Göttin in Gummistiefeln
Samantha, eine junge, höchst erfolgreiche Londoner Anwältin, geht völlig in ihrer Arbeit auf. Bis sie eines Tages entdeckt, dass ihr ein folgenschwerer Fehler unterlaufen ist. In Panik verlässt sie das Büro und steigt in den nächstbesten Zug, der sie auf...
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Samantha, eine junge, höchst erfolgreiche Londoner Anwältin, geht völlig in ihrer Arbeit auf. Bis sie eines Tages entdeckt, dass ihr ein folgenschwerer Fehler unterlaufen ist. In Panik verlässt sie das Büro und steigt in den nächstbesten Zug, der sie auf das platte englische Land bringt.
Dort kommt es zu einer folgenschweren Verwechslung, die Samanthas Leben völlig auf den Kopf stellt.
Sophie Kinsella ist die Expertin für hinreißend freche und romantische Komödien.
"Sophie Kinsella weiß, wie sie die Bestsellerlisten erobert - mit unterhaltsamen und witzigen Romanen!" -- Rhein-Neckar-Zeitung
Göttin inGummistiefeln von Sophie Kinsella
LESEPROBE
WÜRDEN SIE SICH ALS GESTRESST BEZEICHNEN?
- Nein. Ganz sicher nicht.
- Ich habe nur einfach viel zu tun. So ist das nun mal, wenn man einenanspruchsvollen Job hat. Ich bin ehrgeizig/karrierebewusst und habe Spaß anmeiner Arbeit.
- Na gut, manchmal stehe ich schon ein bisschen unter Druck. Ich binschließlich Rechtsanwältin in der Londoner City, dem Finanzmekka sozusagen.Haben Sie einen Schimmer, was das heißt?! Nein?
Ich habe so fest aufgedrückt, dass der Stift glatt durchs Papier gegangen ist.Mist. Egal. Auf zur nächsten Frage.
WIE VIELE STUNDEN VERBRINGEN SIE TÄGLICH AM ARBEITSPLATZ?
- 12
- 8
- Kommt drauf an.
TREIBEN SIE REGELMÄßIG SPORT?
- Ich gehe regelmäßig schwimmen.
- Ich gehe schwimmen, so oft ich kann.
- Ich habe vor, demnächst mal wieder zum Schwimmen zu gehen. Sobald ich Zeithabe. Ist im Moment viel los in der Kanzlei. Aber nur vorübergehend.
TRINKEN SIE TÄGLICH MINDESTENS 8 GLÄSER WASSER?
- Ja.
- Manchma
- Nein.
Ich setze kurz ab und räuspere mich. Maya blickt von ihrer kampfbereit aufgepflanztenKosmetika-Batterie auf. Maya ist die mir zugeteilte Beauty-Therapeutin. Ihrlanges dunkles Haar mit der einzelnen weißen Strähne ist zu einem Zopfgeflochten. In einem Nasenflügel blitzt ein dezenter Strassstein.
»Kommen Sie voran? Wenn Sie irgendetwas nicht verstehen, fragen Sie mich nur«,sagt sie mit ihrer angenehmen, leisen Stimme.
»Nun, ich bin ein wenig in Eile, das sagte ich ja bereits«, merke ich höflichan. »Muss ich das denn wirklich alles beantworten?«
»Ich fürchte, ja. Diese Fragen dienen dazu, so viel wie möglich über dieGesundheits- und Beauty-Defizite unserer Kundinnen in Erfahrung zu bringen«,erklärt sie, nun mit einem Hauch von Strenge.
Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Schon Viertel vor zehn.
Ich habe einfach keine Zeit für dieses Theater. Ehrlich. Aber es ist nun malein Geburtstagsgeschenk und ich habs Tante Patsy versprochen.
Genauer gesagt, habe ich den Gutschein schon vor einem Jahr, zu meinem letztenGeburtstag, bekommen. Um mich mal so richtig zu entspannen. Mir was zu gönnen.Tante Patsy ist die Schwester meiner Mutter und hat was gegen Karrierefrauen.Immer, wenn ich sie sehe, packt sie mich bei den Schultern und späht mirbesorgt ins Gesicht. Auf der beigefügten Karte stand: »Lass dich einfach mal inaller Ruhe verwöhnen, Samantha!!«
Was ich ja auch vorhabe. Bloß, dass im Moment so viel los ist in der Kanzlei.Und irgendwie ist das Jahr verflogen, ohne dass ich auch nur eine Sekunde Zeitgefunden habe. Ich bin Rechtsanwältin bei Carter Spink, und, wie gesagt, imMoment ist ein bisschen viel los. Nur vorübergehend, natürlich. In ein paarWochen ist der Spuk vorbei. Bestimmt.
