Familienpackung
"Wie kriegt man die drei großen Ks - Kinder, Küche und Karriere - mit den drei großen S' - Spaß, Spitzenfigur und Supersex - unter einen Hut?
Susanne Fröhlich weiß Bescheid: mit Witz, Humor und einer extragroßen Portion Selbstironie!
"Ich will doch...
"Wie kriegt man die drei großen Ks - Kinder, Küche und Karriere - mit den drei großen S' - Spaß, Spitzenfigur und Supersex - unter einen Hut?
Susanne Fröhlich weiß Bescheid: mit Witz, Humor und einer extragroßen Portion Selbstironie!
"Ich will doch nur mal eine Stunde für mich, mehr nicht", stöhnt Andrea Schnidt, mittlerweile Mutter von zwei selbstbewussten Kindern, stolze Besitzerin eines Reihenmittelhauses und nun auch zur Beruhigung der Verwandtschaft mit dem Kindsvater Christoph verheiratet.
Zwischen gut gemeinten Ratschlägen von Mutter und Schwiegermutter und aufmunternden Anrufen von Freundinnen - "Lass uns doch mal wieder ausgehen, so ganz wie früher" - schlägt sich Andrea tapfer durch den alltäglichen Wahnsinn.
Familienpackung von Susanne Fröhlich
LESEPROBETag 2
Der nächsteTag, Tag X, der Aufbruch ins wilde Leben, beginnt vielversprechend. Als würdemein kleines privates Umfeld ahnen, was Sache ist. Alle sind friedlich. Niemandhaut, niemand brüllt. Es herrscht himmlische Ruhe. Wunderbar. Während ich denKindergartenproviant zubereite, Äpfelchen zerteile und Brote schmiere, werfeich zur Bestätigung meines Vorhabens nochmal einen schnellen Blick auf dieListe in meiner Küchenschublade.
Ich will:
- mehrSpannung
- mehr Sex
- mehrAnerkennung
- schlankereSchenkel.
Und allesbitte schnell. Ganz schnell.
Ich glaube,da fehlt noch was. Ich ergänze:
- primaStimmung
Christophist erstaunt. Über meine angeblich ungewohnt gute Laune. Üblicherweise bin ichmorgens wirklich nicht direkt das, was man in Hochform nennt. Aber es ist wahr:Man kann sich mental puschen. Mit einem kleinen Stück Papier. Hätte ich dasfrüher geahnt, hätte ich es längst getan.
Als Claudiaund Christoph sich auf den Weg machen, bekommt mein Liebster einen langenAbschiedskuss. Mit allem drum und dran. Wir züngeln, bis Claudia anfängt, anuns zu zerren. Es scheint ihm zu gefallen. »Ich glaube, ich komme heute Abendmal früher und lasse die Akten im Büro.« Mit diesem Satz signalisiert er, dassihm die Verabschiedung durchaus gefallen hat. Na bitte, vielleicht ist ein Teildes Problems meine morgendliche Stoffeligkeit. Wie hat mein Vater schon immergesagt: »Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.« Beschließe, abjetzt morgens der reinste Sonnenschein zu sein. Mal wieder richtig zuknutschen, ist toll. Heute Abend werden wir es ordentlich krachen lassen.
Ich duscheund creme mich ein, als wäre es schon in wenigen Minuten so weit. Vorfreude istdoch die schönste Freude. 0 Himmel - ich werde noch genauso eine Sprüchetantewie mein Vater. Meine Güte. Dabei habe ich schon als genervtes Kind gedacht, soeinen Kram würde ich niemals im Leben erzählen. Wie man sich täuschen kann. DieGene schlagen halt doch durch. Blöderweise auch an meinen Schenkeln. Eineleichte Kraterlandschaft. Sie bekommen eine Extraportion Bodylotion. Gecremtsieht das Elend schon besser aus.
Ichbetrachte mich im Spiegel. Obenrum geht's. Vor allem, weil der Spiegel vomDuschen noch leicht beschlagen ist. Untenrum, nun ja. Aber das wird.
HeuteNachmittag geht's in die große Stadt. Schließlich muss ich Christoph ja nochein Geschenk besorgen. Hier im Ort ist das mit dem Shoppen so eine Sache. Einabgetakelter kleiner Eissalon, ein Schreibwarenlädchen, Zeitschriften und einSupermarkt. Nicht zu vergessen die Boutique
Anni. DerName sagt alles. Ich kaufe wirklich sehr gerne ein, aber bei Anni bleibt meineKreditkarte völlig ruhig. Nicht die kleinste Zuckung. Seit wir hier draußenleben, ist mein Konto um einiges entspannter. Wo soll ich hier mein Geld auchlassen? Vor allem mein Geld! Seit ich nicht mehr arbeite - jedenfalls nichtaußer Haus -, leben wir von Christophs Verdienst. Nichts Ungewöhnliches, aberfür mich doch sehr gewöhnungsbedürftig. Christoph ist zum Glück keinSparbrötchen. Oder besser gesagt, kein extremes Sparbrötchen. Er hat durchausandere Vorstellungen als ich davon, wofür man dringend Geld ausgeben sollte. Allerdingswürde ich durchdrehen, wenn ich für jedes Paar Kindergummistiefel um Geldbitten müsste.
