Heiße Nächte in Mexiko
Roman
Liz lebt mit ihrer Tochter auf der karibischen Trauminsel Cozumel. Kann es idyllischer sein? Doch dann endet der Traum auf einen Schlag. Der Tauchlehrer Jerry wird ermordet und sein Zwillingsbruder Jonas verdächtigt ausgerechnet Liz alsMörderin....
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Heiße Nächte in Mexiko “
Liz lebt mit ihrer Tochter auf der karibischen Trauminsel Cozumel. Kann es idyllischer sein? Doch dann endet der Traum auf einen Schlag. Der Tauchlehrer Jerry wird ermordet und sein Zwillingsbruder Jonas verdächtigt ausgerechnet Liz alsMörderin. Das ist ja wohl lächerlich! Aber Jonas betreibt gefährliche Ermittlungen und deckt auch noch riskante Geschäfte auf. Liz muss aufpassen. Auch, weil sie heiße Leidenschaft für Jonas in sich aufkommen spürt. Und die Liebe birgt bekanntlich auch Schatten.
Klappentext zu „Heiße Nächte in Mexiko “
Seit zehn Jahren sind Liz und ihre Tochter auf Cozumel zu Hause. Eine herrliche Trauminsel inmitten der Karibik, Sonne, Beschaulichkeit doch damit ist es jetzt vorbei! Denn der neue Tauchlehrer Jerry wird tot aufgefunden einen Anker um den Körper geschlungen. Und Jonas Sharpe, Jerrys attraktiver Zwillingsbruder, will den Täter finden. Dass er ausgerechnet Liz für die Mörderin hält, findet sie fast lächerlich. Doch das Lachen vergeht ihr, als Jonas Ermittlungen immer gefährlicher werden. Nicht nur, weil er riskante Geschäfte aufdeckt. Sondern auch, weil er in Liz heiße Leidenschaft weckt. Wo sie doch aus eigener Erfahrung weiß, dass die Liebe trügerische Untiefen haben kann
Seit zehn Jahren sind Liz und ihre Tochter auf Cozumel zu Hause. Eine herrliche Trauminsel inmitten der Karibik: Sonne, Beschaulichkeit ... doch damit ist es jetzt vorbei! Denn der neue Tauchlehrer Jerry wird tot aufgefunden - einen Anker um den Körper geschlungen. Und Jonas Sharpe, Jerrys attraktiver Zwillingsbruder, will den Täter finden. Dass er ausgerechnet Liz für die Mörderin hält, findet sie fast lächerlich. Doch das Lachen vergeht ihr, als Jonas' Ermittlungen immer gefährlicher werden. Nicht nur, weil er riskante Geschäfte aufdeckt. Sondern auch, weil er in Liz heiße Leidenschaft weckt. Wo sie doch aus eigener Erfahrung weiß, dass die Liebe trügerische Untiefen haben kann ...
Lese-Probe zu „Heiße Nächte in Mexiko “
Heiße Nächte in Mexiko von Nora Roberts1. KAPITEL
"Vorsicht, Stufe. Passen Sie bitte auf. Danke."
Liz nahm das Ticket entgegen, das ihr ein Mann mit Sonnenbrand und
Hawaiihemd hinhielt, dann wartete sie geduldig, während die Frau neben ihm in ihrer
übervollen Strandtasche hektisch nach ihrer Fahrkarte kramte.
"Du hast sie doch hoffentlich nicht verloren, Mabel? Ich hab dir gesagt, du
sollst sie mir geben."
"Ich hab sie nicht verloren", erwiderte die Frau gereizt und zog endlich das
kleine blaue Kärtchen hervor.
"Danke. Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein." Es dauerte noch einige Minuten,
bevor sich jeder gesetzt hatte und Liz an ihren eigenen Platz am Ruder treten
konnte. "Willkommen an Bord der Fantasie, Ladys und Gentlemen."
In Gedanken mit mindestens einem Dutzend anderer Dinge beschäftigt, hob
Liz zu ihrer Einführung an. Ein lässiges kleines Nicken, und der Mann auf dem Pier
löste die Leinen und warf sie auf das Boot. Liz startete den Motor und schaute
unauffällig auf ihre Armbanduhr. Schon fünfzehn Minuten hinter dem Fahrplan! Ein
letztes Mal ließ sie den Blick über den Strand wandern. Eingeölte Körper lagen
ausgestreckt auf den Sonnenliegen und wirkten wie Opferdarbietungen für den
Sonnengott. Länger konnte sie nicht mit der Tour warten.
