Gang nach Canossa
Ein Mann, ein Ziel, ein Abenteuer
Wir schreiben das Jahr 2012: Die Wirtschaft ist am Ende, das Klima kaputt, bald soll auch noch die Welt untergehen, und in einem kleinen Apartment im Herzen Hamburgs schnürt ein blonder Reisereporter seinen Rucksack. Sein Ziel: die eigenen Sünden büßen und...
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Produktinformationen zu „Gang nach Canossa “
Klappentext zu „Gang nach Canossa “
Wir schreiben das Jahr 2012: Die Wirtschaft ist am Ende, das Klima kaputt, bald soll auch noch die Welt untergehen, und in einem kleinen Apartment im Herzen Hamburgs schnürt ein blonder Reisereporter seinen Rucksack. Sein Ziel: die eigenen Sünden büßen und Mutter Erde ein wenig besser machen. Sein Problem: Dafür muss er über die Alpen. Zu Fuß. Fast eintausend Jahre nach Heinrich IV. tritt wieder ein Deutscher den legendären Weg nach Canossa an. Natürlich auch, weil es dort so tolle Tortellini geben soll. Dennis Gastmann führt uns auf seiner ungewöhnlichen Pilgerreise von einer Grenzerfahrung in die nächste: An einem geheimen Ort in Ostwestfalen lässt er sich von einem Orakel die Zukunft vorhersagen, in Frankfurt wagt er sich aufs Börsenparkett, und in der pfälzischen Provinz stattet er den Zeugen Jehovas einen Hausbesuch ab. Im Dom zu Speyer beichtet er zum ersten Mal in seinem Leben, im französischen Pontarlier trifft er die «grüne Fee», bevor ihn der Weg auf die schmutzigen Spuren Uwe Barschels im Genfer Luxushotel «Beau Rivage» führt - und nach tausend Kilometern über die schwindelerregenden Höhen des Mont Cenis. Ein mitreißendes Abenteuerbuch und ein großartiges Lesevergnügen.
Autoren-Porträt von Dennis Gastmann
Dennis Gastmann, geboren 1978, reiste jahrelang als Auslandsreporter um den Globus. 2011 erschien sein viel gelobter Band «Mit 80.000 Fragen um die Welt», danach wanderte er von Deutschland über die Alpen nach Italien, um seine Sünden zu büßen («Gang nach Canossa», 2012). Für den «Atlas der unentdeckten Länder» (2016) besuchte er die letzten unbekannten Orte der Erde, für «Der vorletzte Samurai» (2018) erkundete er Japan. Seine Reisereportagen wurden alle zu «Spiegel»-Bestsellern. Zuletzt erschien «Dalee», sein erster Roman. Dennis Gastmann lebt in Hamburg und arbeitet in der ganzen Welt.
Autoren-Interview mit Dennis Gastmann
Sie scheinen ein sehr unruhiger Geist zu sein. Entweder Sie reisen „Mit 80.000 Fragen um die Welt" oder Sie gehen zu Fuß (!) nach Canossa. Und das Anfang März von Hamburg aus. Was genau wollten Sie in Canossa?Dennis Gastmann: Die Frage ist doch: Warum gehen andere nicht nach Canossa? Ich bin stellvertretend für alle Guttenbergs, Friedmans und Wulffs dieser Welt marschiert. Mit Christian Wulff bin ich sogar verwandt. Leider. Und apropos „geritten": Ich bin tatsächlich der erste Deutsche, der sich zu Fuß nach Canossa bewegt hat. Heinrich IV. hatte ein Pferd ...
Von Ihrer Wohnung aus sind es, laut Google, 999,9 Kilometer Luftlinie nach Canossa. Google hat dafür aber auch nur zehn Tage und acht Stunden Fußmarsch berechnet und hätte Sie bei der Streckenführung über Helgoland geschickt. Wie viele Kilometer waren es tatsächlich?
Dennis Gastmann: Das ist schwer zu sagen, denn ich konnte nicht immer den direkten Weg einschlagen und habe mich ziemlich oft verlaufen. Es sollten etwa 1.637 Kilometer sein.
Sie waren vor Ihrer Pilgerwanderung unsportlich - wie schwer waren die ersten 100 Kilometer, wie viele Blasen haben Sie sich erlaufen und was tauchten sonst noch für Beschwerden auf?
Dennis Gastmann: Die ersten Wochen waren knochenhart. Ich habe etwa zehn Kilo verloren und jeden Tag tauchten neue Zipperlein auf: die Knie, die Fußsohlen, die Achillessehne, die Hüfte, der Rücken. Schon nach dem zweiten Wandertag sah mein rechter kleiner Zeh so aus wie eine Nacktschnecke. Nach sechs Wochen allerdings war ich so fit wie nie zuvor.
