Ins dunkle Herz Afrikas
1989: Zwanzig Jahre nach seiner Flucht durch den wilden Norden plagen Ian Cargill immer noch Alpträume. Er setzt sich darüber hinweg, weil er Henriettas Heimweh nach Südafrika spürt, und schenkt seiner Frau eine Reise.
Der Schattenvogel erwartet sie:...
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1989: Zwanzig Jahre nach seiner Flucht durch den wilden Norden plagen Ian Cargill immer noch Alpträume. Er setzt sich darüber hinweg, weil er Henriettas Heimweh nach Südafrika spürt, und schenkt seiner Frau eine Reise.
Der Schattenvogel erwartet sie: Henrietta wird entführt und mit einer der dunklen Seiten Afrikas konfrontiert. Aber es winkt eine glückliche Rettung. Doch sie müssen noch einmal das Land umgehend verlassen. Erst nachdem Nelson Mandela 1994 Präsident wird, steht ihnen der Weg zurück in ihre afrikanische Heimat endlich offen.
Stefanie Gercke hat sekbst lange in Afrika gelebt.
Ins dunkle Herz Afrikas von Stefanie Gercke
LESEPROBE
März 1968
Ein ausgetrampelter Nashornpfad im Busch von Zululand
Die Sommerregen waren spärlich gefallen dieses Jahr, und flirrende Hitze lagüber dem weiten Tal. Die brutale afrikanische Sonne versengte Grasspitzen zustumpfem Gold, sog den Saft aus Bäumen und Blättern, entzog der Haut allerLebewesen auch noch den letzten Rest von Feuchtigkeit. Der glühende Himmelerstickte jedes Geräusch. Das hohe Sirren der Zikaden, das sanfte Gurgeln desFlusses, das Knistern des trockenen Buschs verstärkten nur die Stille. DieVögel duckten sich in den tiefen Schatten, Reptilien suchten Kühlung in ihrenLöchern unter den Felsen, zwei Flusspferde trieben reglos in einem Wasserloch,Augenhöcker und Nüstern aufmerksam aus dem Wasser gestreckt. Der Schlamm aufihren massigen Rücken war zu einer gelben Kruste getrocknet.
Die beiden Männer gingen hintereinander auf dem schmalen Sandweg, der sichzwischen Dickicht und Felsvorsprüngen an dem abfallenden Ufer des trägefließenden Flusses dahinschlängelte. Der hintere trug die Kakiuniform einesWildhüters, die Maschinenpistole hing am Riemen über seine rechte Schulter, inseiner linken Faust hielt er einen Strick, mit dem die Handgelenke des anderenMannes auf dem Rücken gefesselt waren. Blut tropfte dem Mann, der fast einenKopf größer war als der Wildhüter, aus einer Halswunde, trocknete auf Schulterund Rücken seines T-Shirts zu einer steifen, rostroten Fläche. Schweiß rann ihmin Strömen aus den schwarzen Haaren, lief ihm in die Augen, die er gegen diegleißende Helligkeit zu Schlitzen geschlossen hielt. Als ein Sonnenstrahl sietraf, blitzten sie in einem ungewöhnlich intensiven Violettblau auf.
Die Entzündung der Wundränder, die bereits die Haut rot färbte, verursachte ihmerhebliche Schmerzen, und der Schock über seine Gefangennahme verlangsamte nochimmer seine Reaktionen. Innerlich flüchtete er sich zurück
Nein, dachte er, das konnte nicht sein, es war unmöglich, dass das Lebeneinfach so weiterging, seit er ihr die letzten Worte zugeflüstert hatte. Ichliebe dich, Honey, mehr als mein Leben.
Ihre Antwort war nur ein Hauch gewesen, aber sie hallte in ihm nach wieKirchengeläut. Ich liebe dich, mein Herz, ich liebe dich.
In einer Woche ist alles vorbei, hatte er ihr versprochen, warte auf mich im"Belle-Epoque".
