Hexenzirkel / Persephone Alcmedi Bd.2
Roman
Nachdem die Hohepriesterin des Hexenzirkels von Cleveland, Ohio, unter rätselhaften Umständen verschwunden ist, soll sich Persephone Alcmedi um ihren Posten bewerben. Nur unter Vorbehalt willigt Seph ein sie fürchtet, dass die anderen Hexen hinter die...
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Produktinformationen zu „Hexenzirkel / Persephone Alcmedi Bd.2 “
Klappentext zu „Hexenzirkel / Persephone Alcmedi Bd.2 “
Nachdem die Hohepriesterin des Hexenzirkels von Cleveland, Ohio, unter rätselhaften Umständen verschwunden ist, soll sich Persephone Alcmedi um ihren Posten bewerben. Nur unter Vorbehalt willigt Seph ein sie fürchtet, dass die anderen Hexen hinter die Geheimnisse kommen könnten, die sie vor ihnen verbirgt. Kurz darauf wird einer der Anwärter auf den Posten der Hohepriesterin ermordet. Zusammen mit ihrem Geliebten, dem Werwolf Johnny, muss Seph herausfinden, wer hinter dem Mord steckt ...
Lese-Probe zu „Hexenzirkel / Persephone Alcmedi Bd.2 “
Hexenzirkel von Linda Robertson2
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Im Tempel war ich bisher nur ein Mal, vor fast einem Jahrzehnt, gewesen, als ich mich offiziell als Erwachsene ins Register eingetragen und erklärt hatte, eine Einzelgängerin zu sein - eine Hexe, die allein praktizierte, aber weiterhin Stimmrecht besaß. Damals war der Tempel ein einfacher quadratischer Betonklotz auf einem eineinhalb Hektar großen Feld gewesen. An jeder Seite befand sich ein Garagentor, das geöffnet werden konnte, um die Natur hereinzulassen, ohne dass es hereinregnete. Ich war überrascht, als ich nun ein beeindruckendes rundes Bauwerk mit einer geodätischen Kuppel inmitten einer gepflegten Grünanlage erblickte. Mauern aus Naturstein erhoben sich in einem natürlich gestalteten Park, daneben gab es einen breiten, gepflasterten Parkplatz. Der Rasen war so säuberlich gepflegt wie ein Golfplatz, und in jeder der vier Ecken erhoben sich Holunder, Eschen, Eichen und Dornenbüsche. In dem Park war genug Platz, um Rituale abzuhalten, und im kalten Winter Ohios fanden die Konventmitglieder Schutz und Bequemlichkeit im Innenraum. Eine perfekte Mischung aus traditionellen Hexensymbolen - die Natur, der Kreis, das Dreieck -, aber ausgestattet mit dem Komfort derer, die ihn sich leisten konnten.
Der neue Tempel war wohl Vivians Vermächtnis. Sie hatte das alte Gebäude niederreißen lassen und es mithilfe des Geldes ihrer Lieblingsschäfchen durch diese turnhallengroße Anlage ersetzt.
Als ich das Gebäude jetzt umrundete, erinnerten die Dreiecke der Kuppel mich an die geodätischen Linien der Erde, die Leylinien, von denen eine auch durch die Felder hinter meinem Haus führte und meine Schutzzauber mit Energie versorgte.
Ich parkte meinen Wagen, einen Toyota Avalon, den ich vor allem wegen seines Namens und weniger wegen seines Aussehens oder seines Benzinverbrauchs gekauft hatte. Ich war nun einmal ein großer Fan von König Artus und konnte mich für alles begeistern, was mit der Artussage zusammenhing. Als ich die Tür öffnete und ausstieg, empfing mich kühle Abendluft. Da für später Regen angekündigt war, wollte ich rechtzeitig wieder zu Hause sein, um ein paar Getreidehalme als Halloweendekoration von den Feldern zu holen.
Riesige Holztüren führten aus allen vier Himmelsrichtungen in den Tempel. In die, der ich mich nun näherte, war ein großes O für Osteingang geritzt worden, was ich auch aus dem dunkler werdenden Abendhimmel in meinem Rücken hätte schließen können. Über der Tür hing eine Holztafel mit dem kunstvoll geschnitzten Gesicht eines Grünen Mannes und der Inschrift: »Frohes Treffen, frohes Scheiden«. Trotz ihres Gewichts ließ sich die Tür leicht aufdrücken.
Drinnen war es beinahe stockfinster. Über mir an der Decke funkelten winzige Lichter wie Sterne am Himmel und erhellten die zulaufenden Spitzen eines Pentagramms aus rötlichem Kirschholz, das in den hellen Kiefernholzboden eingelassen war. An meinem Standort und um den hölzernen Kreis herum war der Boden aus strapazierfähigem körnigem Waschbeton in Erdtönen.
»Hallo?«, flüsterte die Leylinie vorsichtig, als versteckte sie sich weit entfernt.
Auch die Leylinie auf meinem Grundstück hatte schon zu mir gesprochen, als ich zum ersten Mal durch das Kornfeld hinter meinem Haus gegangen war. Seitdem spürte ich dort jedes Mal ein Pulsieren, so als würde mir ein Nachbar von der anderen Straßenseite grüßend zuwinken. Jemand, der nicht empfänglich für magische Energien war, würde sie weder spüren noch hören, doch alle anderen hatten in ihrer Nähe etwas wie eine böse Vorahnung, ein Gefühl, das die meisten Menschen als unheimlich beschreiben würden.