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Nach der Prophezeiung von Lotte, einer Kartenlegerin, hätten Sie gar nicht losgehen dürfen. „Diesen Gang nach Canossa, den packst Du nicht. Niemals. Du bringst dich gerade um, und das weißt du auch", lauteten die wenig schmeichelhaften Sätze von ihr. Hat Lotte sich geirrt?
Dennis Gastmann: Lotte irrt sich nie. Sie sagte vor allem: „Du schaffst es nicht allein über die Alpen." Und sie hatte Recht. Den furchterregenden Mont Cenis zwischen Frankreich und Italien, der in der Legende um Heinrich IV. detailliert beschrieben ist, habe ich nur mit der Hilfe des Bergführers Alberto Bolognesi geschafft. Er selbst nennt sich übrigens „Bergpirat".
Wenn Sie nur ein Erlebnis Ihres Fußweges auswählen dürften: Welches erinnern Sie als „das schönste" und warum?
Dennis Gastmann: Das Gefühl, die Alpen überwunden zu haben. Wenn sich die Täler nach Wochen langsam wieder öffnen und den Blick auf den Horizont freigeben - dann schießen Dir die Tränen in die Augen. Ich denke, Heinrich IV., Hannibal und all den anderen wird es ähnlich ergangen sein.
Ihr Weg führte Sie von Hamburg über Osnabrück, Brilon, Frankfurt, Speyer nach Straßburg, Colmar, Genf, Annecy, Turin nach Canossa. Eins fällt besonders auf: Im Vergleich zu Italien fällt Deutschland meilenweit ab. Egal ob kulinarisch oder was Landschaft und Gastfreundschaft angeht. Ihre Erklärung dafür?
Dennis Gastmann: Vielschichtig. Einerseits bin ich schlicht wintertags im morbiden Norddeutschland gestartet und kam im Frühling in Italien an. Andererseits geht mir das deutsche „Zu Hause ist's am Schönsten" und „Warum denn in die Ferne schweifen?" immer furchtbar auf den Wecker. Nein, in Deutschland ist es einfach nicht am schönsten. Okay: Unser Land ist reich, die Müllabfuhr kommt pünktlich und wir haben ein halbwegs funktionierendes Sozialsystem, um das uns die Welt beneidet. Aber: Wir haben die Uhr, andere haben die Zeit. Und die Liebe. Und gutes Wetter. Stellen Sie sich vor: Es gibt Kulturen, die Leben am Meer, ihnen scheint jeden Tag die Sonne auf die braunen Locken und sie trinken jeden Abend Rotwein.
Was erwartet uns im schaurig betitelten Kapitel „Seelen in der Fleischauslage"?
Dennis Gastmann: Ich treffe geistheilende Fleischereifachverkäuferinnen. Zwei Damen, die früher bei REWE an der Wursttheke gearbeitet haben, bis sie herausfanden, was im Formschinken alles so verarbeitet wird. Dann konnten sie das Zeug aus moralischen Gründen nicht mehr verkaufen. Und irgendwann spürten sie die Seelen der toten Tiere in der Auslage. Heute verdingen sie sich als Heilerinnen in ihrem Dorf. Es gelang ihnen zum Beispiel, den kreisrunden Haarausfall einer Hündin durch Handauflegen zu kurieren.
Bei all Ihren Bekanntschaften - und es waren viele „schräge Vögel" dabei - bleiben mir die Medienagentin und der Regisseur in allerschlimmster Erinnerung. Es packt einen beim Lesen dieser Begegnung das Grauen. Ging es Ihnen ähnlich schlimm?
Dennis Gastmann: Schlimmer. Da versucht man zu entschleunigen, rennt dem Medienwahnsinn wochenlang davon und dann holt Dich der Erbfeind wieder ein: das Fernsehen. Sätze wie „Du musst Dich voll committen! Oder: Wir wollen einen Dennis Gastmann, der brennt für die Sache und 24 Stunden arbeitet" fand ich in dieser Zeit, auf Deutsch gesagt, zum Kotzen.
Der Deutsche Alpenverein Hamburg hat Sie nach Ihrem Hilferuf per E-Mail schmählich im Stich gelassen. Kündigen Sie nun Ihre Mitgliedschaft und worum ging es bei dem Hilferuf?
