Kein Friede den Toten
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'Ein dramatischer, rasanter Thriller um Jäger und Gejagte. Allererste Klasse!" - Booklist
'Harlan Cobens bislang bestes Buch!" - Publishers Weekly
"'Kein Friede den Toten' ist der Coben schlechthin - eingefleischte Fans und Neulinge werden diesen Thriller gleichermaßen verschlingen. Machen Sie keinen Fehler: lesen Sie dieses Buch!" - Library Journal
Kein Friede den Toten von Harlan Coben
LESEPROBE
Prolog
Du wolltest ihn nicht umbringen.
Du heißt Matt Hunter.Du bist zwanzig Jahre alt. Du bist im Großraum New York in einem Vorort in NewJersey aufgewachsen, in dem sich die obere Mittelschicht breitgemacht hat. Ihrwohnt in der ärmeren Gegend einer insgesamt sehr wohlhabenden Kleinstadt.Deine Eltern arbeiten hart und lieben dich bedingungslos. Du bist das mittlereKind. Du verehrst deinen älteren Bruder und erträgst deine jüngere Schwester.
Wie jeder Jugendliche im Ort hast dudir große Sorgen über die Zukunft gemacht und immer wieder darüber nachgedacht,auf welches College du es schaffen könntest. Du gibst dir viel Mühe undbekommst gute, wenn auch nicht überragende Zensuren. Die Durchschnittsnote imAbschlusszeugnis ist A minus. Damit gehörst du nicht zu den besten zehnProzent der Schule, bist aber ziemlich nah dran. Deine Freizeitaktivitäten sindrecht vorzeigbar, du bist sogar kurz Kassenwart gewesen. Du hast Auszeichnungenfür besondere Leistungen in der Football- und der Basketball-Schulmannschaftbekommen - das reicht für einen Platz in der dritten Liga, aber nicht für einSportstipendium. Du bist ein bisschen vorlaut und hast natürlichen Charme. Inder Beliebtheitsskala rangierst du gleich hinter den echten Spitzenplätzen. Beiden Zugangstests fürs College schneidest du so gut ab, dass deinVertrauenslehrer seine Überraschung nicht verhehlen kann.
Du versuchst, auf eine derSpitzenuniversitäten der Ivy Leaguezu kommen, schaffst es aber nicht ganz. Harvard und Yale lehnen dich direkt ab,Penn und Columbia setzen dich auf die Warteliste. Am Ende gehst du nach Bowdoin, ein kleines Elite-Collegein Brunswick, Maine. Dort fühlst du dich extrem wohl. Die Seminare sind klein.Du schließt Freundschaften. Du hast keine feste Freundin, suchst wahrscheinlichaber auch gar keine. Zum zweiten College-Jahr wirstdu als Defensive Back ins College-Footballteamberufen. Im Basketballteam warst du von Anfang an, wenn auch vorwiegend alsAuswechselspieler, aber weil der bisherige Stammspieler auf der Point Guard Position seinen Abschluss macht, bekommst du häufigerdie Gelegenheit zu spielen.
Dann, im dritten Studienjahr, aufder Rückfahrt zum College am Ende der Winterferien, bringst du jemanden um.
Du hast wunderbare, etwas hektischeSemesterferien im Kreise der Familie hinter dir, aber jetzt lockt dasBasketballtraining. Du gibst Mutter und Vater einen Abschiedskuss und machstdich mit deinem besten Freund und Zimmergenossen Duff auf den Weg zum Campus.Duff kommt aus Westchester, New York. Er istuntersetzt und hat kräftige Beine. Er ist Right Tacklein der Football-Mannschaft und Ersatzspieler beim Basketball. Er ist dergrößte Säufer auf dem Campus - Duff hat noch keinen Saufwettbewerb verloren.
Du fährst.
Duff will auf dem Weg nach Norden ander University of Massachusetts in Amherst vorbeischauen. Ein High-School-Kumpel von ihm ist dort Mitglied einer coolenStudentenverbindung, die eine Riesenparty veranstaltet.
Du bist nicht begeistert, willstaber auch kein Spielverderber sein. Du fühlst dich wohler in kleineren Gruppen,wo du die meisten Leute kennst. Bowdoin hat rund 1600Studenten. UMass fast 40 000. Es ist Anfang Januarund bitterkalt. Draußen liegt Schnee. Auf dem Weg zum Verbindungshaus kannst dudeinen Atem sehen.
