Eine Frage der Liebe
Roman
''Eine äußerst gelungene Mischung aus Spannung und Romantik.''
USA Today
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Eine Frage der Liebe “
''Eine äußerst gelungene Mischung aus Spannung und Romantik.''
USA Today
Klappentext zu „Eine Frage der Liebe “
Jessica führt einen kleinen Antiquitätenladen im Herzen Neuenglands, der ohne ihr Wissen einer internationalen Schmugglerbande als Umschlagplatz für Diamanten dient. Zu ihrem Schutz reist der New Yorker Cop und Hobbyschriftsteller James Sladerman nach Connecticut, muss aber sehr schnell erkennen, dass ihm Jessica nicht nur die Ermittlungen aus der Hand nimmt, sondern auch ganz gehörig die Sinne verwirrt.
Lese-Probe zu „Eine Frage der Liebe “
Eine Frage der Liebe von Nora RobertsProlog
James Sladerman fixierte mit finsterer Miene seine Schuhspitzen. Dieser finstere Ausdruck war nicht von seinem Gesicht gewichen, seit er am Morgen auf seinem Schreibtisch im Dezernat die Nachricht vorgefunden hatte, Commissioner Dodson in seinem Büro aufsuchen zu sollen. Er stieß eine dicke Rauchwolke aus und drückte anschließend die Zigarette in dem schweren Mosaikaschenbecher zu seiner Linken aus. Inzwischen hatte er sich kaum bewegt. Slade verstand sich aufs Warten.
Erst in der Nacht zuvor hatte er über fünf Stunden in einem dunklen, eiskalten Wagen ausgeharrt, und das in einer Gegend, in der es ratsam war, niemandem den Rücken zuzudrehen und auf seine Brieftasche aufzupassen. Es waren öde, fruchtlose fünf Stunden gewesen; die Überwachung hatte rein gar nichts gebracht. Doch Slade wusste aus seiner langjährigen Erfahrung, dass die Polizeiarbeit überwiegend aus endlosen Fußmärschen, stundenlangem Warten und Papierkram bestand, die nur von gelegentlichen Gewaltakten unterbrochen wurden. Dennoch zog er die fünfstündige Überwachung bei weitem den zwanzig Minuten vor, die er gerade in dem beige gestrichenen und mit Teppichen ausgelegten Vorzimmer des Commissioners verbracht hatte. Es roch nach Zitronenpolitur und jetzt auch nach seinem Virginiatabak. Die Tasten einer Schreibmaschine klapperten mit monotoner Effizienz, als die Sekretärin des Commissioners ihre Berichte tippte.
Was, zum Teufel, wollte er von ihm?, fragte sich Slade zum wiederholten Male. Im Laufe seiner Karriere hatte Slade tunlichst jeden Kontakt mit der politischen Seite der Polizeiarbeit vermieden, da er mit einer strikten Abneigung gegen jede Art von Bürokratie behaftet war. Bei seinem Aufstieg vom Kadetten zum Detective Sergeant hatte es wenig Gelegenheit gegeben, dass seine Wege sich mit Dodsons kreuzten.
Beim
... mehr
Begräbnis seines Vaters war es zu einem kurzen, persönlichen Kontakt mit Dodson gekommen. Captain Thomas C. Sladerman wurde mit allen Ehren beigesetzt, die ihm nach 28 Jahren im Dienste der Polizei zustanden, zumal er bei der Ausübung seiner Pflicht ums Leben gekommen war. Slade erinnerte sich, dass der Commissioner sich sehr mitfühlend gegenüber der Witwe und der jungen Tochter verhalten hatte. Auch gegenüber dem Sohn hatte er die passenden Worte gefunden. Vielleicht war er tatsächlich ein wenig betroffen gewesen. Zu Beginn ihrer Karriere waren Dodson und Sladerman Partner gewesen. Sie waren beide noch jung gewesen, als sich ihre Wege trennten - der eine fand eine Nische in der Politik und der Verwaltung, der andere entschied sich für den Kampf auf der Straße.
Danach waren sie sich nur noch ein einziges Mal begegnet. Damals lag Slade im Krankenhaus und erholte sich von einer Schusswunde. Der Besuch des Polizeichefs bei dem einfachen Detective hatte zu Gerüchten und Spekulationen geführt, die Slade nicht nur in Verlegenheit brachten, sondern auch ziemlich geärgert hatten.
