Herr Blunagalli hat kein Humor
Ein sprudelnder Italiener gefangen in Deutschland
Angelo Colagrossi sitzt aufgeregt in einem Zug Richtung Hamburg: Es ist sein Tag, denn ein Filmproduzent hat Interesse an seinem Drehbuch "Amore und so 'n Quatsch". Doch der Zug bleibt im Schneechaos stecken, und aus der Reise wird eine Odyssee. Und...
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Produktinformationen zu „Herr Blunagalli hat kein Humor “
Angelo Colagrossi sitzt aufgeregt in einem Zug Richtung Hamburg: Es ist sein Tag, denn ein Filmproduzent hat Interesse an seinem Drehbuch "Amore und so 'n Quatsch". Doch der Zug bleibt im Schneechaos stecken, und aus der Reise wird eine Odyssee. Und während seine deutschen Mitfahrer die Bahn beschimpfen, nach dem Freibier im Bord-Bistro eine Polonaise machen und der niederkommenden Frau im nächsten Abteil beistehen, blickt Colagrossi zurück: auf seine Anfänge im deutschen Showgeschäft, die ersten Drehbücher, das tägliche Ringen mit der neuen Sprache und darauf, wie man sich als temperamentvoller Römer so weit im Norden zurechtfindet.
Klappentext zu „Herr Blunagalli hat kein Humor “
Angelo Colagrossi sitzt aufgeregt in einem Zug Richtung Hamburg: Es ist sein Tag, denn ein Filmproduzent hat Interesse an seinem Drehbuch "Amore und so 'n Quatsch". Doch der Zug bleibt im Schneechaos stecken, und aus der Reise wird eine Odyssee. Und während seine deutschen Mitfahrer die Bahn beschimpfen, nach dem Freibier im Bord-Bistro eine Polonaise machen und der niederkommenden Frau im nächsten Abteil beistehen, blickt Colagrossi zurück: auf seine Anfänge im deutschen Showgeschäft, die ersten Drehbücher, das tägliche Ringen mit der neuen Sprache und darauf, wie man sich als temperamentvoller Römer so weit im Norden zurechtfindet.
Angelo Colagrossi sitzt aufgeregt in einem Zug Richtung Hamburg: Es ist sein Tag, denn ein Filmproduzent hat Interesse an seinem Drehbuch "Amore und so' n Quatsch". Doch der Zug bleibt im Schneechaos stecken, und aus der Reise wird eine Odyssee. Und während seine deutschen Mitfahrer die Bahn beschimpfen, nach dem Freibier im Bord-Bistro eine Polonaise machen und der niederkommenden Frau im nächsten Abteil beistehen, blickt Colagrossi zurück: auf seine Anfänge im deutschen Showgeschäft, die ersten Drehbücher, das tägliche Ringen mit der neuen Sprache und darauf, wie man sich als temperamentvoller Römer so weit im Norden zurechtfindet.
Lese-Probe zu „Herr Blunagalli hat kein Humor “
Herr Blunagalli hat kein Humor von Angelo Colagrossi Dies ist mein Tag. Ein Sonntag, der auf einen Montag fällt. Er beginnt mit einem Telefonat. Endlich hat jemand gelesen, was ich geschrieben habe! Ich lege auf und bin glücklich – genau wie damals in der Schule, wenn die Klassenarbeiten zurückgegeben wurden. Jeder Lehrer hatte dabei sein eigenes System – human, spannend oder extrem sadistisch. Ich bin in Italien geboren und zur Schule gegangen. In Rom, Ende der sechziger Jahre, waren die Worte Schulreform und antiautoritäre Erziehung Fremdwörter. Alle Schüler trugen Uniform und wurden mit Gebrüll erzogen. Ich war blond wie ein Kornfeld im Juli und wurde als «Il Tedesco» verspottet – der Deutsche. Kein Wunder, dass ich ungefähr 30 Jahre später in Deutschland landete.
