Küsse auf Eis / Seattle Chinooks Bd.4
Roman. Deutsche Erstveröffentlichung
Faiths verstorbener Ehemann hinterlässt ihr ein seltsames Vermächtnis: seine Eishockeymannschaft. Die Jungs sind von ihrer neuen Trainerin überhaupt nicht begeistert. Vor allem zwischen Faith und dem attraktiven Ty kommt es zu...
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Produktinformationen zu „Küsse auf Eis / Seattle Chinooks Bd.4 “
Faiths verstorbener Ehemann hinterlässt ihr ein seltsames Vermächtnis: seine Eishockeymannschaft. Die Jungs sind von ihrer neuen Trainerin überhaupt nicht begeistert. Vor allem zwischen Faith und dem attraktiven Ty kommt es zu Reibereien. Oder steckt vielleicht mehr dahinter?
Klappentext zu „Küsse auf Eis / Seattle Chinooks Bd.4 “
Coole Dialoge und prickelnde SinnlichkeitZugegeben, der 80-jährige Virgil ist für die 25-jährige Faith Duffy vielleicht ein bisschen alt. Aber schließlich kennt Liebe keine Grenzen und Faith liebt ihn heiß und innig - bis dass der Tod sie scheidet. Dies passiert schon fünf Jahre nach ihrer Hochzeit, und Faith steht allein da. Fast allein, denn Virgil hat Faith zur Erbin seiner Eishockeymannschaft gemacht. Die Jungs sind von ihrer neuen Trainerin überhaupt nicht begeistert, und vor allem mit dem attraktiven Ty Savage kommt es immer wieder zu Reibereien. Aber wo Reibereien sind, da sprühen auch Funken ...
Lese-Probe zu „Küsse auf Eis / Seattle Chinooks Bd.4 “
Küsse auf Eis von Rachel GibsonEins
In der Nacht vor Virgil Duffys Beerdigung prasselte ein heftiger Gewitterregen auf den Pugetsund. Am nächsten Morgen waren die grauen Wolken verschwunden und gaben den Blick auf die atemberaubende Skyline der Innenstadt von Seattle frei.
Sonnenlicht fiel über die Anlagen seines Anwesens auf
Bainbridge Island und durch die gewaltigen Fenster. Unter den Gästen, die ihm beim Leichenschmaus die Ehre erwiesen, gab es so einige, die sich fragten, ob er vom Himmel aus das notorisch graue Aprilwetter steuerte. Sie fragten sich, ob er seine junge Ehefrau unter Kontrolle gehabt hatte, und vor allem, was sie mit dem Vermögen und der Profi-Eishockeymannschaft anstellen würde, die sie gerade geerbt hatte.
Das fragte sich Tyson Savage auch. Die Stimmen, die aus dem vornehmen Wohnzimmer drangen, übertönten das Geräusch seiner Anzugschuhe von Hugo Boss, als er über den Parkettboden im Eingangsbereich lief. Ihn quälte ein ungutes Gefühl, dass die Witwe Duffy ihm seine Chancen auf den Pokalgewinn vermasseln würde. Die üble Vorahnung zwackte ihn im Nacken und veranlasste ihn, seinen engen Krawattenknoten zu lockern.
Ty trat durch die Flügeltür in einen riesigen Raum, der nach polierten Holzmöbeln und altem Geld stank. Er entdeckte mehrere Teamkameraden, die sich für ihre Verhältnisse ganz schön in Schale geworfen hatten und sich im Kreise der High Society von Seattle leicht unbehaglich zu fühlen schienen.
Verteidiger Sam Leclaire lief mit einem blauen Auge herum, das er sich letzte Woche im Spiel gegen die Colorado Avalanche zugezogen hatte – eine Aktion, die ihm zudem eine fünfminütige Bankstrafe eingebrockt hatte. Nicht, dass Ty irgendwem eine Keilerei in der Spielfeldecke verübelt hätte.
Er selbst war berüchtigt dafür, seine Handschuhe aufs Eis zu werfen, doch
... mehr
im Gegensatz zu Sam war er kein Hitzkopf. Mit nur noch drei Tagen bis zum ersten Play-off-Spiel würde das Veilchen zwangsläufig noch viel schlimmer werden.