Na jedenfalls, als ich dann vor ein paar Tagen Tante Patsys diesjährigeGeburtstagskarte erhielt, fiel mir plötzlich siedend heiß ein, dass ich den Gutscheinvom letzten Jahr ja noch gar nicht verbraten hatte und dass es höchste Zeitwurde, bevor er verfällt. Und deshalb sitze ich jetzt hier auf dem Sofa. Anmeinem neunundzwanzigsten Geburtstag. In einem weißen Frotteebademantel undgrauslichen Wegwerfslips. Wo ich doch eigentlich in der Kanzlei sein sollte.
RAUCHEN SIE?
- Nein.
TRINKEN SIE ALKOHOL?
- Ja.
BEREITEN SIE SICH REGELMÄßIG FRISCHE MAHLZEITEN ZU?
- Was soll das schon wieder heißen? Ich blicke auf, ein wenig unsicher. Wozusollte ich mir selbst was kochen?
- Ich ernähre mich gesund und ausgewogen, schreibe ich schließlich hin.
Was die absolute Wahrheit ist.
Weiß doch jeder, dass die Chinesen länger leben- was könnte also gesünder sein,als sich regelmäßig was vom Take-Away zu holen? Und Pizza, das ist wasMediterranes. Ist wahrscheinlich sogar noch gesünder als Selbstgekochtes.
HABEN SIE DAS GEFÜHL, EIN AUSGEGLICHENES LEBEN ZU FÜHREN?
- Klar.
- N
- Ja.
»Fertig«, verkünde ich und reiche den Fragebogen an Maya weiter, die sichsofort darin vertieft. Ihr Finger kriecht im Schneckentempo übers Papier. Alsob wir alle Zeit der Welt hätten.
Sie vielleicht. Ich nicht. Ich muss bis eins im Büro sein. Allerspätestens.
»Ich habe Ihre Antworten gründlich studiert«, Maya mustert mich bedenklich,»und bin zu dem Schluss gekommen, dass Sie offenbar eine außerordentlichgestresste Person sind.«
Was? Wie bitte? Wo hat sie das denn her? Ich habe doch draufgeschrieben, dassich nicht gestresst bin.
»Nein, das bin ich nicht.« Ich zaubere ein Da-siehst-du-mal-wie-entspannt-ich-bin-Lächelnauf mein Gesicht.
Maya wirkt nicht gerade überzeugt. »Sie haben offenbar einen recht stressigenBeruf.«
»Ich liebe Stress«, versuche ich zu erklären. Stimmt ja auch. Das weiß ichschon, seit
Ja, seit es meine Mutter zu mir gesagt hat, ich war etwa acht. Du liebstStress, Samantha. Wir alle tun das. Es ist unser Familienmotto. Oder soähnlich.
Abgesehen von meinem Bruder Peter, natürlich. Der hatte einenNervenzusammenbruch. Aber wir übrigen lassen uns nicht so schnell kleinkriegen.
Ich liebe meinen Beruf. Ich liebe es, die Lücken in einem Vertragstextausfindig zu machen. Ich liebe den Adrenalinrausch, wenn es zum Abschlusskommt. Ich liebe die Verhandlungen, das Ringen mit dem Gegner, äh, Klienten.Ich liebe es, die andere Seite mit dem besten Argument niederzuschmettern.
Nun ja, gelegentlich habe ich schon das Gefühl, als würde mir jemand einegewaltige Last auf die Schultern laden - die ich dann schleppen muss, egal wieerschöpft ich bin
Aber so gehts doch jedem. Ist doch ganz normal.
»Ihre Haut ist total dehydriert.« Maya schüttelt den Kopf. Fachmännischstreichen ihre Finger über meine Wange, heben mein Kinn. »Ihr Puls ist sehrhoch. Das ist besorgniserregend. Stehen Sie im Moment unter starkerAnspannung?«
»Es ist zur Zeit viel los in der Kanzlei.« Ich zucke die Achseln. »Nurvorübergehend, natürlich. Mir gehts gut.« Könnten wir jetzt mal zu Pottekommen?