Die besten Noten wurden immer zuerst verteilt, was meine Hoffnungen immer recht schnell sinken ließ – und mein Blick, den ich aus dem Fenster auf das Kolosseum richtete, verdüsterte sich mit jeder weiteren Arbeit, die mich einer Fünf näher brachte . . . Umso größer war dann die Erleichterung, wenn ich aufgerufen wurde und es doch gerade so zu einer halbwegs guten Note gereicht hatte. Dann spürte ich es, dieses Gefühl: Eine große Ruhe breitete sich aus. Die hielt aber nur bis zum nächsten Schultag. Dann ging das Elend von vorne los. Heute bin ich Autor. Ich gebe keine Klassenarbeiten mehr ab, sondern reiche Ideen für Filme, Manuskripte und fertige Drehbücher ein und warte dann darauf, dass sie dem gefallen, dem ich sie gegeben habe.
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Und das dauert manchmal etwas länger. In diesem besonderen Fall wartete ich geschlagene sechs Monate. Nun hat sich Herr Endruweit, ein bekannter Hamburger Film- und Fernsehproduzent, aber endlich gemeldet. Genauer gesagt: Er lässt melden. Nur erfolglose Produzenten melden sich persönlich. Die sehr freundliche Sekretärin des erfolgreichen Herrn Endruweit teilt mir mit quäkender Stimme mit, dass Herrn Endruweit das Drehbuch, das ich ihm geschickt habe – Amore und so ’n Quatsch –, in dem eine fränkische Krankenschwester Anfang 30 erst in Berlin viel Pech und dann in Italien das Glück findet, sehr gut gefällt. Und dass er sich freuen würde, mit mir darüber zu sprechen. In Hamburg. Ich sehe förmlich das Gesicht der Sekretärin vor mir; sie grinst ganz sicher, und in dem Moment, als ich mich bedanken möchte, legt sie auf. Leider hat mir ihre knarzende Stimme nicht verraten, wie gut genau das Drehbuch Herrn Endruweit gefallen hat. Sagt sie Projekte auch mit dem gleichen routiniert-freundlichen Ton ab?
Nein. Dann meldet man sich einfach nicht mehr. Schweigen ist Gold. Und eine Absage. Ich habe, wie gesagt, sechs Monate gewartet. Deshalb bin ich erst einmal völlig euphorisch und wähle von den drei Terminen, die mir die Sekretärin anbietet, spontan den letzten aus – den in zwei Wochen –, um jene Ruhe auszukosten, wie sie sich früher auch nach der Rückgabe von Klassenarbeiten ausbreitete. Und um die Vorfreude möglichst lange zu genießen. In der Theorie ist das eine gute Idee; in der Praxis eher nicht, denn Autoren grübeln ja schon berufsbedingt. Bei mir geht es ungefähr neunzig Sekunden, nachdem ich aufgelegt habe, los.
Immer und immer wieder hallen die Worte der Sekretärin durch meinen Kopf. Und dann diese grelle Stimme!
«. . . hat ihm sehr gut gefallen . . .» – das hat sie gesagt, ich bin ganz sicher! Aber was heißt das genau? «. . . hat ihm sehr gut gefallen . . .», im Sinne von: Wir drehen ab nächster Woche? Oder eher: Da ist ja schon viel Schönes dran? Oder etwa so: Ich will Ihnen hier in Hamburg persönlich ins Gesicht schleudern, was Sie da für einen Schwachsinn abgeliefert haben? Autoren in dieser schlimmen Lage muss man ablenken. Mit Zoobesuchen oder weihnachtlichem Plätzchenbacken. Aber nicht mal mein sehr temperamentvoller Kater namens Sport vermag das im Moment. Ich quäle mich durch die Hölle der nächsten zwei Stunden.
Versuche dies und tue das. Bringe Worst- und Best-Case- Szenarien zu Papier. Diskutiere am Telefon mit Vertrauenspersonen und meinen Co-Autoren alle Möglichkeiten. Kurz bevor ich in meiner Not nach der Fernbedienung greife, um eine der älteren Damen auf einem Astro-Kanal um Hilfe zu bitten, rufe ich die freundliche Sekretärin von Herrn Endruweit an und sage ihr, dass sich in meinem Kalender jetzt doch eine Lücke ergeben hat. Ich nehme den allerersten Termin. In 48 Stunden.