Ty verharrte in der Tür, und sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an Virgils Witwe hängen, die im Sonnenlicht stand, das durch die Fenster fiel. Selbst wenn die Sonne nicht auf ihr langes blondes Haar geschienen hätte, wäre Mrs Duffy aus den Trauergästen hervorgestochen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit Ärmeln, die bis knapp über die Ellbogen reichten, und mit einem Saum, der ihre Knie gerade noch bedeckte. Es war ein dezentes Kleid, das alles andere als dezent wirkte, weil es sich so eng an ihren unglaublichen Körper schmiegte.
Ty kannte Mrs Duffy nicht. Nur wenige Stunden zuvor in der St. James Church hatte er sie zum ersten Mal gesehen. Aber gehört hatte er schon von ihr. Jeder hatte schon von dem Milliardär und dem Playmate gehört. Er hatte gehört, dass die Witwe, bevor sie sich einen reichen, alten Mann angelte, jahrelang in Las Vegas an der Stripperstange getanzt hatte.
Dem Klatsch zufolge war eines Abends, während sie mit ihren hochhackigen Acrylschuhen die Bühne gerockt hatte, Hugh Hefner höchstpersönlich in den Club spaziert und hatte sie entdeckt. Er hatte sie in sein Magazin gebracht und zwölf Monate später zu seinem Playmate des Jahres ernannt. Wie es zu der Bekanntschaft mit Virgil kam, wusste Ty nicht, und wie sich die beiden kennengelernt hatten, spielte auch keine Rolle. Dass der Alte abgekratzt war und sein Eishockeyteam einer Goldgräberin hinterlassen hatte, schon. Und zwar eine große.
In der Spielerkabine der Key Arena munkelte man, dass Virgil einen massiven Herzinfarkt erlitten hatte, während er sich abmühte, seine junge Frau im Bett zufriedenzustellen.
Es kursierte das Gerücht, dass dem Alten eine Herzklappe geplatzt wäre und er mit einem zufriedenen, breiten Grinsen im Gesicht starb, das der Bestattungsunternehmer nicht mehr hatte entfernen können. Und so wäre der alte Mann mit einem Steifen und einem Lächeln auf den Lippen in den Kremationsofen geschoben worden.
Ty gab nichts auf Klatsch und Tratsch, und ihm war egal, was die Leute trieben oder mit wem. Ob es geil, mies oder irgendwo dazwischen war. Bisher jedenfalls. Er hatte erst vor drei Monaten seinen Vertrag bei der »Seattle Chinooks«-Organisation unterschrieben, zum Teil wegen des Geldes, das der Alte ihm geboten hatte, aber vor allem, weil er ihn zum Mannschaftskapitän machte und ihm die Chance bot, den Stanley Cup zu gewinnen. Sie wollten beide diese Eishockeytrophäe, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Virgil hatte seinen reichen Freunden etwas beweisen wollen. Ty wollte der Welt etwas beweisen: dass er besser war als sein Dad, der große Pavel Savage. Der Pokal war jedem von ihnen durch die Lappen gegangen, und Ty war der Einzige, der noch eine Chance auf ihn hatte. Wenigstens bis Duffy kurz vor den Play-offs abgekratzt war und die Mannschaft einem großen, blonden Playmate hinterlassen hatte. Und plötzlich lag Tys Chance auf den Gewinn der größten Trophäe der Nationalen Eishockey-Liga (NHL) in den Händen eines Trophäenweibchens.
»Hey, Heiliger«, begrüßte Daniel Holstrom ihn, als er näher kam.
Den Spitznamen »Heiliger« hatte Ty in seinem ersten Jahr als Profispieler verpasst bekommen, als er nach einer besonders wild durchzechten Nacht am nächsten Tag beschissen gespielt hatte. Nachdem der Trainer ihn auf die Bank verbannt hatte, hatte Ty behauptet, sich ein Grippevirus eingefangen zu haben.
»Du bist wie dein Vater«, hatte der Coach mit einem angewiderten Kopfschütteln gemurmelt.
