Gänsehaut Band 57: Das Phantom in der Aula
Mysteriöse Ereignisse überschatten die Proben für eine Schulaufführung, bei der Brooke und Alex die Hauptrollen spielen. Schon einmal, vor fast hundert Jahren, sollte das Theaterstück "Das Phantom" an der Schule aufgeführt werden. Aber damals verschwand der...
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Produktinformationen zu „Gänsehaut Band 57: Das Phantom in der Aula “
Mysteriöse Ereignisse überschatten die Proben für eine Schulaufführung, bei der Brooke und Alex die Hauptrollen spielen. Schon einmal, vor fast hundert Jahren, sollte das Theaterstück "Das Phantom" an der Schule aufgeführt werden. Aber damals verschwand der Hauptdarsteller spurlos. Seitdem hält sich hartnäckig das Gerücht, dass über dem Stück ein Fluch laste. Als die Proben immer wieder durch Sabotage an den Requisiten und Drohbriefe gestört werden, stellen Brooke und Alex eigene Nachforschungen an. Der Saboteur muss sich irgendwo unter der Bühne verstecken! Tatsächlich finden sie in einer geheimnisvollen Kammer tief unter der Schule einen Obdachlosen, der sich dort einquatiert hat und die Aufführung verhindern will, um nicht entdeckt zu werden. Als er der Polizei übergeben wird, enden auch die mysteriösen Vorkommnisse in der Schule.
Am Abend der Aufführung ist es dann aber nicht Alex, der als Phantom auf der Bühne erscheint, sondern der Junge, der vor hundert Jahren diesen Part übernehmen sollte. Damals war er kurz vor seinem Auftritt tödlich verunglückt. Seitdem lebte er unter der Bühne und wartete auf seine Chance, erneut in diesem Stück zu spielen. Nach seinem Monolog geht der Junge ab, stürzt in den Abgrund, aus dem er gekommen war, und ist nun endlich erlöst! Das Publikum tobt vor Begeisterung. Alex aber wird bewusstlos in seiner Garderobe gefunden - alle gratulieren ihm zu seinem grandiosen Auftritt ...
Am Abend der Aufführung ist es dann aber nicht Alex, der als Phantom auf der Bühne erscheint, sondern der Junge, der vor hundert Jahren diesen Part übernehmen sollte. Damals war er kurz vor seinem Auftritt tödlich verunglückt. Seitdem lebte er unter der Bühne und wartete auf seine Chance, erneut in diesem Stück zu spielen. Nach seinem Monolog geht der Junge ab, stürzt in den Abgrund, aus dem er gekommen war, und ist nun endlich erlöst! Das Publikum tobt vor Begeisterung. Alex aber wird bewusstlos in seiner Garderobe gefunden - alle gratulieren ihm zu seinem grandiosen Auftritt ...
Klappentext zu „Gänsehaut Band 57: Das Phantom in der Aula “
Mysteriöse Ereignisse überschatten die Proben für eine Schulaufführung, bei der Brooke und Alex die Hauptrollen spielen. Schon einmal, vor fast hundert Jahren, sollte das Theaterstück "Das Phantom" an der Schule aufgeführt werden. Aber damals verschwand der Hauptdarsteller spurlos. Seitdem hält sich hartnäckig das Gerücht, dass über dem Stück ein Fluch laste. Als die Proben immer wieder durch Sabotage an den Requisiten und Drohbriefe gestört werden, stellen Brooke und Alex eigene Nachforschungen an. Der Saboteur muss sich irgendwo unter der Bühne verstecken! Tatsächlich finden sie in einer geheimnisvollen Kammer tief unter der Schule einen Obdachlosen, der sich dort einquatiert hat und die Aufführung verhindern will, um nicht entdeckt zu werden. Als er der Polizei übergeben wird, enden auch die mysteriösen Vorkommnisse in der Schule. Am Abend der Aufführung ist es dann aber nicht Alex, der als Phantom auf der Bühne erscheint, sondern der Junge, der vor hundert Jahren diesen Pa rtübernehmen sollte. Damals war er kurz vor seinem Auftritt tödlich verunglückt. Seitdem lebte er unter der Bühne und wartete auf seine Chance, erneut in diesem Stück zu spielen. Nach seinem Monolog geht der Junge ab, stürzt in den Abgrund, aus dem er gekommen war, und ist nun endlich erlöst! Das Publikum tobt vor Begeisterung. Alex aber wird bewusstlos in seiner Garderobe gefunden - alle gratulieren ihm zu seinem grandiosen Auftritt ...
Lese-Probe zu „Gänsehaut Band 57: Das Phantom in der Aula “
An unserer Schule ging lange Zeit ein geheimnisvolles Phantom um. Niemand hatte es je gesehen, niemand wusste, wo es lebte. Aber seit über siebzig Jahren spukte es in unserer Schule.Alex, mein bester Freund, und ich waren diejenigen, die es schließlich aufspürten. Wir entdeckten es, als wir in der Schule gerade ein Theaterstück über ein Phantom einstudierten.
Unsere Lehrerin hatte uns erzählt, dass das Theaterstück mit einem Fluch belegt sei, aber natürlich glaubten wir ihr kein Wort. Wir hielten die ganze Sache für ausgemachten Unsinn.
Doch als ich das Phantom dann selbst zu sehen bekam, wurde mir klar, dass es sich nicht um einen Witz handelte. Alles an der Geschichte war wahr. Selbst das kleinste Fitzelchen.