Die Kinderhabe ich für heute Nachmittag wegorganisiert. Claudia geht nach demKindergarten zu ihrer Freundin und Mark zu einem Freund. Ich werde wie inalten Zeiten ganz allein in Ruhe durch die Stadt bummeln. Ein schöner Gedanke.
Punkt dreiUhr gebe ich Mark bei seinem Lieblingskumpel Kai ab und beschließe, eine sehrvernünftige Person zu sein. Ich werde mit der S-Bahn in die Stadt fahren. Die SBahn-Nähehat unser Haus sicher um 15 % teurer gemacht, da wäre es ja sträflich, die Bahnnicht zu nutzen. Christoph weigert sich standhaft, mit der Bahn in die Kanzleizu fahren. Er steht lieber mit seinem schicken BMW im Stau. Ich hatte kurzüberlegt, ob eine Monatsmarke für den öffentlichen Nahverkehr ein schönesGeburtstagsgeschenk sein könnte, die Idee dann aber schnell wieder verworfen.Erstens: Jeder wie er es gerne hat. Zweitens: Ich bin ja keine Missionarin,und drittens: Von einem solchen Geschenk wäre ich auch nicht gerade beglückt.
Ich hetzezur Bahn, parke den Wagen, lobe nochmal insgeheim meine Vernunft und spurtelos. Manchmal hat der Mensch Glück - sogar ich -, die Bahn fährt gerade in dem Momentein, als ich den Bahnsteig betrete. Eigentlich müsste ich noch ein Ticketziehen, aber dann würde ich wieder 20 Minuten an diesem trostlosen Bahnhofstehen und in dieser Zeit könnte ich schon herrlich Geld in der Stadt ausgeben.Außerdem: Habe ich nicht beschlossen, ab heute wild und gefährlich zu leben?Und genau besehen bin ich auch nicht mehr so jung, dass ich meine Zeit an einemBahnsteig verschwenden könnte. Wie oft bin ich als Teenie - lange ist es her - schwarzgefahren.Was damals ging, geht doch auch heute. Rein in die Bahn. Ganz so lässig wiedamals als Jugendliche bin ich aber doch nicht mehr. Ich bekomme sofort einenroten Kopf, als könnten die anderen Fahrgäste gleich sehen, dass ich eineböse, miese Schwarzfahrerin bin. Ich setze mich, starre auf den Boden undhoffe, dass die Fahrt schnell vorbeigeht. Ein echter Kick ist das nicht. Na ja,versuchen kann man's ja mal. Zwei Stationen später geht's mir schon besser. Mangewöhnt sich ans Bösesein.
An derdritten Haltestelle, Rödelheim Bahnhof um genau zu sein, beginnt das Grauen.»Die Fahrausweise bitte«, schallt es durch die Bahn. 0 nein. Wie komme ich hierbloß raus? Ich versuche mich zu beruhigen, überlege wie im Wahn, welche Ausredeangebracht wäre. Kein Kleingeld, Monatskarte vergessen oder Ähnliches ist docharg profan und unglaubwürdig. Ich habe noch nicht zu Ende gedacht, da stehensie schon vor mir. Drei Kontrolleure. Zwei Kerle und eine Frau, die mich nettanlächelt. Noch. »Ihre Fahrkarte bitte«, sagt einer der Männer freundlich. Ichfange an zu wühlen, werde knallrot bis zu den Ohren, habe das
Gefühl, inwenigen Sekunden einfach umzukippen und beginne meinen Stammelmonolog, »Tjaalso, ich finde sie irgendwie nicht.« Unterstützend wühle ich manisch in meinenTaschen und versuche, unschuldig zu gucken. Sehr elegant ist das nicht, aberwas Besseres fällt mir leider nicht ein. »So, so«, sagt der erste Kerl nur undwiegt bedächtig den Kopf.