»Ein verdammter Heiliger.«
Seitdem hatte Ty sich bemüht, sich von diesem Ruf wieder reinzuwaschen, es aber nicht immer geschafft. Er warf einen Blick über die rechte Schulter und sah seinem Mannschaftskameraden in die Augen.
»Wie läuft’s denn so?«
»Gut. Hast du schon Mrs Duffy dein Beileid ausgesprochen? «
»Noch nicht.«
»Glaubst du, dass Virgil wirklich gestorben ist, während er es seiner Frau besorgt hat? Wie alt war er noch? Neunzig?«
»Einundachtzig.«
»Kriegt man mit einundachtzig noch einen hoch?« Daniel schüttelte ungläubig den Kopf. »Sam findet sie so scharf, dass sie auch Tote auferstehen lassen könnte, aber ehrlich gesagt bezweifele ich sogar bei ihr, dass sie bei so altem Equipment Wunder bewirken kann.«
Er schwieg und musterte die junge Witwe, als könnte er sich nicht so recht entscheiden. »Aber sie ist ein heißer Feger.«
»Virgil hatte bestimmt pharmazeutische Hilfe.« Ty musste an seinen Vater denken, der Ende fünfzig war und es noch wie ein Teenager trieb. Behauptete er zumindest. Viagra hatte vielen Männern ihr Sexualleben zurückgegeben.
»Stimmt. Ist Hefner nicht auch schon über achtzig und hat immer noch Sex?«
Behauptete er zumindest. Ty knöpfte seinen marineblauen Blazer auf.
»Bis später«, sagte er und schlängelte sich durch die Menschenmenge, die altersmäßig zwischen Grufties und ein paar Jugendlichen lag, die in der Ecke miteinander tuschelten.
Während er zielstrebig auf den »heißen Feger« Mrs Duffy zusteuerte, nickte er mehreren seiner geschniegelten und gebügelten Teamkameraden zu, die trotz ihrer Designeranzüge einen leicht unzivilisierten Eindruck machten.
Er blieb vor ihr stehen und streckte ihr die Hand hin.
»Mein aufrichtiges Beileid.«
»Danke.« Sie runzelte die glatte Stirn, und ihre großen grünen Augen blickten auf in sein Gesicht. Aus der Nähe war sie sogar noch schöner und sah viel jünger aus. Sie legte ihre Hand in seine; ihre Haut war weich und ihre Finger kalt.
»Sie sind der Kapitän von Virgils Eishockeymannschaft. Er hat sie immer in den höchsten Tönen gelobt.«
Es war jetzt ihre Eishockeymannschaft, und über ihre Pläne damit konnte man nur spekulieren. Ihm war zu Ohren gekommen, dass sie sie verkaufen wollte. Er hoffte, dass das stimmte und dass es bald über die Bühne ging.
Er ließ ihre Hand los. »Virgil war ein wunderbarer Mensch.«
Was, wie alle wussten, übertrieben war. Wie viele steinreiche Männer, die es gewöhnt waren, ihren Willen durchzusetzen, konnte Virgil ein echter Scheißkerl sein. Doch Ty war mit dem Alten klargekommen, weil sie dasselbe Ziel verfolgt hat ten.
»Unsere langen Gespräsche über Eishockey waren eine Freude für misch.« Virgil war zwar einundachtzig gewesen, hatte aber über einen scharfen Verstand verfügt und mehr über Eishockey gewusst als viele Spieler.
Ihre vollen »Küss mich, Schätzchen«-Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ja, für ihn auch.«
Sie war nur leicht geschminkt, was ihn angesichts ihres ehemaligen Berufs überraschte. Er hatte noch nie ein Playmate getroffen, das sich nicht mit Feuereifer anmalte.
»Wenn die Jungs und ich Ihnen irgendwie helfen können, lassen Sie es mich wissen«, sagte er nicht besonders überzeugend, doch als Mannschaftskapitän fühlte er sich verpflichtet, ihr seine Unterstützung anzubieten.