Ihr werft eure Jacken auf denHaufen. Du wirst noch lange darüber nachdenken, wie lässig ihr sie dahingeworfen habt. Hättet ihr sie anbehalten, im Wagen gelassen oder irgendwo andershingelegt
Habt ihr aber nicht.
Die Party ist ganz okay. Eine wildeFete, bei der die Wildheit allerdings etwas aufgesetzt wirkt. Duffs Freund schlägt vor, dass ihr danach in seinem Zimmerschlaft. Ihr seid einverstanden. Du trinkst ziemlich viel - schließlich ist daseine Studentenparty -, aber längst nicht so viel wie Duff. Die Stimmung lässt langsamnach. Irgendwann geht ihr eure Jacken holen. Duff hat ein Bier in der Hand. Ergreift nach seiner Jacke und wirft sie sich über die Schulter.
Dabei verschüttet er etwas Bier.
Es ist nicht viel. Nur ein Spritzer.Aber es reicht.
Das Bier landet auf einer rotenWindjacke. Daran erinnerst du dich. Es war eiskalt draußen, vielleicht zehnGrad unter Null, trotzdem hatte irgendjemand nur eine Windjacke dabei. Eineandere Sache, die dir nie aus dem Sinn gehen wird, ist, dass die Jackewasserdicht war. Das bisschen Bier macht der Jacke nichts aus. Es hinterlässtnicht einmal Flecken. Man hätte es ohne weiteres abspülen können.
Aber jemand ruft: »Hey!« Der Besitzer der roten Windjacke ist einkräftiger Bursche, aber kein Riese. Duff zuckt die Achseln. Er entschuldigtsich nicht. Der Typ mit der roten Jacke geht auf Duff los. Ein Fehler. Duweißt, dass Duff ein ausgezeichneter Kämpfer ist, dem allerdings sehr schnelldie Sicherung durchbrennt. Jedes College hat seinen Duff - den Kerl, bei demman sich nicht vorstellen kann, dass er jemals einen Kampf verliert.
Genau darin besteht natürlich dasProblem. Jedes College hat seinen Duff. Und gelegentlich trifft euer Duff aufderen Duff.
Du versuchst, die Sache sofort zubeenden, das Ganze mit einem Lachen aus der Welt zu schaffen, aber du hast esmit zwei durch und durch biergetränkten Hirnis mitrot angelaufenen Gesichtern und geballten Fäusten zu tun. Einer fordert den anderenheraus. Wer wen, weißt du hinterher nicht mehr. Alle gehen raus in die eisigeNacht, und dir wird klar, dass du in der Scheiße steckst.
Der kräftige Typ mit der rotenWindjacke hat seine Freunde dabei.
Acht oder neun Mann. Du bist alleinmit Duff. Du hältst Ausschau nach Duffs High-School-Freund, aber der ist nicht zu sehen.
Der Kampf fängt sofort an.
Duff senkt den Kopf wie ein Stierund geht auf Rote Windjacke los. Rote Windjacke weicht aus und nimmt Duff inden Schwitzkasten. Er schlägt Duff auf die Nase. Während er Duff weiter sofesthält, schlägt er ihn noch einmal auf die Nase. Und noch einmal. Und wieder.
Duff kommt nicht aus demSchwitzkasten raus. Er schlägt wild um sich, trifft aber nicht. Nachdem er sieben oder acht Mal getroffen wurde, hört Duff auf, um sichzu schlagen. Rote Windjackes Freunde jubeln. Duffs Arme hängen schlaff herab.
Du willst, dass der Kampf aufhört,weißt aber nicht, wie du das machen sollst. Rote Windjacke geht systematischvor, lässt sich Zeit mit den Schlägen und holt weit aus. Seine Kumpel feuern ihnan. Bei jedem Treffer stoßen sie ein lautes Oh oder Ah aus.
Du bist entsetzt.
Dein Freund bezieht Prügel, du abersorgst dich vor allem um dich selbst. Du schämst dich. Du willst etwas tun,hast aber Schiss, so richtig Schiss. Du kannst dich nicht bewegen. Du bekommstweiche Knie. Es kribbelt in deinen Armen. Und du hasst dich dafür.
Wieder schlägt Rote Windjacke Duffins Gesicht. Er löst den Schwitzkasten. Duff fällt wie ein nasser Sack zuBoden. Rote Windjacke tritt Duff in die Rippen.
Du bist der mieseste Freund, den manhaben kann. Du hast zu viel Angst, um helfen zu können. Dieses Gefühl wirst dunie vergessen. Feigheit. Das ist schlimmer als eine Tracht Prügel, denkst du.Dein Schweigen. Diese schreckliche Schmach.
