Für ein neues Wirtschaftswunder
Ein mutiges Buch, das sich nicht vor unbequemen Lösungen scheut, aber Hoffnung macht.
Ein mutiges Buch, das sich nicht vor unbequemen Lösungen scheut, aber Hoffnung macht.
Für ein neues Wirtschaftswunder von Michael Rogowski
LESEPROBE
Die vierte Gewalt ist in der Pflicht - Macht undVerantwortung der Medien
Neunzig Prozent der Befragten während der Hartz-Debattewussten im Detail nicht, welche praktischen Konsequenzen aus Hartz IV folgenwürden. In weiten Teilen dieses Landes herrscht bis heute eine erschreckendeUnkenntnis über die wahren Konsequenzen der sozialpolitischen Maßnahmen dieserRegierung. Diese Feststellung machte mich tief betroffen. Denn wer sich mit derrealen Wirklichkeit beschäftigt, kommt ganz schnell zu der Erkenntnis, dassdie insbesondere von Altkommunisten der PDS und demagogischen Populistenvorgebrachte Kritik an Hartz IV unberechtigt ist.
So ist also zu fragen: Liegt die Unkenntnis am Unwillen der Bürger,sich mit der Materie seriös vertraut zu machen? Oder liegt es vielleicht auchdaran, dass die Medien (zum Faktentransport verpflichtet) diesen Informationspflichtennicht hinreichend nachgekommen sind? Mir liegt eine Medienschelte fern, aberzu einem aufrichtigen Umgang zwischen Politik, Wirtschaft und Medien gehörtauch konstruktive Kritik. Ich jedenfalls kann und möchte aus meinem Herzenkeine Mördergrube machen und einmal den Finger in eine Wunde legen: Faktischsind die Medien heute eine Art vierte Gewalt - allerdings nicht eingebunden in»checks and balances« der klassischen Gewaltenteilung. Mit dieser Bedeutung isteine hohe moralische Verantwortung verbunden. Die Freiheit der Presse ist einhohes Gut, das es zu bewahren gilt - wir können stolz sein auf eineMedienlandschaft, die es in dieser Vielfalt in Deutschland zuvor nie gab unddie weltweit ihresgleichen sucht. Wir können zudem stolz sein auf hochkreativeund häufig auch risikobereite Verleger, auf kluge Köpfe in den Redaktionen,deren Leistung auch weltweit Achtung und Anerkennung findet.
Dies vorab gesagt macht es mir leichter, Kritischesanzumerken - wenngleich ich mir bewusst bin, dass ich damit die Zahl meiner Freundein den Medien nicht automatisch erhöhen werde. Aber wenn ich mit dennachfolgenden Gedanken ein wenig mehr Nachdenklichkeit, Behutsamkeit undvielleicht mehr Bereitschaft zur Vermittlung objektiver Fakten erreiche, dannist schon viel gewonnen.
Macht, gleich welcher Art, ob in Politik, Wirtschaft oderMedien, muss behutsam angewendet werden. Die Folgen von Machtausübung sindimmer auch mit Konsequenzen für Menschen verbunden. Natürlich ist mitpopulistischen Sprüchen und verbal-radikalen Ausdrücken wie »Abzocker« und»Ausbeuter« oder ähnlichen Begriffen aus dem Klassenkampfvokabular desvorletzten Jahrhunderts Stimmung zu machen. Doch wem nützt es? Wenn heute hierund da gemutmaßt wird, dass mit solchen Feindbildern und vermeintlichenMehrheitsmeinungen Einschaltquoten oder Auflagen zu steigern wären, dannglaube ich jedenfalls nicht, dass das dauerhaft Erfolg haben wird: Wir könnenvon den Bürgern dieses Landes nicht erwarten, dass sie über genügend vertieftesDetailwissen verfügen, um die wirtschaftlichen Zusammenhänger und Konsequenzenaus den Hartz-IV-Beschlüssen zu verstehen. Es ist ein Leichtes, populistischoder demagogisch die Stimmung in diesem Lande aufwallen zu lassen. Dennochhabe ich den Eindruck, dass manchmal sogar noch Öl ins Feuer gegossen wird.Macht es zum Beispiel nicht auch die Medien nachdenklich, dass in Folge von HartzIV und der damit einhergehenden zum Teil reißerischen Berichterstattung extremistischeParteien wie die PDS oder rechtsradikale Randgruppen neuen Aufwind bekamen?Woher beziehen die Sympathisanten solcher Parteien denn ihr »Wissen«, wennnicht aus den Medien? Populismus kann ein Land auch zerreißen.