»Danke.«
Virgils Sohn und einziger Nachkomme trat vor und flüsterte der Witwe etwas ins Ohr. Ty hatte Landon Duffy bei mehreren Gelegenheiten getroffen und konnte nicht behaupten, ihn sonderlich zu mögen. Er war genauso rücksichtslos und getrieben wie Virgil, verfügte aber nicht über den Charme, der seinem Vater zu solchem Erfolg verholfen hatte.
Das Lächeln der Witwe erstarb, und sie straffte die Schultern.
Ihre grünen Augen funkelten vor Zorn. »Danke, dass Sie gekommen sind, Mr Savage.« Wie viele Amerikaner sprach sie seinen Namen falsch aus. Es hieß nicht savage, wie die englische Vokabel für »wildes Tier«, sondern wurde mit französischer Endung ausgesprochen.
Ty beobachtete, wie sie sich umdrehte und davonstolzierte, und fragte sich, was Landon ihr gesagt hatte. Es hatte ihr eindeutig nicht gefallen. Sein Blick glitt über ihre blonden Haare zu ihrem hübsch gerundeten Po in dem dezenten schwarzen Kleid, das alles andere als dezent aussah. Er fragte sich, ob Virgils Sohn ihr einen unsittlichen Antrag gemacht hatte.
Nicht, dass es eine Rolle spielte. Ty hatte ganz andere Probleme. Und zwar das Match am Donnerstag in Vancouver, wenn sie im Auftaktspiel der Endspielserie gegen die doppelte Bedrohung durch die Sedin-Zwillinge antreten mussten.
Bis vor drei Monaten war Ty noch Kapitän bei den Canucks gewesen und wusste besser als alle anderen, dass man die Jungs aus Schweden nie unterschätzen durfte. Wenn sie in Form waren, verkörperten sie den schlimmsten Albtraum eines jeden Verteidigers.
»Hast du die Bilder gesehen?«
Ty löste den Blick vom entschwindenden Witwenhintern und sah über die linke Schulter zu seinem Teamkameraden, dem vielseitigen Unruhestifter Sam Leclaire. »Nein.«
Er brauchte nicht nachzufragen, welche Bilder. Er wusste es auch so und war nicht interessiert genug gewesen, sie sich zu besorgen.
»Ihre Möpse sind jedenfalls echt.« Aus dem Mundwinkel fügte Sam hinzu: »Nicht, dass ich drauf geachtet hätte.«
Er bemühte sich um eine unschuldige Miene, doch das blaue Auge verdarb alles.
»Natürlich nicht.«
»Glaubst du, sie kann uns eine Einladung in die Playboy Mansion beschaffen?«
»Bis morgen«, lachte Ty und lief zurück zum Eingang. Als er durch die riesige Flügeltür der Backsteinvilla nach draußen trat, strich die kühle Brise über sein Gesicht. Er blieb stehen, um seinen Blazer zuzuknöpfen, und der Wind wehte die Stimme der Witwe Duffy zu ihm.
»Natürlich will ich dich sehen«, flötete sie. »Der Zeitpunkt ist nur denkbar ungünstig.«
Ty warf ihr einen Blick zu. Sie stand nur wenige Meter entfernt mit dem Rücken zu ihm.
»Du weißt doch, dass ich dich liebe. Ich will mich nicht mit dir streiten.« Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr Haar über ihren Rücken strich. »Im Moment ist es unmöglich, aber wir sehen uns bald.«
Während sie ums Haus herumlief, stieg Ty weiter die Treppe hinab. Es schockierte ihn nicht, dass Mrs Duffy sich nebenher einen Liebhaber gehalten hatte. Klar hatte sie das.
Immerhin war sie mit einem alten Knacker verheiratet gewesen.
Einem alten Knacker, der ihr gerade sein Eishockeyteam vererbt hatte. Ty wollte gar nicht über die vielen Möglichkeiten nachdenken, die seine Chancen auf den Pokal vereiteln konnten, aber natürlich war das Thema in seinen Gedanken stets übermächtig.
