Herzen im Sturm
Vincent kennt nach dem Tod seines Bruders nur einen Gedanken: Rache. Er beschließt, George Ascott, den er für den Schuldigen hält, zu ruinieren und dessen Tochter zu verführen. Doch schon bald muss Vincent sich eingestehen, dass er Gefahr läuft, sein Herz an die schöne Larissa zu verlieren.
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Vincent kennt nach dem Tod seines Bruders nur einen Gedanken: Rache. Er beschließt, George Ascott, den er für den Schuldigen hält, zu ruinieren und dessen Tochter zu verführen. Doch schon bald muss Vincent sich eingestehen, dass er Gefahr läuft, sein Herz an die schöne Larissa zu verlieren.
Herzen im Sturm von Johanna Lindsey
LESEPROBE
VincentEverett saß in seiner Kutsche und wartete. Es war ein recht kalter Winterabend undSchnee lag in der Luft. Trotzdem stand ein Kutschenfenster offen, damit Vincenteinen ungehinderten Blick auf das elegante Londoner Stadthaus gegenüber hatte. Ervermochte nicht zu sagen, warum er eigentlich bei diesem Wetter in der kaltenKutsche ausharrte. Sein Sekretär Horace Dudleyüberbrachte den Bewohnern des Hauses gerade die Mitteilung, ihr Heim innerhalbvon zwei Tagen verlassen zu müssen. Aber Vincent hegte keinerlei Zweifel, dassDudley diesen Auftrag den Weisungen gemäß ausführen würde. Zwar stellte dieAufforderung zur Räumung einen entscheidenden Schritt in Vincents Bemühungen dar,die Familie Ascot zu Grunde zu richten, aber auch daswar nicht die Ursache für seine Anwesenheit. Er hatte sich an diesem Abend wohlnichts anderes vorgenommen und langweilte sich einfach. Aber ob dem tatsächlichso war, hätte Vincent selbst nur schwer beurteilen können. Auch seineEntscheidung, die Ascots zu ruinieren, entsprangkeiner gefühlsmäßigen Regung. Seitdem Vincent den Kinderschuhen entwachsen war,hatte er keine echten Gefühle mehr empfunden und wollte sich einem solchenSchmerz auch nie wieder aussetzen. Zudem lebte es sich sehr viel leichter miteinem Herz aus Stein. Damit blieb der Umstand, jemanden zur Weihnachtszeit aufdie Straße zu setzen, was es war: eine geschäftliche Angelegenheit. Trotzdemhatte Vincent für sein Vorhaben persönliche Gründe. Sein jüngerer Bruder Albertbezichtigte nämlich das Oberhaupt der Ascots, die alleinige Schuld an seinem gesellschaftlichenund finanziellen Untergang zu tragen. Zumindest ging das aus dem Brief hervor,den Vincent von Albert bekommen hatte, bevor dieser in England seine Zelteabgebrochen hatte und verschwunden war. Nachdem Albert einen Großteil deselterlichen Erbes verschleudert hatte, war er mit dem geringen Rest darangegangen,ein Geschäft aufzubauen, um Vincent nicht auf der Tasche zu liegen. Dazu erwarber mehrere Handelsschiffe und eröffnete ein kleines Büro in Portsmouth.Aber George Ascot - selbst erfolgreicher Schiffseignerund Händler - hatte in Albert wohl einen unliebsamen Konkurrenten gesehen, den esauszuschalten galt. Das war ihm denn auch gelungen, bevor Albert noch richtigFuß fassen konnte. Von seinem Bruder waren Vincent nur das Schreiben und dieGläubiger geblieben, die nun in Scharen bei ihm vorstellig wurden. Da lag dieVermutung nahe, Albert habe England wegen der Übermacht der Schulden verlassen,um sich in der Fremde das Leben zu nehmen. Vincents Bruder war immer schon einFeigling gewesen und den Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Oft genughatte er Vincent mit Selbstmord gedroht, wenn er ihn wieder einmal um Hilfebitten musste. Außerdem schloss der Brief mit den Worten: »Nur so kann ichvermeiden, dir noch länger Schande zu bereiten und zur Last zu fallen.