Die Nacht, in der Alex und ich das Phantom fanden, war die schaurigste Nacht meines ganzen Lebens.
Aber ich sollte wohl besser ganz am Anfang beginnen.
Mein Name ist Brooke Rodgers und ich gehe in die sechste Klasse der Woods-Mill-Mittelschule.
Mein bester Freund ist Alex Matthews. Die meisten anderen Mädchen finden es etwas merkwürdig, dass ich einen Jungen als besten Freund habe. Aber das ist mir schnurzpiepegal. Alex ist cooler und witziger als alle Mädchen, die ich kenne. Außerdem ist er ein ebenso großer Horrorfilm-Fan wie ich.
Alex und ich sind schon seit neun Jahren die besten Freunde. Wir wissen wechselseitig beinahe alles über uns. So weiß ich zum Beispiel, dass Alex noch immer einen Schlafanzug mit Kermit, dem Frosch, darauf trägt.
Er hasst es, wenn ich anderen Leuten davon erzähle. Sein Gesicht läuft dann immer knallrot an. Und seine Sommersprossen fallen gleich noch viel stärker auf.
Alex hasst seine Sommersprossen beinahe so sehr, wie ich meine Brille hasse. Ich habe keinen Schimmer, warum er sich wegen ein paar Sommersprossen so anstellt. Nach einer Weile fallen sie einem kaum noch auf. Und wenn er im Sommer braun wird, verschwinden sie praktisch völlig.
Ich wünschte mir, meine Brille könnte ebenfalls
... mehr
verschwinden. Ich sehe schrecklich doof damit aus. Aber wenn ich sie nicht aufhabe, laufe ich glatt gegen Wände.
Einige der Mädchen in der Schule finden Alex süß. Ich habe ihn nie so gesehen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich ihn beinahe schon mein ganzes Leben lang kenne - seit sich unsere Mütter beim Bowling kennen lernten und feststellten, dass sie in der gleichen Straße wohnten.
Die Aufregung wegen des Phantoms begann an einem Freitag vor ein paar Wochen. Die Schule war aus und ich mühte mich damit ab, mein Schrankfach aufzubekommen. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und drehte am Zahlenschloss. Das blöde Ding klemmt ständig und macht mich noch wahnsinnig.
Nachdem ich die Zahlenkombination viermal hintereinander eingestellt hatte, ging das Schloss endlich auf. Ich warf meine Bücher hinein und knallte die Tür zu. Schließlich kam es überhaupt nicht in Frage, dass ich irgendwelche Schulbücher übers Wochenende mit nach Hause schleppte. Von genau dieser Sekunde an hatte ich so was wie Ferien! Zwei ganze Tage ohne Schule.
Herrlich!
Ich hatte mich noch nicht umgedreht, da sauste eine Faust an meinem Ohr vorbei und knallte mit einem lauten Peng gegen die Schranktür.
"Wie läuft's denn so, Brookie?", ertönte eine Stimme hinter mir. "Keine Schularbeiten übers Wochenende?"
Ich musste mich gar nicht erst umdrehen, um zu wissen, wer das war. Es gibt nur einen einzigen Menschen auf dieser Welt, der mich ungestraft "Brookie" nennen darf.
Ich wandte mich um. Da stand Alex und grinste mich behämmert an. Seine blonden Haare, die vorne ziemlich lang und hinten echt kurz - beinahe kahl rasiert - sind, hingen ihm tief ins Gesicht.
Ich lächelte und streckte ihm dann die Zunge raus.
"Das zeugt von Reife, Brookie", murmelte er.
Dann klappte ich meine Augenlider hoch, sodass sie hängen blieben. Das ist ein echt grausiges Talent von mir und normalerweise fangen die Leute zu schreien und zu würgen an, wenn sie mich so sehen.
Alex zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er hat den Trick mit meinen Augenlidern schon mindestens eine Million Mal erlebt.
"Ne, keine Hausaufgaben!", antwortete ich. "Keine Bücher. Rein gar nichts. Dieses Wochenende bin ich ein völlig freier Mensch."
Da kam mir eine großartige Idee. "Hey, Alex", sagte ich, "meinst du, Rich könnte uns morgen zum Monsterfestival fahren?"
Ich wollte unbedingt die drei Monsterfilme sehen, die im Cineplex liefen. Soweit ich wusste, war einer davon sogar in 3-D! Alex und ich gehen ständig in Gruselfilme und lachen uns an den schauerlichen Stellen halb kaputt. Wir bekommen niemals Angst oder so.
"Vielleicht", antwortete Alex und strich sich die Haare aus dem Gesicht. "Nur leider hat Rich wieder mal Hausarrest. Er darf eine ganze Woche lang nicht Auto fahren."
Rich ist Alex' älterer Bruder. Er verbringt den größten Teil seines Lebens unter Hausarrest.
Alex hängte seinen Rucksack über die andere Schulter. "Aber vergiss das Monsterfestival, Brooke. Hast du nicht etwas vergessen?" Er kniff die Augen zusammen und starrte mich an. "Etwas Wichtiges?"
Ich rümpfte die Nase. Etwas vergessen? Mir fiel absolut nichts ein. "Was?", fragte ich schließlich.
"Komm schon, Brookie! Denk nach!"