Inzwischen pfiffen es wahrscheinlich schon die Spatzen von sämtlichen Dächern, dass der Alte ihn zu sich beordert hatte. Seine Miene verfinsterte sich zu einem Grollen. Einen Moment überlegte er, ob er sich irgendeiner dienstlichen Verfehlung schuldig gemacht hatte und schalt sich gleich darauf, dass er sich benahm wie ein Schuljunge, der zum Direktor zitiert wurde.
Ach, zum Teufel, fluchte Slade im Stillen und versuchte sich zu entspannen. Der Stuhl war weich - zu weich und zu kurz. Um die fehlende Sitzfläche auszugleichen, drückte Slade die Wirbelsäule an die Rundung der Rückenlehne und streckte die langen Beine von sich. Seine Augen waren halb geschlossen. Nach diesem Gespräch würde er wieder seinen Beobachtungsposten beziehen. Falls er die Aktion heute Nacht zu einem erfolgreichen Abschluss brächte, könnte er sich auf ein paar freie Abende an seiner Schreibmaschine freuen. Mit ein bisschen Glück - und einem Monat konzentrierter Arbeit ohne Unterbrechungen - könnte er es schaffen, seinen Roman zu Ende zu bringen. Seine Umgebung ausblendend, ging er im Geiste das Kapitel durch, an dem er gerade arbeitete.
»Sergeant Sladerman?«
Verärgert über die Ablenkung hob Slade den Blick. Langsam klärte sich sein Gesichtsausdruck. Es war eine Zeitverschwendung gewesen, den Fußboden anzustarren, wenn die Sekretärin des Polizeichefs einen so viel ergötzlicheren Anblick bot, stellte er fest und setzte sofort sein scharmantestes Lächeln auf.
»Der Commissioner erwartet Sie jetzt.« Die Sekretärin erwiderte sein Lächeln und wünschte sich insgeheim, er möge sie noch einmal so ansehen wie eben, statt in dumpfem Schweigen vor sich hin zu starren. Er hatte ein Gesicht, auf das jede Frau mit Interesse reagierte - markant geschnitten, gutes Kinn und dunklen Teint, den er von den italienischen Vorfahren mütterlicherseits geerbt hatte. In Ruhe hatte sein Mund hart gewirkt, aber jetzt, in der Bewegung, zeigte er gewisse Ansätze von Leidenschaftlichkeit. Schwarze Haare und graue Augen empfand sie bei einem Mann schon immer als eine unwiderstehliche Kombination, besonders wenn das Haar wie in diesem Fall dicht und ein bisschen zerzaust und die Augen rauchgrau und geheimnisvoll waren. Wirklich ein interessanter Typ, entschied sie und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Slade seinen langen, schlaksigen Körper aus dem Besuchersessel hievte.
Als Slade ihr zu der schweren Eichentür folgte, bemerkte er, dass sie keinen Ehering trug und überlegte, ob er sie nach dem Gespräch mit Dodson um ihre Telefonnummer bitten sollte. Doch der Gedanke rückte sofort in den Hintergrund, als sie ihn in das Büro des Commissioners geleitet hatte.
An der rechten Wand hing eine Perillo-Lithografie - ein Cowboy auf einem bunt bemalten Pony. Die linke Wand war gerahmten Fotografien, Ernennungsurkunden und Diplomen vorbehalten. Wenn Slade die Kombination etwas merkwürdig fand, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Der repräsentative Schreibtisch, der vor dem Fenster stand, war aus dunklem Eichenholz. Darauf lagen ordentlich gestapelte Akten, in der Mitte stand ein vergoldetes Schreibset, auf der linken Seite der obligate, dreiteilige Bilderrahmen. Dahinter saß Dodson, ein dunkelhaariger, gepflegter kleiner Mann, der Slade schon immer mehr an einen Gemeindepfarrer als an den Polizeichef von New York City erinnerte. Seine Augen waren von einem angenehmen hellen Blau, die Wangen von einer frischen, gesunden Röte. Silberne Strähnen durchzogen sein Haar. Alles in allem war Dodson das Paradebeispiel onkelhafter Freundlichkeit. Doch die Linien in seinem Gesicht waren nicht durch Humor entstanden.