Noch ein Tritt. Duff grunzt undrollt sich auf den Rücken. Er hat jede Menge blutige Streifen im Gesicht.Später wirst du erfahren, dass er nur unbedeutende Verletzungen davongetragenhat. Duff kommt mit zwei blauen Augen und ein paar Hautabschürfungen davon. Dasist auch schon alles. Aber im Moment sieht er übel aus. Du weißt, dass er nichttatenlos dastehen würde, während du so vermöbelt wirst.
Du hältst es nicht mehr aus.
Du springst aus der Zuschauermengein die Mitte.
Alle Köpfe drehen sich zu dir um.Einen Augenblick lang bewegt sich niemand. Keiner sagt etwas. Rote Windjackeatmet schwer. Du siehst seinen Atem in der kalten Luft. Du zitterst. Duversuchst, vernünftig zu klingen. Hey, sagst du, er hat genug. Du breitest dieArme aus. Versuchst es mit einem charmanten Lächeln. Er hat verloren, sagst du.Es ist vorbei. Du hast gewonnen, sagst du zu Rote Windjacke.
Jemand greift dich von hinten an. Erumklammert dich. Du sitzt in der Falle.
Rote Windjacke kommt auf dich zu.Dein Herz flattert in deiner Brust wie ein Vogel in einem zu kleinen Käfig. Dureißt den Kopf nach hinten. Dein Hinterkopf knallt jemandem auf die Nase. RoteWindjacke ist jetzt ziemlich nah bei dir. Du tauchst ab. Jemand anderes löstsich aus der Menge. Er ist blond und hat ein rötliches Gesicht. Du hältst ihnfür einen weiteren Freund von Rote Windjacke.
Er heißt Stephen McGrath.
Er greift nach dir. Du zappelst wieein Fisch am Haken. Noch mehr Leute kommen auf dich zu. Du gerätst in Panik.Stephen McGrath legt dir die Hände auf die Schultern. Du versuchst, dich zubefreien. Hektisch drehst du dich um.
Dann streckst du die Hände aus undlegst sie ihm um den Hals.
Hast du ihn angesprungen? Hat erdich gezogen, oder hast du ihn gestoßen? Du weißt es nicht. Hat einer von euchauf dem Gehweg das Gleichgewicht verloren? War das Eis schuld? Unzählige Malewirst du diesen Augenblick hinterher im Geist durchgehen, aber nie zu einereindeutigen Antwort kommen.
Irgendwie seid ihr beide gefallen.
Deine Hände liegen noch um seinenHals. Umklammern seine Kehle. Du lässt nicht los.
Mit einem dumpfen Schlag geht ihr zuBoden. Stephen McGraths Hinterkopf kracht auf den Kantstein. Ein schrecklichesKnacken ertönt, ein feuchtes, viel zu hohles Geräusch, wie du es noch nie zuvorgehört hast.
Dieses Knacken markiert das Endedeines Lebens, so wie du es bisher kanntest.
Du wirst es nie vergessen. Diesesfürchterliche Geräusch. Es wird dich nie wieder loslassen.
Alles um dich herum erstarrt. Dublickst nach unten. Stephen McGraths Augen sind offen. Er blinzelt nicht. Aberdu weißt es schon. Du weißt es, weil sein Körper plötzlich schlaff gewordenist. Du weißt es, weil du das schreckliche Knacken gehört hast.
Die Menge zerstreut sich. Du rührstdich nicht. Du bewegst dich sehr lange nicht.
Dann geht alles ganz schnell. DerCampus-Wachdienst kommt. Dann die Polizei. Du erzählst, was passiert ist. DeineEltern beauftragen eine Spitzenanwältin aus New York City. Sie sagt, du sollstauf Notwehr plädieren. Das tust du.
Und immer wieder hörst du diesesfürchterliche Geräusch.
Der Staatsanwalt spottet. MeineDamen und Herren Geschworenen, sagt er, der Angeklagte ist zufälligausgerutscht, als er die Hände um Stephen McGraths Kehle gelegt hatte. Erwarteter wirklich, dass wir ihm das glauben?
Der Prozess läuft nicht besondersgut.
Dich interessiert das alles nicht.Früher waren dir Zensuren und Einsatzzeiten in den College-Mannschaftenwichtig. Erbärmliches Zeug. Freunde, Mädchen, die Hackordnung, Partys, Erfolgund so weiter. Das ist alles vorbei. Stattdessen ist da nur noch diesesschreckliche Knacken, mit dem der Schädel auf den Kantstein krachte.