Ich hatte echt keinen blassen Schimmer, wovon Alex redete. Ich fasste meine langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und streifte das Haargummi darüber, das ich um mein Handgelenk trug.
Ich trage immer ein Haargummi um mein Handgelenk. Ich will auf alles vorbereitet sein. Schließlich kann man ja nie wissen, wann man es braucht.
"Echt, Alex, ich habe keine Ahnung", sagte ich, während ich meinen Pferdeschwanz festzog. "Warum sagst du mir nicht einfach, worum es geht?"
Und da fiel es mir schlagartig wieder ein. "Die Besetzungsliste!", brüllte ich und schlug mir mit der flachen Hand an die Stirn. Wie konnte ich die bloß vergessen haben? Alex und ich hatten zwei lange Wochen darauf gewartet, endlich zu erfahren, welche Rollen wir in der Schulaufführung spielen würden.
"Komm schon! Wir sehen nach!" Ich packte Alex am Ärmel seines Flanellhemdes. Und ich zog ihn den ganzen Weg bis zur Aula hinter mir her.
Alex und ich hatten uns beide für eine Teilnahme an der Schulaufführung beworben. Im vergangenen Jahr hatten wir zwei kleine Rollen bekommen. Miss Walker, unsere Lehrerin, hatte uns erzählt, dass das Theaterstück in diesem Jahr gruselig sein würde.
Damit hatten Alex und ich genug gehört. In diesem Stück mussten wir einfach mitspielen!
Vor dem schwarzen Brett standen bereits eine Menge Schüler. Sie versuchten alle gleichzeitig, einen Blick auf die Besetzungsliste zu erhaschen.
Ich war schrecklich hippelig. "Ich kann nichts sehen, Alex!", rief ich. "Du siehst nach, okay?"
"Klar, kein Prob..."
"Warte! Ich mach's selber!", brüllte ich. Ich hatte meine Meinung schon wieder geändert. Das tue ich oft. Alex sagt, dass ich ihn damit noch mal in den Wahnsinn treiben werde.
Ich holte tief Luft und drängelte mich zwischen all den anderen hindurch. Ich knabberte am Nagel meines linken Daumens, drückte den Daumen meiner rechten Hand und starrte zu der Liste hoch.
Doch als ich den Zettel sah, der da aufgehängt war, hätte ich mir beinahe den ganzen linken Daumen abgebissen. Neben der Besetzungsliste war eine Nachricht ans schwarze Brett gepinnt:
Achtung, Brooke Rodgers! Melde dich bitte in Mr. Levys Büro. Du bist von der Schule verwiesen worden!
Gefeuert?
Hatte Mr. Levy etwa herausgefunden, dass ich die Wüstenspringmaus im Lehrerzimmer hatte laufen lassen?
Gefeuert?
Mir wurde kotzübel. Meine Eltern würden sich wochenlang nicht wieder einkriegen.
Dann hörte ich ein Kichern.
Ich fuhr herum. Da stand Alex und lachte sich schlapp. Ein paar andere Schüler lachten mit.
Ich blickte Alex wütend an. "Hast du den Zettel da aufgehängt?"
"Na klar!", antwortete er und lachte noch heftiger.
Er hat einen echt schrägen Humor.
"Ich hab das keine Sekunde lang geglaubt", log ich.
Ich drehte mich wieder zum schwarzen Brett um, um die Besetzungsliste zu studieren. Ich musste die Liste dreimal lesen, denn ich konnte einfach nicht glauben, was da stand. "Alex!", rief ich schließlich über die Köpfe der anderen hinweg. "Du und ich - wir sind die Stars!"
Alex fiel vor Überraschung der Unterkiefer runter. Dann grinste er mich breit an. "Klar. Aber sicher doch", meckerte er und verdrehte die Augen.
"Nein. Wirklich!", beteuerte ich. "Wir haben die beiden Hauptrollen bekommen! Komm her und sieh's dir selbst an! Du spielst das Phantom!"
"Nie im Leben!" Alex glaubte mir noch immer nicht.
"Sie sagt die Wahrheit, Alex", sagte ein Mädchen hinter mir. Tina Powell, eine Siebtklässlerin, drängelte sich zwischen den anderen hindurch.
Ich habe immer so ein Gefühl, dass Tina Powell mich nicht besonders gut leiden kann. Ich habe keine Ahnung, warum. Ich kenne sie kaum. Aber sie guckt mich ständig schief an. Als hätte ich ein Stück Spinat zwischen den Zähnen oder so.
"Lasst mich diese Liste sehen!", verlangte Alex und zwängte sich zwischen allen anderen hindurch. "Ich fass es nicht! Ich hab ja wirklich die Hauptrolle bekommen!"
"Ich werde die Esmeralda spielen", las ich. "Ich frage mich, wer das wohl sein mag. Vielleicht die verrückte, alte Stiefmutter des Phantoms oder vielleicht seine Frau, die von den Toten wiederkehrt, um..."
"Nun hör schon auf, Brooke", sagte Tina und warf mir einen bitterbösen Blick zu. "Esmeralda ist einfach nur die Tochter des Typen, dem das Theater gehört."
Sie sagte das so, als wäre Esmeralda eine völlig nebensächliche Figur.
"Ah, welche Rolle hast du denn gekriegt?", fragte ich.
Tina trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Ein paar von den anderen wandten sich ihr zu, um ihre Antwort mitzubekommen.
