brachte mich in ein Kinderheim. Nach meiner Geburt war meine Mutter erkrankt und mit meinen Geschwistern nach Pakistan zurückgekehrt. Warum sie mich zurückließ und warum mein Vater sie nicht begleitete, weiß ich bis heute nicht. Jedenfalls wurde ich aus der Wohnung meines Vaters abgeholt, weil die Nachbarn mich Tag und Nacht schreien hörten. Mein Vater, so las ich in der Akte, sei geisteskrank und somit nicht in der Lage gewesen, allein ein Kleinkind zu versorgen. Auch nachdem meine Mutter und meine Geschwister aus Pakistan zurückgekehrt waren, blieb ich im Heim.
Im Kinderheim verbrachte ich meine schönsten Jahre und war so glücklich, wie ich es erst als Erwachsene wieder werden sollte.
Leider sind meine Erinnerungen an die Zeit im Kinderheim sehr lückenhaft. Während ich den Tagesablauf noch vage im Gedächtnis habe, weiß ich fast nichts mehr über die Menschen dort oder über meinen Kindergarten. Die Tage und Wochen verschwimmen ineinander. Ich sehe die Jahreszeiten vor mir, erinnere mich, dass es im Winter kalt war und schneite und im Sommer die Sonne heiß und hell vom Himmel schien. Aber das ist auch schon alles. Hin und wieder kommen mir einzelne Begebenheiten in den Sinn. Zum Beispiel fiel mir einmal abends beim Lesen plötzlich ein, dass mir diese Geschichte schon einmal vorgelesen worden war, und ich hörte eine Stimme die Worte sagen, kurz bevor ich sie aussprach. Da mir zu Hause bei meiner Familie nie jemand vorgelesen hatte, gehörte diese Stimme vermutlich Tante Peggy, meiner Erzieherin im Kinderheim.
Von meiner Zeit dort habe ich am deutlichsten das Weihnachtsfest in Erinnerung, an dem ich meine Sindy-Puppe bekam. Ich war sechs und saß mit fünf oder sechs anderen Kindern in dem großen Aufenthaltsraum, wo ein Berg von Geschenken lag. Die Aufregung wuchs, während wir auf unsere Geschenke warteten. Als Erstes bekam ich einen in glänzendes rotes Papier gewickelten Karton: eine Sindy. Selig vor Glück wickelte ich das Päckchen aus. Doch obwohl ich die Sindy-Puppe liebte, ließ ich sie im Kinderheim zurück, als ich zu meiner Familie zog. Vermutlich erinnere ich mich an dieses Weihnachtsfest deshalb so gut, weil ich die Puppe später vermisste.
Was Liebe anging, kam ich im Kinderheim nie zu kurz. Tante Peggy, eine kleine, pummelige Frau mit rundem Gesicht und freundlichen Augen, roch nach Seife, Blumen und frischem Brot und hatte mich lieb. Sie trug ihr Haar kurz geschnitten. Wenn sie im Winter ein Kopftuch aufhatte, lugten ihre Ponyfransen ein Stück hervor und flatterten in der steifen Brise, die durch Cannock Chase wehte.
Auch das Herumlaufen, oder besser Herumtoben, im Cannock Chase habe ich noch gut im Gedächtnis. Im Heim gab es einen großen schwarzen Labrador namens Jet, der uns auf unseren Spaziergängen begleitete. Er rannte hin und her, jagte Stöckchen, Vögel oder einfach nur die Luft und kam dann so schnell zu uns zurück, dass uns vor Aufregung und Gelächter ganz schwindelig wurde. Ich fand es wunderschön, mein Gesicht in dem dichten Fell an seinem Hals zu vergraben und seinen schmalen Kopf zu streicheln.Vom Inneren des Hauses habe ich nur noch das Esszimmer, wo wir unsere Mahlzeiten einnahmen, den großen Aufenthaltsraum, in dem wir fernsahen, und mein Schlafzimmer in Erinnerung. Oft saß ich in der Küche und kratzte nach dem Kuchenbacken die Schüssel mit einem Löffel aus. Weil ich aufpassen musste, mich nicht schmutzig zu machen, trug ich in der Küche immer eine Schürze. Alle unsere Schürzen hingen an Haken neben den Türen. Meine war blau.In meinem Schlafzimmer standen drei Betten. Die Wände waren mit Postern von David Cassidy und den Bay City Rollers dekoriert. Mir gefiel der Sänger Les McKeown am besten. Neben meinem Bett stand ein Regal, in dem ich meine Schätze aufbewahrte: Sindy, den kleinen Porzellandelphin, den ich in einem Laden in Rhyl gekauft hatte (mein Souvenir von unserem Ausflug ans Meer), ein aus dem Spielzimmer geliehenes Buch und einige Tannenzapfen aus dem nahen Wald. Wenn ich mich ins Bett legte und die vorhänge ein Stück offen ließ, konnte ich vor dem Einschlafen all diese Dinge anschauen.
