Eisnacht
Lilly und der Wanderer Ben suchen in einer Berghütte Schutz vor einem Sturm. Es knistert zwischen den beiden, bis Lilly einen schrecklichen Verdacht hegt. Hat Ben etwas mit den Fällen vermisster Mädchen in der Gegend zu tun?
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Produktinformationen zu „Eisnacht “
Lilly und der Wanderer Ben suchen in einer Berghütte Schutz vor einem Sturm. Es knistert zwischen den beiden, bis Lilly einen schrecklichen Verdacht hegt. Hat Ben etwas mit den Fällen vermisster Mädchen in der Gegend zu tun?
Lese-Probe zu „Eisnacht “
Eisnacht von Sandra Brown Das Grab war nur ein Provisorium.
Der vorhergesagte Sturm sollte alle Rekorde brechen.
Das Grab für Millicent Gunn - achtzehn Jahre, kurzes, braunes Haar, graziler Körperbau, ein Meter fünfundsechzig, vor einer Woche vermisst gemeldet - war kaum mehr als eine flache Kuhle, die man dem unnachgiebigen Erdboden abgerungen hatte. Es war gerade so lang, dass das Mädchen hineinpasste. Das Problem mit der mangelnden Tiefe könnte man im Frühling beheben, sobald das Erdreich zu tauen begann. Falls die Aasfresser den Leichnam nicht schon vorher beseitigt hatten.
Ben Tierney lenkte den Blick von dem frischen Grab auf die anderen daneben. Vier insgesamt. Windbruch und Totholz boten eine natürliche Tarnung, und doch veränderte jedes davon auf ganz eigene Weise die zerklüftete Topografie; man musste nur wissen, worauf man zu achten hatte. Über eines war ein toter Baum gestürzt, unter dem es nur für jemanden mit geschultem Blick zu erkennen war.
Für jemanden wie Tierney.
Er warf einen letzten Blick in das leere, flache Grab, hob dann die Schaufel zu seinen Füßen auf und trat einen Schritt zurück. Dabei bemerkte er die dunklen Abdrücke, die seine Stiefel in der weißen Decke aus Hagelkörnern hinterließen. Das war nicht weiter schlimm. Wenn die Meteorologen Recht behielten, wären die Stiefelspuren bald von tiefem Schnee oder Eisregen bedeckt. Und wenn der Boden wieder taute, würden die Abdrücke im Schlamm versinken.
Jedenfalls hielt er nicht an, um sie zu verwischen. Er musste ins Tal hinunter. Sofort.
Den Wagen hatte er ein paar hundert Meter vom Gipfel und dem provisorischen Friedhof entfernt auf der Straße abgestellt. Folglich ging es zwar bergab, doch er musste sich mühsam durch den dichten Wald schlagen. Das dichte Unterholz verhinderte, dass der Boden
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schlüpfrig wurde, aber das Terrain war uneben und gefährlich, vor allem weil ihm der Hagel ins Gesicht prasselte und ihm die Sicht nahm. Obwohl er es eilig hatte, war er gezwungen, jeden Schritt mit Bedacht zu setzen, um einen Fehltritt zu vermeiden.
Der Wetterbericht hatte diesen Sturm seit Tagen vorhergesagt. Es handelte sich um ein Zusammentreffen mehrerer Wetterfronten, die zusammengenommen das Potenzial hatten, einen der schlimmsten Schneestürme in der jüngeren Geschichte zu bilden. Der Bevölkerung im mutmaßlich betroffenen Gebiet wurde geraten, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, sich mit Proviant einzudecken und alle unnötigen Reisen zu unterlassen. Nur ein Irrer hätte sich heute auf den Berg gewagt. Oder jemand, der etwas zu erledigen hatte, was keinen Aufschub duldete.
Wie Tierney.
Der kalte Nieselregen, der am frühen Nachmittag eingesetzt hatte, war inzwischen in einen mit Hagel vermischten Eisregen übergegangen. Die Körner brannten wie Schrot auf seinen Wangen, während er sich durchs Dickicht schlug. Er zog die Schultern hoch und klappte den Mantelkragen nach oben, damit er die Ohren bedeckte, die vor Kälte schon taub waren.
Die Windgeschwindigkeit hatte merklich zugenommen. Die von wütenden Böen geprügelten Bäume schlugen die nackten Äste gegeneinander wie Trommelstöcke. Der Wind zerrte die Nadeln von den Nadelbäumen und peitschte sie durch die Luft.
Eine blieb wie ein Dartpfeil in seiner Wange stecken.
Fünfunddreißig Stundenkilometer aus nordwestlicher Richtung, dachte er mit jenem Teil seines Gehirns, der automatisch den Zustand seiner Umgebung registrierte. Er wusste solche Dinge - Windgeschwindigkeit, Zeit, Temperatur, Richtung - instinktiv, als hätte er in seinem Körper eine Wetterstation, eine Uhr, ein Thermometer und ein GPS, die sein Unterbewusstsein unablässig mit sachdienlichen Informationen fütterten.
