Flyte / Septimus Heap Bd.2
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Septimus Heap - Flyte von Angie Sage
LESEPROBE
Es istNacht in den Marram-Marschen. Der Vollmond scheintauf das schwarze Wasser und leuchtet den Nachtkreaturen. In der Luft liegt eineStille, die hin und wieder vom Blubbern und Glucksen des Wabberschlammsunterbrochen wird, denn die Geschöpfe, die in ihm leben, eilen zu einemFestschmaus. Ein großes Schiff
ist mit seiner gesamten Besatzung im Schlamm versunken, und die Kreaturen sindhungrig - aber sie werden mit den Braunlingen umihren Anteil kämpfen müssen. Von Zeit zu Zeit trägt eine Gasblase Teile desWracks an die Oberfläche, und große, mit schwarzem Teer gestrichene Planken undSpieren treiben auf dem Schlamm.
Menschen sollten des Nachts besser nicht durch die Marram-Marschenreisen, und doch naht von weitem ein Mann in einem kleinen Kanu. Seine blondenLocken hängen in der feuchten Nachtluft schlaff herab, und seine grünen Augenstarren zornig
in die Dunkelheit. Er brummt ärgerlich vor sich hin und spielt in Gedanken denheftigen Streit durch, den er am Abend gehabt hat. Aber was kümmert ihn dasnoch? Er ist ohnehin auf dem Weg in ein neues Leben. Bald wird man seineTalente zu schätzen wissen und nicht mehr zugunsten eines dahergelaufenenEmporkömmlings verschmähen.
Von dem versunkenen Schiff ragt nur noch ein einzelner Mast aus dem Schlamm,und an seiner Spitze hängt schlaff eine zerfetzte Flagge mit drei schwarzenSternen in Reihe. Der Kanufahrer steuert sein Boot direkt auf den Mast zu. Erschaudert, aber nicht vor Kälte. Was ihn schaudern macht, ist die Angst, diehier die Luft
erfüllt, und die Vorstellung, dass unter ihm das Schiffswrack liegt, sauberabgenagt von den Braunlingen. Jetzt zwingen ihn die
Trümmer, langsamer zu fahren. Er paddelt noch einige Meter, dann kommt das Kanuvollends zum Stehen. Er späht in die brackige Brühe. Zunächst kann er nichtserkennen, aber dann sieht er etwas unter sich schneeweiß im Mondlicht. Esbewegt sich, steigt aus der Tiefe zu ihm empor, durchbricht die Oberfläche undbespritzt ihn mit schwarzem Schlamm - ein blank genagtes Gerippe.
Der Kanufahrer zittert vor Angst und Aufregung, aber er lässt zu, dass dasGerippe an Bord klettert, hinter ihm Platz nimmt
und seine spitzen Knie in seinen Rücken bohrt. Denn die Ringe, die noch an denKnochenfingern stecken, verraten, dass der Kanu fahrergefunden hat, was er sucht - das Skelett DomDanielspersönlich, jenes Schwarzkünstlers, der bereits zweimal Außergewöhn licher Zauberer warund seines Erachtens alle anderen Magier, die er bisher kennen gelernt hat, inden Schatten stellt. Besonders die eine Zauberin, mit der er am Abend an einemLehrlingsessen hat teilnehmen müssen.
Der Kanufahrer schlägt dem Gerippe einen Pakt vor: Wenn es ihn zu seinemLehrling macht, will er alles in seinen Kräften Stehende tun, um es wieder insLeben zu holen und ihm zu seinem rechtmäßigen Platz im Zaubererturm zuverhelfen.
Mit einem Nicken seines Totenkopfs stimmt das Gerippe dem Vorschlag zu.
Der Kanufahrer greift wieder zum Paddel, und das Gerippe weist ihm den Weg,indem es ihm ungeduldig mit dem Knochenzeigefinger in den Rücken piekt. Am Randder Marschen angekommen, klettert das Gerippe aus dem Boot und führt den großenblonden Jüngling durch eine trostlose Landschaft zu dem düstersten Ort, an demer jemals gewesen ist. Der Jüngling folgt dem klappernden Gerippe, denkt kurzdaran, was er hinter sich lässt, aber nur kurz. Denn jetzt beginnt für ihn einneues Leben. Er wird es
allen zeigen - und dann wird es ihnen leid tun.