Dennis Gastmann: Ja, ich werde kündigen, soviel ist sicher. Ich bin auf meiner Reise im Jura-Gebirge eingeschneit. Ausgerechnet in Pontarlier, der Welthauptstadt des Absinth (ein fataler Zufall!). Hier wurde mir klar, dass es noch viel zu früh war, die Alpen zu bezwingen, und ich schrieb verzweifelte E-Mails an Bergführer und Bergverbände in halb Europa: „Ich muss über die Alpen. Jetzt. Wie zur Hölle schaffe ich das?" Die meisten Bergführer wünschten zynisch „viel Glück". Der Deutsche Alpenverein Hamburg antwortete gar nicht.
Sie entwickeln ein völlig neues Körpergefühl, schreiben: „Ich laufe und laufe und laufe jetzt zuverlässig wie ein VW Käfer. Ich bin eine Maschine. Nein, noch viel mehr: Ich bin ein Kraftwürfel, ausdauernd wie der Duracell-Hase und stark wie ein Büffel ..." Wow, wie sieht es heute damit aus? Immer noch Kraftwürfel oder doch schon wieder Geleewürfel?
Dennis Gastmann: Tja, ich habe nach der Wanderung, als ich das Buch schrieb, einen großen Fehler gemacht: Ich habe immer noch 8.000 Kalorien am Tag zu mir genommen, mich aber kaum noch bewegt. Sie wollen nicht wissen, wie ich heute aussehe. Vielleicht sollte ich mir Umstandskleidung besorgen.
Ihr Bergführer Alberto Bolognesi (was für ein Name!) hat sicher einiges dazu beigetragen, dass Sie den Mont Cenis gut geschafft haben. Und dabei hatten Sie so einen Horror vor dem Berg. Aber Alberto hat Ihnen auch verraten, wie Sie richtig gehen müssen. Verraten Sie es auch uns?
Dennis Gastmann: Bolognesi gab mir meine erste Lektion in Dolce Vita. Das Geheimnis ist, den Berg ganz rhythmisch und langsam zu bezwingen. So wie die Alten, die im Schneckentempo von Dorf zu Dorf schlurfen.
In Novalesa, dem Heimatdorf von Alberto Bolognesi, erwartet Sie eine ganz wunderbare Initiation: In der „Albergo della Posta", dem Hotelrestaurant der Familie Bolognesi, erleben Sie die Freuden der italienischen Küche. Bitte lassen Sie uns daran teilhaben!
Dennis Gastmann: Es war wie im Film. Ich tauchte in ein triefendes, wunderbares Klischee. Mama Bolognesi, Papa Bolognesi, Opa Bolognesi und alle Bolognesi-Kinder turnten aufgeregt um mich herum und schoben mich in den kathedralenartigen Essensraum. Auf allen Tafeln standen mindestens eine Flasche Rotwein, eine Flasche Wasser und ein Strauß Grissini, jedes Brotstäbchen einen halben Meter lang. Wir setzten uns an ein Fenster, Alberto schenkte Rotwein ein und flüsterte der blonden Bedienung etwas zu. Dann verschwand sie in der Küche und kehrte mit fünf Tellern Antipasti zurück. „Der Junge war noch nie in Italien", sagte Alberto, „dann wollen wir ihm mal zeigen, was er verpasst hat!"
Würden Sie sich als spirituellen Menschen bezeichnen und was ist für Sie Spiritualität?
Dennis Gastmann: Es mag esoterisch klingen, aber auf so einer einsamen Wanderung wird man schnell anfällig für Spiritualität. Beim Gang nach Canossa war ich auf den Spuren des legendären Geistheilers Bruno Gröning unterwegs, ich begegnete Orakeln und Omen und ich stattete den Zeugen Jehovas einen Hausbesuch ab. Eine bizarre Grenzerfahrung. Spiritualität ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Er will wissen, woher er kommt, warum er hier ist und wohin das alles führt. Wir alle wünschen uns doch, dass das Leben nach dem Tod weitergeht.
Sie waren knapp zwölf Wochen meist zu Fuß unterwegs, wurden durchnässt und aufgeweicht, totgequatscht und liebevoll aufgenommen, kämpften mit Muskelschmerzen und Blasen, aufgeschlagenen Hacken und dem inneren Schweinehund: Was für ein Gefühl war das, in Canossa anzukommen?
Dennis Gastmann: Das möchte ich noch nicht verraten. Nur so viel: Geweint habe ich nicht.
Sicher sind Sie schon bald wieder in der Welt unterwegs. Wohin geht es?