Virgil hätte zu keinem schlechteren Zeitpunkt den Löffel abgeben können. Jede Art von Unsicherheit konnte und würde sich auf die Spieler auswirken, und nicht zu wissen, wer die Mannschaft kaufen oder welche Veränderungen der neue Besitzer durchführen würde, war ein großes Fragezeichen, das wie ein Damoklesschwert über ihnen schwebte. Aber noch schlimmer als die Unsicherheit war der Gedanke, einer Stripperin zu gehören, die zuerst zum Playmate und dann zum Trophäenweibchen geworden war. Das genügte, um das Zwacken in seinem Nacken zu einem eisernen Griff zu verstärken.
Während er zu seinem schwarzen BMW schlenderte, verbannte Ty alles aus seinen Gedanken außer seiner neuesten Leidenschaft. Er verbannte Virgils Witwe, den bevorstehenden Verkauf und das kommende Spiel aus seinem Hirn. Für wenige Stunden wollte er sich ausnahmsweise einmal nicht den Kopf über die Pläne der Witwe für das Team oder über das Spiel gegen die Canucks zerbrechen. Fast sein ganzes Leben lang hatte sich Ty bemüht, die wilden Savage-Impulse zu zügeln, die ihn in Schwierigkeiten bringen konnten, doch er hatte eine echte Schwäche, der er regelmäßig frönte. Ty liebte schöne Autos.
Er ließ sich in das weiche Lederinterieur gleiten und startete den BMW M6. Das starke Brummen des 5-Liter-V10-Motors vibrierte auf seiner Haut, während er seine Ray-Ban-Pilotenbrille aufsetzte. Die verspiegelten Gläser schützten seine Augen vor der grellen Nachmittagssonne, als er aus dem geschlossenen Anwesen und dann in Richtung Poulsbo fuhr. Er ließ die 500 Pferde unter der Motorhaube lospreschen und machte sich auf den langen Weg nach Hause.
Übersetzung: Antje Althans
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Ty verharrte in der Tür, und sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an Virgils Witwe hängen, die im Sonnenlicht stand, das durch die Fenster fiel. Selbst wenn die Sonne nicht auf ihr langes blondes Haar geschienen hätte, wäre Mrs Duffy aus den Trauergästen hervorgestochen. Sie trug ein schwarzes Kleid mit Ärmeln, die bis knapp über die Ellbogen reichten, und mit einem Saum, der ihre Knie gerade noch bedeckte. Es war ein dezentes Kleid, das alles andere als dezent wirkte, weil es sich so eng an ihren unglaublichen Körper schmiegte.
Ty kannte Mrs Duffy nicht. Nur wenige Stunden zuvor in der St. James Church hatte er sie zum ersten Mal gesehen. Aber gehört hatte er schon von ihr. Jeder hatte schon von dem Milliardär und dem Playmate gehört. Er hatte gehört, dass die Witwe, bevor sie sich einen reichen, alten Mann angelte, jahrelang in Las Vegas an der Stripperstange getanzt hatte.
Dem Klatsch zufolge war eines Abends, während sie mit ihren hochhackigen Acrylschuhen die Bühne gerockt hatte, Hugh Hefner höchstpersönlich in den Club spaziert und hatte sie entdeckt. Er hatte sie in sein Magazin gebracht und zwölf Monate später zu seinem Playmate des Jahres ernannt. Wie es zu der Bekanntschaft mit Virgil kam, wusste Ty nicht, und wie sich die beiden kennengelernt hatten, spielte auch keine Rolle. Dass der Alte abgekratzt war und sein Eishockeyteam einer Goldgräberin hinterlassen hatte, schon. Und zwar eine große.
In der Spielerkabine der Key Arena munkelte man, dass Virgil einen massiven Herzinfarkt erlitten hatte, während er sich abmühte, seine junge Frau im Bett zufriedenzustellen.
Es kursierte das Gerücht, dass dem Alten eine Herzklappe geplatzt wäre und er mit einem zufriedenen, breiten Grinsen im Gesicht starb, das der Bestattungsunternehmer nicht mehr hatte entfernen können. Und so wäre der alte Mann mit einem Steifen und einem Lächeln auf den Lippen in den Kremationsofen geschoben worden.
