Flamme und Harfe
Eine uralte Sage, eine der dramatischsten Liebesgeschichen: "Tristan und Isolde" in einer berückenden Neuerzählung aus Sicht der Frauengestalten:
Der Krieger Drystan ist schwer verwundet und nur die Königin von Eriu, eine...
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Eine uralte Sage, eine der dramatischsten Liebesgeschichen: "Tristan und Isolde" in einer berückenden Neuerzählung aus Sicht der Frauengestalten:
Der Krieger Drystan ist schwer verwundet und nur die Königin von Eriu, eine große Heilerin, kann ihn retten. An ihrem Hof verliebt er sich in Yseult, die schöne Tochter der Königin. Und auch Yseult entflammt für den jungen Recken. Doch sie ist schon lange einem anderen versprochen: König
Marcus von Dumnonia. Was sie nicht ahnt: Drystan ist der Sohn von König Marcus. Und er ist der Mann, der erst jüngst ihren Onkel im Kampf erschlagen hat.
Flamme und Harfe von Ruth Nestvold
1
Von jenseits des Meeres wird er kommen, den Kopf geschoren, den Kopf voller Wahn, sein Kopf in einem Loch in seinem Mantel, der Kopf seines Stabes gebogen. Gottloses wird er singen, von einem Tische vor seinem Hause aus; all die Seinen werden antworten: »Amen, Amen.« Muirchu, Leben des Heiligen Patrick Yseult, die Königin der Tuatha Dé Danann, Gemahlin des Hochkönigs Lóegaire, führte den Reitertrupp den Hügel von Slane hinan, fort von der Straße, die sie nach Tara bringen würde. Es war eine prachtvolle Prozession aus farbenfrohen Umhängen und buntem Schmuck; Bronze und Gold glänzte an Handgelenk, Taille und Hals sowie am Zaumzeug der Pferde, doch die Mienen der Reiter waren düster, und Schweigen herrschte unter ihnen. Selbst die Jüngste, die vierzehnjährige Yseult, war ungewöhnlich ernst. Die Königin hielt den Blick auf die Hügelkuppe gerichtet und auf den Rauch, der von dort aufstieg. Wieder ein Feuer.
Die Reiter der Feadh Ree erreichten die Kuppe und hielten auf den Kreis der Christusgläubigen zu, angezogen von dem Band aus Rauch, das sich in den Himmel emporschlängelte, dunkelgrau vor reinem Blau. Am Rand der Versammlung machten sie halt, die Königin und ihr Bruder Murchad an der Spitze. Ein paar der weiß gekleideten Gestalten sahen sich um, die meisten jedoch blickten wie gebannt auf das Feuer und ihren Meister Patraic. »Das ist ein Frevel«, brummte Murchad zornig, doch es widerstrebte ihm genauso wie ihr, die friedliche Schar Andächtiger auf der Hügelkuppe anzugreifen. Nein, sie durfte ihre Angst nicht zeigen, durfte sie jene, die die Gabe des Wissens besaßen, nicht spüren lassen. Sie war Yseult die Weise, und sie musste diese Rolle ausfüllen. »Aber äußerst wirkungsvoll«, bemerkte sie. Der Rauch musste in Tara deutlich zu sehen sein, und wenn es Nacht wurde, würden die Bewohner des Königssitzes den Schein der Flammen selbst sehen können. Die berittenen Krieger um sie herum rückten unruhig in ihren Sätteln hin und her; sie wussten, dass ein Feuer, das in der Woche vor Beltane entzündet wurde, nur Unglück bringen konnte. »Können wir ihn nicht aufhalten?«, wollte Murchads Frau Nemain wissen.
Ja, das war die Frage. Zu oft hatte sie in ihren Träumen Feuer erblickt, in den Träumen vom Ende der Alten Bräuche. »Ich weiß es nicht«, sagte die Königin und beantwortete mehr, als Nemain gefragt hatte. Patraic hatte ihrem Nahen keine Beachtung geschenkt, jetzt jedoch drehte er sich um und sah sie unverwandt an. »Auf dass es niemand vergesse: Die Lektion, die hier gelernt wurde, ist die Lektion von der Herrschaft Christi.« Der Wind drehte sich, als gehorche er dem Willen von Patraics Gott, und der Rauch wallte auf die Reiter zu und brannte ihnen in den Augen.