"Ich bin deine zweite Besetzung", murmelte sie widerwillig und starrte auf den Boden. "Falls du krank werden solltest oder so und deshalb nicht auftreten kannst, werde ich die Rolle der Esmeralda spielen. - Aber ich bin auch für die ganze Dekoration verantwortlich!", fügte sie hastig hinzu.
Am liebsten hätte ich ihr etwas richtig Fieses und Gemeines ins Gesicht geschleudert, um Tina-ich-bin-die-Größte vor allen Leuten runterzumachen. Aber mir fiel nichts Passendes ein.
Ich bin eben kein fieser, gemeiner Mensch. Und mir fällt es schwer, mir etwas Fieses und Gemeines auszudenken - selbst wenn ich es gerne wollte.
Deshalb beschloss ich, sie einfach links liegen zu lassen. Ich war viel zu aufgeregt wegen der Theateraufführung, um mir von Tina Powell die Stimmung vermiesen zu lassen. "Komm schon, Phantom", sagte ich zu Alex. "Wir ziehen los und spuken 'ne Runde um die Häuser!"
Am Montagnachmittag begannen wir mit den Proben für das Stück. Miss Walker, die die Leitung übernommen hatte, stand auf der Bühne in der Aula und schaute zu uns herunter. Sie hielt einen dicken Stapel Bühnenmanuskripte unter dem Arm.
Miss Walker hat gelockte rote Haare und hübsche grüne Augen. Sie ist ziemlich dürr, so dünn wie eine Bohnenstange. Eine sehr gute Lehrerin - für meinen Geschmack ein bisschen zu streng, aber eine gute Lehrerin.
Alex und ich setzten uns nebeneinander in die dritte Reihe. Ich ließ meinen Blick über die anderen Schüler gleiten. Alle redeten wild durcheinander und wirkten ein bisschen aufgeregt.
"Weißt du, worum es in diesem Stück geht?", fragte mich Colin Sklar. Er spielte meinen Vater. Ich meine, Esmeraldas Vater. Colin hat kastanienbraunes Haar wie ich. Und er trägt ebenfalls eine Brille. Vielleicht war das der Grund, warum wir Vater und Tochter spielen sollten.
"Da fragst du mich zu viel", antwortete ich mit einem Schulterzucken. "Niemand weiß, worum es in dem Stück geht. Ich weiß nur, dass es gruselig sein soll."
"Ich weiß, worum es dabei geht!", verkündete Tina Powell lauthals.
Ich drehte mich auf meinem Sitz um. "Woher willst du das wissen?", fragte ich sie. "Miss Walker hat die Bühnenmanuskripte doch noch gar nicht ausgeteilt."
"Mein Urgroßvater ist vor langer, langer Zeit ebenfalls in die Woods-Mill-Mittelschule gegangen. Er hat mir alles über das Phantom erzählt", prahlte Tina.
Ich wollte Tina gerade erklären, dass die doofe Geschichte von ihrem Urgroßvater niemanden interessierte. Doch da fügte sie hinzu: "Er hat mir auch von dem Fluch erzählt, der auf dem Theaterstück liegt!"
Das brachte alle zum Schweigen. Sogar mich.
Auch Miss Walker spitzte jetzt die Ohren.
Alex stupste mich an. Seine Augen waren vor Aufregung weit aufgerissen. "Ein Fluch?", flüsterte er begeistert. "Cool!"
Ich nickte. "Ja, cool", murmelte ich.
"Mein Urgroßvater hat mir eine echt gruselige Geschichte über das Stück erzählt", fuhr Tina fort. "Und er hat mir von dem Phantom in der Schule erzählt. Einem echten Phantom, das..."
"Tina!", unterbrach Miss Walker sie und trat an den Bühnenrand heran. Sie warf ihr einen scharfen Blick zu. "Ich finde wirklich, dass du diese Geschichte nicht ausgerechnet heute erzählen solltest."
"Warum denn nicht?", rief ich.
"Ja. Warum nicht?", schloss Alex sich mir an.
"Ich halte es für keinen guten Zeitpunkt für schaurige Geschichten, die vermutlich gar nicht wahr sind", antwortete Miss Walker streng. "Ich werde heute die Rollenhefte verteilen und..."
"Kennen Sie die Geschichte denn?", wollte Tina wissen.
"Ja, ich habe davon gehört", erklärte Miss Walker. "Aber mir wäre es lieber, wenn du sie für dich behieltest, Tina. Es ist eine ziemlich gruselige Geschichte. Eine sehr traurige obendrein. Und ich weiß wirklich nicht..."
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!", fing Alex an, im Takt zu rufen.
Und einen Augenblick später grinsten wir alle zu unserer Lehrerin hoch und skandierten laut: "Erzählen! Erzählen! Erzählen!"
Warum wollte Miss Walker nicht, dass wir die Geschichte zu hören bekamen?, fragte ich mich.
Wie gruselig konnte die denn schon sein?
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!", brüllten wir alle im Takt weiter.
Miss Walker hob beschwichtigend beide Hände in die Höhe, um uns zum Schweigen zu bringen.
Doch das brachte uns nur dazu, zu unserer Brüllerei auch noch rhythmisch mit den Füßen auf den Boden zu stampfen.
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!"
"Also gut!", rief sie schließlich. "Also gut, ich erzähle euch die Geschichte. Aber vergesst nicht - es ist nur eine Geschichte. Ich möchte nicht, dass ihr euch zu viel Angst davon machen lasst."