»Sergeant Sladerman«, sagte Dodson und wies Slade mit einer Handbewegung und einem Lächeln an, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Ganz der Vater, dachte er flüchtig, als Slade sich hinsetzte. »Habe ich Sie warten lassen?«
»Ein bisschen.«
Ganz der Vater, dachte Dodson abermals und stellte das Lächeln ab. Abgesehen davon, dass sein wahres Interesse, wie man hörte, mehr dem Schreiben als der Polizeiarbeit galt. Tom hatte dieses Faible nie richtig ernst genommen, erinnerte sich Dodson. Mein Sohn ist ein Cop, genau wie sein alter Herr. Ein verdammt guter Cop. Und darauf baute Dodson im Augenblick.
»Wie gehts der Familie?«, erkundigte er sich beiläufig, ohne seine blauen Augen von ihm abzuwenden.
»Gut. Danke der Nachfrage, Sir.«
»Gefällt es Janice auf dem College?« Er bot Slade eine Zigarre an. Als der Detective dankend ablehnte, zündete er sich eine an. Slade wartete mit der Antwort, bis sich die erste beißende Rauchwolke aufgelöst hatte. Woher wusste Dodson, wunderte er sich, dass seine Schwester das College besuchte?
»Ja, es gefällt ihr.«
»Und was macht die Schriftstellerei?«
Er musste alle Tricks aktivieren, die er in seiner Ausbildung gelernt hatte, um seine Überraschung zu verbergen. Seine Augen waren so klar und ruhig wie seine Stimme, als er erwiderte: »Ein mühsames Geschäft.«
Keine Zeit für Smalltalk, dachte Dodson, während er die Asche seiner Zigarre abklopfte. Der Bursche konnte es kaum erwarten, hier rauszukommen. Aber in seiner Position als Commissioner war er im Vorteil. Er zog noch einmal genüsslich an seiner Zigarre und beobachtete, wie die Rauchkringel träge an die Decke schwebten. »Ich habe die Kurzgeschichte von Ihnen im Mirror gelesen«, fuhr Dodson fort. »Nicht schlecht.«
»Vielen Dank.« Was, zum Teufel, wollte er von ihm?, fragte sich Slade ungeduldig.
»Kein Glück mit dem Roman?«
Für den Bruchteil einer Sekunde und kaum wahrnehmbar verengten sich Slades Augen. »Noch nicht.«
Dodson lehnte sich, an seiner Zigarre kauend, zurück und studierte den Mann ihm gegenüber. Er war seinem Vater auch äußerlich sehr ähnlich, sinnierte er. Dasselbe lange, schmale Gesicht, aus dem Intelligenz und Härte sprachen. Er fragte sich nur, ob der Sohn mit dem gleichen entwaffnenden Scharm lächeln konnte wie sein Vater. Die Augen jedoch hatte er von seiner Mutter - dunkelgrau und nachdenklich, darin geübt, jegliche Gefühle zu verbergen. Dann war da noch seine Beurteilung, überlegte Dodson weiter. Er war vielleicht nicht der brillante Cop, der sein Vater gewesen war, aber er war gewissenhaft. Und, Gott sei Dank, weniger impulsiv. Nach seinen Jahren bei der Truppe, die drei Letzten im Morddezernat, konnte man ihn zweifellos als Profi bezeichnen. Andererseits, wenn ein verdeckter Ermittler mit zweiunddreißig noch kein Profi war, dann war er ein toter Mann. Slade stand in dem Ruf, abgebrüht zu sein, vielleicht ein wenig zu abgebrüht, aber seine Verhaftungen waren sauber. Dodson konnte keinen Mann gebrauchen, der Ärger suchte, sondern einen, der genau wusste, was zu tun ist, wenn er auf Schwierigkeiten traf.
»Slade « Er erlaubte sich ein kleines Lächeln. »So nennt man Sie doch, oder?«
»Ja, Sir.« Die Vertraulichkeit war ihm unangenehm; das Lächeln machte ihn misstrauisch.