Beim Prozess hörst du deine Elternweinen, aber da sitzen auch Sonya und Clark McGrath,die Eltern des Opfers und ihre Gesichter werden dich verfolgen. Sonya McGrath schaut dich den ganzen Prozess lang an. Siefordert dich heraus. Du sollst ihr in die Augen sehen.
Du kannst es nicht.
Du versuchst, dir die Verkündigungder Entscheidung der Geschworenen anzuhören, aber die Geräusche in deinem Kopf sindzu laut. Sie hören nie auf und werden auch nicht leiser, selbst dann nicht, alsder Richter dich streng ansieht und das Urteil spricht. Es sind Reporter imGerichtssaal. Du wirst nicht in ein angenehmes Country-Club-Gefängnisfür Weiße geschickt. Jetzt nicht. Nicht im Wahljahr.
Deine Mutter fällt in Ohnmacht. DeinVater versucht, die Fassung zu bewahren. Deine Schwester läuft aus dem Gerichtssaal.Dein Bruder Bernie steht wie angewurzelt da.
Dir werden Handschellen angelegt,dann wirst du abgeführt. Deine Erziehung hat dich absolut nicht auf dasvorbereitet, was dir jetzt bevorsteht. Die Geschichten über Vergewaltigungen imKnast kennst du natürlich aus dem Fernsehen. Das passiert dir nicht - keinesexuellen Übergriffe -, aber du wirst schon in
der ersten Woche zusammengeschlagen.Du machst den Fehler, die Täter zu verraten. Daraufhin wirst du noch zwei Malverprügelt und verbringst drei Wochen auf der Krankenstation. Noch Jahrespäter hast du manchmal Blut im Urin, ein Andenken an einen Schlag in dieNiere.
Du lebst in ständiger Angst. Als duvon der Krankenstation wieder zurück zu den normalen Insassen kommst, erkennstdu, dass du nur überleben kannst, indem du einem bizarren Ableger der Aryan Nation beitrittst. Sie vertreten nicht so sehr die Visioneines rein arischen Amerikas, aus dem alle Farbigen hinausgeworfen werden. ImGroßen und Ganzen wollen sie nur irgendwen hassen.
Sechs Monate nach deinerVerurteilung stirbt dein Vater an einem Herzanfall. Du weißt, dass es deineSchuld ist. Du willst weinen, kannst es aber nicht.
Du bleibst vier Jahre lang imGefängnis. Vier Jahre - so lange, wie die meisten Studenten aufs Collegegehen. Du wirst demnächst vierundzwanzig Jahre alt. Die Leute sagen, du hättestdich verändert; du bist dir da aber nicht so sicher.
Als du rauskommst,gehst du ganz behutsam. Als könnte der Boden unter deinen Füßen nachgeben. Alskönnte die Welt um dich herum jederzeit einstürzen.
Letztlich wirst du dein Leben langso gehen.
Dein Bruder Bernie holt dich am Torab. Bernie hat gerade geheiratet. Seine Frau Marshaist schwanger. Sie bekommt bald ihr erstes Kind. Bernie umarmt dich. Du spürstförmlich, wie die letzten vier Jahre von dir abfallen. Dein Bruder macht einenWitz. Du lachst. Zum ersten Mal nach langer Zeit lachst du wieder.
Du hast dich schon einmal geirrt - deinLeben ist nicht in dieser kalten Nacht in Amherst zu Ende gegangen. Dein Bruderwird dir helfen, wieder zur Normalität zurückzukehren. Irgendwann wirst dusogar einer schönen Frau begegnen.
Sie heißt Olivia. Sie wird dichwahnsinnig glücklich machen.
Du wirst sie heiraten.
Eines Tages - neun Jahre nachdem dudurch dieses Tor gegangen bist - wirst du erfahren, dass deine schöne Frauschwanger ist. Ihr entschließt euch, Fotohandys zu kaufen, damit ihr immer inKontakt bleiben könnt. In der Arbeit klingelt dieses Handy.
Du heißt Matt Hunter.Das Handy klingelt ein zweites Mal. Dann gehst du ran
© Goldmann Verlag
Übersetzung: Gunnar Kwisinski
- Autor: Harlan Coben
- 2006, Deutsche Erstausgabe, 478 Seiten, Maße: 12,3 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Herausgegeben: Sigrun Zühlke
- Übersetzer: Gunnar Kwisinski
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 344246160X
- ISBN-13: 9783442461608
- Erscheinungsdatum: 11.09.2006
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