"Uns können Sie keine Angst einjagen!", schrie Alex begeistert.
Alle lachten. Aber ich schaute Miss Walker prüfend an. Ich konnte deutlich erkennen, dass sie uns die Geschichte eigentlich doch nicht erzählen wollte.
Miss Walker behauptete immer, wir könnten mit ihr über alles reden, was uns interessierte. Es machte mich daher stutzig, dass sie partout nicht über das Phantom sprechen wollte.
"Die Geschichte fing vor zweiundsiebzig Jahren an", begann Miss Walker, "in dem Jahr, als die Woods-Mill-Mittelschule fertig gestellt worden war. Ich nehme an, Tinas Urgroßvater war in diesem Jahr einer der Schüler hier."
"Ja, das war er", rief Tina. "Er war in der ersten Klasse, die diese Schule besuchte. Er hat mir erzählt, dass es damals an der ganzen Schule nur fünfundzwanzig Schüler gab."
Miss Walker verschränkte ihre mageren Arme vor der Brust und fuhr fort. "Die Schüler wollten ein Theaterstück aufführen. Ein Junge sah sich im Keller der alten Woods-Mill-Bücherei um. Dort unten entdeckte er ein Manuskript. Es trug den Titel Das Phantom. Das Stück war ziemlich schaurig und handelte von einem Mädchen, das von einem geheimnisvollen Phantom entführt wurde. Der Junge zeigte das Manuskript seiner Lehrerin und die entschied, dass es sicher eine Menge Spaß machen würde, das Stück aufzuführen. Es sollte eine richtig große Vorstellung werden mit allen gruseligen Spezialeffekten, die in der Schule realisierbar waren."
Alex und ich tauschten begeisterte Blicke aus. Bei diesem Theaterstück gab es Spezialeffekte. Wir liebten Spezialeffekte!
"Man begann mit den Proben für Das Phantom", erzählte Miss Walker weiter. "Der Junge, der das Manuskript in der Bücherei gefunden hatte, durfte die Hauptrolle übernehmen."
Alle wandten sich zu Alex um. Er lächelte stolz, als hätte er selbst das Manuskript gefunden.
"Sie probten das Stück jeden Tag nach dem Unterricht", fuhr Miss Walker fort. "Es machte allen riesigen Spaß. Jeder Einzelne strengte sich ordentlich an, damit die Vorstellung ein Erfolg werden konnte. Alles lief wie am Schnürchen, bis... bis..."
Sie zögerte.
"Erzählen Sie doch!", rief ich laut.
"Erzählen! Erzählen!", fingen ein paar wieder an, im Takt zu brüllen.
"Ich möchte euch alle daran erinnern, dass dies nur eine Geschichte ist", sagte Miss Walker noch einmal. "Es gibt keinen Beweis dafür, dass es sich jemals so zugetragen hat."Wir nickten alle.
Einige der Mädchen in der Schule finden Alex süß. Ich habe ihn nie so gesehen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass ich ihn beinahe schon mein ganzes Leben lang kenne - seit sich unsere Mütter beim Bowling kennen lernten und feststellten, dass sie in der gleichen Straße wohnten.
Die Aufregung wegen des Phantoms begann an einem Freitag vor ein paar Wochen. Die Schule war aus und ich mühte mich damit ab, mein Schrankfach aufzubekommen. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und drehte am Zahlenschloss. Das blöde Ding klemmt ständig und macht mich noch wahnsinnig.
Nachdem ich die Zahlenkombination viermal hintereinander eingestellt hatte, ging das Schloss endlich auf. Ich warf meine Bücher hinein und knallte die Tür zu. Schließlich kam es überhaupt nicht in Frage, dass ich irgendwelche Schulbücher übers Wochenende mit nach Hause schleppte. Von genau dieser Sekunde an hatte ich so was wie Ferien! Zwei ganze Tage ohne Schule.
Herrlich!
Ich hatte mich noch nicht umgedreht, da sauste eine Faust an meinem Ohr vorbei und knallte mit einem lauten Peng gegen die Schranktür.
"Wie läuft's denn so, Brookie?", ertönte eine Stimme hinter mir. "Keine Schularbeiten übers Wochenende?"
Ich musste mich gar nicht erst umdrehen, um zu wissen, wer das war. Es gibt nur einen einzigen Menschen auf dieser Welt, der mich ungestraft "Brookie" nennen darf.
Ich wandte mich um. Da stand Alex und grinste mich behämmert an. Seine blonden Haare, die vorne ziemlich lang und hinten echt kurz - beinahe kahl rasiert - sind, hingen ihm tief ins Gesicht.
Ich lächelte und streckte ihm dann die Zunge raus.
"Das zeugt von Reife, Brookie", murmelte er.
Dann klappte ich meine Augenlider hoch, sodass sie hängen blieben. Das ist ein echt grausiges Talent von mir und normalerweise fangen die Leute zu schreien und zu würgen an, wenn sie mich so sehen.
Alex zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er hat den Trick mit meinen Augenlidern schon mindestens eine Million Mal erlebt.
"Ne, keine Hausaufgaben!", antwortete ich. "Keine Bücher. Rein gar nichts. Dieses Wochenende bin ich ein völlig freier Mensch."