»Ich bin sicher, Sie haben von Justice Lawrence Winslow gehört.«
Der Name erregte seine Neugier und er ging rasch seine mentale Datenbank durch. »Stand dem New Yorker Berufungsgericht vor, ehe er vor ungefähr fünfzehn Jahren zum Vorsitzenden Richter des Schwurgerichts von Connecticut gewählt wurde. Starb vor vier oder fünf Jahren an einem Herzinfarkt.«
Nur Fakten und Zahlen, dachte Dodson bei sich. Der Bursche verschwendete keine Worte. »Er war außerdem ein verdammt guter Jurist, ein Richter, der das eigentliche Wesen der Rechtsprechung begriffen hatte. Ein guter Mann. Seine Frau hat vor zwei Jahren wieder geheiratet und lebt jetzt in Südfrankreich.«
Na und?, dachte Slade ungehalten, als Dodson nachdenklich über seine Schulter hinweg ins Leere starrte.
»Seine Tochter, Jessica, ist mein Patenkind.« Na und?, schoss es Slade abermals durch den Kopf, als Dodson den Blick wieder auf ihn richtete. »Sie lebt im Haus der Familie in der Nähe von Westpoint. Wunderschönes Anwesen - nur einen Steinwurf vom Strand entfernt. Absolut ruhig und friedlich.« Er trommelte mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischkante. »Ich könnte mir vorstellen, dass das der ideale Platz für einen Schriftsteller wäre.«
Slade beschlich eine unangenehme Vorahnung, die er rasch verdrängte. »Möglich.« Wollte sich der Alte als Kuppler betätigen?, dachte Slade und musste beinahe laut lachen. Nein, das war zu lächerlich.
»In den letzten neun Monaten hat sich in ganz Europa eine Flut von Diebstählen ereignet.«
Der abrupte Themenwechsel verblüffte Slade so sehr, dass ihm die Überraschung deutlich im Gesicht geschrieben stand. Doch er brachte seine Züge sofort wieder unter Kontrolle, hob eine Braue und schwieg.
»Schwere Diebstähle«, fuhr Dodson fort. »Überwiegend aus Museen - Edelsteine, Münzen, Briefmarken. Frankreich, England, Spanien und Italien sind die am meisten betroffenen Länder. Nachforschungen der verantwortlichen Stellen legen die Vermutung nahe, dass die gestohlenen Gegenstände in die Staaten geschmuggelt worden sind.«
»Schmuggel fällt in das Ressort des FBI«, gab Slade knapp zurück. Und hat, dachte er bei sich, nichts mit einem Detective des Morddezernats zu tun - oder mit der verwöhnten Tochter irgendeines Richters. Diesem Gedanken folgte sogleich ein weiterer, sehr unangenehmer, den Slade geflissentlich ignorierte. (...)
© Heyne Verlag
Übersetzung: Christine Roth-Drabusenigg
Danach waren sie sich nur noch ein einziges Mal begegnet. Damals lag Slade im Krankenhaus und erholte sich von einer Schusswunde. Der Besuch des Polizeichefs bei dem einfachen Detective hatte zu Gerüchten und Spekulationen geführt, die Slade nicht nur in Verlegenheit brachten, sondern auch ziemlich geärgert hatten.
Inzwischen pfiffen es wahrscheinlich schon die Spatzen von sämtlichen Dächern, dass der Alte ihn zu sich beordert hatte. Seine Miene verfinsterte sich zu einem Grollen. Einen Moment überlegte er, ob er sich irgendeiner dienstlichen Verfehlung schuldig gemacht hatte und schalt sich gleich darauf, dass er sich benahm wie ein Schuljunge, der zum Direktor zitiert wurde.
Ach, zum Teufel, fluchte Slade im Stillen und versuchte sich zu entspannen. Der Stuhl war weich - zu weich und zu kurz. Um die fehlende Sitzfläche auszugleichen, drückte Slade die Wirbelsäule an die Rundung der Rückenlehne und streckte die langen Beine von sich. Seine Augen waren halb geschlossen. Nach diesem Gespräch würde er wieder seinen Beobachtungsposten beziehen. Falls er die Aktion heute Nacht zu einem erfolgreichen Abschluss brächte, könnte er sich auf ein paar freie Abende an seiner Schreibmaschine freuen. Mit ein bisschen Glück - und einem Monat konzentrierter Arbeit ohne Unterbrechungen - könnte er es schaffen, seinen Roman zu Ende zu bringen. Seine Umgebung ausblendend, ging er im Geiste das Kapitel durch, an dem er gerade arbeitete.