... mehr
Das Boot schwankte ein wenig, als Liz ablegte und Kurs Richtung Osten
einschlug. Auch wenn sie mit den Gedanken meilenweit weg war, lenkte sie das Boot
routiniert aufs offene Meer hinaus, ließ die Küste hinter sich. Sie hätte das Boot mit
geschlossenen Augen navigieren können. Die leichte Brise spielte mit ihrem Haar
und streichelte ihre Wangen warm, obwohl es noch früh am Morgen war. Am
Horizont hingen einige harmlose weiße Wölkchen, die Schiffsschrauben wirbelten
Gischt auf dem Wasser auf, das genau so blau war, wie die Urlaubsprospekte es
versprachen. Selbst nach zehn Jahren nahm Liz nichts davon als selbstverständlich
hin, vor allem nicht diese fantastische Art, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In dieser entspannten Atmosphäre lockerten sich alle Muskeln, alle Probleme
verschwanden.
Hinter ihr in dem langen schlanken Boot saßen achtzehn Fahrgäste auf
gepolsterten Bänken. Schon erklangen die überraschten Ausrufe über die
Fischschwärme, die durch den Glasboden des Bootes zu sehen waren. Liz
bezweifelte, dass auch nur einer von ihren Passagieren jetzt an die Alltagssorgen
dachte, die man zu Hause zurückgelassen hatte.
"Wir kommen gleich am Paraiso-Riff vorbei", setzte Liz mit ihrer tiefen
melodischen Stimme an. "Hier kann man zehn bis fünfzehn Meter tief tauchen. Das
Wasser ist klar und die Sicht exzellent, Sie werden also nicht nur Seesterne,
Fächerkorallen und Schwämme sehen, sondern auch Schwärme von Pintanos sowie
Barsche und Papageienfische. So ein Barsch ist zwar nicht immer unbedingt hübsch
anzusehen, aber erstaunlich wandlungsfähig. Barsche werden immer als Weibchen
geboren, die erst laichen, dann können sie aber ihr Geschlecht ändern und als voll
funktionsfähige Männchen weiterleben."
Liz setzte Kurs und hielt die Geschwindigkeit bei. Sie beschrieb den eleganten
Engelfisch, den scheuen Schweinsfisch und den mit Vorsicht zu genießenden
Seeigel. Für ihre Kunden würden diese Informationen sehr nützlich sein, wenn sie
gleich beim Palancar-Riff anhielten, um zwei Stunden lang zu schnorcheln.
Liz konnte nicht mehr zählen, wie oft sie diese Tour schon gemacht hatte. Ja,
es war zur Routine geworden, aber es war niemals langweilig. Sobald sie auf dem
Wasser war, überkam sie immer ein Gefühl von Freiheit ... der weite blaue Himmel,
das endlose Meer und das leise Tuckern der Maschinen, über die sie die Kontrolle
hatte. Das Boot gehörte ihr, wie auch noch drei weitere und das kleine niedrige
Ziegelsteingebäude gleich am Strand, in dem ihr Tauchgeschäft untergebracht war.
Sie hatte dafür geschwitzt und gearbeitet. Geschwitzt vor allem, als die Rechnungen
anfangs noch astronomisch hoch waren und die Einnahmen eher spärlich flossen.
Aber sie hatte es geschafft. Zehn Jahre Plackerei und harte Arbeit waren ein kleiner
Preis für das, was sie jetzt ihr Eigen nennen konnte. Ihrer Heimat den Rücken zu
kehren und alles Vertraute zurückzulassen war ein noch kleinerer Preis für den
Seelenfrieden, den sie hier gefunden hatte.
Cozumel, das ursprüngliche mexikanische Eiland in der Karibik, tat dem
Seelenfrieden gut und förderte die innere Ausgeglichenheit. Die Insel war jetzt ihr
Zuhause, das einzige Zuhause, das zählte. Hier kannte man sie, hier wurde sie
akzeptiert und respektiert. Niemand auf der Insel wusste von der Erniedrigung und
dem Kummer, die sie hatte durchmachen müssen, bevor sie nach Mexiko geflohen
war. Liz dachte auch nur selten daran, obwohl ihr eine ständige Erinnerung an diese
Zeit geblieben war.