Dennis Gastmann: Erstmal in meine Heimat Osnabrück auf den Geburtstag meines kleinen Bruders. Beides ist immer eine Grenzerfahrung ...
Dennis Gastmann: Lotte irrt sich nie. Sie sagte vor allem: „Du schaffst es nicht allein über die Alpen." Und sie hatte Recht. Den furchterregenden Mont Cenis zwischen Frankreich und Italien, der in der Legende um Heinrich IV. detailliert beschrieben ist, habe ich nur mit der Hilfe des Bergführers Alberto Bolognesi geschafft. Er selbst nennt sich übrigens „Bergpirat".
Wenn Sie nur ein Erlebnis Ihres Fußweges auswählen dürften: Welches erinnern Sie als „das schönste" und warum?
Dennis Gastmann: Das Gefühl, die Alpen überwunden zu haben. Wenn sich die Täler nach Wochen langsam wieder öffnen und den Blick auf den Horizont freigeben - dann schießen Dir die Tränen in die Augen. Ich denke, Heinrich IV., Hannibal und all den anderen wird es ähnlich ergangen sein.
Ihr Weg führte Sie von Hamburg über Osnabrück, Brilon, Frankfurt, Speyer nach Straßburg, Colmar, Genf, Annecy, Turin nach Canossa. Eins fällt besonders auf: Im Vergleich zu Italien fällt Deutschland meilenweit ab. Egal ob kulinarisch oder was Landschaft und Gastfreundschaft angeht. Ihre Erklärung dafür?
Dennis Gastmann: Vielschichtig. Einerseits bin ich schlicht wintertags im morbiden Norddeutschland gestartet und kam im Frühling in Italien an. Andererseits geht mir das deutsche „Zu Hause ist's am Schönsten" und „Warum denn in die Ferne schweifen?" immer furchtbar auf den Wecker. Nein, in Deutschland ist es einfach nicht am schönsten. Okay: Unser Land ist reich, die Müllabfuhr kommt pünktlich und wir haben ein halbwegs funktionierendes Sozialsystem, um das uns die Welt beneidet. Aber: Wir haben die Uhr, andere haben die Zeit. Und die Liebe. Und gutes Wetter. Stellen Sie sich vor: Es gibt Kulturen, die Leben am Meer, ihnen scheint jeden Tag die Sonne auf die braunen Locken und sie trinken jeden Abend Rotwein.
Was erwartet uns im schaurig betitelten Kapitel „Seelen in der Fleischauslage"?
Dennis Gastmann: Ich treffe geistheilende Fleischereifachverkäuferinnen. Zwei Damen, die früher bei REWE an der Wursttheke gearbeitet haben, bis sie herausfanden, was im Formschinken alles so verarbeitet wird. Dann konnten sie das Zeug aus moralischen Gründen nicht mehr verkaufen. Und irgendwann spürten sie die Seelen der toten Tiere in der Auslage. Heute verdingen sie sich als Heilerinnen in ihrem Dorf. Es gelang ihnen zum Beispiel, den kreisrunden Haarausfall einer Hündin durch Handauflegen zu kurieren.
Bei all Ihren Bekanntschaften - und es waren viele „schräge Vögel" dabei - bleiben mir die Medienagentin und der Regisseur in allerschlimmster Erinnerung. Es packt einen beim Lesen dieser Begegnung das Grauen. Ging es Ihnen ähnlich schlimm?
Dennis Gastmann: Schlimmer. Da versucht man zu entschleunigen, rennt dem Medienwahnsinn wochenlang davon und dann holt Dich der Erbfeind wieder ein: das Fernsehen. Sätze wie „Du musst Dich voll committen! Oder: Wir wollen einen Dennis Gastmann, der brennt für die Sache und 24 Stunden arbeitet" fand ich in dieser Zeit, auf Deutsch gesagt, zum Kotzen.
Der Deutsche Alpenverein Hamburg hat Sie nach Ihrem Hilferuf per E-Mail schmählich im Stich gelassen. Kündigen Sie nun Ihre Mitgliedschaft und worum ging es bei dem Hilferuf?
Dennis Gastmann: Ja, ich werde kündigen, soviel ist sicher. Ich bin auf meiner Reise im Jura-Gebirge eingeschneit. Ausgerechnet in Pontarlier, der Welthauptstadt des Absinth (ein fataler Zufall!). Hier wurde mir klar, dass es noch viel zu früh war, die Alpen zu bezwingen, und ich schrieb verzweifelte E-Mails an Bergführer und Bergverbände in halb Europa: „Ich muss über die Alpen. Jetzt. Wie zur Hölle schaffe ich das?" Die meisten Bergführer wünschten zynisch „viel Glück". Der Deutsche Alpenverein Hamburg antwortete gar nicht.