»Wie Sie wollen.« Maya steht auf und drückt auf einen Wandschalter. Plötzlichertönt dezente Panflötenmusik. »Ich kann nur sagen, bei uns sind Sie gutaufgehoben, Samantha. Bei uns werden Sie Ihren Stress los, bei uns können Siemal so richtig entspannen. Bei uns werden Sie revitalisiert und gründlichentgiftet.«
»Wie nett«, murmle ich. Ich habe kaum zugehört, weil mir plötzlich eingefallenist, dass ich ja vergessen habe, mich bei David Elldridge wegen desukrainischen Öl-Deals zu melden. Ich wollte ihn doch gestern anrufen.Verdammter Mist!
»Wir vom Green Tree Center bieten dem gestressten Menschen von heute einen Hortder Ruhe, eine Zuflucht vor dem Lärm und der Hektik des Alltags, den täglichenSorgen des Lebens«, leiert Maya mit Singsangstimme. Sie drückt auf einenanderen Schalter und plötzlich herrscht stimmungsvolles Schummerlicht. »Aberbevor wir anfangen«, säuselt sie, »haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
»Ach ja, schon.« Eifrig beuge ich mich vor.
Maya strahlt. »Schön! Wollen Sie vielleicht mehr über die heutige Behandlungerfahren oder ist Ihre Frage eher allgemeiner Natur?«
»Dürfte ich vielleicht schnell eine E-Mail schicken?«
Mayas Lächeln gefriert zu Eis.
»Nur ganz schnell«, versichere ich hastig. »Dauert keine zwei Sekündchen -«
»Samantha, Samantha « Maya schüttelt den Kopf. »Sie sind hier, um sich zuentspannen. Um sich mal Zeit für sich selbst zu nehmen. Nicht um E-Mails zuverschicken. Das ist eine Sucht! Eine Pest! So schlimm wie Alkohol. OderKoffein.«
Um Himmels willen, ich bin doch nicht süchtig. Einfach lächerlich. Ich meine,ich checke meine E-Mails doch nur alle dreißig Sekunden. In etwa.
Es ist doch so: In dreißig Sekunden kann eine Menge passieren.
»Im Übrigen, Samantha«, fährt Maya fort, »sehen Sie hier irgendwo einenComputer?«
»Nein.« Gehorsam blicke ich mich in dem schummrigen Kabäuschen um.
»Deshalb verlangen wir ja von unseren Gästen, sämtliche elektronischen Gerätein einem der Schließfächer zu lassen. Handys verboten. Taschencomputerverboten.« Maya breitet die Arme aus. »Das hier ist ein Hort der Ruhe, derErholung. Eine Zuflucht vor der Hektik der modernen Welt.«
»Schon kapiert.« Ich nicke demütig.
Jetzt ist wahrscheinlich nicht der beste Zeitpunkt, ihr zu verraten, dass icheinen BlackBerry im Papierhöschen eingeschmuggelt habe.
»Also, dann wollen wir mal.« Maya lächelt wieder. »Legen Sie sich hier hin unddecken Sie sich mit einem Handtuch zu. Und bitte nehmen Sie Ihre Uhr ab.«
»Was, meine Uhr?!«
»Noch so eine Sucht.« Sie schnalzt missbilligend mit der Zunge. »So lange Siehier sind, steht die Zeit für Sie still.«
Von wegen. Da mir jedoch nichts anderes übrig bleibt und sie mir bereits aufforderndden Rücken zukehrt, mache ich schließlich widerwillig meine Armbanduhr ab. Dannlasse ich mich umständlich auf der Liege nieder und breite das Handtuch übermir aus. Schließlich will ich meinen kostbaren Black-Berry nicht zerquetschen.
Ich habe das mit dem elektronischen Equipment natürlich gelesen. Und meinDiktaphon habe ich ja auch brav abgegeben. Aber drei Stunden ohne meinenBlackBerry? Ich meine, wenn jetzt was in der Kanzlei sein sollte? Ein Notfall?Was Brandeiliges?
Und diese Vorschrift ist sowieso unsinnig. Wie soll man sich ohne Handy &Co. eigentlich entspannen? Wenn die wirklich wollen, dass man sich erholt, dannsollten sie einem die Sachen lieber lassen als sie zu konfiszieren.