Besonders, wenn er eines Tages Außergewöhnlicher Zauberer wird.
[ ... ]
Marcia Overstrand, deren Lehrling Septimusnunmehr seit
fast anderthalb Jahren war, hatte die Spinnen bei ihrer triumphalen Rückkehr im Zaubererturm vorgefunden, nachdem sieden Schwarz künstler DomDanielhinausgeworfen und seine kurze zwei te Amtszeitbeendet hatte. Sie hatte den Turm gründlich von Schwarzer Magie gesäubert undden alten Zauber wiederhergestellt, aber die Spinnen wurde sie einfach nichtlos. Das ärgerte sie gewaltig, denn die Spinnen waren ein untrügliches Zeichen,dass im Zaubererturm immer noch Schwarze Magie waltete.
In der ersten Zeit nach ihrer Rückkehr hatte Marcia sehr viel zu tun gehabt unddeshalb nicht gleich bemerkt, dass etwas nicht stimmte, abgesehen von denSpinnen. Zum ersten Mal hatte sie einen Lehrling, an den sie denken musste.Außerdem musste sie sich um die Heaps kümmern, diemittlerweile im Palast wohnten, und eine Gruppe Gewöhnlicher Zauberer auswählenund wieder im Turm einquartieren. Doch schon im ersten Sommer hatte sie aus demAugenwinkel bemerkt, dass ihr ein Schatten folgte. Anfangs dachte sie, siebilde es sich nur ein, denn jedes Mal, wenn sie den Kopf drehte und genauerhinschaute, war nichts zu erkennen. Erst als AltherMella, der Geist ihres alten Lehrers, der früher selbst
Außergewöhnlicher Zauberer gewesen war, ihr versicherte, dass er ebenfalls etwassehe, wusste sie, dass es keine Einbildung war. Sie wurde tatsächlich von einemDunkelschatten verfolgt.
Aus diesem Grund hatte Marcia mit dem Bau eines Schattenfangs begonnen, derStück um Stück zusammengesetzt werden musste und jetzt, nach annähernd einemJahr, beinahe fertig war. Er stand in der Zimmerecke, ein Gewirr aus glänzendenschwarzen Stäben und Stangen, die aus Professor WeasalVan Klampffs Spezialamalgam gefertigt waren. Eineigentümlicher schwarzer Dunst hüllte die Stäbe ein, und gelegentlich zucktenorangefarbene Lichtblitze zwischen ihnen hin und her. Aber nun stand derSchattenfang kurz vor der Vollendung. Bald würde Marcia ihn mit dem Schattenbetreten und ohne ihn wieder verlassen können. Und das war dann hoffentlich dasEnde der schwarzen Magie im Turm.
Septimus besah sich immer noch seinen Daumen, dermittlerweile auf das Doppelte seiner normalen Größe angeschwollen war und ineinem hässlichen Lila schillerte, als er hörte, wie die Tür von MarciasStudierzimmer aufging.
»Septimus«, rief Marcia energisch, »ich muss weg unddas nächste Teil für den Schattenfang holen. Ich habe dem alten Weasal versprochen, dass ich heute Vormittag bei ihmvorbeischaue. Es ist praktisch das letzte Element. Danach müssen wir nur nochden Stopper holen, Septimus. Und dann heißt es: AufNimmerwiedersehen, Schatten.«
»Au«, stöhnte Septimus.