»Hallo«, flüsterte ich zurück.
Der Geruch von Ylang-Ylang stieg mir in die Nase, und ich nahm Energiereste wahr. Meine Schritte hallten laut, als ich weiter in den Raum hineinging, und langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit.
Ich hörte ein Geräusch zu meiner Linken.
Ein paar Stufen führten zu einer circa drei Meter erhöhten Empore hinauf, die an der Innenseite des Bauwerks herumführte. Wie praktisch: ein Bereich für die Medien, von dem aus die Kameras gute Sicht auf die Rituale hatten. Sieh mal einer an, Vivian und ihre Leute hatten wirklich an alles gedacht.
Doch das Geräusch, das ich gehört hatte, kam nicht von dort oben. Von einer breiten Treppe, die zwischen der zweiflügligen Osttür, durch die ich die Tempelhalle betreten hatte, und der Südtür nach unten führte, drang Licht herauf. Ich vernahm Stimmen und das Klingeln eines Telefons und ging die Stufen hinunter.
»Venefica-Tempel.« Pause. »Ja, wir haben Ihr Fax bekommen.«
Am Fuß der Treppe sah ich mich um und entdeckte Hinweispfeile, Toilettenschilder und eine Glaswand, hinter der sich ein Büro befand. Die Tür zu dem Raum war nur angelehnt. Drinnen saß eine künstlich aussehende Blondine an einem Schreibtisch, den Stift hielt sie über einem Notizblock, während sie die mit dickem Lidstrich betonten Augen verdrehte. Sie kam mir bekannt vor, aber ich hatte keine Ahnung, woher. Eine andere Frau lehnte an einem mittelhohen Tresen, zwei weitere saßen auf gepolsterten Stühlen an der Wand und blätterten in den Zeitschriften New Witch und Green Egg.
»Okay«, sagte die Frau am Telefon, »ich mache eine Notiz in Ihrer Akte, Miss Taylor ... Sie steigen im Motel 6 am Flughafen ab. Natürlich werden wir Sie dort anrufen.«
Bei den Worten Motel 6 kicherte die Frau am Tresen und drehte sich zu mir herum. Ihr kritischer Blick wanderte über meine Trekkingstiefel, die Jeans, das schwarze T-Shirt und das dunkle Flanellhemd. »Sind Sie hier, um die Anlage winterfest zu machen?«
»Die Anlage?«
Sie wedelte mit der Hand. »Na, die Tempelanlage.« Sie klang verärgert, als würde ich ihre Zeit verschwenden.
Dachte sie etwa, ich wäre die Gärtnerin? »Nein«, entgegnete ich ruhig.
»Sagen Sie bloß nicht, Sie wollen sich für das Eximium einschreiben?« Sie verschränkte die Arme, musterte mich noch einmal von oben bis unten und lachte.
Eigentlich hatte ich für heute Abend vorgehabt, Korn zu schneiden und zu Garben zu binden. Als Nana mich ins Haus ans Telefon gerufen hatte, hatte ich gerade mit Beverly und Ares, unserer schwarzen Dänischen Dogge, im Garten gespielt. Nach dem Gespräch mit Lydia hatte ich mich sofort auf den Weg gemacht. Dass es im Tempel eine Kleiderordnung gab, war mir neu. »Und wenn es so wäre?«
»Wollen Sie sich nun einschreiben oder nicht?«, fragte sie schroff.
Sie war braun gebrannt, groß und spindeldürr. Das glatte, blauschwarz glänzende Haar reichte ihr bis zu den Ellbogen. Das fachkundig aufgetragene Make-up war bis auf den feuerroten Lippenstift in natürlichen Farben gehalten. Ihre teure weiße Bluse war makellos, die Manschetten hatte sie lässig umgeschlagen. Die enge dunkle Designerjeans hatte auf der Vorderseite eine rasiermesserscharfe Bügelfalte, die Hosenbeine waren unten breit hochgekrempelt, um die zarten Knöchel der Frau zu betonen - an einem hing ein goldenes Kettchen. Dazu trug sie Pumps, die farblich zu ihrem Lippenstift passten.
Ich musste an Lydias Bemerkung denken, dass der WEC smarte, intelligente und junge Frauen an der Spitze des Konvents haben wollte, die für die Medien attraktiv waren.
Ich blieb bei meinen kurzen Antworten. »Ja.«
»Wohnen Sie auch im Motel 6?«, fragte sie mit einem gekünstelten Lächeln.
»Nein.«
»Gut. Ich hoffe, Sie haben eine repräsentativere Unterkunft gefunden. Eine zukünftige Hohepriesterin sollte schließlich ihren Stolz haben. Ich wohne im Renaissance in der Stadt, und Sie?«
Sie begann, mich zu nerven. »Zu Hause.«
»Oh«, sagte sie gedehnt und kniff die blauen Augen zusammen. »Dann sind Sie also die hiesige Kandidatin.« Sie streckte die rechte Hand aus. »Ich bin Hunter. Hunter Hopewell.«
Ich war vorgewarnt, als alle im Raum Anwesenden erwartungsvoll den Blick hoben.