« Aber Alberts Tod hatte Vincent kaum berührt, obgleich Albertsein einziger, noch lebender Verwandter gewesen war. Kurz nachdem Vincent dieVolljährigkeit erreicht hatte, waren innerhalb eines Jahres beide Elternteileverstorben, und Albert und Vincent blieben sich selbst überlassen. Sie hattenauch sonst niemanden mehr, nicht einmal ganz entfernte Onkel oder Tanten, undhätten sich daher sehr nahe stehen müssen. Doch schon das Ableben seiner Elternwar Vincent kaum zu Herzen gegangen. Er hatte eine recht freudlose Kindheitverbracht und kein richtiges Zugehörigkeitsgefühl zu seiner Familie entwickelnkönnen; umso ausgeprägter war sein Ehrgefühl. Auch der damals nochminderjährige Albert empfand Vincent gegenüber keinerlei Abhängigkeit. Stattdessennährte er die einfältige Vorstellung, die ganze Welt drehe sich um ihn. DiesenFloh hatten ihm seine Eltern ins Ohr gesetzt, als sie ihn zu ihrem Lieblingssohnerkoren. Sein fröhliches Wesen war ihnen viel angenehmer gewesen als diezurückhaltende, langweilige Art ihres Erstgeborenen und Titelerben. Ohnehinhatten sie sich nie besonders um Vincent gekümmert und bald nach Alberts Geburtüberhaupt keine Notiz mehr von ihm genommen. Niemand hätte es Vincent verübelt,wenn er seinen Bruder deswegen gehasst hätte. Aber um jemandem ein solchstarkes Gefühl entgegenzubringen, muss man überhaupt in der Lage sein, Gefühlezu empfinden. Doch die waren Vincent fremd. Er hatte seinen schwächlichenjüngeren Bruder auch nie geliebt, sondern immer nur geduldet, weil er nuneinmal zur Familie gehörte. Solange Vincent zurückdenken konnte, war Albertimmer zu ihm gekommen, wenn er Hilfe brauchte. Vincent hatte sich schon sodaran gewöhnt, für seinen Bruder in die Bresche zu springen, dass er auch nichtgezögert hatte, George Ascot den Kampf anzusagen.Immerhin galt es, die Familienehre wieder herzustellen. Zudem schadete esseinem eigenen Ansehen, dass es diesem Ascot gelungenwar, einen Everett so gänzlich zu Grunde zu richten, ohne Gegenwehr fürchten zumüssen. Aber bald würde Vincent ihn eines Besseren belehren und ihm heimzahlen,was er Albert angetan hatte. Das war er sich und seinem Bruder einfach schuldig.Nun wandte Vincent seine Aufmerksamkeit wieder dem Haus gegenüber zu. Just indem Augenblick, da man Dudley die Tür öffnete, fing es an zu schneien. Diewirbelnden weißen Flocken ließen Vincent nur gerade noch die fließenden Stoffbahneneines langen Rocks erkennen. Offenbar war die Person, die auf das Klopfenreagiert hatte, eine Frau. Ascot selbst befand sichaußer Landes. Das ging aus den Berichten hervor, die Vincent über die Familieeingeholt hatte. Ascot war in der erstenSeptemberwoche in See gestochen, und nun, mehr als drei Monate danach, ließseine Rückkehr immer noch auf sich warten. Das machte es Vincent zwar sehreinfach, Vergeltung zu üben, aber es befriedigte ihn nicht, AscotsFamilie vor die Tür zu setzen, während Ascot selbstgar nicht zugegen war, um mitzuerleben, wie seinen Lieben geschah. Vincenthatte noch nicht entschieden, ob er seinen Feldzug nach dem heutigen Abendfortsetzen oder warten sollte, bis Ascotzurückgekehrt war. Eigentlich widerstrebte ihm die Sache mit der Rache ohnehin.Üblicherweise entsprach es gar nicht seinen Gepflogenheiten, Leute aus ihremHaus zu vertreiben und ihnen auch in anderen Bereichen den Boden unter denFüßen zu entziehen. Aber dieses eine Mal musste es sein, und er wollte es soschnell wie möglich hinter sich bringen. Doch dadurch, dass sich Ascot nun schon länger außer Landes aufhielt alsangenommen, würde das Ganze wohl noch eine Weile andauern. Zwar glaubte Vincentfest daran, dass Ascot vor Weihnachten zurückkehrte;aber Geduld gehörte nicht gerade zu Vincents Stärken. Außerdem machte es ihnallmählich ärgerlich, in der eiskalten Kutsche zu sitzen, ohne genau zu wissen,warum. Zumal Dudley sich beim Überbringen der Mitteilung ganz schön Zeit ließ.So lange konnte es ja wohl nicht dauern, ein Stück Papier auszuhändigen! Erleichtertstellte Vincent schließlich fest, dass sich die Tür des Hauses auf derStraßenseite gegenüber schloss. Gespannt wartete er nun auf den Bericht seinesSekretärs. Aber Dudley machte keinerlei Anstalten, zur Kutsche zurückzukehren.Stattdessen starrte er völlig entgeistert auf die Türund rührte sich nicht. Wie eigenartig, dachte Vincent. Hatte Dudley seine Weisungnun erfüllt oder war ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen worden, bevor er dieMitteilung überbringen konnte? Warum zum Teufel stand der Mann nur so da imSchnee, ohne etwas zu tun? Vincent wollte schon seinen Kutscher schicken, damitder nach dem Rechten sah, als sich Dudley schließlich umdrehte und in Bewegungsetzte. Rasch öffnete ihm Vincent den Schlag, aber nicht etwa, um Dudley soschnell wie möglich aus dem Schneetreiben zu bekommen, sondern weil er es vor Ungeduldkaum noch aushielt. Doch als Dudley endlich die Kutsche erreichte, blieb erabermals stehen, als sei er nun endgültig verrückt geworden. Bevor Vincent ihnnoch wegen seines ungewöhnlichen Verhaltens zur Rede stellen konnte, erklärte Dudley:»Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas so Beschämendes tun müssen, Mylord, und das passiert mir auch nicht wieder. Ich gehe.