»Sergeant Sladerman?«
Verärgert über die Ablenkung hob Slade den Blick. Langsam klärte sich sein Gesichtsausdruck. Es war eine Zeitverschwendung gewesen, den Fußboden anzustarren, wenn die Sekretärin des Polizeichefs einen so viel ergötzlicheren Anblick bot, stellte er fest und setzte sofort sein scharmantestes Lächeln auf.
»Der Commissioner erwartet Sie jetzt.« Die Sekretärin erwiderte sein Lächeln und wünschte sich insgeheim, er möge sie noch einmal so ansehen wie eben, statt in dumpfem Schweigen vor sich hin zu starren. Er hatte ein Gesicht, auf das jede Frau mit Interesse reagierte - markant geschnitten, gutes Kinn und dunklen Teint, den er von den italienischen Vorfahren mütterlicherseits geerbt hatte. In Ruhe hatte sein Mund hart gewirkt, aber jetzt, in der Bewegung, zeigte er gewisse Ansätze von Leidenschaftlichkeit. Schwarze Haare und graue Augen empfand sie bei einem Mann schon immer als eine unwiderstehliche Kombination, besonders wenn das Haar wie in diesem Fall dicht und ein bisschen zerzaust und die Augen rauchgrau und geheimnisvoll waren. Wirklich ein interessanter Typ, entschied sie und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Slade seinen langen, schlaksigen Körper aus dem Besuchersessel hievte.
Als Slade ihr zu der schweren Eichentür folgte, bemerkte er, dass sie keinen Ehering trug und überlegte, ob er sie nach dem Gespräch mit Dodson um ihre Telefonnummer bitten sollte. Doch der Gedanke rückte sofort in den Hintergrund, als sie ihn in das Büro des Commissioners geleitet hatte.
An der rechten Wand hing eine Perillo-Lithografie - ein Cowboy auf einem bunt bemalten Pony. Die linke Wand war gerahmten Fotografien, Ernennungsurkunden und Diplomen vorbehalten. Wenn Slade die Kombination etwas merkwürdig fand, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Der repräsentative Schreibtisch, der vor dem Fenster stand, war aus dunklem Eichenholz. Darauf lagen ordentlich gestapelte Akten, in der Mitte stand ein vergoldetes Schreibset, auf der linken Seite der obligate, dreiteilige Bilderrahmen. Dahinter saß Dodson, ein dunkelhaariger, gepflegter kleiner Mann, der Slade schon immer mehr an einen Gemeindepfarrer als an den Polizeichef von New York City erinnerte. Seine Augen waren von einem angenehmen hellen Blau, die Wangen von einer frischen, gesunden Röte. Silberne Strähnen durchzogen sein Haar. Alles in allem war Dodson das Paradebeispiel onkelhafter Freundlichkeit. Doch die Linien in seinem Gesicht waren nicht durch Humor entstanden.
»Sergeant Sladerman«, sagte Dodson und wies Slade mit einer Handbewegung und einem Lächeln an, auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Ganz der Vater, dachte er flüchtig, als Slade sich hinsetzte. »Habe ich Sie warten lassen?«
»Ein bisschen.«
Ganz der Vater, dachte Dodson abermals und stellte das Lächeln ab. Abgesehen davon, dass sein wahres Interesse, wie man hörte, mehr dem Schreiben als der Polizeiarbeit galt. Tom hatte dieses Faible nie richtig ernst genommen, erinnerte sich Dodson. Mein Sohn ist ein Cop, genau wie sein alter Herr. Ein verdammt guter Cop. Und darauf baute Dodson im Augenblick.
»Wie gehts der Familie?«, erkundigte er sich beiläufig, ohne seine blauen Augen von ihm abzuwenden.
»Gut. Danke der Nachfrage, Sir.«
»Gefällt es Janice auf dem College?« Er bot Slade eine Zigarre an. Als der Detective dankend ablehnte, zündete er sich eine an. Slade wartete mit der Antwort, bis sich die erste beißende Rauchwolke aufgelöst hatte. Woher wusste Dodson, wunderte er sich, dass seine Schwester das College besuchte?