Außerdem - ich habe ihn ja gut versteckt. Da findet sie ihn nie.
»Ich beginne jetzt mit einer entspannenden Fußmassage«, verkündet Mayabedeutungsvoll und schmiert meine Füße mit irgendwas ein. »Versuchen Sie IhrenGeist zu leeren.«
Leeren. Meinen Geist. Gehorsam blicke ich zur Decke. Mein Geist ist so leer wie,wie ein leerer Geist.
Was wird jetzt mit Elldridge? Ich hätte mich bei ihm melden müssen. Sicherwartet er schon auf meinen Anruf. Wenn er sich jetzt bei den Seniorpartnernbeschwert? Das könnte meine Chancen, selbst Seniorpartnerin zu werden, gefährden.
Panik durchzuckt mich. Gerade jetzt heißt es aufpassen. Nichts dem Zufallüberlassen.
»Machen Sie sich von allen Gedanken frei «, säuselt Maya. »Fühlen Sie, wieIhre Anspannung aaabklingt «
Vielleicht könnte ich ihm ja rasch eine E-Mail schicken. Unterm Handtuch.
Verstohlen taste ich nach meinem BlackBerry. Millimeterweise ziehe ich ihn ausdem Slip, sorgfältig darauf bedacht, ein Rascheln des Papierstoffs zuvermeiden. Maya massiert derweil hingebungsvoll meine Füße.
»Ihr Körper wird gaaanz schwer Ihr Kopf wird leeeer «
Schwitzend ziehe ich den Taschencomputer so weit hoch, dass ich gerade ebeneinen Blick auf den Bildschirm erhaschen kann. Gott sei Dank ist es hier soschummrig. Vorsichtig tippe ich einhändig eine Nachricht ein.
»Entspaaaannen«, intoniert Maya in beruhigendem Ton. »Stellen Sie sich vor, Siewandern am Strand entlang die Sonne scheint «
»Mhm«, murmle ich zerstreut.
»David«, tippe ich, »Betr. ZFN Öl-Kontrakt. Habe Ergänzungen gelesen. Finde,wir sollten
»Was tun Sie da?«, fragt Maya alarmiert.
»Nichts!« Hastig schiebe ich den BlackBerry wieder unters Handtuch. »Bloß äh relaxen.«
Maya geht um die Liege herum und blickt auf den Huckel im Handtuch, wo ichmeinen BlackBerry umklammere.
»Sie haben da doch nicht etwa was versteckt?«, fragt sie ungläubig.
»Nein!«
In diesem Moment stößt der mistige Taschencomputer ein Piepsen aus. Scheiße.
»Blöde Zentralverriegelungen«, sage ich möglichst lässig. »Man hört sie bishier herauf.«
Mayas Augen verengen sich zu Schlitzen. »Samantha«, sagt sie drohend, »Siehaben da doch nicht etwa ein elektronisches Gerät unterm Handtuch versteckt?«
Ich könnte lügen. Aber dann würde sie mir wahrscheinlich das Handtuchrunterreißen.
»Ich wollte bloß eine klitzekleine E-Mail « Zerknirscht hole ich meinen BlackBerryhervor.
»Ihr unverbesserlichen Workaholics!« Entnervt nimmt sie mir mein kleinesSpielzeug weg. »E-Mails können warten. Alles kann warten. Sie wissen einfachnicht, wie man mal abschaltet.«
»Ich bin kein Workaholic!«, widerspreche ich empört. »Ich bin Rechtsanwältin!Das ist was anderes!«
»Sie wollens einfach nicht wahrhaben.« Mitleidiges Kopfschütteln.
»Doch! Ich meine, nein! Hören Sie, wir stehen kurz vor ein paarMega-Abschlüssen! Ich kann jetzt nicht einfach abschalten! Jetzt nicht. Ich na ja, ich kann vielleicht Seniorpartnerin in der Kanzlei werden. Sie wissenschon.«
Jetzt, wo ich es laut ausspreche, verspüre ich wieder dieses Zucken, das immerdurch meine Nerven geht, wenn ich nur daran denke. Seniorpartner in einer derbedeutendsten Anwaltsfirmen des Landes. Mein ganz großer Traum. Das, was ichimmer wollte, was ich mir immer gewünscht habe.