Hexen, vor allem die dominanten, aggressiven unter ihnen, besitzen eine Angewohnheit, die dem Macho-Handschlag der Männer, bei dem dessen Festigkeit darüber entscheidet, wer von beiden männlicher ist, ganz ähnlich ist. Hunter Hopewell hatte vor, mir einen Schlag mit der Energie ihrer Aura zu versetzen, um herauszufinden, ob meine schwächer oder stärker war. Die Energie wurde durch die rechte Hand abgeleitet. Ich kannte den Trick, hatte aber bisher weder Grund noch Lust gehabt, Spielchen wie dieses anzuwenden, weshalb ich jetzt zögerte.
Mir fiel ein Experiment zur Demonstration von Leitfähigkeit aus der Schule ein. Die ganze Klasse hatte sich an den Händen gefasst. An einem Ende hatte jemand die Elektrizitätsquelle, mit niedriger Spannung natürlich, berührt, am anderen jemand die metallene Ablage für die Kreide. Alle hatten einen elektrischen Schlag bekommen. Ich war diejenige gewesen, die das Metall angefasst hatte. Damals hatte der Versuch Spaß gemacht, denn wie die meisten Teenager besaß ich eine sadistische Ader, sodass es mich mit Genugtuung erfüllte, als gewisse Klassenkameraden einen leichten Schlag verpasst bekamen.
An diesen sadistischen Teenager, der ich mal gewesen war, dachte ich jetzt, als ich Spannung in meine Handfläche leitete und Hunters Hand mit derselben Schadenfreude packte, die ich damals auf der Highschool empfunden hatte.
Nichts geschah.
Hunters Augen verengten sich erneut. Ich hob die Mundwinkel. Da nichts passierte, mussten wir ähnlich stark sein. Oder mein neues Stigma glich ihren Schock aus.
Das Telefon klingelte. Die Sekretärin nahm den Hörer ab: »Ja?«
»Ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, sagte Hunter Hopewell und ließ meine Hand los.
»Ich hatte ihn auch nicht genannt.«
Die Sekretärin legte den Hörer auf und drehte ihren Stuhl zu uns herum. »Lydia wird Sie jetzt empfangen.«
Hunter wollte um den Tisch herumgehen.
»Oh, nicht Sie, Miss Hopewell. Ich meinte Miss Alcmedi.«
Dass die Frau meinen Namen kannte und ihn sogar richtig aussprach, überraschte mich. Als ich ihr dankte, fiel mir wieder ein, woher ich sie kannte. »Mandy, richtig? Aus Vivians Café in Cleveland?«
Ein verlegenes Lächeln huschte über ihr rundes Gesicht. »Sie haben jetzt eine andere Haarfarbe.« Damals war ihr Haar braun gewesen.
Sie strich sich über das strohig blonde, lange Haar, das ihr über die Schultern fiel. »Ja, die Veränderung war Vivians Idee.«
Ich fragte mich, zu welchen Dummheiten Vivian sie noch angestiftet hatte. Armes Mädchen. Fieberhaft suchte ich nach einem Kompliment, das ich ihr machen könnte, doch vergeblich: Mir fiel keins ein. Diese gebleichte Krause würde niemandem stehen, und ich brachte es einfach nicht über mich zu lügen.
Mandy sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte ich.
»Ich vermisse sie so.«
»Oh.« Was sollte ich nun darauf sagen? Es hätte wohl einen schalen Beigeschmack gehabt, wenn ausgerechnet ich, die Vivian auf dem Gewissen hatte, versuchen würde, Mandy zu trösten.
»Fast zwei Jahre lang war ich Vivians Assistentin und ihr Protegé. Man sollte doch meinen, dass sie wenigstens mit mir gesprochen hätte, bevor sie ging.« Sie verdrehte wieder die Augen, während sie sie trocken tupfte. Wenigstens einer, der gut von Vivian gedacht hatte. »Ich hätte nicht erwartet, dass Sie sich noch an mich erinnern«, sagte sie.
Meine Erinnerung hatte einen Grund. Der Kaffee, den sie mir zubereitet hatte, hatte grässlich geschmeckt - was aber auch daran gelegen haben konnte, dass ich kurz zuvor von dem Mord an Lorrie erfahren hatte. Ich zuckte die Achseln. »Zuerst hat mich die neue Haarfarbe irritiert. Ich bin wiederum erstaunt, dass Sie mich erkannt haben.«
»Vivian hat nicht sehr oft jemanden in ihr Büro mitgenommen ... « Mandy hielt inne. »Wie geht es dem Mädchen?«
»Sie gewöhnt sich gut ein«, sagte ich und begann, um den Schreibtisch herumzugehen. »Danke, dass Sie nachfragen.«
»Aber ich war zuerst hier«, protestierte Hunter.
»Ich weiß«, presste Mandy durch ihre zusammengebissenen Zähne hindurch. »Sie sind seit genau dreiunddreißig Minuten und«, sie warf einen Blick auf die Wanduhr, »vierzehn Sekunden hier.«
»Dann wird die einheimische Kandidatin wohl schon jetzt bevorzugt«, verkündete Hunter. »Warum findet überhaupt ein Eximium statt, wenn die Entscheidung bereits gefallen ist?«
Ich stand in der Tür und blickte sie fragend über die Schulter hinweg an.