Heute ist mein Tag! Und jetzt ist es wirklich mein Tag! Das ist mir sofort klar, als ich durch einen Schrei von Kater Sport geweckt werde, der durch die geschlossene Tür dringt. Mit einem gewagten Sprung auf die Klinke öffnet er die Tür und miaut laut am Rande des Bettes. Mein Kater weckt einen Sieger. Er weiß das zwar nicht, aber ich bin davon überzeugt – oder besser gesagt, ich wage davon zu träumen. Blöd nur, dass im selben Moment der Wecker losgeht. Um nicht das ganze Haus aufzuwecken, geht mein Arm mit Schwung in Richtung Schlummertaste, wobei ich die arme Mieze voll ins Gesicht treffe. Sport macht seinem Namen alle Ehre und landet schwungvoll und halbwegs elegant auf dem Boden. Sein empörter Schrei beeindruckt mich jedoch nur geringfügig, denn ab jetzt bin ich auf dem Weg nach Hamburg! Das Frühstück gelingt mir noch ganz gut, aber als der Installateur wegen des kaputten Wasserhahns anruft, fehlen mir die Worte.
Den Fehler kann ich noch ganz gut beschreiben, aber ob ich einen neuen Mittelflansch brauche, weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal, was ein Mittelflansch ist. Dazu kommt, dass der Mann nur Düsseldorfer Platt spricht. Als ich ihn höflich frage:
«Können Sie auch Hochdeutsch? », ist es ganz aus.
«Du brauchen Mittelflansch?» Der Handwerker behandelt mich wegen meines unüberhörbaren Akzents wie jemanden, der nur die internationale Ausländer-Babysprache versteht – in voller Lautstärke.
«Ich bin nicht taub! Ich bin Italiener!», brülle ich zurück.
«Watt schreien Sie denn so?»
Nun ist der Arme völlig verwirrt. Ich stammele eine Entschuldigung und lege auf. Dabei lebe ich seit vielen, vielen Jahren in Deutschland. Aber Italiener bleibt man eben sein Leben lang – auch, ohne eine Pizzeria aufzumachen. Trotzdem schreibe ich meine Drehbücher auf Deutsch – also . . . auf Neu-Deutsch, das kann ich richtig gut. Und ich schreibe es mit dem allergrößten Selbstbewusstsein, seit ich von Italien nach hierher gezogen bin. Alt-Deutsch ist erst später dazugekommen.
Copyright © 2009 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Nein. Dann meldet man sich einfach nicht mehr. Schweigen ist Gold. Und eine Absage. Ich habe, wie gesagt, sechs Monate gewartet. Deshalb bin ich erst einmal völlig euphorisch und wähle von den drei Terminen, die mir die Sekretärin anbietet, spontan den letzten aus – den in zwei Wochen –, um jene Ruhe auszukosten, wie sie sich früher auch nach der Rückgabe von Klassenarbeiten ausbreitete. Und um die Vorfreude möglichst lange zu genießen. In der Theorie ist das eine gute Idee; in der Praxis eher nicht, denn Autoren grübeln ja schon berufsbedingt. Bei mir geht es ungefähr neunzig Sekunden, nachdem ich aufgelegt habe, los.
Immer und immer wieder hallen die Worte der Sekretärin durch meinen Kopf. Und dann diese grelle Stimme!
«. . . hat ihm sehr gut gefallen . . .» – das hat sie gesagt, ich bin ganz sicher! Aber was heißt das genau? «. . . hat ihm sehr gut gefallen . . .», im Sinne von: Wir drehen ab nächster Woche? Oder eher: Da ist ja schon viel Schönes dran? Oder etwa so: Ich will Ihnen hier in Hamburg persönlich ins Gesicht schleudern, was Sie da für einen Schwachsinn abgeliefert haben? Autoren in dieser schlimmen Lage muss man ablenken. Mit Zoobesuchen oder weihnachtlichem Plätzchenbacken. Aber nicht mal mein sehr temperamentvoller Kater namens Sport vermag das im Moment. Ich quäle mich durch die Hölle der nächsten zwei Stunden.