In einer Woche! Vier Tage ab heute gerechnet, die tiefer schienen als jedeSchlucht, höher als jeder Berg, weiter als jeder Ozean. Das Seil schnitt inseine Handgelenke, er fühlte den Lauf der Maschinenpistole im Rücken. Er musstesich befreien! Ihretwegen musste er es schaffen. In vier Tagen würde sie im"Belle-Epoque" sitzen, dem Hotel am Genfer See, die Arme schützend umdie Zwillinge gelegt, und warten. Jede Faser ihres Körpers würde auf ihn warten.Sie würde sich mit den Kindern beschäftigen, sich ablenken, für sie würde siefröhlich sein, sich nur jede Stunde erlauben, auf die Uhr zu sehen. Aber dieZeit würde verrinnen wie Wasser im Sand, und sie würde warten. Wann würde sieunruhig werden? Wann würde sie wissen, dass er nicht mehr kommen würde - niemehr kommen würde?
Plötzlich, aus weiter Ferne, irgendwo aus dem Hitzeschleier über dem Busch,klang schwach das aufgeregte Kläffen mehrerer Hunde herüber, die offenbar seinefrische Fährte gefunden hatten.
Der Mann mit den gefesselten Händen zuckte zusammen, alle seine Sinnevibrierten. Hunde! Polizisten suchten ihn, Agenten des Büros fürStaatssicherheit, im Volksmund BOSS genannt. Schon seit Tagen waren sie hinterihm her. Aufs Höchste gespannt lauschte er auf das aufgeregte Gebell der Hunde.
"Die Hunde sind am schlimmsten, riesige, gelbe Viecher - Ridgebacks, fürdie Löwenjagd gezüchtet. Die haben ein Gebiss wie eine Hyäne und sindangriffslustig wie ein Hai im Blutrausch", hatte Vilikazi, sein schwarzerFreund, ihn gewarnt. "Sie mischen ihnen etwas ins Futter, es macht sierasend. Die springen dich an und reißen dir glatt die Kehle raus!" SeineGrimasse war überdeutlich gewesen. "Dann kannst du nur hoffen, dass siedich erschießen, bevor die Hunde dich zerfleischen!"
Wurde das Gebell lauter? Kamen die Hunde näher? Vor Jahren, nachts im Busch,hatte er jene entsetzlichen Laute gehört: Knurren, Grollen, Jaulen, dazwischenjämmerliches Blöken, dann ein Schrei, der sich ins Kreischen steigerte und ineinem langen Seufzer erstarb. Danach nur noch Schmatzen, Knacken von Knochen,Schlürfen von Blut. Im Scheinwerferlicht hatte er sie dann entdeckt: eine Meutevon Hyänen, die eine zierliche Impala gerissen hatten. Ihre Gesichter warennass vom Blut der Gazelle, es tropfte ihnen von den Lefzen, färbte ihre Brustund ihre Läufe. Kurz hatten sie in das Licht gestarrt, dann machten sie sichwieder über ihre Beute her.
Würde er bald die Beute der Ridgebacks sein, würden sie sein Blut trinken?
Halt die Klappe, du Bastard, schrie er sich innerlich an, du musst für sie unddie Kinder am Leben bleiben!
Die Polizei war längst bei ihr aufgetaucht, dessen war er sich sicher, dieAgenten, die Männer mit den kalten Augen und harten Gesichtern. Sie würdenfragen, fragen, fragen, immer wieder fragen. Wo ist Ihr Mann, raus mit derSprache, wo ist Ihr Mann?
Und dann schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, den er bisher nicht zugelassenhatte. Was würden diese Männer einsetzen, um sie zu einer Antwort zu zwingen?
Er stöhnte auf. Wie habe ich sie allein lassen können, was habe ich ihrangetan? Er sah sie vor sich. Sie war so schmal geworden in den letzten zweiWochen, ihre blauen Augen hatten ihren Glanz verloren, ihr Lachen, diesesstrahlende Lachen, war verschwunden, hatte einer marmornen Versteinerung Platzgemacht.
Er stolperte, fühlte den Schlag der Waffe des Wildhüters im Kreuz, und das rissihn aus seiner Verzweiflung, seine Kraft kehrte wieder. Ich bringe dir deinLachen zurück, Liebes, ich verspreche es! Er richtete sich auf. Seine Häscherwürden leer ausgehen.