»Wer zuerst erscheint, sollte auch zuerst drankommen«, beschwerte sie sich.
»Meine Güte, finden Sie sich einfach damit ab«, sagte Mandy. Hunter gab einen verächtlichen Laut von sich und hob das Kinn.
»Wissen Sie«, sagte ich zu Hunter, »eine Hohepriesterin sollte auch den Unterschied zwischen Stolz und Arroganz kennen.« Damit schloss ich die Tür hinter mir.
Lydia machte einen zerbrechlichen Eindruck, wie sie mit sanftmütiger Miene in ihrem großen Schreibtischsessel hinter dem schweren Mahagonitisch saß, aber ich wusste es besser. Sie erhob sich, um mich zu begrüßen. Ihr übliches kariertes Sommer kleid hatte sie gegen einen dünnen weißen Rollkragenpullover, einen grünen Pulli mit breitem Kragen und einen langen braunen Cord rock eingetauscht. Offensichtlich war ihr kalt.
Wir umarmten uns, bevor ich mich auf einem Stuhl vor dem
Schreibtisch niederließ. »Sind die alle so?«, fragte ich. »Nein, der Göttin sei Dank. Hunter ist die Schlimmste.« »Gut.«
»Nein, Seph. Das ist schlecht.«
»Warum?«
»Weil sie das Eximium gewinnen wird, wenn du nicht antrittst.«
Ich runzelte die Stirn. Mich beschlich das Gefühl, dass ich gerade manipuliert wurde. Lydia hatte gewusst, dass ich herkommen würde, um meiner Nominierung zu widersprechen, darauf hätte ich wetten können. Wahrscheinlich hatte sie nur darauf gewartet, dass Hunter durch die Tür kam, um mich im nächsten Moment anzurufen. Sie hatte damit gerechnet, dass ich mich sofort auf den Weg machen würde, und hatte Hunter in der Zwischenzeit warten lassen, damit diese gereizt war, wenn wir aufeinandertrafen. Lydia baute darauf, dass ich dann meine Meinung ändern und doch am Eximium teilnehmen würde. Diese schlaue alte Hexe.
»Was ist?« Forschend betrachtete sie meine nachdenkliche Miene. »Sag mir nicht, du hast sie nicht sofort durchschaut.« »Lydia.«
»Hat sie dir einen Schlag verpasst?«
»Sie hat es versucht.«
»Ich wusste es.« Lydias Miene hellte sich auf, als sie mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. »Aber bei dir hat sie es nicht geschafft, was?« Sie klopfte mit ihren knotigen Fingern auf den Tisch. »Sie hat bereits jede in diesem Büro erwischt, außer die arme kleine Mandy. Die hat Hunter einfach ignoriert, als sie ihr die Hand hinstreckte. Sie hat nur weitergetippt und gesagt: ›Wenn Sie mich beeindrucken wollen, dann stecken Sie sich beide Daumen in den Hintern und laufen auf Ihren Ellbogen.‹« Lydia kicherte. »Sie wirkt so harmlos, und dann rutscht ihr plötzlich so was raus!«
Als ich aufgehört hatte zu lachen, sagte ich ernst: »Gerade eben dachte ich für einen Moment, Mandy würde anfangen zu weinen.«
Lydia seufzte. »Ohne Vivian fühlt sie sich verloren.« Sie beugte sich näher, stützte einen Ellbogen auf den Schreibtisch und hielt die hohle Hand vor den Mund. »Außerdem leidet sie unter Stimmungsschwankungen«, flüsterte sie. »Wahrscheinlich hat sie ihre Tage.« Sie lehnte sich zurück und fuhr wieder in normaler Lautstärke fort: »Aber wenn Hunter dir keinen Schlag verpasst hat, bestätigt das nur meine Meinung. Du darfst dich nicht einfach weigern.«
Ich konnte ihr schlecht sagen, dass es wohl eher ein Vampirstigma gewesen war, das Hunters Energie ausgeglichen hatte, also quälte ich hervor: »Das ist alles sehr ... ich weiß nicht. Aber - «
»Ich weiß, ich weiß. Du bist nur gekommen, um deine Nominierung zurückzuziehen.« Sie zog eine Schublade auf und begann darin herumzukramen. »Vivian war so organisiert, und ich habe nur eine Woche gebraucht, um ihre Ordnung in ein Chaos zu verwandeln. Die arme Mandy hat es wirklich nicht leicht mit mir.« Sie wühlte heftiger. »Wo ist denn bloß das Formular?«
»Das Formular?«
Lydia nickte und suchte weiter.