Faith. Allein der Gedanke an ihre Tochter zauberte ein Lächeln auf ihre
Lippen. Faith war klein, springlebendig und aufgeweckt - und so weit weg. Nur noch
sechs Wochen, dachte Liz, und dann würde sie für den Sommer nach Hause
kommen.
Faith nach Houston zu den Großeltern zu schicken war eine gute
Entscheidung gewesen. Jedes Mal, wenn Liz die Sehnsucht nach ihrer Tochter
überkam, hielt sie sich das vor Augen. Eine gute Ausbildung hatte Vorrang vor den
Bedürfnissen einer Mutter. Liz hatte geschuftet und sich abgestrampelt, um Faith
alles bieten zu können, was ihr zustand. Worauf sie ein Recht gehabt hätte, wenn ihr
Vater ...
Entschieden unterbrach Liz sich. Nein, daran durfte sie gar nicht erst denken.
Vor zehn Jahren hatte sie sich geschworen, dass sie Faiths Vater aus ihren
Gedanken verbannen würde, so wie er sie aus seinem Leben verbannt hatte. Es war
ein Fehler gewesen, begangen aus Naivität und Leidenschaft. Ein Fehler, der ihr
ganzes Leben verändert hatte. Aber sie hatte etwas unbezahlbar Wertvolles dafür
erhalten - Faith.
"Dort unten können Sie jetzt das Wrack einer Convair-Maschine für vierzig
Passagiere liegen sehen." Liz verlangsamte die Fahrt, damit ihre Fahrgäste sich das
Flugzeugwrack genauer ansehen und die Taucher sich ins Wasser hinablassen
konnten. "Keine Sorge, hier ist keine Katastrophe passiert, sondern es wurde eine
Filmszene gedreht. Das Wrack hat man dann liegen lassen, um Tauchern einen
kleinen Nervenkitzel zu bieten."
Das war auch ihr Job, erinnerte sie sich - nämlich für die Unterhaltung ihrer
Gäste zu sorgen. Wenn sie zu zweit auf die Tour gingen, war das auch kein Problem.
Doch allein musste sie jetzt das Ruder führen, Informationen in leichtem Plauderton
vortragen, sich um die Schnorchelausrüstung kümmern, für den Lunch sorgen und
die Anzahl der Köpfe im Auge behalten. Nur hatte sie nicht länger auf Jerry warten
können.
Sie murmelte leicht gereizt vor sich hin und erhöhte das Tempo wieder. Vor
der zusätzlichen Arbeit hatte sie keine Angst, das war es auch nicht, was sie ärgerte.
Aber ihr Grundsatz lautete nun mal, dass ihre zahlenden Gäste ein Anrecht auf das
Beste hatten, das sie ihnen bieten konnte. Sie hätte es besser wissen müssen, als
sich auf Jerry zu verlassen. Es wäre nicht schwer gewesen, jemand anderen als
Begleiter für die Tour zu organisieren. Schließlich hatte sie zwei Männer für die
Taucherboote und noch zwei weitere Angestellte im Laden. Da aber das zweite
Taucherboot gegen Mittag zur nächsten Tour aufbrechen sollte, war niemand für den
Tagestrip mit dem Glasbodenboot frei gewesen. Und Jerry war ja auch schon vorher
eingesprungen. Wenn er an Bord war, bezauberte er die weiblichen Passagiere
derart, dass die Damen die bunt schillernde Unterwasserwelt wahrscheinlich gar
nicht bemerkten.
Und wer sollte es ihnen verübeln können, dachte sie und lächelte jetzt
schwach. Wäre sie nicht generell immun gegen Männer, würde sie Jerry vielleicht
auch zu Füßen liegen. Die meisten Frauen hatten Probleme damit, dem dunklen,
forschen Typ zu widerstehen, vor allem, wenn auch noch Attribute wie Grübchen
beim Lachen und funkelnde graue Augen hinzukamen. Addierte man zu dem
Ganzen noch einen durchtrainierten muskulösen Körper und eine Portion
unwiderstehlichen Charme, ergab sich daraus eine Mischung, vor der keine Frau
sicher war.