Copyright © 2008 Sameem Ali, Humphrey Price & Teri Garrison
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2008
Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Karin Dufner
Umschlagabbildung: Frau: © Robert Essel NYC/Corbis;
Ornament: © Shutterstock
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Als ich sechs Monate alt war, nahm das Jugendamt mich meinem Vater weg und brachte mich in ein Kinderheim. Nach meiner Geburt war meine Mutter erkrankt und mit meinen Geschwistern nach Pakistan zurückgekehrt. Warum sie mich zurückließ und warum mein Vater sie nicht begleitete, weiß ich bis heute nicht. Jedenfalls wurde ich aus der Wohnung meines Vaters abgeholt, weil die Nachbarn mich Tag und Nacht schreien hörten. Mein Vater, so las ich in der Akte, sei geisteskrank und somit nicht in der Lage gewesen, allein ein Kleinkind zu versorgen. Auch nachdem meine Mutter und meine Geschwister aus Pakistan zurückgekehrt waren, blieb ich im Heim.
Im Kinderheim verbrachte ich meine schönsten Jahre und war so glücklich, wie ich es erst als Erwachsene wieder werden sollte.
Leider sind meine Erinnerungen an die Zeit im Kinderheim sehr lückenhaft. Während ich den Tagesablauf noch vage im Gedächtnis habe, weiß ich fast nichts mehr über die Menschen dort oder über meinen Kindergarten. Die Tage und Wochen verschwimmen ineinander. Ich sehe die Jahreszeiten vor mir, erinnere mich, dass es im Winter kalt war und schneite und im Sommer die Sonne heiß und hell vom Himmel schien. Aber das ist auch schon alles. Hin und wieder kommen mir einzelne Begebenheiten in den Sinn. Zum Beispiel fiel mir einmal abends beim Lesen plötzlich ein, dass mir diese Geschichte schon einmal vorgelesen worden war, und ich hörte eine Stimme die Worte sagen, kurz bevor ich sie aussprach. Da mir zu Hause bei meiner Familie nie jemand vorgelesen hatte, gehörte diese Stimme vermutlich Tante Peggy, meiner Erzieherin im Kinderheim.
Von meiner Zeit dort habe ich am deutlichsten das Weihnachtsfest in Erinnerung, an dem ich meine Sindy-Puppe bekam. Ich war sechs und saß mit fünf oder sechs anderen Kindern in dem großen Aufenthaltsraum, wo ein Berg von Geschenken lag. Die Aufregung wuchs, während wir auf unsere Geschenke warteten. Als Erstes bekam ich einen in glänzendes rotes Papier gewickelten Karton: eine Sindy. Selig vor Glück wickelte ich das Päckchen aus. Doch obwohl ich die Sindy-Puppe liebte, ließ ich sie im Kinderheim zurück, als ich zu meiner Familie zog. Vermutlich erinnere ich mich an dieses Weihnachtsfest deshalb so gut, weil ich die Puppe später vermisste.
Was Liebe anging, kam ich im Kinderheim nie zu kurz. Tante Peggy, eine kleine, pummelige Frau mit rundem Gesicht und freundlichen Augen, roch nach Seife, Blumen und frischem Brot und hatte mich lieb. Sie trug ihr Haar kurz geschnitten. Wenn sie im Winter ein Kopftuch aufhatte, lugten ihre Ponyfransen ein Stück hervor und flatterten in der steifen Brise, die durch Cannock Chase wehte.
Auch das Herumlaufen, oder besser Herumtoben, im Cannock Chase habe ich noch gut im Gedächtnis. Im Heim gab es einen großen schwarzen Labrador namens Jet, der uns auf unseren Spaziergängen begleitete. Er rannte hin und her, jagte Stöckchen, Vögel oder einfach nur die Luft und kam dann so schnell zu uns zurück, dass uns vor Aufregung und Gelächter ganz schwindelig wurde. Ich fand es wunderschön, mein Gesicht in dem dichten Fell an seinem Hals zu vergraben und seinen schmalen Kopf zu streicheln.Vom Inneren des Hauses habe ich nur noch das Esszimmer, wo wir unsere Mahlzeiten einnahmen, den großen Aufenthaltsraum, in dem wir fernsahen, und mein Schlafzimmer in Erinnerung. Oft saß ich in der Küche und kratzte nach dem Kuchenbacken die Schüssel mit einem Löffel aus. Weil ich aufpassen musste, mich nicht schmutzig zu machen, trug ich in der Küche immer eine Schürze. Alle unsere Schürzen hingen an Haken neben den Türen. Meine war blau.In meinem Schlafzimmer standen drei Betten. Die Wände waren mit Postern von David Cassidy und den Bay City Rollers dekoriert. Mir gefiel der Sänger Les McKeown am besten. Neben meinem Bett stand ein Regal, in dem ich meine Schätze aufbewahrte: Sindy, den kleinen Porzellandelphin, den ich in einem Laden in Rhyl gekauft hatte (mein Souvenir von unserem Ausflug ans Meer), ein aus dem Spielzimmer geliehenes Buch und einige Tannenzapfen aus dem nahen Wald. Wenn ich mich ins Bett legte und die vorhänge ein Stück offen ließ, konnte ich vor dem Einschlafen all diese Dinge anschauen.
Copyright © 2008 Sameem Ali, Humphrey Price & Teri Garrison
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2008
Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzung: Karin Dufner
Umschlagabbildung: Frau: © Robert Essel NYC/Corbis;
Ornament: © Shutterstock
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Bibliographische Angaben
- Autoren: Sameem Ali , Humphrey Price , Terie Garrison
- 2008, 1, 384 Seiten, Maße: 14,3 x 21,8 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868000283
- ISBN-13: 9783868000283
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