»Aber warum muss ich ein Formular ausfüllen? Ich habe ja auch keines ausgefüllt, um mich anzumelden.«
»Nein, du nicht, aber ich. Die Ältesten verlangen eine formelle Benachrichtigung, wenn sie selbst die hiesige Kandidatin aussuchen sollen.«
»Mit Konventpolitik kenne ich mich nicht aus.«
»Natürlich nicht, du bist ja auch eine Einzelgängerin.« Sie schloss die Schublade und öffnete eine andere. »Vor einer Sekunde habe ich es doch noch gesehen ... «
»Warum kannst du nicht einfach jemand anderen benennen?«
»Das ist nicht erlaubt. Wenn die Kandidatin, die ich ausgesucht habe, ablehnt, dann kommen die Ältesten ein paar Tage früher als geplant zusammen, um aus allen Mitgliedern des Konvents einen Ersatz auszusuchen.« Sie fixierte mich mit verärgerter Miene. »Reine Zeitverschwendung, das steht jetzt schon fest.«
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
Im Tempel war ich bisher nur ein Mal, vor fast einem Jahrzehnt, gewesen, als ich mich offiziell als Erwachsene ins Register eingetragen und erklärt hatte, eine Einzelgängerin zu sein - eine Hexe, die allein praktizierte, aber weiterhin Stimmrecht besaß. Damals war der Tempel ein einfacher quadratischer Betonklotz auf einem eineinhalb Hektar großen Feld gewesen. An jeder Seite befand sich ein Garagentor, das geöffnet werden konnte, um die Natur hereinzulassen, ohne dass es hereinregnete. Ich war überrascht, als ich nun ein beeindruckendes rundes Bauwerk mit einer geodätischen Kuppel inmitten einer gepflegten Grünanlage erblickte. Mauern aus Naturstein erhoben sich in einem natürlich gestalteten Park, daneben gab es einen breiten, gepflasterten Parkplatz. Der Rasen war so säuberlich gepflegt wie ein Golfplatz, und in jeder der vier Ecken erhoben sich Holunder, Eschen, Eichen und Dornenbüsche. In dem Park war genug Platz, um Rituale abzuhalten, und im kalten Winter Ohios fanden die Konventmitglieder Schutz und Bequemlichkeit im Innenraum. Eine perfekte Mischung aus traditionellen Hexensymbolen - die Natur, der Kreis, das Dreieck -, aber ausgestattet mit dem Komfort derer, die ihn sich leisten konnten.
Der neue Tempel war wohl Vivians Vermächtnis. Sie hatte das alte Gebäude niederreißen lassen und es mithilfe des Geldes ihrer Lieblingsschäfchen durch diese turnhallengroße Anlage ersetzt.
Als ich das Gebäude jetzt umrundete, erinnerten die Dreiecke der Kuppel mich an die geodätischen Linien der Erde, die Leylinien, von denen eine auch durch die Felder hinter meinem Haus führte und meine Schutzzauber mit Energie versorgte.
Ich parkte meinen Wagen, einen Toyota Avalon, den ich vor allem wegen seines Namens und weniger wegen seines Aussehens oder seines Benzinverbrauchs gekauft hatte. Ich war nun einmal ein großer Fan von König Artus und konnte mich für alles begeistern, was mit der Artussage zusammenhing. Als ich die Tür öffnete und ausstieg, empfing mich kühle Abendluft. Da für später Regen angekündigt war, wollte ich rechtzeitig wieder zu Hause sein, um ein paar Getreidehalme als Halloweendekoration von den Feldern zu holen.
Riesige Holztüren führten aus allen vier Himmelsrichtungen in den Tempel. In die, der ich mich nun näherte, war ein großes O für Osteingang geritzt worden, was ich auch aus dem dunkler werdenden Abendhimmel in meinem Rücken hätte schließen können. Über der Tür hing eine Holztafel mit dem kunstvoll geschnitzten Gesicht eines Grünen Mannes und der Inschrift: »Frohes Treffen, frohes Scheiden«. Trotz ihres Gewichts ließ sich die Tür leicht aufdrücken.
Drinnen war es beinahe stockfinster. Über mir an der Decke funkelten winzige Lichter wie Sterne am Himmel und erhellten die zulaufenden Spitzen eines Pentagramms aus rötlichem Kirschholz, das in den hellen Kiefernholzboden eingelassen war. An meinem Standort und um den hölzernen Kreis herum war der Boden aus strapazierfähigem körnigem Waschbeton in Erdtönen.
»Hallo?«, flüsterte die Leylinie vorsichtig, als versteckte sie sich weit entfernt.
Auch die Leylinie auf meinem Grundstück hatte schon zu mir gesprochen, als ich zum ersten Mal durch das Kornfeld hinter meinem Haus gegangen war. Seitdem spürte ich dort jedes Mal ein Pulsieren, so als würde mir ein Nachbar von der anderen Straßenseite grüßend zuwinken. Jemand, der nicht empfänglich für magische Energien war, würde sie weder spüren noch hören, doch alle anderen hatten in ihrer Nähe etwas wie eine böse Vorahnung, ein Gefühl, das die meisten Menschen als unheimlich beschreiben würden.
»Hallo«, flüsterte ich zurück.
Der Geruch von Ylang-Ylang stieg mir in die Nase, und ich nahm Energiereste wahr. Meine Schritte hallten laut, als ich weiter in den Raum hineinging, und langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit.
Ich hörte ein Geräusch zu meiner Linken.
Ein paar Stufen führten zu einer circa drei Meter erhöhten Empore hinauf, die an der Innenseite des Bauwerks herumführte. Wie praktisch: ein Bereich für die Medien, von dem aus die Kameras gute Sicht auf die Rituale hatten. Sieh mal einer an, Vivian und ihre Leute hatten wirklich an alles gedacht.