Versuche dies und tue das. Bringe Worst- und Best-Case- Szenarien zu Papier. Diskutiere am Telefon mit Vertrauenspersonen und meinen Co-Autoren alle Möglichkeiten. Kurz bevor ich in meiner Not nach der Fernbedienung greife, um eine der älteren Damen auf einem Astro-Kanal um Hilfe zu bitten, rufe ich die freundliche Sekretärin von Herrn Endruweit an und sage ihr, dass sich in meinem Kalender jetzt doch eine Lücke ergeben hat. Ich nehme den allerersten Termin. In 48 Stunden.
Heute ist mein Tag! Und jetzt ist es wirklich mein Tag! Das ist mir sofort klar, als ich durch einen Schrei von Kater Sport geweckt werde, der durch die geschlossene Tür dringt. Mit einem gewagten Sprung auf die Klinke öffnet er die Tür und miaut laut am Rande des Bettes. Mein Kater weckt einen Sieger. Er weiß das zwar nicht, aber ich bin davon überzeugt – oder besser gesagt, ich wage davon zu träumen. Blöd nur, dass im selben Moment der Wecker losgeht. Um nicht das ganze Haus aufzuwecken, geht mein Arm mit Schwung in Richtung Schlummertaste, wobei ich die arme Mieze voll ins Gesicht treffe. Sport macht seinem Namen alle Ehre und landet schwungvoll und halbwegs elegant auf dem Boden. Sein empörter Schrei beeindruckt mich jedoch nur geringfügig, denn ab jetzt bin ich auf dem Weg nach Hamburg! Das Frühstück gelingt mir noch ganz gut, aber als der Installateur wegen des kaputten Wasserhahns anruft, fehlen mir die Worte.
Den Fehler kann ich noch ganz gut beschreiben, aber ob ich einen neuen Mittelflansch brauche, weiß ich nicht. Ich weiß nicht mal, was ein Mittelflansch ist. Dazu kommt, dass der Mann nur Düsseldorfer Platt spricht. Als ich ihn höflich frage:
«Können Sie auch Hochdeutsch? », ist es ganz aus.
«Du brauchen Mittelflansch?» Der Handwerker behandelt mich wegen meines unüberhörbaren Akzents wie jemanden, der nur die internationale Ausländer-Babysprache versteht – in voller Lautstärke.
«Ich bin nicht taub! Ich bin Italiener!», brülle ich zurück.
«Watt schreien Sie denn so?»
Nun ist der Arme völlig verwirrt. Ich stammele eine Entschuldigung und lege auf. Dabei lebe ich seit vielen, vielen Jahren in Deutschland. Aber Italiener bleibt man eben sein Leben lang – auch, ohne eine Pizzeria aufzumachen. Trotzdem schreibe ich meine Drehbücher auf Deutsch – also . . . auf Neu-Deutsch, das kann ich richtig gut. Und ich schreibe es mit dem allergrößten Selbstbewusstsein, seit ich von Italien nach hierher gezogen bin. Alt-Deutsch ist erst später dazugekommen.
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Autoren-Porträt von Angelo Colagrossi
Angelo Colagrossi, geboren 1960 in Rom, lebt seit 1989 als freier Autor und Regisseur in Deutschland. 1992 drehte er als Autor und Co-Regisseur seinen ersten Kinofilm Kein Pardon; 1998 schrieb er das Drehbuch und führte Regie für den ARD Fernsehfilm Die Oma ist tot.
Bibliographische Angaben
- Autor: Angelo Colagrossi
- 2009, 192 Seiten, Maße: 12,7 x 21 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Rowohlt TB.
- ISBN-10: 3499625911
- ISBN-13: 9783499625916
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