Marcia lugte argwöhnisch um die Tür. »Was machst du denn in der Tränkekammer?«, fragte sie verwundert. Dann fiel ihr Blick auf seineHand. »Ach du liebe Zeit, was ist denn passiert? Hast du dich wieder bei einemFeuerzauber verbrannt? Ich möchte auf keinen Fall, dass hier wieder angesengtePapageien herumstromern, Septimus. Die riechenunappetitlich, und den Papageien gegenüber ist das nicht gerade die feine Art.«
»Das war nur ein Versehen«, grummelte Septimus. »Ichwollte einen Feuervogelzauber ausprobieren. Das hätte jedem passieren können.Nein - ich bin gebissen worden.«
Marcia trat ein, und Septimus konnte hinter ihr eineleichte Trübung der Luft erkennen. Das war der Schatten. Er war ihr in dieTränkekammer gefolgt. Sie beugte sich zu Septimusherunter und sah sich seinen Daumen genauer an, wobei sie ihn fast in ihrenlila Mantel hüllte. Marcia war eine groß gewachsene Frau mit langem, dunkelgelocktem Haar und diesen tiefgrünen Augen, die alle Zauberer bekommen, wennsie mit Magie in Berührung gebracht werden. Auch Septimushatte seit seiner Begegnung mit Marcia grüne Augen, obwohl sie vorherdunkelgrau gewesen waren. Wie alle Außergewöhnlichen Zauberer, die vor ihr imZaubererturm gewohnt hatten, trug Marcia das Echnaton-Amulettaus Gold und Lapislazuli um den Hals, ein dunkellila Seidengewand, einen Gürtelaus Gold und Platin und den lila Zaubermantel. Ihre Füße steckten in lilaPythonschuhen, die sie am Morgen aus einem Regal mit rund hundert lila Paarenausgewählt hatte, die sie seit ihrer Rückkehr
angehäuft hatte und die einander fast zum Verwechseln ähnlich sahen. Septimus trug wie gewöhnlich sein einziges Paar braunerLederstiefel. Er liebte diese Stiefel, und obwohl Marcia ihm angeboten hatte,aus schöner smaragdgrüner Pythonhaut ein neues Paar für ihn anfertigen zulassen, das zu seiner grünen Lehrlingstracht pass te,hatte er stets abgelehnt. Marcia konnte das nicht verstehen.
»Das ist ein Spinnenbiss«, sagte sie und nahm seinen Daumen zwischen dieFinger.
»Autsch!«, heulte Septimus.
»Das gefällt mir aber gar nicht«, murmelte Marcia.
Septimus selber auch nicht. Der Daumen warmittlerweile dunkelviolett. Seine Finger sahen aus wie fünf Würste, die auseinem Fußball ragten, und ein stechender Schmerz schoss durch seinen Arm inRichtung Herz. Septimus schwankte hin und her.
»Setz dich hin«, drängte Marcia, fegte mit der Hand einen Papierstapel voneinem Hocker und half ihm, Platz zu nehmen. Kurz entschlossen griff sie in dieMedizintruhe und brachte eine kleine Phiole zum Vorschein, auf die das WortSpinnengift gekritzelt war und die eine trübe grüne Flüssigkeit enthielt. AlsNächstes nahm sie einen langen, dünnen Tropfenzähler aus dem Deckel der Truhe,in dem furchterregend aussehende medizinischeInstrumente nebeneinander festgeklemmt waren wie Essbesteck in einemPicknickkorb. Dann saugte sie die grüne Flüssigkeit mit äußerster Vorsicht,damit sie nichts in den Mund bekam, in den Tropfenzähler.
Septimus entwand den Daumen ihrem Griff. »Da ist jaGift!«, protestierte er.
»In dem Biss steckt Schwarze Magie«, erwiderte Marcia, drückte ihren Daumen aufden mit Gift gefüllten Tropfenzähler und hielt ihn möglichst weit von ihremMantel weg. »Und der Spinnenbalsam macht es noch schlimmer. Manchmal muss manGleiches mit Gleichem bekämpfen. Gift mit Gift. Vertrau mir.«
© Hanser Verlag
Übersetzung:Reiner Pfleiderer
- Autor: Angie Sage
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2006, 472 Seiten, 50 Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 16,4 x 20,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzer: Reiner Pfleiderer
- Verlag: HANSER
- ISBN-10: 3446207945
- ISBN-13: 9783446207943
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