Julia

Roman
 
 
Merken
Merken
 
 
"Dieser Roman ist nicht nur kongenial und sensibel gegenüber dem Original, sondern auch so geistreich geschrieben, dass Orwell sicher die größte Freude an ihm hätte" The TelegraphMit seinem berühmten Roman "1984" gelang George Orwell eine visionäre Dystopie...
lieferbar
versandkostenfrei

Bestellnummer: 147818669

Buch (Gebunden) 24.00
Dekorierter Weihnachtsbaum
In den Warenkorb
  • Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
  • Kostenlose Rücksendung
 
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
 
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
Kommentare zu "Julia"
Sortiert nach: relevanteste Bewertung zuerst
Filtern nach: alle
Alle Kommentare
  • 5 Sterne

    oceanloveR, 10.01.2024

    1984 habe ich damals in der Schule gelesen und auch wenn es wahrlich kein klassischer Lesegenuss war, bewegte und beeindruckte mich das Buch doch nachhaltig. Nur Julia blieb eine unbefriedigend blasse Figur. Das hat Sandra Newman nun geändert!

    Denn Julia schildert die Ereignisse aus Orwells Dystopie aus ihrer Sicht und das gleich Vorweg: Sandra Newman beherrscht ihr Handwerk. Sie kriecht in die Ritzen und Nebengassen von Orwells Roman und macht diese zum neuen Hauptschauplatz, bleibt dabei Ton und Handlung treu und schafft dennoch etwas Neues. Ihre Schilderungen aus Julias Perspektive und Orwells Geschichte von Winston könnten im selben Buch alternierend abgedruckt werden, so sehr bereichern sie sich gegenseitig.

    Ich gebe zu, dass ich von Anfang an Schwierigkeiten mit dem Buch hatte - meiner hohen Erwartungen an eine feministische Neuerzählung wegen und auch bezüglich des Schreibstils. An letzterem störte mich vor allem die vulgäre Sprache und auch wenn ich nachvollziehen kann, dass Julia in einer Welt, die Liebe abgeschafft zu haben glaubt und Sexualität unterdrückt, das Vokabular fehlt, störte mich die Derbheit der Worte und Gedanken dennoch. Was den feministischen Blickwinkel angeht - er war definitiv vorhanden! Nur eben anders, als ich mir das gedacht hatte. Ich hatte mir eine aufgeklärte, bewusste Protagonistin erhofft, die gezielt Bündnisse mit Frauen angeht, ganz viel weiblicher support in einer unterdrückenden und unterdrückten Gesellschaft - und ich gebe zu, dass das naiv ist und war. Wie soll das in dieser Gesellschaft möglich sein? Und es hätte auch nicht zu Orwells Ton und Aussage gepasst. Nachdem ich diese anfängliche Enttäuschung verdaut hatte und Julias quasi ausschließliche Selbstdefinition über ihre Sexualität als ihren Weg, sich dem System zu entziehen, akzeptieren konnte, sah ich, wie Newman der Welt dennoch ihren Stempel aufdrückte: Menstruation wird angesprochen (sogar der in Spanien bereits beschlossene "Menstruationsurlaub"; ungünstiges Wort btw.), wie die Frauen sexueller Ausbeutung und Missbrauches ausgesetzt sind, selbst alltägliche Schwierigkeiten und Bloßstellungen wegen des Overalls und dem Toilettengang, künstliche Befruchtung und Abtreibung... Das alles aus Frauenperspektive zu erlesen und erleben, macht die Ungleichheit in Orwells dystopischer Welt für mich bedeutend greifbarer und erdrückender.

    Und auch wenn mir das explizite und starke female empowerment fehlte, ist es zwischen den Zeilen doch rauslesbar. Julia macht eine Charakterentwicklung und Reflektion ihrerselbst und ihrer Vergangenheit durch und die angedeutete Romanze war auch überraschend berührend. Unterteilt ist das Buch ja in drei Abschnitte und während mich im ersten vor allem die vulgäre Sprache irritierte, im zweiten Julias von O´Brien zugedachte Aufgabe und die Folter schockte, war ich von Julias Selbstermächtigung im letzten Abschnitt begeistert und empfand diesen Teil auch am angenehmsten zu lesen. Und dann kam das - für mich überraschende und schockierende - Ende, das einerseits unbefriedigend offen ist und so viele Fragen aufwirft, gleichzeitig aber eine hervorragende Parallele zum Ende von Orwells Dystopie ist und die gleiche hoffnungslose Verzweiflung hervorruft.