Aber das war nicht der Grund, weshalb Liz Jerry ein Zimmer bei sich im Haus
vermietet hatte. Oder warum sie ihm den Aushilfsjob geben hatte. Sie konnte das
Extraeinkommen gut gebrauchen, und Bedarf an einem zusätzlichen Paar helfender
Hände gab es immer. Außerdem erkannte sie jemanden, der zupacken konnte, wenn
sie ihn vor sich sah. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass es im Geschäftsleben nur
nützlich sein konnte, jemanden auf seiner Seite zu wissen, der Dinge in Bewegung
setzte. Sie dachte noch, dass Jerry besser eine gute Entschuldigung für sein
Nichterscheinen parat haben sollte, doch vorerst war das Thema für sie beendet.
Die Fahrt, die Sonne und die Brise wirkten entspannend auf sie. Liz erzählte
weiter über das Leben unter Wasser. Dabei griff sie auf wissenschaftliche Fakten aus
ihrem Meeresbiologiestudium zurück, und schmückte sie mit ihren eigenen in der
Karibik erlebten interessanten und spannenden Erfahrungen aus.
Ab und zu stellte ein Passagier eine Frage, oder jemand stieß einen erstaunten
Ausruf aus, weil er etwas gesehen hatte, was unter dem Boot
hindurchgeschwommen war. Liz antwortete, informierte und erklärte im leichten
Plauderton. Da drei ihrer Passagiere Mexikaner waren, wiederholte sie alles in
fließendem Spanisch. Und da Kinder mit an Bord waren, gab sie sich Mühe, die
Fakten auf eine lustige Art und Weise zu vermitteln.
Wäre ihr Leben anders verlaufen, dann wäre sie wahrscheinlich Lehrerin
geworden. Aber diesen Traum hatte sie schon vor Langem aufgegeben. Sie sagte
sich, dass sie besser in die Geschäftswelt passte. Ihre Geschäftswelt. Sie sah zu den
Wolken hinauf, die träge über den Horizont drifteten. Die Sonnenstrahlen tanzten
golden auf dem Wasser. Unter ihr im Wasser schwenkten Seeanemonen ihre
Tentakel hin und her wie eine Fangemeinde bei einem Rockkonzert. Ja, sie hatte
sich für diese Welt entschieden, und sie bereute es nicht.
Als eine Frau hinter ihr schrill aufschrie, glitt Liz vor Schreck das Ruder ein
Stückchen durch die Finger. Bevor sie sich wieder gefasst hatte, ertönten mehrere
Schreie. Sicher nur einer der großen Haie, die sich manchmal kurz ins Riff verirren,
dachte Liz zuerst. Doch als sie sich umdrehte, bereit, die Gäste zu beruhigen, sah sie
die schockierten Gesichter. Sie ließ den Gashebel los, und das Boot trieb nur noch
mit dem leichten Wellengang, schaukelte sanft hin und her. Liz nahm die
Sonnenbrille ab und stieg die zwei Stufen in die Kabine hinunter. Eine Frau weinte an
der Schulter ihres Mannes, der den Arm um sie gelegt hatte, eine andere drückte den
Kopf ihres kleinen Mädchens schützend an ihre Brust. Die anderen Passagiere
starrten mit vor Entsetzten weit aufgerissenen Augen durch das klare Glas.
"Bitte versuchen Sie, ruhig zu bleiben. Ich versichere Ihnen, da unten im
Wasser gibt es nichts, was Ihnen gefährlich werden kann. Hier im Boot sind Sie
absolut sicher."
Ein Mann mit einer schweren Nikonkamera um den Hals und einer
orangefarbenen Schirmmütze auf dem kahlen Kopf sah zu ihr hin. "Miss, ich denke,
Sie sollten besser per Funk die Polizei verständigen."
Liz folgte seinem Blick. Durch den Glasboden sah sie in das kristallklare
Wasser. Das Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals. Jetzt wusste sie auch, wieso
Jerry sie versetzt hatte.
Er lag auf dem hellen sandigen Meeresgrund, eine Ankerkette um den Oberkörper
gewickelt.