»Morgen fällt die Entscheidung«, fahre ich in ruhigerem Ton fort. »Wenn esklappt, werde ich die jüngste Seniorpartnerin in der Geschichte sein. BegreifenSie, was das heißt? Haben Sie auch nur eine Ahnung -«
»Jeder kann sich ein paar Stunden freinehmen«, unterbricht mich Maya. Sie legtmir die Hände auf die Schultern. »Samantha, Sie sind fürchterlich nervös.Angespannt bis in die Haarspitzen. Kurz vor dem Nervenzusammenbruch «
»Mir fehlt nichts.«
»Sie sind das reinste Nervenbündel!«
»Bin ich nicht!«
»Sie müssen einen Gang zurückschalten, Samantha.« Sie mustert micheindringlich. »Aber Sie müssen das selbst wollen. Es liegt an Ihnen. Nur Siekönnen beschließen, Ihr Leben zu ändern. Sind Sie dazu bereit?«
»Äh na ja «
Ich stoße ein überraschtes Quieken aus. In meinem Wegwerfhöschen zuckt was.
Mein Handy. Ich habs zusammen mit dem BlackBerry reingeschoben und zuvor auf»vibrieren« gestellt, damit man nichts hört, falls es klingelt.
»Was ist das?!« Maya starrt mit herunterhängendem Unterkiefer auf meinzuckendes Handtuch. »Was was um Himmels willen zuckt denn da?«
Ich kann unmöglich sagen, dass es mein Handy ist. Nicht nach dem BlackBerry.
»Ähm « Ich räuspere mich. »Das ist mein äh Vibrator «
»Ihr was?!« Maya wirkt eine Winzigkeit entsetzt.
Das blöde Handy vibriert erneut. Ich muss rangehen. Es könnte ja die Kanzleisein.
»Äh wissen Sie, ich erreiche da gleich einen, äh, ziemlich intimen Moment.«Ich versuche mich an einem vielsagenden Zwinkern, was bei mir immer soaussieht, als wäre mir gerade was ins Auge geflogen. »Vielleicht könnten Sie jakurz rausgehen?«
Maya fällt nicht auf mein Ablenkungsmanöver herein.
»Einen Moment mal!« Ein misstrauischer Blick auf den zuckenden Huckel imHandtuch. »Sie haben da doch nicht etwa ein Handy drunter? Sie haben das Handyauch noch mit eingeschmuggelt?«
O Gott. Jetzt explodiert sie gleich.
»Hören Sie«, versuche ich hastig die sich auftürmende Killerwelle zu glätten,»ich weiß ja, Sie haben Ihre Regeln und so - das sehe ich völlig ein! -, aberverstehen Sie doch bitte, ich brauche mein Handy.« Ich stecke die Hand untersHandtuch, um besagtes Kleingerät herauszuholen.
»Fassen Sie das nicht an!«, kreischt Maya. Ich zucke erschrocken zurück.»Samantha«, sagt sie, mit herkulischer Anstrengung um Geduld ringend, »wenn Sieauch nur ein Wort von dem, was ich gesagt habe, mitbekommen haben, dannschalten Sie das Ding jetzt sofort ab.«
Das Handy vibriert in meiner Hand. Ich werfe einen Blick auf die Caller-ID undmein Magen krampft sich zusammen. »Es ist die Kanzlei.«
»Die können Ihnen eine Nachricht hinterlassen. Das kann warten.«
»Aber -«
»Das hier ist Ihre Zeit.« Sie beugt sich vor und nimmt mich bei beiden Händen.»Ihre Zeit.«
Herrgott, sie kapierts einfach nicht. Ich weiß nicht, ob ich lachen oderweinen soll.
»Ich bin bei Carter Spink«, versuche ich ihr zu erklären. »Carter Spink. Diebekannte Anwaltskanzlei?! Ich habe keine Zeit. Meine Zeit gehört der Firma.«Ich klappe das Handy auf und sofort durchbricht eine zornige Männerstimme denFrieden unserer schummrigen Beauty-Klause.
»Samantha, wo zum Teufel stecken Sie?«
Wieder krampft sich mein Magen zusammen. Es ist Ketterman. Der Boss. Er hatsicher einen Vornamen, aber gehört habe ich ihn noch nie. Er wird von allen nurmit Ketterman angesprochen. Er hat schwarze Haare, eine Stahlrandbrille undstechende graue Augen. In meiner Anfangszeit bei Carter Spink habe ich nurseinetwegen nachts Alpträume gehabt. »Der Fallons-Deal ist wieder aus derSchublade. Sehen Sie zu, dass Sie schleunigst in die Kanzlei kommen. Meeting umhalb elf.«
Wieder aus der Schublade?