Da kam mir eine großartige Idee. "Hey, Alex", sagte ich, "meinst du, Rich könnte uns morgen zum Monsterfestival fahren?"
Ich wollte unbedingt die drei Monsterfilme sehen, die im Cineplex liefen. Soweit ich wusste, war einer davon sogar in 3-D! Alex und ich gehen ständig in Gruselfilme und lachen uns an den schauerlichen Stellen halb kaputt. Wir bekommen niemals Angst oder so.
"Vielleicht", antwortete Alex und strich sich die Haare aus dem Gesicht. "Nur leider hat Rich wieder mal Hausarrest. Er darf eine ganze Woche lang nicht Auto fahren."
Rich ist Alex' älterer Bruder. Er verbringt den größten Teil seines Lebens unter Hausarrest.
Alex hängte seinen Rucksack über die andere Schulter. "Aber vergiss das Monsterfestival, Brooke. Hast du nicht etwas vergessen?" Er kniff die Augen zusammen und starrte mich an. "Etwas Wichtiges?"
Ich rümpfte die Nase. Etwas vergessen? Mir fiel absolut nichts ein. "Was?", fragte ich schließlich.
"Komm schon, Brookie! Denk nach!"
Ich hatte echt keinen blassen Schimmer, wovon Alex redete. Ich fasste meine langen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen und streifte das Haargummi darüber, das ich um mein Handgelenk trug.
Ich trage immer ein Haargummi um mein Handgelenk. Ich will auf alles vorbereitet sein. Schließlich kann man ja nie wissen, wann man es braucht.
"Echt, Alex, ich habe keine Ahnung", sagte ich, während ich meinen Pferdeschwanz festzog. "Warum sagst du mir nicht einfach, worum es geht?"
Und da fiel es mir schlagartig wieder ein. "Die Besetzungsliste!", brüllte ich und schlug mir mit der flachen Hand an die Stirn. Wie konnte ich die bloß vergessen haben? Alex und ich hatten zwei lange Wochen darauf gewartet, endlich zu erfahren, welche Rollen wir in der Schulaufführung spielen würden.
"Komm schon! Wir sehen nach!" Ich packte Alex am Ärmel seines Flanellhemdes. Und ich zog ihn den ganzen Weg bis zur Aula hinter mir her.
Alex und ich hatten uns beide für eine Teilnahme an der Schulaufführung beworben. Im vergangenen Jahr hatten wir zwei kleine Rollen bekommen. Miss Walker, unsere Lehrerin, hatte uns erzählt, dass das Theaterstück in diesem Jahr gruselig sein würde.
Damit hatten Alex und ich genug gehört. In diesem Stück mussten wir einfach mitspielen!
Vor dem schwarzen Brett standen bereits eine Menge Schüler. Sie versuchten alle gleichzeitig, einen Blick auf die Besetzungsliste zu erhaschen.
Ich war schrecklich hippelig. "Ich kann nichts sehen, Alex!", rief ich. "Du siehst nach, okay?"
"Klar, kein Prob..."
"Warte! Ich mach's selber!", brüllte ich. Ich hatte meine Meinung schon wieder geändert. Das tue ich oft. Alex sagt, dass ich ihn damit noch mal in den Wahnsinn treiben werde.
Ich holte tief Luft und drängelte mich zwischen all den anderen hindurch. Ich knabberte am Nagel meines linken Daumens, drückte den Daumen meiner rechten Hand und starrte zu der Liste hoch.
Doch als ich den Zettel sah, der da aufgehängt war, hätte ich mir beinahe den ganzen linken Daumen abgebissen. Neben der Besetzungsliste war eine Nachricht ans schwarze Brett gepinnt:
Achtung, Brooke Rodgers! Melde dich bitte in Mr. Levys Büro. Du bist von der Schule verwiesen worden!
Gefeuert?
Hatte Mr. Levy etwa herausgefunden, dass ich die Wüstenspringmaus im Lehrerzimmer hatte laufen lassen?
Gefeuert?
Mir wurde kotzübel. Meine Eltern würden sich wochenlang nicht wieder einkriegen.
Dann hörte ich ein Kichern.
Ich fuhr herum. Da stand Alex und lachte sich schlapp. Ein paar andere Schüler lachten mit.
Ich blickte Alex wütend an. "Hast du den Zettel da aufgehängt?"
"Na klar!", antwortete er und lachte noch heftiger.
Er hat einen echt schrägen Humor.
"Ich hab das keine Sekunde lang geglaubt", log ich.
Ich drehte mich wieder zum schwarzen Brett um, um die Besetzungsliste zu studieren. Ich musste die Liste dreimal lesen, denn ich konnte einfach nicht glauben, was da stand. "Alex!", rief ich schließlich über die Köpfe der anderen hinweg. "Du und ich - wir sind die Stars!"
Alex fiel vor Überraschung der Unterkiefer runter. Dann grinste er mich breit an. "Klar. Aber sicher doch", meckerte er und verdrehte die Augen.
"Nein. Wirklich!", beteuerte ich. "Wir haben die beiden Hauptrollen bekommen! Komm her und sieh's dir selbst an! Du spielst das Phantom!"
"Nie im Leben!" Alex glaubte mir noch immer nicht.
"Sie sagt die Wahrheit, Alex", sagte ein Mädchen hinter mir. Tina Powell, eine Siebtklässlerin, drängelte sich zwischen den anderen hindurch.