    Bereits Winston lebte in wenig glamourösen Umständen mit langen Arbeitszeiten, schlechter Ernährung und besorgniserregendem Alkoholkonsum - den Frauen von denen Sandra Newman erzählt, ergeht es größtenteils noch schlechter und sowohl der Drogenkonsum als auch der Alkoholmissbrauch (sogar während der Schwangerschaft!), sind ständige Begleiter im Buch. Das alles kreiiert eine kaum zu ertragende Stimmung und Atmosphäre, die das Buch einerseits so unangenehm zu lesen machen und gleichzeitig die Faszination auslösen. Auch die omnipräsente Gewalt und Unterdrückung, die Folterszenen, der in Ozeanien verankerte Rassismus und Antisemitismus, sowie die Thematik von Eugenik lassen Lesefreude im klassischen Sinne nicht oder nur schwerlich aufkommen. Julia ist - wie 1984 auch - keine leichte Kost und hätte durchaus mit Triggerwarnungen versehen werden können.

    Was ich für mich festgestellt habe, während ich teilweise - trotz der handwerklich exzellent umgesetzten Neuinterpretation - recht lustlos zum Buch griff: Ich glaube, ich will (vorerst?) einfach keine Dystopien mehr lesen. Ich habe genug von Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit, von Kriegen und Armut, von Unterdrückung und patriarchalen Systemen, Rassismus und Vorurteilen. In der realen Welt ist all das bedrohlich genug - ich will nicht auch noch von fiktiven Welten lesen, die sich dieser menschengemachten Probleme nicht entledigen können. Zu viele Frauen sterben täglich, erleben Gewalt und werden vergewaltigt, als dass ich davon noch lesen mag. Wütende Kritik am Ist-Zustand, mutige Ideen, diesen aufzubrechen und optimistische Utopien - das will ich.

    Ganz viel Text, gar kein Sinn?! Ich habe lange überlegt, wie ich das Buch bewerten soll - "schön" war es nicht, aber das soll es ja auch nicht. Dass ich dem Genre gegenüber momentan eine Abneigung entwickele, dafür kann es nicht. 1984 habe ich damals auch volle Punktzahl gegeben und Julia "gefiel" mir ja auf die gleiche Weise; sogar besser wegen der weiblichen Perspektive und ich bin begeistert, wie großartig Sandra Newman den Balanceakt zwischen Original und eigenem Werk meistert. Letztlich habe ich mich dafür entschlossen, nur einen halben Anker für die störende vulgäre Sprache abzuziehen und mit der Empfehlung zu verbleiben: Wer 1984 liest, sollte unbedingt auch Julia lesen. (Und wer Julia lesen möchte, hat mehr "Freude" daran, wenn 1984 zuvor gelesen wird.)



    FAZIT: [4.5/5] 1984 erzählt hässliche Gegebenheiten aus einer hässlichen Welt, bevölkert mit hässlichen Menschen - in hässlicher Sprache. Und trotz und wegen all des Widerwillens, den Orwell in mir wachrief, beschäftigte mich sein Werk, wühlte mich auf und brachte mich zum (Nach-)Denken. Diesen Ton trifft auch Sandra Newman. Sie bleibt Orwell und der von ihm geschaffenen Atmosphäre treu, greift aber die achtlos hingeschmissenen Krumen auf. Was Orwell nur Nebensätze und Winston keine Gedanken wert war, erzählt sie. Die weibliche Perspektive, der unsichtbare Alltag, das alltägliche Leiden und Leben der Frauen.

    War dieser Kommentar für Sie hilfreich?

    ja nein
 
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
 
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
  •  
     
     
     
     
0 Gebrauchte Artikel zu „Julia“
Zustand Preis Porto Zahlung Verkäufer Rating