»Ja, es gefällt ihr.«
»Und was macht die Schriftstellerei?«
Er musste alle Tricks aktivieren, die er in seiner Ausbildung gelernt hatte, um seine Überraschung zu verbergen. Seine Augen waren so klar und ruhig wie seine Stimme, als er erwiderte: »Ein mühsames Geschäft.«
Keine Zeit für Smalltalk, dachte Dodson, während er die Asche seiner Zigarre abklopfte. Der Bursche konnte es kaum erwarten, hier rauszukommen. Aber in seiner Position als Commissioner war er im Vorteil. Er zog noch einmal genüsslich an seiner Zigarre und beobachtete, wie die Rauchkringel träge an die Decke schwebten. »Ich habe die Kurzgeschichte von Ihnen im Mirror gelesen«, fuhr Dodson fort. »Nicht schlecht.«
»Vielen Dank.« Was, zum Teufel, wollte er von ihm?, fragte sich Slade ungeduldig.
»Kein Glück mit dem Roman?«
Für den Bruchteil einer Sekunde und kaum wahrnehmbar verengten sich Slades Augen. »Noch nicht.«
Dodson lehnte sich, an seiner Zigarre kauend, zurück und studierte den Mann ihm gegenüber. Er war seinem Vater auch äußerlich sehr ähnlich, sinnierte er. Dasselbe lange, schmale Gesicht, aus dem Intelligenz und Härte sprachen. Er fragte sich nur, ob der Sohn mit dem gleichen entwaffnenden Scharm lächeln konnte wie sein Vater. Die Augen jedoch hatte er von seiner Mutter - dunkelgrau und nachdenklich, darin geübt, jegliche Gefühle zu verbergen. Dann war da noch seine Beurteilung, überlegte Dodson weiter. Er war vielleicht nicht der brillante Cop, der sein Vater gewesen war, aber er war gewissenhaft. Und, Gott sei Dank, weniger impulsiv. Nach seinen Jahren bei der Truppe, die drei Letzten im Morddezernat, konnte man ihn zweifellos als Profi bezeichnen. Andererseits, wenn ein verdeckter Ermittler mit zweiunddreißig noch kein Profi war, dann war er ein toter Mann. Slade stand in dem Ruf, abgebrüht zu sein, vielleicht ein wenig zu abgebrüht, aber seine Verhaftungen waren sauber. Dodson konnte keinen Mann gebrauchen, der Ärger suchte, sondern einen, der genau wusste, was zu tun ist, wenn er auf Schwierigkeiten traf.
»Slade « Er erlaubte sich ein kleines Lächeln. »So nennt man Sie doch, oder?«
»Ja, Sir.« Die Vertraulichkeit war ihm unangenehm; das Lächeln machte ihn misstrauisch.
»Ich bin sicher, Sie haben von Justice Lawrence Winslow gehört.«
Der Name erregte seine Neugier und er ging rasch seine mentale Datenbank durch. »Stand dem New Yorker Berufungsgericht vor, ehe er vor ungefähr fünfzehn Jahren zum Vorsitzenden Richter des Schwurgerichts von Connecticut gewählt wurde. Starb vor vier oder fünf Jahren an einem Herzinfarkt.«
Nur Fakten und Zahlen, dachte Dodson bei sich. Der Bursche verschwendete keine Worte. »Er war außerdem ein verdammt guter Jurist, ein Richter, der das eigentliche Wesen der Rechtsprechung begriffen hatte. Ein guter Mann. Seine Frau hat vor zwei Jahren wieder geheiratet und lebt jetzt in Südfrankreich.«
Na und?, dachte Slade ungehalten, als Dodson nachdenklich über seine Schulter hinweg ins Leere starrte.
»Seine Tochter, Jessica, ist mein Patenkind.« Na und?, schoss es Slade abermals durch den Kopf, als Dodson den Blick wieder auf ihn richtete. »Sie lebt im Haus der Familie in der Nähe von Westpoint. Wunderschönes Anwesen - nur einen Steinwurf vom Strand entfernt. Absolut ruhig und friedlich.« Er trommelte mit den Fingerspitzen auf die Schreibtischkante. »Ich könnte mir vorstellen, dass das der ideale Platz für einen Schriftsteller wäre.«
Slade beschlich eine unangenehme Vorahnung, die er rasch verdrängte. »Möglich.« Wollte sich der Alte als Kuppler betätigen?, dachte Slade und musste beinahe laut lachen. Nein, das war zu lächerlich.