Doch das Geräusch, das ich gehört hatte, kam nicht von dort oben. Von einer breiten Treppe, die zwischen der zweiflügligen Osttür, durch die ich die Tempelhalle betreten hatte, und der Südtür nach unten führte, drang Licht herauf. Ich vernahm Stimmen und das Klingeln eines Telefons und ging die Stufen hinunter.
»Venefica-Tempel.« Pause. »Ja, wir haben Ihr Fax bekommen.«
Am Fuß der Treppe sah ich mich um und entdeckte Hinweispfeile, Toilettenschilder und eine Glaswand, hinter der sich ein Büro befand. Die Tür zu dem Raum war nur angelehnt. Drinnen saß eine künstlich aussehende Blondine an einem Schreibtisch, den Stift hielt sie über einem Notizblock, während sie die mit dickem Lidstrich betonten Augen verdrehte. Sie kam mir bekannt vor, aber ich hatte keine Ahnung, woher. Eine andere Frau lehnte an einem mittelhohen Tresen, zwei weitere saßen auf gepolsterten Stühlen an der Wand und blätterten in den Zeitschriften New Witch und Green Egg.
»Okay«, sagte die Frau am Telefon, »ich mache eine Notiz in Ihrer Akte, Miss Taylor ... Sie steigen im Motel 6 am Flughafen ab. Natürlich werden wir Sie dort anrufen.«
Bei den Worten Motel 6 kicherte die Frau am Tresen und drehte sich zu mir herum. Ihr kritischer Blick wanderte über meine Trekkingstiefel, die Jeans, das schwarze T-Shirt und das dunkle Flanellhemd. »Sind Sie hier, um die Anlage winterfest zu machen?«
»Die Anlage?«
Sie wedelte mit der Hand. »Na, die Tempelanlage.« Sie klang verärgert, als würde ich ihre Zeit verschwenden.
Dachte sie etwa, ich wäre die Gärtnerin? »Nein«, entgegnete ich ruhig.
»Sagen Sie bloß nicht, Sie wollen sich für das Eximium einschreiben?« Sie verschränkte die Arme, musterte mich noch einmal von oben bis unten und lachte.
Eigentlich hatte ich für heute Abend vorgehabt, Korn zu schneiden und zu Garben zu binden. Als Nana mich ins Haus ans Telefon gerufen hatte, hatte ich gerade mit Beverly und Ares, unserer schwarzen Dänischen Dogge, im Garten gespielt. Nach dem Gespräch mit Lydia hatte ich mich sofort auf den Weg gemacht. Dass es im Tempel eine Kleiderordnung gab, war mir neu. »Und wenn es so wäre?«
»Wollen Sie sich nun einschreiben oder nicht?«, fragte sie schroff.
Sie war braun gebrannt, groß und spindeldürr. Das glatte, blauschwarz glänzende Haar reichte ihr bis zu den Ellbogen. Das fachkundig aufgetragene Make-up war bis auf den feuerroten Lippenstift in natürlichen Farben gehalten. Ihre teure weiße Bluse war makellos, die Manschetten hatte sie lässig umgeschlagen. Die enge dunkle Designerjeans hatte auf der Vorderseite eine rasiermesserscharfe Bügelfalte, die Hosenbeine waren unten breit hochgekrempelt, um die zarten Knöchel der Frau zu betonen - an einem hing ein goldenes Kettchen. Dazu trug sie Pumps, die farblich zu ihrem Lippenstift passten.
Ich musste an Lydias Bemerkung denken, dass der WEC smarte, intelligente und junge Frauen an der Spitze des Konvents haben wollte, die für die Medien attraktiv waren.
Ich blieb bei meinen kurzen Antworten. »Ja.«
»Wohnen Sie auch im Motel 6?«, fragte sie mit einem gekünstelten Lächeln.
»Nein.«
»Gut. Ich hoffe, Sie haben eine repräsentativere Unterkunft gefunden. Eine zukünftige Hohepriesterin sollte schließlich ihren Stolz haben. Ich wohne im Renaissance in der Stadt, und Sie?«
Sie begann, mich zu nerven. »Zu Hause.«
»Oh«, sagte sie gedehnt und kniff die blauen Augen zusammen. »Dann sind Sie also die hiesige Kandidatin.« Sie streckte die rechte Hand aus. »Ich bin Hunter. Hunter Hopewell.«
Ich war vorgewarnt, als alle im Raum Anwesenden erwartungsvoll den Blick hoben.
Hexen, vor allem die dominanten, aggressiven unter ihnen, besitzen eine Angewohnheit, die dem Macho-Handschlag der Männer, bei dem dessen Festigkeit darüber entscheidet, wer von beiden männlicher ist, ganz ähnlich ist. Hunter Hopewell hatte vor, mir einen Schlag mit der Energie ihrer Aura zu versetzen, um herauszufinden, ob meine schwächer oder stärker war. Die Energie wurde durch die rechte Hand abgeleitet. Ich kannte den Trick, hatte aber bisher weder Grund noch Lust gehabt, Spielchen wie dieses anzuwenden, weshalb ich jetzt zögerte.