Es war eine angeborene Gabe, die er zur Kunst verfeinert hatte, indem er sich als Erwachsener viel draußen aufgehalten hatte. Er musste diese ständig wechselnden Umweltdaten nicht bewusst abrufen, trotzdem verließ er sich oft auf seine Fähigkeit, im Notfall sofort darauf zurückgreifen zu können.
Jetzt zum Beispiel verließ er sich darauf, denn es wäre ungut, auf dem Gipfel des Cleary Peak erwischt zu werden - dem zweithöchsten Berg in North Carolina nach dem Mount Mitchell -, während er sich mit einer Schaufel in der Hand im Laufschritt von vier alten Gräbern und einem frisch ausgehobenen entfernte.
Die örtliche Polizei war nicht gerade berühmt für ihre hartnäckigen Ermittlungen und ihre phänomenale Aufklärungsquote. Im Gegenteil, das örtliche Police Department war ein Witz. Der Chief war ein Großstadtdetective auf dem absteigenden Ast, den man aus seinem früheren Department rausgeworfen hatte.
Chief Dutch Burton führte eine Riege unfähiger Kleinstadtpolizisten - Dorfdeppen in geschniegelten Uniformen und mit funkelnden Polizeimarken -, die schon fast überfordert gewesen waren, den Sprayer zu fangen, der die Müllcontainer hinter der Texaco-Tankstelle mit Obszönitäten besprüht hatte.
Jetzt konzentrierten sie sich auf die fünf ungeklärten Vermisstenfälle. Trotz ihrer Beschränktheit waren die Gesetzeshüter von Cleary zu dem Schluss gelangt, dass es höchstwahrscheinlich doch kein Zufall war, wenn in einer kleinen Gemeinde innerhalb von zweieinhalb Jahren insgesamt fünf Frauen verschwanden.
In einer Großstadt wäre diese Statistik von anderen, grausigeren überschattet worden. Aber hier, in dieser bergigen, dünn besiedelten Gegend schlugen die Wogen hoch, wenn fünf Frauen verschwanden.
Außerdem herrschte allgemein die Auffassung, dass die vermissten Frauen einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren, weshalb sich die Behörden darauf konzentrierten, menschliche Überreste und nicht die Frauen selbst zu finden. Es würde jedenfalls Verdacht erregen, wenn jemand mit einer Schaufel durch den Wald spazierte.
So wie Tierney. (...)
© Verlagsgruppe Random House
Übersetzung: Christoph Göhler
Der Wetterbericht hatte diesen Sturm seit Tagen vorhergesagt. Es handelte sich um ein Zusammentreffen mehrerer Wetterfronten, die zusammengenommen das Potenzial hatten, einen der schlimmsten Schneestürme in der jüngeren Geschichte zu bilden. Der Bevölkerung im mutmaßlich betroffenen Gebiet wurde geraten, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, sich mit Proviant einzudecken und alle unnötigen Reisen zu unterlassen. Nur ein Irrer hätte sich heute auf den Berg gewagt. Oder jemand, der etwas zu erledigen hatte, was keinen Aufschub duldete.
Wie Tierney.
Der kalte Nieselregen, der am frühen Nachmittag eingesetzt hatte, war inzwischen in einen mit Hagel vermischten Eisregen übergegangen. Die Körner brannten wie Schrot auf seinen Wangen, während er sich durchs Dickicht schlug. Er zog die Schultern hoch und klappte den Mantelkragen nach oben, damit er die Ohren bedeckte, die vor Kälte schon taub waren.
Die Windgeschwindigkeit hatte merklich zugenommen. Die von wütenden Böen geprügelten Bäume schlugen die nackten Äste gegeneinander wie Trommelstöcke. Der Wind zerrte die Nadeln von den Nadelbäumen und peitschte sie durch die Luft.
Eine blieb wie ein Dartpfeil in seiner Wange stecken.
Fünfunddreißig Stundenkilometer aus nordwestlicher Richtung, dachte er mit jenem Teil seines Gehirns, der automatisch den Zustand seiner Umgebung registrierte. Er wusste solche Dinge - Windgeschwindigkeit, Zeit, Temperatur, Richtung - instinktiv, als hätte er in seinem Körper eine Wetterstation, eine Uhr, ein Thermometer und ein GPS, die sein Unterbewusstsein unablässig mit sachdienlichen Informationen fütterten.
Es war eine angeborene Gabe, die er zur Kunst verfeinert hatte, indem er sich als Erwachsener viel draußen aufgehalten hatte. Er musste diese ständig wechselnden Umweltdaten nicht bewusst abrufen, trotzdem verließ er sich oft auf seine Fähigkeit, im Notfall sofort darauf zurückgreifen zu können.
Jetzt zum Beispiel verließ er sich darauf, denn es wäre ungut, auf dem Gipfel des Cleary Peak erwischt zu werden - dem zweithöchsten Berg in North Carolina nach dem Mount Mitchell -, während er sich mit einer Schaufel in der Hand im Laufschritt von vier alten Gräbern und einem frisch ausgehobenen entfernte.