»In den letzten neun Monaten hat sich in ganz Europa eine Flut von Diebstählen ereignet.«
Der abrupte Themenwechsel verblüffte Slade so sehr, dass ihm die Überraschung deutlich im Gesicht geschrieben stand. Doch er brachte seine Züge sofort wieder unter Kontrolle, hob eine Braue und schwieg.
»Schwere Diebstähle«, fuhr Dodson fort. »Überwiegend aus Museen - Edelsteine, Münzen, Briefmarken. Frankreich, England, Spanien und Italien sind die am meisten betroffenen Länder. Nachforschungen der verantwortlichen Stellen legen die Vermutung nahe, dass die gestohlenen Gegenstände in die Staaten geschmuggelt worden sind.«
»Schmuggel fällt in das Ressort des FBI«, gab Slade knapp zurück. Und hat, dachte er bei sich, nichts mit einem Detective des Morddezernats zu tun - oder mit der verwöhnten Tochter irgendeines Richters. Diesem Gedanken folgte sogleich ein weiterer, sehr unangenehmer, den Slade geflissentlich ignorierte. (...)
© Heyne Verlag
Übersetzung: Christine Roth-Drabusenigg
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Autoren-Porträt von Nora Roberts
Autoren-Porträt von Nora RobertsNora Roberts ist die derzeit wahrscheinlich erfolgreichste Liebesroman-Autorin – weltweit. Geboren wurde sie als jüngste von fünf Kindern in Silver Spring Maryland und besuchte zeitweise eine katholische Schule. Sie heiratete früh und arbeitete – nach eigenen Angaben eher erfolglos – einige Zeit als Sekretärin. Nach der Geburt ihrer zwei Söhne wurde sie Hausfrau. Der Legende nach brachte sie ein Schneesturm zum Schreiben: Sie war mit ihren Söhnen eingeschlossen, die Schokoladenvorräte gingen zu Ende und sie erfand, damit es nicht langweilig würde, kleine Geschichten, die sie später aufschrieb. Zwei Jahre später, 1981, erschien ihr erster Buch. Seitdem ging es steil bergauf. Roberts schrieb dutzende Liebesromane, die sich weltweit millionenfach verkaufen. Auf die Frage, weshalb sie gerade Beziehungsromane schreibe, sagt sie: „Für mich sind Beziehungen, Emotionen und der Sturm der Gefühle, wenn man sich verliebt, einfach faszinierend.“ Etwas pragmatischer meinte sie bei anderer Gelegenheit, dass sie immer Männer um sich herum hatte: die vier älteren Brüder, Ehemann, zwei Söhne. Sie hatte also nur die Wahl: versuchen, sie zu verstehen oder durchdrehen...
Inzwischen lebt Nora Roberts mit ihrem zweiten Mann auf einem malerischen Hügel im Westen von Maryland. Ihr Mann ist Tischler und sollte ursprünglich Bücherregale im Haus einbauen. „Er kam und ging einfach nicht mehr“, wie Nora Roberts es beschreibt. Er hat dafür gesorgt, dass das Haus nun auch ein drittes Geschoss und ein eigenes Schwimmbad hat.
Nora Roberts arbeitet 6-8 Stunden täglich an ihren Büchern, steht in E-Mail-Kontakt mit den vielen Fans und entspannt abends am liebsten mit einem guten Buch oder vor dem Fernseher. Manchmal bleibt ihr sogar etwas Zeit für den großen
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Garten. Hier hat sie, wie sie selbst sagt, „den vollkommenen Ort“ gefunden.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Nora Roberts
- 2009, 283 Seiten, Maße: 11,5 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Christine Roth
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453722493
- ISBN-13: 9783453722491
- Erscheinungsdatum: 17.12.2008
Rezension zu „Eine Frage der Liebe “
»Aufregend, romantisch, große Unterhaltung.« Cosmopolitan
Pressezitat
»Aufregend, romantisch, große Unterhaltung.« Cosmopolitan
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