»Isch habeine«, brüllt der andere Kerl daraufhin fast begeistert durch den gesamtenWagen und da sehe ich auch schon das Licht. Eine Kamera mit einem kleinenScheinwerfer und ein blonde Tussi mit Mikrophon. Ist das hier >VerstehenSie Spaß< oder was? »Was wollen die denn da?«, frage ich den ersten Kerl.»Die mache 'ne Reportasche zum Thema Schwarzfahrer för RTL Explosiv«,informiert er mich stolz. Das fehlt ja noch. »Ich fahre nicht schwarz, sondernich finde meine Fahrkarte einfach nur nicht«, sage ich so ruhig und entspanntwie irgendwie möglich. »Des sache se alle«, triumphiert der zweite Kerl undzwinkert der Reportertussi zu. Die sieht ihren Moment gekommen, schiebt mir dasMikro unters Kinn und fragt mit einem unterschwelligen Grinsen: »Wieso fahrenSie denn schwarz?« jetzt langt es aber. Ich bin schon fast selbst davon überzeugt,meine Fahrkarte verschlampt zu haben, so angegriffen fühle ich mich. »Ichfinde sie nicht«, insistiere ich nochmal. »Ich habe sie noch eben gezogen undjetzt ist sie weg«, heuchle ich mir einen ab.
Da mischtsich doch glatt eine Frau, zwei Reihen vor mir ein. Wir haben sowieso rechtstattliches Publikum. Keiner will sich das Spektakel entgehen lassen. »Sie, Siesind doch eben einfach in die Bahn gesprunge, ich hab Sie net am Automategesehen. Un ich bin an derselbe Haltestell los.«
Na prima.War die in ihrem früheren Leben bei der Stasi oder hat die zu viel AktenzeichenXY gesehen? Ich hasse solche Leute. Gilt so was mittlerweile als Zivilcourage?Die RTL -Tante, aufgetakelt, als wäre sie bei einer Gala und nicht in einerschnöden S-Bahn, dreht sich für einen Moment von mir weg und hält der Petzliesedas Mikrophon unter die Nase. »Würden Sie das nochmal wiederholen, das, was Siegesehen haben?«, fordert sie die Frau auf. Die fühlt sich inzwischen, als wäresie Kronzeugin eines Kapitalverbrechens und holt jetzt erst so richtig aus.»Isch kenn die Frau und isch hab alles gesehe. Die war net am Automate und hataach kaa Fahrkart gezoge. Un unner uns, die haben werklisch genug Geld, um 'neFahrkart zu bezahlen. Aber des is ja typisch. So Leut bedrüge dann noch deStaat.« Hilfe, wer ist denn diese Wahnsinnige? Ihr Gesicht kommt mir vagebekannt vor. »Was reden Sie denn da«, unterbreche ich die Frau, »kennen wiruns?«, frage ich nochmal nach. Man weiß ja nie. »Sie kenne mischwahrscheinlisch net, aber isch Sie. Un Ihr Kind aach. Die verwöhnte Grott. Leutwie Sie übersehe ja gern Leut wie misch. Isch putz im Kinnergarten, wo Ihne ihrnFrau Tochter hingeht. Un isch bezahl mei Fahrkart. Immä. Obwohl isch es net sodicke hab wie Sie.« Scheiße. Scheiße. Scheiße. RTL und dazu dieKindergartenputzfrau. Welch eine unheilvolle Kombination. Morgen weiß es das ganzeKaff. Na bravo. Die RTL-Frau ist kurz vor der Ekstase. Schwarzfahrerin unddazu noch einen Hauch Klassenkampf. »Jetzt langt es aber«, sage ich und betonenochmal, dass ich meine Fahrkarte schlicht nicht finde. »Gelochen, alles vollgeloche«, schreit die Frau aus dem Kindergarten, und ich schreie zurück, »Garnicht gelogen«, und bin kurz davor zu heulen oder die Frau sehr doll zu hauen.So hat
te ich mirmeinen gemütlichen Ausflug in die Stadt nicht vorgestellt. »Genug«, sagt derruhigere der beiden Kontrolleure, »an der nächsten Station steigen wir alleaus und klären die Sache.« Die nächste Station ist zwar nicht die Innenstadt,aber ich glaube, so wählerisch kann ich in meiner momentanen Situation leidernicht sein. »Okay«, antworte ich, die Aussicht, diesen Ort des Grauens zuverlassen, ist ausgesprochen verlockend, obwohl ich, wenn ich die Wahl hätte,mich am liebsten einfach in Luft auflösen oder die Uhr um zwei Stündchenzurückdrehen würde. Unter den Augen des gesamten S-Bahn-Wagens verlasse ich,wie eine Delinquentin auf dem Weg zum Schafott, die S-Bahn. Die RTL-Tantebegleitet uns. Die Kindergartenputzpetze erhebt sich ebenfalls. »Isch komm mit,damit Sie misch als Zeugin uffnehme könne«, bietet sie geifernd an. Zum Glückerhebt jetzt erstmals die Kontrolleurin die Stimme. »Vielen Dank, das ist nichtnötig, wir haben genug von Ihnen gehört«, gibt sie der Hexe eine Abfuhr. Dieist sichtlich enttäuscht, grummelt: »Wie Sie meine, bitte sehr, mer will janur helfe, dem Staat un so«, und ruft mir ein »mir sehe uns, mir zwei« hinterher.»Ich freue mich schon ganz doll«, rufe ich zurück.