Die örtliche Polizei war nicht gerade berühmt für ihre hartnäckigen Ermittlungen und ihre phänomenale Aufklärungsquote. Im Gegenteil, das örtliche Police Department war ein Witz. Der Chief war ein Großstadtdetective auf dem absteigenden Ast, den man aus seinem früheren Department rausgeworfen hatte.
Chief Dutch Burton führte eine Riege unfähiger Kleinstadtpolizisten - Dorfdeppen in geschniegelten Uniformen und mit funkelnden Polizeimarken -, die schon fast überfordert gewesen waren, den Sprayer zu fangen, der die Müllcontainer hinter der Texaco-Tankstelle mit Obszönitäten besprüht hatte.
Jetzt konzentrierten sie sich auf die fünf ungeklärten Vermisstenfälle. Trotz ihrer Beschränktheit waren die Gesetzeshüter von Cleary zu dem Schluss gelangt, dass es höchstwahrscheinlich doch kein Zufall war, wenn in einer kleinen Gemeinde innerhalb von zweieinhalb Jahren insgesamt fünf Frauen verschwanden.
In einer Großstadt wäre diese Statistik von anderen, grausigeren überschattet worden. Aber hier, in dieser bergigen, dünn besiedelten Gegend schlugen die Wogen hoch, wenn fünf Frauen verschwanden.
Außerdem herrschte allgemein die Auffassung, dass die vermissten Frauen einem Verbrechen zum Opfer gefallen waren, weshalb sich die Behörden darauf konzentrierten, menschliche Überreste und nicht die Frauen selbst zu finden. Es würde jedenfalls Verdacht erregen, wenn jemand mit einer Schaufel durch den Wald spazierte.
So wie Tierney. (...)
© Verlagsgruppe Random House
Übersetzung: Christoph Göhler
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Autoren-Porträt von Sandra Brown
Autoren-Porträt von Sandra Brown Nein, faul ist Sandra Brown nun wahrlich nicht, und auch über mangelnden Erfolg kann sie nicht klagen: Gut 70 Romane hat sie verfasst, und seit 1990 schafften alle ihre Bücher den Sprung in die Bestsellerlisten. Insgesamt über 70 Millionen Exemplare ihrer Bücher fanden bisher den Weg zu ihren Lesern, darunter Übersetzungen in insgesamt 33 Sprachen.
Sandra Brown ist bekennende Texanerin: Sie wurde in Waco geboren, wuchs in Fort Worth auf und studierte Anglistik an der Texas Christian University. Bevor sie 1981 mit dem Schreiben begann, hatte sie als Model und beim Fernsehen gearbeitet, wo sie Wettervorhersagen ebenso charmant zu präsentieren wusste wie die Sendung „PM Magazine“. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann Michael Brown in Arlington im Bundesstaat – genau – Texas.
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Nicht nur ihre Leser, auch die Kritiker schätzen Sandra Browns Bücher. Unter den zahlreichen Auszeichnungen, die ihr zuteil wurden, sind der „Lifetime Achievement Award“ der „Romance Writers of America“ und der Titel „Thriller Master for 2008“, den sie von der „International Thriller Writers Association“ erhielt. Wie ihre Ehrungen, so lässt sich auch das Werk von Sandra Brown zumindest grob in die Kategorien „Romance“ und „Thriller“ einteilen. Mit „Verliebt in einen Fremden“ fing alles an. Das Buch erzählt die Geschichte von Camille, die sich einem Fremden hingibt, ihn aus den Augen verliert und zu vergessen sucht, um ihn dann nach Jahren wieder zu treffen – und seiner Faszination erneut zu erliegen. In „Warnschuss“, einem der jüngsten Bücher der Autorin, zeigt sie, warum sie auch mit ihren Thrillern so unglaublich erfolgreich ist. Detective Duncan Hunter versteht die Welt nicht mehr: Er hat einen Drogenbaron überführt – und der zuständige Richter stellt das Verfahren gegen ihn wegen eines „Verfahrensfehlers“ ein. Als die Frau des besagten Richters, der Duncan sehr zugetan ist, einen Einbrecher tötet, nimmt die Verwirrung des Ermittlers noch mehr zu: War sie das Ziel eines Komplotts? Oder benutzt sie ihn für seine Zwecke? Duncan riskiert alles, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten...Ob Liebesgeschichte oder Thriller: Man darf auf weitere Bücher der Star-Autorin gespannt sein – vorausgesetzt, sie widersteht auch weiterhin tapfer allen Lockungen des Müßiggangs. Doch wer wollte daran zweifeln?
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Bibliographische Angaben
- Autor: Sandra Brown
- 2008, 1, 512 Seiten, Maße: 13,5 x 21,2 cm, Klappenbroschur
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 382899458X
- ISBN-13: 9783828994584
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