MIRA Taschenbuch Band 25518
© 1986 by Nora Roberts
Originaltitel: Risky Business
Übersetzung: Sonja Sajlo-Lucich
Das Boot schwankte ein wenig, als Liz ablegte und Kurs Richtung Osten
einschlug. Auch wenn sie mit den Gedanken meilenweit weg war, lenkte sie das Boot
routiniert aufs offene Meer hinaus, ließ die Küste hinter sich. Sie hätte das Boot mit
geschlossenen Augen navigieren können. Die leichte Brise spielte mit ihrem Haar
und streichelte ihre Wangen warm, obwohl es noch früh am Morgen war. Am
Horizont hingen einige harmlose weiße Wölkchen, die Schiffsschrauben wirbelten
Gischt auf dem Wasser auf, das genau so blau war, wie die Urlaubsprospekte es
versprachen. Selbst nach zehn Jahren nahm Liz nichts davon als selbstverständlich
hin, vor allem nicht diese fantastische Art, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
In dieser entspannten Atmosphäre lockerten sich alle Muskeln, alle Probleme
verschwanden.
Hinter ihr in dem langen schlanken Boot saßen achtzehn Fahrgäste auf
gepolsterten Bänken. Schon erklangen die überraschten Ausrufe über die
Fischschwärme, die durch den Glasboden des Bootes zu sehen waren. Liz
bezweifelte, dass auch nur einer von ihren Passagieren jetzt an die Alltagssorgen
dachte, die man zu Hause zurückgelassen hatte.
"Wir kommen gleich am Paraiso-Riff vorbei", setzte Liz mit ihrer tiefen
melodischen Stimme an. "Hier kann man zehn bis fünfzehn Meter tief tauchen. Das
Wasser ist klar und die Sicht exzellent, Sie werden also nicht nur Seesterne,
Fächerkorallen und Schwämme sehen, sondern auch Schwärme von Pintanos sowie
Barsche und Papageienfische. So ein Barsch ist zwar nicht immer unbedingt hübsch
anzusehen, aber erstaunlich wandlungsfähig. Barsche werden immer als Weibchen
geboren, die erst laichen, dann können sie aber ihr Geschlecht ändern und als voll
funktionsfähige Männchen weiterleben."
Liz setzte Kurs und hielt die Geschwindigkeit bei. Sie beschrieb den eleganten
Engelfisch, den scheuen Schweinsfisch und den mit Vorsicht zu genießenden
Seeigel. Für ihre Kunden würden diese Informationen sehr nützlich sein, wenn sie
gleich beim Palancar-Riff anhielten, um zwei Stunden lang zu schnorcheln.
Liz konnte nicht mehr zählen, wie oft sie diese Tour schon gemacht hatte. Ja,
es war zur Routine geworden, aber es war niemals langweilig. Sobald sie auf dem
Wasser war, überkam sie immer ein Gefühl von Freiheit ... der weite blaue Himmel,
das endlose Meer und das leise Tuckern der Maschinen, über die sie die Kontrolle
hatte. Das Boot gehörte ihr, wie auch noch drei weitere und das kleine niedrige
Ziegelsteingebäude gleich am Strand, in dem ihr Tauchgeschäft untergebracht war.
Sie hatte dafür geschwitzt und gearbeitet. Geschwitzt vor allem, als die Rechnungen
anfangs noch astronomisch hoch waren und die Einnahmen eher spärlich flossen.
Aber sie hatte es geschafft. Zehn Jahre Plackerei und harte Arbeit waren ein kleiner
Preis für das, was sie jetzt ihr Eigen nennen konnte. Ihrer Heimat den Rücken zu
kehren und alles Vertraute zurückzulassen war ein noch kleinerer Preis für den
Seelenfrieden, den sie hier gefunden hatte.
Cozumel, das ursprüngliche mexikanische Eiland in der Karibik, tat dem
Seelenfrieden gut und förderte die innere Ausgeglichenheit. Die Insel war jetzt ihr
Zuhause, das einzige Zuhause, das zählte. Hier kannte man sie, hier wurde sie
akzeptiert und respektiert. Niemand auf der Insel wusste von der Erniedrigung und
dem Kummer, die sie hatte durchmachen müssen, bevor sie nach Mexiko geflohen
war. Liz dachte auch nur selten daran, obwohl ihr eine ständige Erinnerung an diese
Zeit geblieben war.
Faith. Allein der Gedanke an ihre Tochter zauberte ein Lächeln auf ihre
Lippen. Faith war klein, springlebendig und aufgeweckt - und so weit weg. Nur noch
sechs Wochen, dachte Liz, und dann würde sie für den Sommer nach Hause
kommen.