»Komme sofort.« Ich klappe das Handy zu und lächle Maya zerknirscht an.»Sorry.« (...)
© Goldmann Verlag
Übersetzung: Gertrud Wittich
Interview mit Sophie Kinsella
Herzlichen Glückwunsch!Ihre Fans sind von Ihrem jüngsten Roman begeistert. Sie erzählen die Geschichteder arbeitswütigen Anwältin Samantha, die, gerade als sie in einer Kanzlei Partnerinwerden soll, entdeckt, dass sie einen schlimmen Fehler gemacht hat, derMillionen von Pfund kosten wird. In Panik flieht sie aus London. Durch Zufallwird sie als Haushälterin beim Ehepaar Geiger eingestellt, ohne dass sie eineAhnung davon hätte, wie man kocht oder saubermacht. Wie besteht sie diese"Mission Impossible"?
Vielen Dank für die Blumen! Es hat riesigen Spaß gemacht,diesen Roman zu schreiben, und es war wunderbar, eine neue "Heldin" zuerfinden. Als sich Samantha dieser neuen Situation ausgesetzt sieht, gerät siezunächst in Panik und hat mit allerlei Misslichkeiten zu kämpfen. Dank ihrerKraft und Entschlossenheit bewältigt sie all diese Prüfungen. Sie istintelligent, willens zu lernen und sich zu verändern, und sie lässt sich vondem ganzen Chaos nicht unterkriegen. Dabei ist vielleicht das Wichtigste: Siehat Sinn für Humor!
Samantha lernt eine ganz neue Art zu leben kennen, die vomAlltag in der Finanzwelt doch sehr verschieden ist. Finden Sie einen Zugang zum"richtigen Leben"? Worauf kommt es in der Kleinstadt, in die sie verschlagenwird, vor allem an?
Ja, Samantha lernt tatsächlicheine Menge darüber, worauf es im Leben ankommt. Sie lernt, es auch mallangsamer angehen zu lassen, die einfachen Freuden zu genießen, andere Ziele zuverfolgen als Reichtum und Erfolg. Sie lernt zu scheitern. Sie lernt, dass sienicht perfekt sein muss. Und sie lernt eine Menge über Liebe - und Sex!
Ich denke, dass meine Protagonistinnen echte Frauen sind,mit all ihren fantastischen Eigenschaften genauso wie mit ihren Schwächen.Keiner von uns ist vollkommen, und ich glaube, dass wir alle uns irgendwie miteiner Heldin identifizieren können, die in bestimmter Hinsicht chaotisch, aufihre Art aber auch wunderbar ist und die schließlich mehr vom Leben haben.Heute stehen die Menschen immer unter Druck, und viele Frauen denken, siemüssten immer "perfekt" sein, sei es als "perfekte" Karrierefrau, "perfekte" Mutteroder was auch immer. Ein wichtiger Aspekt von Samanthas "Reise" ist es zulernen, dass man einen Fehler machen DARF, oder in irgendetwas schlecht seinkann, ohne dass gleich die ganze Welt zusammenbricht!
Wie nahe ist Ihnen Samantha? Machen Sie ähnlicheErfahrungen?
In einem Punkt ist mir Samantha sehr nahe: Ich bin für denHaushalt genauso ungeeignet wie sie! Um ehrlich zu sein: Einige der Szenen, inden sich Haushaltskatastrophen abspielen, entstammen meinem eigenenErfahrungsschatz.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie manchmal während desSchreibens tanzen. Klingt erst einmal recht ungewöhnlich. Inwiefern inspiriertSie das Tanzen?
Mein Schreiben steckt voller -auch komödiantischer - Energie, und ich unternehme alles Mögliche, umenergiegeladen zu bleiben, z.B. Kaffee oder laute Musik. Und manchmal tanze icheben durchs Zimmer, einfach, um wieder in Schwung zu kommen!
Die Fragenstellte Henrik Flor, Literaturtest.
- Autor: Sophie Kinsella
- 2006, Deutsche Erstausgabe, 448 Seiten, Maße: 11,4 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Gertrud Wittich
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442460875
- ISBN-13: 9783442460878
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