Ty gab nichts auf Klatsch und Tratsch, und ihm war egal, was die Leute trieben oder mit wem. Ob es geil, mies oder irgendwo dazwischen war. Bisher jedenfalls. Er hatte erst vor drei Monaten seinen Vertrag bei der »Seattle Chinooks«-Organisation unterschrieben, zum Teil wegen des Geldes, das der Alte ihm geboten hatte, aber vor allem, weil er ihn zum Mannschaftskapitän machte und ihm die Chance bot, den Stanley Cup zu gewinnen. Sie wollten beide diese Eishockeytrophäe, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Virgil hatte seinen reichen Freunden etwas beweisen wollen. Ty wollte der Welt etwas beweisen: dass er besser war als sein Dad, der große Pavel Savage. Der Pokal war jedem von ihnen durch die Lappen gegangen, und Ty war der Einzige, der noch eine Chance auf ihn hatte. Wenigstens bis Duffy kurz vor den Play-offs abgekratzt war und die Mannschaft einem großen, blonden Playmate hinterlassen hatte. Und plötzlich lag Tys Chance auf den Gewinn der größten Trophäe der Nationalen Eishockey-Liga (NHL) in den Händen eines Trophäenweibchens.
»Hey, Heiliger«, begrüßte Daniel Holstrom ihn, als er näher kam.
Den Spitznamen »Heiliger« hatte Ty in seinem ersten Jahr als Profispieler verpasst bekommen, als er nach einer besonders wild durchzechten Nacht am nächsten Tag beschissen gespielt hatte. Nachdem der Trainer ihn auf die Bank verbannt hatte, hatte Ty behauptet, sich ein Grippevirus eingefangen zu haben.
»Du bist wie dein Vater«, hatte der Coach mit einem angewiderten Kopfschütteln gemurmelt.
»Ein verdammter Heiliger.«
Seitdem hatte Ty sich bemüht, sich von diesem Ruf wieder reinzuwaschen, es aber nicht immer geschafft. Er warf einen Blick über die rechte Schulter und sah seinem Mannschaftskameraden in die Augen.
»Wie läuft’s denn so?«
»Gut. Hast du schon Mrs Duffy dein Beileid ausgesprochen? «
»Noch nicht.«
»Glaubst du, dass Virgil wirklich gestorben ist, während er es seiner Frau besorgt hat? Wie alt war er noch? Neunzig?«
»Einundachtzig.«
»Kriegt man mit einundachtzig noch einen hoch?« Daniel schüttelte ungläubig den Kopf. »Sam findet sie so scharf, dass sie auch Tote auferstehen lassen könnte, aber ehrlich gesagt bezweifele ich sogar bei ihr, dass sie bei so altem Equipment Wunder bewirken kann.«
Er schwieg und musterte die junge Witwe, als könnte er sich nicht so recht entscheiden. »Aber sie ist ein heißer Feger.«
»Virgil hatte bestimmt pharmazeutische Hilfe.« Ty musste an seinen Vater denken, der Ende fünfzig war und es noch wie ein Teenager trieb. Behauptete er zumindest. Viagra hatte vielen Männern ihr Sexualleben zurückgegeben.
»Stimmt. Ist Hefner nicht auch schon über achtzig und hat immer noch Sex?«
Behauptete er zumindest. Ty knöpfte seinen marineblauen Blazer auf.
»Bis später«, sagte er und schlängelte sich durch die Menschenmenge, die altersmäßig zwischen Grufties und ein paar Jugendlichen lag, die in der Ecke miteinander tuschelten.
Während er zielstrebig auf den »heißen Feger« Mrs Duffy zusteuerte, nickte er mehreren seiner geschniegelten und gebügelten Teamkameraden zu, die trotz ihrer Designeranzüge einen leicht unzivilisierten Eindruck machten.
Er blieb vor ihr stehen und streckte ihr die Hand hin.
»Mein aufrichtiges Beileid.«
»Danke.« Sie runzelte die glatte Stirn, und ihre großen grünen Augen blickten auf in sein Gesicht. Aus der Nähe war sie sogar noch schöner und sah viel jünger aus. Sie legte ihre Hand in seine; ihre Haut war weich und ihre Finger kalt.