Faith nach Houston zu den Großeltern zu schicken war eine gute
Entscheidung gewesen. Jedes Mal, wenn Liz die Sehnsucht nach ihrer Tochter
überkam, hielt sie sich das vor Augen. Eine gute Ausbildung hatte Vorrang vor den
Bedürfnissen einer Mutter. Liz hatte geschuftet und sich abgestrampelt, um Faith
alles bieten zu können, was ihr zustand. Worauf sie ein Recht gehabt hätte, wenn ihr
Vater ...
Entschieden unterbrach Liz sich. Nein, daran durfte sie gar nicht erst denken.
Vor zehn Jahren hatte sie sich geschworen, dass sie Faiths Vater aus ihren
Gedanken verbannen würde, so wie er sie aus seinem Leben verbannt hatte. Es war
ein Fehler gewesen, begangen aus Naivität und Leidenschaft. Ein Fehler, der ihr
ganzes Leben verändert hatte. Aber sie hatte etwas unbezahlbar Wertvolles dafür
erhalten - Faith.
"Dort unten können Sie jetzt das Wrack einer Convair-Maschine für vierzig
Passagiere liegen sehen." Liz verlangsamte die Fahrt, damit ihre Fahrgäste sich das
Flugzeugwrack genauer ansehen und die Taucher sich ins Wasser hinablassen
konnten. "Keine Sorge, hier ist keine Katastrophe passiert, sondern es wurde eine
Filmszene gedreht. Das Wrack hat man dann liegen lassen, um Tauchern einen
kleinen Nervenkitzel zu bieten."
Das war auch ihr Job, erinnerte sie sich - nämlich für die Unterhaltung ihrer
Gäste zu sorgen. Wenn sie zu zweit auf die Tour gingen, war das auch kein Problem.
Doch allein musste sie jetzt das Ruder führen, Informationen in leichtem Plauderton
vortragen, sich um die Schnorchelausrüstung kümmern, für den Lunch sorgen und
die Anzahl der Köpfe im Auge behalten. Nur hatte sie nicht länger auf Jerry warten
können.
Sie murmelte leicht gereizt vor sich hin und erhöhte das Tempo wieder. Vor
der zusätzlichen Arbeit hatte sie keine Angst, das war es auch nicht, was sie ärgerte.
Aber ihr Grundsatz lautete nun mal, dass ihre zahlenden Gäste ein Anrecht auf das
Beste hatten, das sie ihnen bieten konnte. Sie hätte es besser wissen müssen, als
sich auf Jerry zu verlassen. Es wäre nicht schwer gewesen, jemand anderen als
Begleiter für die Tour zu organisieren. Schließlich hatte sie zwei Männer für die
Taucherboote und noch zwei weitere Angestellte im Laden. Da aber das zweite
Taucherboot gegen Mittag zur nächsten Tour aufbrechen sollte, war niemand für den
Tagestrip mit dem Glasbodenboot frei gewesen. Und Jerry war ja auch schon vorher
eingesprungen. Wenn er an Bord war, bezauberte er die weiblichen Passagiere
derart, dass die Damen die bunt schillernde Unterwasserwelt wahrscheinlich gar
nicht bemerkten.
Und wer sollte es ihnen verübeln können, dachte sie und lächelte jetzt
schwach. Wäre sie nicht generell immun gegen Männer, würde sie Jerry vielleicht
auch zu Füßen liegen. Die meisten Frauen hatten Probleme damit, dem dunklen,
forschen Typ zu widerstehen, vor allem, wenn auch noch Attribute wie Grübchen
beim Lachen und funkelnde graue Augen hinzukamen. Addierte man zu dem
Ganzen noch einen durchtrainierten muskulösen Körper und eine Portion
unwiderstehlichen Charme, ergab sich daraus eine Mischung, vor der keine Frau
sicher war.
Aber das war nicht der Grund, weshalb Liz Jerry ein Zimmer bei sich im Haus
vermietet hatte. Oder warum sie ihm den Aushilfsjob geben hatte. Sie konnte das
Extraeinkommen gut gebrauchen, und Bedarf an einem zusätzlichen Paar helfender
Hände gab es immer. Außerdem erkannte sie jemanden, der zupacken konnte, wenn
sie ihn vor sich sah. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass es im Geschäftsleben nur
nützlich sein konnte, jemanden auf seiner Seite zu wissen, der Dinge in Bewegung
setzte. Sie dachte noch, dass Jerry besser eine gute Entschuldigung für sein
Nichterscheinen parat haben sollte, doch vorerst war das Thema für sie beendet.