Die Pferde begannen zu stampfen und zu schnauben; der Geruch des Feuers machte sie unruhig, doch es waren gut geschulte Kriegspferde, und sie scheuten nicht. Der Mann hinter dem Feuer war viel gefährlicher als Palladius, der letzte Christenweise, den Rom geschickt hatte. Jener, ein strenggläubiger Sittenverfechter, engstirnig und unduldsam, hatte nicht viel mehr als die kleinen, weit verstreuten Gemeinden der Bretain und Römer für sich einnehmen können und den Ehrgeiz von Anführern wie Aengus angesprochen, dessen Bekehrung mehr von Berechnung als von Überzeugung kündete. Patraic jedoch war anders: Sein ehemaliger Meister war ein Druide gewesen, und er kannte die Bräuche Erius, war vertraut mit der Macht von Symbolen und Illusionen.
Es war eine absichtliche Herausforderung, dieses Feuer, gezielt und schlau. Und was für ein Gespür für den richtigen Auftritt. In der Woche vor Beltane ein riesiges Feuer zu entzünden war eine unverschämt brillante Idee. Königin Yseult ritt vorwärts. »Was hat das zu bedeuten?«, rief sie vom Rande der Versammlung her. Die Frage war im Befehlston gestellt worden, doch Patraic wich nicht zurück; in seiner langen weißen Robe wirkte er beinahe selbst königlich. »Das Osterfeuer wird entzündet, hohe Dame.« Vor sieben Jahren war sie vor Palladius’ Feuer geflohen; diesmal würde sie nicht davonlaufen. Rauch füllte ihre Nasenlöcher und brannte in ihren Augen, doch sie drängte ihr widerwilliges Pferd durch den Kreis der Andächtigen, und diese wichen auseinander, um sie durchzulassen. Patraic mochte ihr Prophet sein, sie jedoch war die Königin der Tuatha Dé Danann, die Königsmacherin höchstselbst. Vor Patraic hielt sie an, ohne aus dem Sattel zu steigen. Wenn er ein Spiel mit Symbolen und Geschichten spielen wollte, so würde sie ihm mit Freuden zu Willen sein. Sie besaß die hochgewachsene Gestalt und die Ausstrahlung jener vom reinen Blut der Alten Rasse, und auf ihrer Stute überragte sie ihn bei Weitem. So war sie ein beeindruckender Anblick, das wusste sie. Ihr langer Zopf war von derselben Farbe wie der goldene Torques um ihren Hals und die Reifen um ihre Oberarme; ihre Stute war ebenso weiß wie ihr Gewand, und ihr Umhang war von tiefem, königlichem Purpur. Im Vergleich dazu war der Christenweise in der weißen Robe eines Druiden klein und unansehnlich. Wieder drehte sich der Wind, und die Luft zwischen ihnen klärte sich. »Gewiss ist Euch bekannt, dass es nach unseren Bräuchen ein Frevel ist, in der Woche vor Beltane ein Feuer anzuzünden «, sagte sie. Patraic schüttelte den Kopf. »Es ist Beltane, das einen Frevel am wahren Glauben Jesu Christi darstellt, der am heutigen Tage für unsere Sünden gestorben ist.« Die Königin blickte auf ihn hinab und bediente sich ihrer Gabe des Wissens, um seine Gedanken zu erkunden. Sie fand dort Respekt – Respekt und Hartnäckigkeit.
»Wir gestatten Euch, Eure Religion im Volke von Eriu auszuüben, und Ihr nennt eines unserer größten Feste einen Frevel?« »Eure Feste sind in den Augen unseres Herrn voller Sünde«, erwiderte der Christenweise ruhig. »Ich will dem Volk von Eriu die eine wahre Religion bringen.« Plötzlich wusste Königin Yseult: Wenn sie dieses Feuer nicht erstickten, würde es noch jahrhundertelang im Gedächtnis der Menschheit fortbrennen. »Murchad, Aidenn, Gamal!« Sie rief die Namen von Kriegern der Fianna und der Feadh Ree auf. »Sorgt dafür, dass dieses Feuer gelöscht wird!« Ihr Bruder und die anderen stiegen ab und zogen Decken aus ihren Satteltaschen. Sie trieb ihre Stute durch die Menge und gesellte sich wieder zu ihrer Tochter, ihrer Nichte und ihrer Schwägerin, während die Soldaten auf das Feuer zuschritten. Ehe sie es erreichen konnten, trat Patraic vor sie hin. Er starrte sie unverwandt an und hob die Hände hoch über den Kopf, so dass die Ärmel seiner Robe bis zu den Schultern zurückfielen. Seine Stimme trug ebenso weit wie die der Königin, sie übertönte das Knistern der Flammen und das Schnauben der nervösen Pferde.
- Autor: Ruth Nestvold
- 2009, 1, 701 Seiten, 1 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 16,3 x 23,3 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Marie-Luise Bezzenberger
- Verlag: Penhaligon
- ISBN-10: 3764530170
- ISBN-13: 9783764530174
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