»Sie sind der Kapitän von Virgils Eishockeymannschaft. Er hat sie immer in den höchsten Tönen gelobt.«
Es war jetzt ihre Eishockeymannschaft, und über ihre Pläne damit konnte man nur spekulieren. Ihm war zu Ohren gekommen, dass sie sie verkaufen wollte. Er hoffte, dass das stimmte und dass es bald über die Bühne ging.
Er ließ ihre Hand los. »Virgil war ein wunderbarer Mensch.«
Was, wie alle wussten, übertrieben war. Wie viele steinreiche Männer, die es gewöhnt waren, ihren Willen durchzusetzen, konnte Virgil ein echter Scheißkerl sein. Doch Ty war mit dem Alten klargekommen, weil sie dasselbe Ziel verfolgt hat ten.
»Unsere langen Gespräsche über Eishockey waren eine Freude für misch.« Virgil war zwar einundachtzig gewesen, hatte aber über einen scharfen Verstand verfügt und mehr über Eishockey gewusst als viele Spieler.
Ihre vollen »Küss mich, Schätzchen«-Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ja, für ihn auch.«
Sie war nur leicht geschminkt, was ihn angesichts ihres ehemaligen Berufs überraschte. Er hatte noch nie ein Playmate getroffen, das sich nicht mit Feuereifer anmalte.
»Wenn die Jungs und ich Ihnen irgendwie helfen können, lassen Sie es mich wissen«, sagte er nicht besonders überzeugend, doch als Mannschaftskapitän fühlte er sich verpflichtet, ihr seine Unterstützung anzubieten.
»Danke.«
Virgils Sohn und einziger Nachkomme trat vor und flüsterte der Witwe etwas ins Ohr. Ty hatte Landon Duffy bei mehreren Gelegenheiten getroffen und konnte nicht behaupten, ihn sonderlich zu mögen. Er war genauso rücksichtslos und getrieben wie Virgil, verfügte aber nicht über den Charme, der seinem Vater zu solchem Erfolg verholfen hatte.
Das Lächeln der Witwe erstarb, und sie straffte die Schultern.
Ihre grünen Augen funkelten vor Zorn. »Danke, dass Sie gekommen sind, Mr Savage.« Wie viele Amerikaner sprach sie seinen Namen falsch aus. Es hieß nicht savage, wie die englische Vokabel für »wildes Tier«, sondern wurde mit französischer Endung ausgesprochen.
Ty beobachtete, wie sie sich umdrehte und davonstolzierte, und fragte sich, was Landon ihr gesagt hatte. Es hatte ihr eindeutig nicht gefallen. Sein Blick glitt über ihre blonden Haare zu ihrem hübsch gerundeten Po in dem dezenten schwarzen Kleid, das alles andere als dezent aussah. Er fragte sich, ob Virgils Sohn ihr einen unsittlichen Antrag gemacht hatte.
Nicht, dass es eine Rolle spielte. Ty hatte ganz andere Probleme. Und zwar das Match am Donnerstag in Vancouver, wenn sie im Auftaktspiel der Endspielserie gegen die doppelte Bedrohung durch die Sedin-Zwillinge antreten mussten.
Bis vor drei Monaten war Ty noch Kapitän bei den Canucks gewesen und wusste besser als alle anderen, dass man die Jungs aus Schweden nie unterschätzen durfte. Wenn sie in Form waren, verkörperten sie den schlimmsten Albtraum eines jeden Verteidigers.
»Hast du die Bilder gesehen?«
Ty löste den Blick vom entschwindenden Witwenhintern und sah über die linke Schulter zu seinem Teamkameraden, dem vielseitigen Unruhestifter Sam Leclaire. »Nein.«
Er brauchte nicht nachzufragen, welche Bilder. Er wusste es auch so und war nicht interessiert genug gewesen, sie sich zu besorgen.
»Ihre Möpse sind jedenfalls echt.« Aus dem Mundwinkel fügte Sam hinzu: »Nicht, dass ich drauf geachtet hätte.«
Er bemühte sich um eine unschuldige Miene, doch das blaue Auge verdarb alles.