Ich habe immer so ein Gefühl, dass Tina Powell mich nicht besonders gut leiden kann. Ich habe keine Ahnung, warum. Ich kenne sie kaum. Aber sie guckt mich ständig schief an. Als hätte ich ein Stück Spinat zwischen den Zähnen oder so.
"Lasst mich diese Liste sehen!", verlangte Alex und zwängte sich zwischen allen anderen hindurch. "Ich fass es nicht! Ich hab ja wirklich die Hauptrolle bekommen!"
"Ich werde die Esmeralda spielen", las ich. "Ich frage mich, wer das wohl sein mag. Vielleicht die verrückte, alte Stiefmutter des Phantoms oder vielleicht seine Frau, die von den Toten wiederkehrt, um..."
"Nun hör schon auf, Brooke", sagte Tina und warf mir einen bitterbösen Blick zu. "Esmeralda ist einfach nur die Tochter des Typen, dem das Theater gehört."
Sie sagte das so, als wäre Esmeralda eine völlig nebensächliche Figur.
"Ah, welche Rolle hast du denn gekriegt?", fragte ich.
Tina trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Ein paar von den anderen wandten sich ihr zu, um ihre Antwort mitzubekommen.
"Ich bin deine zweite Besetzung", murmelte sie widerwillig und starrte auf den Boden. "Falls du krank werden solltest oder so und deshalb nicht auftreten kannst, werde ich die Rolle der Esmeralda spielen. - Aber ich bin auch für die ganze Dekoration verantwortlich!", fügte sie hastig hinzu.
Am liebsten hätte ich ihr etwas richtig Fieses und Gemeines ins Gesicht geschleudert, um Tina-ich-bin-die-Größte vor allen Leuten runterzumachen. Aber mir fiel nichts Passendes ein.
Ich bin eben kein fieser, gemeiner Mensch. Und mir fällt es schwer, mir etwas Fieses und Gemeines auszudenken - selbst wenn ich es gerne wollte.
Deshalb beschloss ich, sie einfach links liegen zu lassen. Ich war viel zu aufgeregt wegen der Theateraufführung, um mir von Tina Powell die Stimmung vermiesen zu lassen. "Komm schon, Phantom", sagte ich zu Alex. "Wir ziehen los und spuken 'ne Runde um die Häuser!"
Am Montagnachmittag begannen wir mit den Proben für das Stück. Miss Walker, die die Leitung übernommen hatte, stand auf der Bühne in der Aula und schaute zu uns herunter. Sie hielt einen dicken Stapel Bühnenmanuskripte unter dem Arm.
Miss Walker hat gelockte rote Haare und hübsche grüne Augen. Sie ist ziemlich dürr, so dünn wie eine Bohnenstange. Eine sehr gute Lehrerin - für meinen Geschmack ein bisschen zu streng, aber eine gute Lehrerin.
Alex und ich setzten uns nebeneinander in die dritte Reihe. Ich ließ meinen Blick über die anderen Schüler gleiten. Alle redeten wild durcheinander und wirkten ein bisschen aufgeregt.
"Weißt du, worum es in diesem Stück geht?", fragte mich Colin Sklar. Er spielte meinen Vater. Ich meine, Esmeraldas Vater. Colin hat kastanienbraunes Haar wie ich. Und er trägt ebenfalls eine Brille. Vielleicht war das der Grund, warum wir Vater und Tochter spielen sollten.
"Da fragst du mich zu viel", antwortete ich mit einem Schulterzucken. "Niemand weiß, worum es in dem Stück geht. Ich weiß nur, dass es gruselig sein soll."
"Ich weiß, worum es dabei geht!", verkündete Tina Powell lauthals.
Ich drehte mich auf meinem Sitz um. "Woher willst du das wissen?", fragte ich sie. "Miss Walker hat die Bühnenmanuskripte doch noch gar nicht ausgeteilt."
"Mein Urgroßvater ist vor langer, langer Zeit ebenfalls in die Woods-Mill-Mittelschule gegangen. Er hat mir alles über das Phantom erzählt", prahlte Tina.
Ich wollte Tina gerade erklären, dass die doofe Geschichte von ihrem Urgroßvater niemanden interessierte. Doch da fügte sie hinzu: "Er hat mir auch von dem Fluch erzählt, der auf dem Theaterstück liegt!"
Das brachte alle zum Schweigen. Sogar mich.
Auch Miss Walker spitzte jetzt die Ohren.
Alex stupste mich an. Seine Augen waren vor Aufregung weit aufgerissen. "Ein Fluch?", flüsterte er begeistert. "Cool!"
Ich nickte. "Ja, cool", murmelte ich.
"Mein Urgroßvater hat mir eine echt gruselige Geschichte über das Stück erzählt", fuhr Tina fort. "Und er hat mir von dem Phantom in der Schule erzählt. Einem echten Phantom, das..."
"Tina!", unterbrach Miss Walker sie und trat an den Bühnenrand heran. Sie warf ihr einen scharfen Blick zu. "Ich finde wirklich, dass du diese Geschichte nicht ausgerechnet heute erzählen solltest."
"Warum denn nicht?", rief ich.
"Ja. Warum nicht?", schloss Alex sich mir an.
"Ich halte es für keinen guten Zeitpunkt für schaurige Geschichten, die vermutlich gar nicht wahr sind", antwortete Miss Walker streng. "Ich werde heute die Rollenhefte verteilen und..."