« Vincent war sich nicht sicher, was Dudley damit gemeint hatte,und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Was soll das heißen: Sie gehen?« »Morgen früh haben Sie mein Kündigungsschreiben auf demTisch, Lord Everett.« 10 Einen Augenblick lang zeigtesich Vincent erstaunt. Das kam nicht oft vor. Aber dann gewann seine Ungeduld wiederdie Oberhand, und er fuhr Dudley an: »Steigen Sie jetzt in die verdammteKutsche, Mann! Sie können sich erklären, wenn wir dieses verfluchte Wetterhinter uns gelassen haben.« »Nein, Sir«, beharrteDudley steif. »Ich finde schon allein nach Hause, vielen Dank.«»Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Dudley! Zu dieser nachtschlafenden Zeitkriegen Sie gewiss keine Droschke mehr.« »Ich kommschon zurecht.« Mit diesen Worten schloss Dudley denSchlag und ging zu Fuß die Straße hinunter. Üblicherweise hätte Vincent nur mitden Schultern gezuckt und den Mann aus seinen Gedanken verbannt. Aber er warnun so erpicht darauf, zu erfahren, was sich in dem Haus zugetragen hatte, dassihm seine Ungeduld - das Äußerste in Sachen Gefühle, dessen er fähig war -keine Ruhe mehr ließ und ihn zu etwas ganz Ungewöhnlichem veranlasste: Er stiegaus der Kutsche, um Dudley zu folgen. Als er ihn eingeholt hatte, fragte erohne Umschweife: »Was zum Teufel ist da in dem Haus vorgefallen, dass Siedarüber den Verstand verloren zu haben scheinen?« Dudleywar stehen geblieben und drehte sich ruckartig zu Vincent um. Trotz der Kältewar sein Gesicht vor Wut puterrot angelaufen, und entsprechend aufgebrachtstieß er hervor: »Wenn Sie mich zwingen, noch weiter mit Ihnen zu reden, Mylord, fürch- te ich, Dinge zu sagen, die ich später bereue. Bitte nehmenSie meine Kündigung einfach an und belassen Sie es « »Den Teufel werd ich! Siesind jetzt acht Jahre bei mir. Da kündigt man nicht einfach wegen einer Lappalie « »Wegen einer Lappalie?« Die Stimme des kleinen Mannesdrohte sich zu überschlagen. »Wenn Sie das entsetzte Gesicht des armen Mädchensgesehen hätten, wäre Ihnen das genauso zu Herzen gegangen wie mir. Und so einhübsches Ding. Sein verzweifelter Blick wird mich für den Rest meiner Tageverfolgen « Mehr schien Dudley zu der Angelegenheit nicht sagen zu wollen, daer auf dem Absatz kehrtmachte und weiter die Straße hinuntereilte. Diesmal ließVincent ihn ziehen und wandte sich stirnrunzelndbesagtem Stadthaus zu, das ihm erst seit wenigen Wochen gehörte. Er hatte demfrüheren Eigentümer einige Gefälligkeiten erwiesen und dann dazu veranlasst,ihm die Besitzurkunde für das Haus zu verkaufen und dabei die mündlicheAbsprache mit George Ascot außer Acht zu lassen. Ascot hatte dem Mann einen Großteil des Kaufpreises angezahlt,als er mit seiner Familie vor drei Jahren eingezogen war. Die beiden Männerhatten vereinbart, dass der Rest per Ratenzahlung innerhalb weniger Jahrebeglichen werden sollte. Da aber immer noch eine kleine Summe offen stand, alsVincent sich für das Haus interessierte, war Ascotnoch nicht der rechtmäßige Eigentümer gewesen. Deshalb hatte Vincent dieBesitzurkunde erwerben und Ascot daraufhinschriftlich auffordern können, die fehlende Summe umgehend und in einemBetrag zu begleichen. Dabei wusste er ganz genau, dass sich Ascotgar nicht in England aufhielt und sich auch kein Geld leihen konnte, um dieSchuld zu tilgen. Nun war das Haus und alles, was Ascotda hineingesteckt hatte, verloren, und er würde es erst bei seiner Rückkehrerfahren, wenn es zu spät war. ( )
© WilhelmHeyne Verlag
Übersetzung:Marion Koppelmann
- Autor: Johanna Lindsey
- 2003, 270 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Amerikan. v. Karin Koppelmann
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453864948
- ISBN-13: 9783453864948
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