Ich sage ganz offen: In diesem Lande fehlt es in vielenBereichen an Bereitschaft zu objektiver Wissensvermittlung ohne wertende parteiischeAbsichten. Ich meine damit nicht nur die politischen Parteien und einzelne,entweder geltungssüchtige oder Missstimmung schürende Funktionäre, sondern ichdenke dabei auch an bedenkliche mediale Überziehungen.
Werden etwa in eine der populärsten deutschen Fernseh-Talkshowsgelegentlich Diskutanten eingeladen, die zwar für Radau stehen mögen, nichtaber für fundierte Urteile, dann ist das für mich eine bedenklich stimmendeBereitschaft zum Spektakel anstatt zur sachlichen Meinungsbildung. Wenn - einanderes Beispiel - in den Hauptnachrichtensendungen der großen deutschenFernsehanstalten beim Thema Energie nahezu ausschließlich Kritiker der EnergiepreiserhöhungStellung nehmen können, ohne auf die preistreibende Energiepolitik derBundesregierung hinzuweisen, so wird damit ein populistisches Ungleichgewichthergestellt. Kommen immer nur Verbraucherschützer und sorgfältig »ausgewählte«Politiker zu Wort, dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass in denberühmten Straßenumfragen rund 9o Prozent der Bundesbürger Energiekonzernekritisch sehen.
Eine ähnliche publizistische »Machart« finden wir beim ThemaKernenergie: Seit Jahren erleben wir ein einseitiges Trommelfeuer gegenKernenergie, zumeist von wenig Sachkenntnis getrübt und insbesondere ohne jedevergleichende Betrachtung der Verhältnisse und Entwicklungen im Ausland. Da istes kein Wunder, wenn ein Meinungsklima in diesem Lande über viele Jahreverfestigt wird.
Einseitige Kampagnen sind leichter zu ertragen, wenn es ausgleichendeGegenpositionen gibt. Doch daran mangelt es allen oft. Wer in Staat undGesellschaft Verantwortung trägt, muss sich nicht nur seiner Verantwortungbewusst sein, sondern sich auch einer kritischen Debatte stellen. Wir allehaben unser Tun zu rechtfertigen und einer kritischen Prüfung zu stellen - auchin den Medien.
Erinnern wir uns: Der Aufschrei war beträchtlich. »Angriffauf die Pressefreiheit«, »Pressefreiheit in Gefahr«, »Zensurkeule gegen die Presse«- so stand es in vielen Zeitungen. Dazu ein Brief namhafter deutscher Verlegeran den Bundeskanzler.
Was war geschehen?
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in dem sogenannten »Caroline-Urteil« entschieden, dass aus privaten Bereichen stammendeFotos von Personen des öffentlichen Interesses nur noch mit deren Genehmigungveröffentlicht werden dürfen. Ist die betreffende Person hingegen in ihreroffiziellen, öffentlichen Funktion zu sehen, bedarf die Veröffentlichung keinerEinwilligung. Das Gericht gibt also dem Schutz der Persönlichkeit Vorrang vor dem»Freiheitsbedürfnis der Medien«. Die Verleger sehen dagegen die Pressefreiheiternsthaft bedroht.
Wer hat Recht?
Die Pressefreiheit ist ein hohes, grundgesetzlichabgesichertes Gut, der Schutz der Persönlichkeit auch. Missbräuche der Pressefreiheithat es in allen Zeiten gegeben, auch wenn dies oft nicht gewollt war. Ich weißebenso, dass Medien oft bewusst für geschäftliche Interessen von selbsternannten Showstars zur Befriedigung ihrer eigenen Eitelkeiten missbrauchtwerden. Es ist also immer eine differenzierte Betrachtung notwendig. (...)
© 2004 by C. Bertelsmann Verlag, München
- Autor: Michael Rogowski
- 2004, 191 Seiten, Maße: 13,6 x 21,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570008479
- ISBN-13: 9783570008478
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