Kleine Fliegen krochen ihm in Nase und Ohren, saßen auf seiner Wunde, bissenschmerzhaft zu, sobald sie einen Tropfen Feuchtigkeit fanden, winzige Zeckenüberfielen ihn, hingen mittlerweile in Trauben an seinen Beinen. Die Stellen,wo sie ihre Kieferklauen tief in seine Haut geschlagen hatten, juckten zumRasendwerden, aber das ließ seinen Widerstand nur umso größer werden.
Das Gebell erstarb, die Hunde schienen die Fährte wieder verloren zu haben.Sein Herz schlug wieder normal. Sie gingen weiter.
Der schlammige Fluss neben ihnen gurgelte leise, der Pegel in der Sommerhitzewar so weit abgesunken, dass sich Sandinseln in seinem Bett gebildet hatten.Weiße Reiher und Pelikane standen in Gruppen, putzten ihr Gefieder oderverschliefen den heißen Tag mit dem Kopf unter den Flügeln. Ein Nashornvogelquorrte. Auf den abgeschliffenen Felsen in Ufernähe lagen übereinanderfußballgroße Halbkugeln.
Schildkröten, dachte der Gefangene und wünschte sich, sie seinen Kindern zeigenzu können, wie er es ihnen schon so lange versprochen hatte. Aber immer war"morgen" noch Zeit dazu gewesen. Bis zum letzten Donnerstag, als esdiese Zeit plötzlich nicht mehr für ihn gab. (...)
© Droemer Knaur Verlag
Interview mit Stefanie Gercke
"Ich kehrezurück nach Afrika", Ihr erstes Buch um die Heldin Henrietta, endet mitderen Flucht aus dem von Rassenhass geprägten und von Unruhen geschütteltenSüdafrika. Im Nachfolgeroman "Ins dunkle Herz Afrikas" setzt sie dannalles daran, dorthin zurückzukehren. Ist das ein Fehler?
Es geht nicht um Richtig oder Falsch. Henrietta wird von Heimwehnach Afrika zerrissen, sie kann gar nicht anders, und schließlich wird ihreSehnsucht stärker als ihre Angst. Etwas, das mir persönlich auch nicht fremdist.
Wie erlebtHenrietta die Apartheid und wie geht sie damit um?
Da sie selbst in Schwarzafrika geboren ist, in ihrer afrikanischenKindheit nur Zuneigung und Herzlichkeit erlebt hat, ihr Urvertrauen praktisch"schwarz" ist, kann sie es einfach nicht begreifen. Sie beginnt,kritische Fragen zu stellen, und damit fangen ihre Schwierigkeiten an...
Sie haben selbstüber zehn Jahre in Afrika gelebt - zur Zeit der Apartheid. Wie viele Ihrereigenen Erlebnisse und Erfahrungen haben Sie Henrietta mit auf den Weg gegeben?Wie viel Autobiografisches enthält Ihr Werk?
Ursprünglich wollte ich das erste Buch in der Ich'-Formschreiben, aber das ging mir zu nahe, also ließ ich Henrietta nach Afrika gehenund erzählte ihre Geschichte. So konnte ich einiges ändern oder abmildern undnoch mehr dazu erfinden. Meine Protagonisten kommen im Buch wesentlich besserdavon als mein Mann und ich damals. Ich habe es einmal so beschrieben: StellenSie sich einen Baum vor: der Stamm, die großen Äste, das ist mein Leben; dieBlätter und Blüten, alles, was den Baum schön macht, das ist meine Phantasie.Die Szene allerdings, die in "Ich kehre zurück nach Afrika" den Abendin Kwa Mashu beschreibt, hat sich so zugetragen....
Stimmt es, dassdie Sehnsucht Sie zum Schreiben animiert hat? Und wie geht es Ihnen jetzt, imWinter in Deutschland? Wird da das Heimweih nach Afrika noch größer, als esohnehin schon ist?
Da ich, ganz zufälligerweise, wie Henrietta auch auf einer kleinenInsel vor Afrika geboren bin, habe ich, seit ich denken kann, Sehnsucht nachAfrika. Wenn ich schreibe, bin ich dort, spüre die Wärme, höre Afrikas Musik,fühle mich zu Hause - dann kann es hier kalt und dunkel sein, ich nehme es kaumwahr, und mit jedem Wort wird meine Sehnsucht größer. Die Rückkehr in die (imAugenblick eiskalte) Wirklichkeit ist dann allerdings ziemlich hart.