"Kennen Sie die Geschichte denn?", wollte Tina wissen.
"Ja, ich habe davon gehört", erklärte Miss Walker. "Aber mir wäre es lieber, wenn du sie für dich behieltest, Tina. Es ist eine ziemlich gruselige Geschichte. Eine sehr traurige obendrein. Und ich weiß wirklich nicht..."
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!", fing Alex an, im Takt zu rufen.
Und einen Augenblick später grinsten wir alle zu unserer Lehrerin hoch und skandierten laut: "Erzählen! Erzählen! Erzählen!"
Warum wollte Miss Walker nicht, dass wir die Geschichte zu hören bekamen?, fragte ich mich.
Wie gruselig konnte die denn schon sein?
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!", brüllten wir alle im Takt weiter.
Miss Walker hob beschwichtigend beide Hände in die Höhe, um uns zum Schweigen zu bringen.
Doch das brachte uns nur dazu, zu unserer Brüllerei auch noch rhythmisch mit den Füßen auf den Boden zu stampfen.
"Erzählen! Erzählen! Erzählen!"
"Also gut!", rief sie schließlich. "Also gut, ich erzähle euch die Geschichte. Aber vergesst nicht - es ist nur eine Geschichte. Ich möchte nicht, dass ihr euch zu viel Angst davon machen lasst."
"Uns können Sie keine Angst einjagen!", schrie Alex begeistert.
Alle lachten. Aber ich schaute Miss Walker prüfend an. Ich konnte deutlich erkennen, dass sie uns die Geschichte eigentlich doch nicht erzählen wollte.
Miss Walker behauptete immer, wir könnten mit ihr über alles reden, was uns interessierte. Es machte mich daher stutzig, dass sie partout nicht über das Phantom sprechen wollte.
"Die Geschichte fing vor zweiundsiebzig Jahren an", begann Miss Walker, "in dem Jahr, als die Woods-Mill-Mittelschule fertig gestellt worden war. Ich nehme an, Tinas Urgroßvater war in diesem Jahr einer der Schüler hier."
"Ja, das war er", rief Tina. "Er war in der ersten Klasse, die diese Schule besuchte. Er hat mir erzählt, dass es damals an der ganzen Schule nur fünfundzwanzig Schüler gab."
Miss Walker verschränkte ihre mageren Arme vor der Brust und fuhr fort. "Die Schüler wollten ein Theaterstück aufführen. Ein Junge sah sich im Keller der alten Woods-Mill-Bücherei um. Dort unten entdeckte er ein Manuskript. Es trug den Titel Das Phantom. Das Stück war ziemlich schaurig und handelte von einem Mädchen, das von einem geheimnisvollen Phantom entführt wurde. Der Junge zeigte das Manuskript seiner Lehrerin und die entschied, dass es sicher eine Menge Spaß machen würde, das Stück aufzuführen. Es sollte eine richtig große Vorstellung werden mit allen gruseligen Spezialeffekten, die in der Schule realisierbar waren."
Alex und ich tauschten begeisterte Blicke aus. Bei diesem Theaterstück gab es Spezialeffekte. Wir liebten Spezialeffekte!
"Man begann mit den Proben für Das Phantom", erzählte Miss Walker weiter. "Der Junge, der das Manuskript in der Bücherei gefunden hatte, durfte die Hauptrolle übernehmen."
Alle wandten sich zu Alex um. Er lächelte stolz, als hätte er selbst das Manuskript gefunden.
"Sie probten das Stück jeden Tag nach dem Unterricht", fuhr Miss Walker fort. "Es machte allen riesigen Spaß. Jeder Einzelne strengte sich ordentlich an, damit die Vorstellung ein Erfolg werden konnte. Alles lief wie am Schnürchen, bis... bis..."
Sie zögerte.
"Erzählen Sie doch!", rief ich laut.
"Erzählen! Erzählen!", fingen ein paar wieder an, im Takt zu brüllen.
"Ich möchte euch alle daran erinnern, dass dies nur eine Geschichte ist", sagte Miss Walker noch einmal. "Es gibt keinen Beweis dafür, dass es sich jemals so zugetragen hat."Wir nickten alle.
... weniger
Autoren-Porträt von R. L. Stine, Robert L. Stine
Robert L. Stine, geb. am 8. Oktober 1943 in Columbus, Ohio in den USA, schrieb sich nach der Schulzeit an der Ohio State Universität ein, die er mit dem Abschluss eines Bachelor of Art (BA) verließ. Danach arbeitete er als Lehrer, bevor er anfing, Bücher zu schreiben. Zehn Jahre war er auch Herausgeber von 'Bananas', einer humoristischen Zeitschrift für junge Leute in den USA. Daneben ist er bis heute Drehbuchschreiber für eine TV-Show für Kinder namens 'Eureeka's Castle'. In seiner Freizeit geht er gerne schwimmen und sieht sich alte Filme an. Heute lebt er mit seiner Frau Jane und Sohn Matthew unweit des Central Parks in New York. Stine hat über 100 Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht mehr als 90 Millionen Bücher verkauft.
Bibliographische Angaben
- Autoren: R. L. Stine , Robert L. Stine
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2001, 123 Seiten, Maße: 12,6 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Günter W. Kienitz
- Verlag: Omnibus TB bei Bertelsmann
- ISBN-10: 3570203360
- ISBN-13: 9783570203361
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