Sie entwickeln ein völlig neues Körpergefühl, schreiben: „Ich laufe und laufe und laufe jetzt zuverlässig wie ein VW Käfer. Ich bin eine Maschine. Nein, noch viel mehr: Ich bin ein Kraftwürfel, ausdauernd wie der Duracell-Hase und stark wie ein Büffel ..." Wow, wie sieht es heute damit aus? Immer noch Kraftwürfel oder doch schon wieder Geleewürfel?
Dennis Gastmann: Tja, ich habe nach der Wanderung, als ich das Buch schrieb, einen großen Fehler gemacht: Ich habe immer noch 8.000 Kalorien am Tag zu mir genommen, mich aber kaum noch bewegt. Sie wollen nicht wissen, wie ich heute aussehe. Vielleicht sollte ich mir Umstandskleidung besorgen.
Ihr Bergführer Alberto Bolognesi (was für ein Name!) hat sicher einiges dazu beigetragen, dass Sie den Mont Cenis gut geschafft haben. Und dabei hatten Sie so einen Horror vor dem Berg. Aber Alberto hat Ihnen auch verraten, wie Sie richtig gehen müssen. Verraten Sie es auch uns?
Dennis Gastmann: Bolognesi gab mir meine erste Lektion in Dolce Vita. Das Geheimnis ist, den Berg ganz rhythmisch und langsam zu bezwingen. So wie die Alten, die im Schneckentempo von Dorf zu Dorf schlurfen.
In Novalesa, dem Heimatdorf von Alberto Bolognesi, erwartet Sie eine ganz wunderbare Initiation: In der „Albergo della Posta", dem Hotelrestaurant der Familie Bolognesi, erleben Sie die Freuden der italienischen Küche. Bitte lassen Sie uns daran teilhaben!
Dennis Gastmann: Es war wie im Film. Ich tauchte in ein triefendes, wunderbares Klischee. Mama Bolognesi, Papa Bolognesi, Opa Bolognesi und alle Bolognesi-Kinder turnten aufgeregt um mich herum und schoben mich in den kathedralenartigen Essensraum. Auf allen Tafeln standen mindestens eine Flasche Rotwein, eine Flasche Wasser und ein Strauß Grissini, jedes Brotstäbchen einen halben Meter lang. Wir setzten uns an ein Fenster, Alberto schenkte Rotwein ein und flüsterte der blonden Bedienung etwas zu. Dann verschwand sie in der Küche und kehrte mit fünf Tellern Antipasti zurück. „Der Junge war noch nie in Italien", sagte Alberto, „dann wollen wir ihm mal zeigen, was er verpasst hat!"
Würden Sie sich als spirituellen Menschen bezeichnen und was ist für Sie Spiritualität?
Dennis Gastmann: Es mag esoterisch klingen, aber auf so einer einsamen Wanderung wird man schnell anfällig für Spiritualität. Beim Gang nach Canossa war ich auf den Spuren des legendären Geistheilers Bruno Gröning unterwegs, ich begegnete Orakeln und Omen und ich stattete den Zeugen Jehovas einen Hausbesuch ab. Eine bizarre Grenzerfahrung. Spiritualität ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Er will wissen, woher er kommt, warum er hier ist und wohin das alles führt. Wir alle wünschen uns doch, dass das Leben nach dem Tod weitergeht.
Sie waren knapp zwölf Wochen meist zu Fuß unterwegs, wurden durchnässt und aufgeweicht, totgequatscht und liebevoll aufgenommen, kämpften mit Muskelschmerzen und Blasen, aufgeschlagenen Hacken und dem inneren Schweinehund: Was für ein Gefühl war das, in Canossa anzukommen?
Dennis Gastmann: Das möchte ich noch nicht verraten. Nur so viel: Geweint habe ich nicht.
Sicher sind Sie schon bald wieder in der Welt unterwegs. Wohin geht es?
Dennis Gastmann: Erstmal in meine Heimat Osnabrück auf den Geburtstag meines kleinen Bruders. Beides ist immer eine Grenzerfahrung ...
Interview: Ulrike Bauer, Literaturtest
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Bibliographische Angaben
- Autor: Dennis Gastmann
- 2012, 3. Aufl., 320 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 13,5 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt, Berlin
- ISBN-10: 3871347442
- ISBN-13: 9783871347443
- Erscheinungsdatum: 07.11.2012
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Ein Lichtblick! taz
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