Mir fiel ein Experiment zur Demonstration von Leitfähigkeit aus der Schule ein. Die ganze Klasse hatte sich an den Händen gefasst. An einem Ende hatte jemand die Elektrizitätsquelle, mit niedriger Spannung natürlich, berührt, am anderen jemand die metallene Ablage für die Kreide. Alle hatten einen elektrischen Schlag bekommen. Ich war diejenige gewesen, die das Metall angefasst hatte. Damals hatte der Versuch Spaß gemacht, denn wie die meisten Teenager besaß ich eine sadistische Ader, sodass es mich mit Genugtuung erfüllte, als gewisse Klassenkameraden einen leichten Schlag verpasst bekamen.
An diesen sadistischen Teenager, der ich mal gewesen war, dachte ich jetzt, als ich Spannung in meine Handfläche leitete und Hunters Hand mit derselben Schadenfreude packte, die ich damals auf der Highschool empfunden hatte.
Nichts geschah.
Hunters Augen verengten sich erneut. Ich hob die Mundwinkel. Da nichts passierte, mussten wir ähnlich stark sein. Oder mein neues Stigma glich ihren Schock aus.
Das Telefon klingelte. Die Sekretärin nahm den Hörer ab: »Ja?«
»Ich habe Ihren Namen nicht verstanden«, sagte Hunter Hopewell und ließ meine Hand los.
»Ich hatte ihn auch nicht genannt.«
Die Sekretärin legte den Hörer auf und drehte ihren Stuhl zu uns herum. »Lydia wird Sie jetzt empfangen.«
Hunter wollte um den Tisch herumgehen.
»Oh, nicht Sie, Miss Hopewell. Ich meinte Miss Alcmedi.«
Dass die Frau meinen Namen kannte und ihn sogar richtig aussprach, überraschte mich. Als ich ihr dankte, fiel mir wieder ein, woher ich sie kannte. »Mandy, richtig? Aus Vivians Café in Cleveland?«
Ein verlegenes Lächeln huschte über ihr rundes Gesicht. »Sie haben jetzt eine andere Haarfarbe.« Damals war ihr Haar braun gewesen.
Sie strich sich über das strohig blonde, lange Haar, das ihr über die Schultern fiel. »Ja, die Veränderung war Vivians Idee.«
Ich fragte mich, zu welchen Dummheiten Vivian sie noch angestiftet hatte. Armes Mädchen. Fieberhaft suchte ich nach einem Kompliment, das ich ihr machen könnte, doch vergeblich: Mir fiel keins ein. Diese gebleichte Krause würde niemandem stehen, und ich brachte es einfach nicht über mich zu lügen.
Mandy sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte ich.
»Ich vermisse sie so.«
»Oh.« Was sollte ich nun darauf sagen? Es hätte wohl einen schalen Beigeschmack gehabt, wenn ausgerechnet ich, die Vivian auf dem Gewissen hatte, versuchen würde, Mandy zu trösten.
»Fast zwei Jahre lang war ich Vivians Assistentin und ihr Protegé. Man sollte doch meinen, dass sie wenigstens mit mir gesprochen hätte, bevor sie ging.« Sie verdrehte wieder die Augen, während sie sie trocken tupfte. Wenigstens einer, der gut von Vivian gedacht hatte. »Ich hätte nicht erwartet, dass Sie sich noch an mich erinnern«, sagte sie.
Meine Erinnerung hatte einen Grund. Der Kaffee, den sie mir zubereitet hatte, hatte grässlich geschmeckt - was aber auch daran gelegen haben konnte, dass ich kurz zuvor von dem Mord an Lorrie erfahren hatte. Ich zuckte die Achseln. »Zuerst hat mich die neue Haarfarbe irritiert. Ich bin wiederum erstaunt, dass Sie mich erkannt haben.«
»Vivian hat nicht sehr oft jemanden in ihr Büro mitgenommen ... « Mandy hielt inne. »Wie geht es dem Mädchen?«
»Sie gewöhnt sich gut ein«, sagte ich und begann, um den Schreibtisch herumzugehen. »Danke, dass Sie nachfragen.«
»Aber ich war zuerst hier«, protestierte Hunter.
»Ich weiß«, presste Mandy durch ihre zusammengebissenen Zähne hindurch. »Sie sind seit genau dreiunddreißig Minuten und«, sie warf einen Blick auf die Wanduhr, »vierzehn Sekunden hier.«
»Dann wird die einheimische Kandidatin wohl schon jetzt bevorzugt«, verkündete Hunter. »Warum findet überhaupt ein Eximium statt, wenn die Entscheidung bereits gefallen ist?«
Ich stand in der Tür und blickte sie fragend über die Schulter hinweg an.
»Wer zuerst erscheint, sollte auch zuerst drankommen«, beschwerte sie sich.
»Meine Güte, finden Sie sich einfach damit ab«, sagte Mandy. Hunter gab einen verächtlichen Laut von sich und hob das Kinn.
»Wissen Sie«, sagte ich zu Hunter, »eine Hohepriesterin sollte auch den Unterschied zwischen Stolz und Arroganz kennen.« Damit schloss ich die Tür hinter mir.
Lydia machte einen zerbrechlichen Eindruck, wie sie mit sanftmütiger Miene in ihrem großen Schreibtischsessel hinter dem schweren Mahagonitisch saß, aber ich wusste es besser. Sie erhob sich, um mich zu begrüßen. Ihr übliches kariertes Sommer kleid hatte sie gegen einen dünnen weißen Rollkragenpullover, einen grünen Pulli mit breitem Kragen und einen langen braunen Cord rock eingetauscht. Offensichtlich war ihr kalt.