Viele Menschen,die in Afrika gelebt haben, zieht es immer wieder auf diesen Kontinent. WelcheFaszination geht von Afrika aus? Was ist "Ihr" Afrika?
Die Natur ist grandios, wahrlich von gewaltiger Herrlichkeit. Aberdas gibt es auch auf anderen Kontinenten. Mein Afrika ist Wärme undHerzlichkeit, leuchtende Farben und Lebensfreude, ein Gefühl von Dazugehören,von tiefer Ruhe und Seelenfrieden. Das finde ich bei seinen Menschen. Dasromantische Paradies Afrika, wie es oft in Filmen dargestellt wird, istallerdings eine Illusion. In Afrika geht es ums Überleben, in aller Härte undunter wenig paradiesischen Umständen.
Mit"Feuerwind", das im Frühjahr in Deutschland erscheinen wird,schreiben Sie die Geschichte von Catherine fort, die die Leser aus IhremBestseller "Schatten im Wasser" kennen. Die Handlung ist gegen Endedes 19. Jahrhunderts angesiedelt. Mit welchen Konflikten muss CatherinesFamilie zu dieser Zeit rechnen?
Ende 1878 braut sich ein Krieg zwischen den Briten und derZulunation zusammen. Catherines Sohn ist mit einer Zulu verheiratet, und derMittelpunkt ihres Lebens, die Farm Inqaba, liegt im Herzen Zululands. Ein Kriegwäre das Ende ihres bisherigen Daseins. Außerdem weckt der herrliche BesitzBegehrlichkeiten nicht nur bei einigen Zuluhäuptlingen, sondern auch bei AndrewSinclair, der die Steinachs hasst. Er schürt den Hass vieler Kolonialisten nochmit einer Intrige, in deren Zentrum Catherine und ihre Familie stehen. Dabeiwird Catherine ein Ereignis aus ihrer Vergangenheit zum Verhängnis...
Wie haben Sie für"Feuerwind" recherchiert?
Recherchiert habe ich natürlich vor Ort in Südafrika, in derProvinz KwaZuluNatal, in der alle Bücher spielen und wo ich mit meiner Familielange gelebt habe. Über die historischen Gegebenheiten habe ich michhauptsächlich in der Killie Campbell Africana Library in Durban informiert.Außerdem habe ich im Laufe der Zeit eine sehr umfangreiche Sachbuchsammlungaufgebaut. Es sind oft längst vergriffene Bücher, die ich in Antiquariatengefunden habe, unter anderem Tagebücher verschiedener Menschen, die alle in derzweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Natal ausgewandert sind und in und umDurban gelebt haben. Besonders das Tagebuch Khulumani Paulina Dlaminis, derTochter eines Zuluhäuptlings, die von ihrem Vater als "Geschenk" anden Zulukönig Cetshwayo gesandt worden war und ihre Lebenserinnerungen einemdeutschen Missionar diktiert hatte, war außerordentlich aufschlussreich, ebensowie die Familiengeschichte von Freunden und die meiner eigenen Familie, dieAnfang des 20. Jahrhunderts nach Südafrika ausgewandert war.
Wie paradiesisch dort die Natur einmal aussah, welch riesigeWildtierherden das Land bevölkerten, kann man heute bei einem Besuch imHluhluwe-Umfolozi Game Reserve und am St. Lucia Lake erahnen. Beide Gebietewurden Anfang 1895 zum Naturschutzgebiet erklärt.
Die Brigitte hatIhre Bücher als "Breitbandkino in Buchformat" bezeichnet. Was haltenSie von einer Verfilmung von Henriettas oder Catherines Erlebnissen?
Das wäre wunderbar und wahnsinnig aufregend!
Die Fragen stellteEva Hepper, Literaturtest.
- Autor: Stefanie Gercke
- 2006, 600 Seiten, Maße: 11,5 x 18 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: DROEMER KNAUR
- ISBN-10: 3426633213
- ISBN-13: 9783426633212
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