Die Fahrt, die Sonne und die Brise wirkten entspannend auf sie. Liz erzählte
weiter über das Leben unter Wasser. Dabei griff sie auf wissenschaftliche Fakten aus
ihrem Meeresbiologiestudium zurück, und schmückte sie mit ihren eigenen in der
Karibik erlebten interessanten und spannenden Erfahrungen aus.
Ab und zu stellte ein Passagier eine Frage, oder jemand stieß einen erstaunten
Ausruf aus, weil er etwas gesehen hatte, was unter dem Boot
hindurchgeschwommen war. Liz antwortete, informierte und erklärte im leichten
Plauderton. Da drei ihrer Passagiere Mexikaner waren, wiederholte sie alles in
fließendem Spanisch. Und da Kinder mit an Bord waren, gab sie sich Mühe, die
Fakten auf eine lustige Art und Weise zu vermitteln.
Wäre ihr Leben anders verlaufen, dann wäre sie wahrscheinlich Lehrerin
geworden. Aber diesen Traum hatte sie schon vor Langem aufgegeben. Sie sagte
sich, dass sie besser in die Geschäftswelt passte. Ihre Geschäftswelt. Sie sah zu den
Wolken hinauf, die träge über den Horizont drifteten. Die Sonnenstrahlen tanzten
golden auf dem Wasser. Unter ihr im Wasser schwenkten Seeanemonen ihre
Tentakel hin und her wie eine Fangemeinde bei einem Rockkonzert. Ja, sie hatte
sich für diese Welt entschieden, und sie bereute es nicht.
Als eine Frau hinter ihr schrill aufschrie, glitt Liz vor Schreck das Ruder ein
Stückchen durch die Finger. Bevor sie sich wieder gefasst hatte, ertönten mehrere
Schreie. Sicher nur einer der großen Haie, die sich manchmal kurz ins Riff verirren,
dachte Liz zuerst. Doch als sie sich umdrehte, bereit, die Gäste zu beruhigen, sah sie
die schockierten Gesichter. Sie ließ den Gashebel los, und das Boot trieb nur noch
mit dem leichten Wellengang, schaukelte sanft hin und her. Liz nahm die
Sonnenbrille ab und stieg die zwei Stufen in die Kabine hinunter. Eine Frau weinte an
der Schulter ihres Mannes, der den Arm um sie gelegt hatte, eine andere drückte den
Kopf ihres kleinen Mädchens schützend an ihre Brust. Die anderen Passagiere
starrten mit vor Entsetzten weit aufgerissenen Augen durch das klare Glas.
"Bitte versuchen Sie, ruhig zu bleiben. Ich versichere Ihnen, da unten im
Wasser gibt es nichts, was Ihnen gefährlich werden kann. Hier im Boot sind Sie
absolut sicher."
Ein Mann mit einer schweren Nikonkamera um den Hals und einer
orangefarbenen Schirmmütze auf dem kahlen Kopf sah zu ihr hin. "Miss, ich denke,
Sie sollten besser per Funk die Polizei verständigen."
Liz folgte seinem Blick. Durch den Glasboden sah sie in das kristallklare
Wasser. Das Herz schlug ihr plötzlich bis zum Hals. Jetzt wusste sie auch, wieso
Jerry sie versetzt hatte.
Er lag auf dem hellen sandigen Meeresgrund, eine Ankerkette um den Oberkörper
gewickelt.
MIRA Taschenbuch Band 25518
© 1986 by Nora Roberts
Originaltitel: Risky Business
Übersetzung: Sonja Sajlo-Lucich
... weniger
Autoren-Porträt von Nora Roberts
Nora Roberts, geb. 1950 in Maryland. Als sie 1979 in ihrem Landhaus eingeschneit wurde, griff sie zu Stift und Papier und begann zu schreiben. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie 1981. Seitdem hat Nora Roberts über 100 Bücher geschrieben. Mit einer Gesamtauflage von mehr als 100 Millionen Exemplaren ist sie eine der erfolgreichsten Autorinnen weltweit. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Keedsville, Maryland.
Bibliographische Angaben
- Autor: Nora Roberts
- 2011, Neuübersetzung., 300 Seiten, Maße: 12,4 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3899418417
- ISBN-13: 9783899418415
Rezension zu „Heiße Nächte in Mexiko “
"Die erfolgreichste Autorin auf dem Planeten Erde!" - Washington Post
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