Auf demBahnsteig dann Verhör zweiter Teil. Man könnte meinen, ich hätte die S-Bahnentführt oder mehrere Bahnhöfe abgefackelt. Aber es scheint, als hätte dieKontrolleurin Mitleid. »Wenn Sie vierzig Euro zahlen, dann ist das Themaerledigt«, bietet sie mir an. Ich krame meine Brieftasche raus und finde genau33,80 Euro. Zu wenig. »Nehmen Sie auch Kreditkarten?«, frage ich nach. »Nein,leider nicht«, bleibt sie weiterhin nett, »vielleicht können Sie jemandenanrufen, der sie abholt und zahlt.« Anrufen, prima Vorschlag, aber wen?
© KrügerVerlag
Interviewmit Susanne Fröhlich
Mitviel Witz schildern Sie Andreas Alltag zwischen Kind, Mann und Karriere.Entstand die Idee zu diesem Buch aus Ihrem eigenen Leben?
Die Idee hatte natürlich auch mit meinem eigenen Leben zu tun. Obwohl:das Buch ist keinesfalls ein autobiographisches. Aber natürlich spielt sichmein Leben in diesem Kosmos ab, wie das Leben der meisten berufstätigen Mütter.Auch ich jongliere zwischen Muffins backen, Beine enthaaren, Vokabeln abhörenund Konferenzen.
Andreas Alltagist ganz schön turbulent. Was meinen Sie, haben Mütter es heutzutage besondersschwer?
Mütter haben es heutzutage vordergründig erst mal leichter.Geschirrspülmaschinen, Mikrowellen und Co. vermitteln schnell den Eindruck.Aber weit gefehlt: Der immense Drang, verschiedene Rollen wie Mutter,Partnerin, Karrierefrau und Geliebte perfekt zu erfüllen, setzt Frauen untereinen gewaltigen Druck, denn natürlich kann niemand gleichzeitig auf allenGebieten perfekt sein. "Superfrauen" in den Medien vermitteln aberoft das Bild und ärgern damit Frauen wie mich, die mit dem Perfektsein ziemlichhadern. Aber: Auch ohne Perfektion lebt es sich sehr nett.
Mitfrechem Humor, Ehrlichkeit und Selbstironie treffen Sie oft genau den Nerv. Wieentstehen Ihre Geschichten? Diszipliniert am Schreibtisch oder locker heruntergeschrieben?
Wie gerne würde ich behaupten, ich schreibe das einfach sorunter. Leider nicht. Zum Roman schreiben gehört eine Menge Disziplin. Icharbeite jeden Vormittag, sobald Mann und Kinder das Haus verlassen haben undversuche einzutauchen in die Welt der Schnidts. An Tagen, an denen gar nichtsgeht, der Geist so gar nichts an Kreativität ausspucken will und selbst Treppe feuchtwischen reizvoller erscheint als schreiben, lese ich Korrektur. Das ist solangweilig, dass mir dann meist schnell wieder was einfällt.
Sie sind nichtnur Buchautorin, sondern schon länger als Hörfunk- und Fernsehmoderatorinbekannt. Wie begann das mit dem Schreiben?
Ich habe lange als Journalistin gearbeitet, Artikel verfasst undReportagen. Irgendwann war der Wunsch da, etwas längeres zu schreiben. Nachdemich mein erstes Kind bekommen habe, schien der Zeitpunkt günstig. Ich hatte mirdas Romanschreiben sehr idyllisch vorgestellt. Man sitzt da, das Kleine schläftgenüsslich in der Wiege neben dem Computer und das Tastenklappern wirktinspirierend auf mich und beruhigend aufs Kind. Ganz so war es dann leider dochnicht. Kinder schreien, wollen Fläschchen, wenn man gerade mal eine Idee hatund halten sich kein bisschen an irgendwelche Zeitpläne.
DieFragen stellte Roland Große Holtforth ,Literaturtest.
- Autor: Susanne Fröhlich
- 2005, 250 Seiten, Maße: 13,1 x 19,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: FISCHER Krüger
- ISBN-10: 3810506648
- ISBN-13: 9783810506641
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