Wir umarmten uns, bevor ich mich auf einem Stuhl vor dem
Schreibtisch niederließ. »Sind die alle so?«, fragte ich. »Nein, der Göttin sei Dank. Hunter ist die Schlimmste.« »Gut.«
»Nein, Seph. Das ist schlecht.«
»Warum?«
»Weil sie das Eximium gewinnen wird, wenn du nicht antrittst.«
Ich runzelte die Stirn. Mich beschlich das Gefühl, dass ich gerade manipuliert wurde. Lydia hatte gewusst, dass ich herkommen würde, um meiner Nominierung zu widersprechen, darauf hätte ich wetten können. Wahrscheinlich hatte sie nur darauf gewartet, dass Hunter durch die Tür kam, um mich im nächsten Moment anzurufen. Sie hatte damit gerechnet, dass ich mich sofort auf den Weg machen würde, und hatte Hunter in der Zwischenzeit warten lassen, damit diese gereizt war, wenn wir aufeinandertrafen. Lydia baute darauf, dass ich dann meine Meinung ändern und doch am Eximium teilnehmen würde. Diese schlaue alte Hexe.
»Was ist?« Forschend betrachtete sie meine nachdenkliche Miene. »Sag mir nicht, du hast sie nicht sofort durchschaut.« »Lydia.«
»Hat sie dir einen Schlag verpasst?«
»Sie hat es versucht.«
»Ich wusste es.« Lydias Miene hellte sich auf, als sie mit der flachen Hand auf den Tisch schlug. »Aber bei dir hat sie es nicht geschafft, was?« Sie klopfte mit ihren knotigen Fingern auf den Tisch. »Sie hat bereits jede in diesem Büro erwischt, außer die arme kleine Mandy. Die hat Hunter einfach ignoriert, als sie ihr die Hand hinstreckte. Sie hat nur weitergetippt und gesagt: ›Wenn Sie mich beeindrucken wollen, dann stecken Sie sich beide Daumen in den Hintern und laufen auf Ihren Ellbogen.‹« Lydia kicherte. »Sie wirkt so harmlos, und dann rutscht ihr plötzlich so was raus!«
Als ich aufgehört hatte zu lachen, sagte ich ernst: »Gerade eben dachte ich für einen Moment, Mandy würde anfangen zu weinen.«
Lydia seufzte. »Ohne Vivian fühlt sie sich verloren.« Sie beugte sich näher, stützte einen Ellbogen auf den Schreibtisch und hielt die hohle Hand vor den Mund. »Außerdem leidet sie unter Stimmungsschwankungen«, flüsterte sie. »Wahrscheinlich hat sie ihre Tage.« Sie lehnte sich zurück und fuhr wieder in normaler Lautstärke fort: »Aber wenn Hunter dir keinen Schlag verpasst hat, bestätigt das nur meine Meinung. Du darfst dich nicht einfach weigern.«
Ich konnte ihr schlecht sagen, dass es wohl eher ein Vampirstigma gewesen war, das Hunters Energie ausgeglichen hatte, also quälte ich hervor: »Das ist alles sehr ... ich weiß nicht. Aber - «
»Ich weiß, ich weiß. Du bist nur gekommen, um deine Nominierung zurückzuziehen.« Sie zog eine Schublade auf und begann darin herumzukramen. »Vivian war so organisiert, und ich habe nur eine Woche gebraucht, um ihre Ordnung in ein Chaos zu verwandeln. Die arme Mandy hat es wirklich nicht leicht mit mir.« Sie wühlte heftiger. »Wo ist denn bloß das Formular?«
»Das Formular?«
Lydia nickte und suchte weiter.
»Aber warum muss ich ein Formular ausfüllen? Ich habe ja auch keines ausgefüllt, um mich anzumelden.«
»Nein, du nicht, aber ich. Die Ältesten verlangen eine formelle Benachrichtigung, wenn sie selbst die hiesige Kandidatin aussuchen sollen.«
»Mit Konventpolitik kenne ich mich nicht aus.«
»Natürlich nicht, du bist ja auch eine Einzelgängerin.« Sie schloss die Schublade und öffnete eine andere. »Vor einer Sekunde habe ich es doch noch gesehen ... «
»Warum kannst du nicht einfach jemand anderen benennen?«
»Das ist nicht erlaubt. Wenn die Kandidatin, die ich ausgesucht habe, ablehnt, dann kommen die Ältesten ein paar Tage früher als geplant zusammen, um aus allen Mitgliedern des Konvents einen Ersatz auszusuchen.« Sie fixierte mich mit verärgerter Miene. »Reine Zeitverschwendung, das steht jetzt schon fest.«
© 2011 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.
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Autoren-Porträt von Linda Robertson
Neben ihrer Tätigkeit als Autorin beschäftigt sich Linda Robertson auch mit Malerei und Musik. Sie spielt Piano und E-Gitarre in einer Hard-Rock-Band.
Bibliographische Angaben
- Autor: Linda Robertson
- 2011, 380 Seiten, Maße: 12,6 x 17,9 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Stefanie Zeller
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802583523
- ISBN-13: 9783802583520
- Erscheinungsdatum: 02.08.2011
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