»Natürlich nicht.«
»Glaubst du, sie kann uns eine Einladung in die Playboy Mansion beschaffen?«
»Bis morgen«, lachte Ty und lief zurück zum Eingang. Als er durch die riesige Flügeltür der Backsteinvilla nach draußen trat, strich die kühle Brise über sein Gesicht. Er blieb stehen, um seinen Blazer zuzuknöpfen, und der Wind wehte die Stimme der Witwe Duffy zu ihm.
»Natürlich will ich dich sehen«, flötete sie. »Der Zeitpunkt ist nur denkbar ungünstig.«
Ty warf ihr einen Blick zu. Sie stand nur wenige Meter entfernt mit dem Rücken zu ihm.
»Du weißt doch, dass ich dich liebe. Ich will mich nicht mit dir streiten.« Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr Haar über ihren Rücken strich. »Im Moment ist es unmöglich, aber wir sehen uns bald.«
Während sie ums Haus herumlief, stieg Ty weiter die Treppe hinab. Es schockierte ihn nicht, dass Mrs Duffy sich nebenher einen Liebhaber gehalten hatte. Klar hatte sie das.
Immerhin war sie mit einem alten Knacker verheiratet gewesen.
Einem alten Knacker, der ihr gerade sein Eishockeyteam vererbt hatte. Ty wollte gar nicht über die vielen Möglichkeiten nachdenken, die seine Chancen auf den Pokal vereiteln konnten, aber natürlich war das Thema in seinen Gedanken stets übermächtig.
Virgil hätte zu keinem schlechteren Zeitpunkt den Löffel abgeben können. Jede Art von Unsicherheit konnte und würde sich auf die Spieler auswirken, und nicht zu wissen, wer die Mannschaft kaufen oder welche Veränderungen der neue Besitzer durchführen würde, war ein großes Fragezeichen, das wie ein Damoklesschwert über ihnen schwebte. Aber noch schlimmer als die Unsicherheit war der Gedanke, einer Stripperin zu gehören, die zuerst zum Playmate und dann zum Trophäenweibchen geworden war. Das genügte, um das Zwacken in seinem Nacken zu einem eisernen Griff zu verstärken.
Während er zu seinem schwarzen BMW schlenderte, verbannte Ty alles aus seinen Gedanken außer seiner neuesten Leidenschaft. Er verbannte Virgils Witwe, den bevorstehenden Verkauf und das kommende Spiel aus seinem Hirn. Für wenige Stunden wollte er sich ausnahmsweise einmal nicht den Kopf über die Pläne der Witwe für das Team oder über das Spiel gegen die Canucks zerbrechen. Fast sein ganzes Leben lang hatte sich Ty bemüht, die wilden Savage-Impulse zu zügeln, die ihn in Schwierigkeiten bringen konnten, doch er hatte eine echte Schwäche, der er regelmäßig frönte. Ty liebte schöne Autos.
Er ließ sich in das weiche Lederinterieur gleiten und startete den BMW M6. Das starke Brummen des 5-Liter-V10-Motors vibrierte auf seiner Haut, während er seine Ray-Ban-Pilotenbrille aufsetzte. Die verspiegelten Gläser schützten seine Augen vor der grellen Nachmittagssonne, als er aus dem geschlossenen Anwesen und dann in Richtung Poulsbo fuhr. Er ließ die 500 Pferde unter der Motorhaube lospreschen und machte sich auf den langen Weg nach Hause.
Übersetzung: Antje Althans
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2010 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Rachel Gibson
Seit sie sechzehn ist, erfindet Rachel Gibson mit Begeisterung Geschichten. Damals allerdings brauchte sie ihre Ideen vor allem dazu, um sich für ihre Eltern alle möglichen Ausreden einfallen zu lassen. Ihre Karriere als Autorin begann viel später und hat sie inzwischen ganz nach oben auf die amerikanischen Bestsellerplätze und ganz tief in die Herzen ihrer begeisterten Leserinnen geführt. Rachel Gibson lebt mit einem Ehemann, drei Kindern, zwei Katzen und einem Hund in Boise, Idaho.
Bibliographische Angaben
- Autor: Rachel Gibson
- 2010, 312 Seiten, Maße: 11,9 x 18,8 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Antje Althans
- Übersetzer: Antje Althans
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442472598
- ISBN-13: 9783442472598
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