Landebahn frei für Molly! / Vampirinternat Schloss Schauerfels Bd.2
Molly mag kitzelige Sonnenstrahlen im Gesicht, ihr liebstes Lieblingsgericht sind Spaghetti Carbonara mit gaaanz viel Knoblauch, und ganz im Geheimen fürchtet sie sich sogar in dunklen, feuchten Kellern. Nichts Ungewöhnliches? Leider doch. Molly ist nämlich...
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Produktinformationen zu „Landebahn frei für Molly! / Vampirinternat Schloss Schauerfels Bd.2 “
Klappentext zu „Landebahn frei für Molly! / Vampirinternat Schloss Schauerfels Bd.2 “
Molly mag kitzelige Sonnenstrahlen im Gesicht, ihr liebstes Lieblingsgericht sind Spaghetti Carbonara mit gaaanz viel Knoblauch, und ganz im Geheimen fürchtet sie sich sogar in dunklen, feuchten Kellern. Nichts Ungewöhnliches? Leider doch. Molly ist nämlich ein Vampir!Endlich hat Molly sich im altvampirwürdigen Internat Schloss Schauerfels ein wenig eingelebt. Dafür machen Mollys Mitschülerinnen nun der Neuen, Tonja Flatterstein, das Leben schwer. Wie fies!, findet Molly. Allerdings benimmt Tonja sich tatsächlich merkwürdig. Wohin schleicht sie heimlich jeden Morgen, wenn alle längst brav in ihren Samtsärgen liegen sollen? Und warum sieht sie so schuldbewusst aus, wenn Molly sie nach ihrer Vampirfamilie fragt? Was hat Tonja zu verbergen?
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Vampirinternat Schloss Schauerfels - Landebahn frei für Molly! von Dagmar H. MuellerBlubberkuchen mit Neuigkeiten
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In dem riesigen Speisesaal von Schloss Schauerfels riecht es nach geronnenem Blut.
Ach du grüner Zahnstein! Von zu viel der zähen Flüssigkeit wird mir schlecht. Ob das frisch gekochte Blutwurst ist? Iiiiihh, grusel! (Ich sag's ja, ich habe nicht mal die beißnormalsten Vampir-Eigenschaften!)
Mama kann das zwar nicht verstehen (besonders Blutwurst liiiiebt sie), trotzdem hat sie mich nie gezwungen, etwas zu essen, was ich nicht mag. Solange ich denken kann, hat sie sogar einmal im Monat mein allerliebstes Lieblingsgericht Spaghetti Carbonara mit gaaanz viel Knoblauch gekocht. Nur für mich. Auch wenn Papa in diesen Nächten so furchtbar husten muss, als hätte er eine Staublunge. (Vampire sind ja schrecklich allergisch gegen Knoblauch!) Und auch wenn Mama nach dem Zubereiten mindestens drei Tage - und Nächte - mit fürchterlichen Kopfschmerzen in ihrem Sarg liegt, bis sie sich von der Knoblauch-Vergiftung wieder erholt hat.
Immer wieder haben Mama und Papa mir die köstlichsten Blut-Leckereien wenigstens zum Probieren gegeben. Aber - echt - ich bin schon kurz vorm Würgen, wenn ich nur an zu viel Blut denke.
Lebenssaft nennt Mama das dickflüssige, rote Zeug. „Das ist doch sooo gesund!", behauptet sie ständig.
Dabei weiß doch jedes Vampir-Baby schon seit hundert Jahren, dass man sehr gut vegetarisch - also nur von Gemüse - leben kann. Im Fernsehen sagen die ja sogar, dass Obst und anderes pflanzliches Zeugs viel besser für den Körper ist als ständig frisches Blut. Aber Mama und Papa glauben natürlich, dass das alles nur moderner Unsinn ist und dass jeder Vampir wenigstens etwas richtiges Blut braucht.
Zum Glück glauben sie aber nicht mehr, dass man dafür Tagmenschen beißen muss! Mann, wäre mir das peinlich! Eltern zu haben, die fremde Menschen beißen - nee! Nein, das Blut, das wir zu uns nehmen, kommt natürlich von Kühen und Schweinen und Schafen. Die Tagmenschen bekommen das meiste Fleisch und wir das Blut.
Das ist schon seit Ewigkeiten gerecht aufgeteilt.
Etwas besorgt beobachte ich einige Mädchen, die ihr Essen bereits glücklich in sich reinschaufeln. Ich kann es nicht genau erkennen. Was ist das? Ist das etwa ... ?
„Oh LECKER!", ruft Vinni neben mir begeistert. „Blutblubberkuchen! Mit Vanillesoße!"
Oh je. Die dicken Pfannkuchen mit den kleinen eingebackenen Blutblasen sind das absolute Lieblingsgericht von allen Vampirkindern. Und - na schön - mit reichlich süßer Soße darüber sind sie einigermaßen genießbar.
„Ey! Molly! Du schlürfst uns ja die ganze Vanillesoße weg!", beschwert sich Lila drei Minuten später.
„Ich hol schnell neue Soße aus der Küche",
bietet Romina an, bevor ich etwas sagen kann.
„Mach schnell!", ruft Lila, mit vollen Backen kauend. „Und frag auch gleich, ob es wenigstens vier Portionen Blubberkuchen für jeden gibt!" (Drei hat sie nämlich schon weggehauen!)
Vinni ist bereits beim nächsten Thema. „Habt ihr gehört? Ich hab eben Gräfin Rothbiss zu Frau Dr... vom Hochmoor sagen hören, dass heute eine Neue ankommt. Das ist bestimmt die für unseren Schlafsaal!"
Gräfin Rothbiss ist die Direktorin von Schloss Schauerfels. Und Frau Dr. vom Hochmoor unterrichtet Vampirgeschichte und Vampirliteratur und ist mit Abstand die strengste Lehrerin der Schule.
Lila, Patrizia und Vinni blubbern ein bisschen darüber, ob die Neue gut in Fangball und deshalb eine bissfrische Unterstützung für unser Lindengruft-Team sein könnte, da kommt Romina schon aufgeregt zurück.
Sie knallt eine riesige Karaffe Vanillesoße auf den Tisch. „Hey, hört mal! Hausmutter Madeleine hat mich eben gebeten, ein paar Minuten zu warten, bevor wir zu Frau Dr. vom Hochmoor in den Unterricht gehen. Das fehlende Mädchen in unserem Schlafsaal ist eben angekommen und wird von Gräfin Rothbiss gerade durch die Schule geführt."
„HA!", ruft Vinni. „Hab ich euch doch gesagt!"
„Sie heißt Tonja", erzählt Romina weiter. Dann druckst sie merkwürdig herum. „Und irgendwie ... irgendwie ..."
„Irgendwie WAS?", unterbricht Vinni sie ungeduldig.
„Na ja", meint Romina, „es klang irgendwie komisch, wie Hausmutter Madeleine sagte, dass
wir nett zu ihr sein sollten. Ganz besonders nett. Sie hat mich richtig streng angesehen. Als ob es
nicht normal wäre, dass man nett zu Neuen ist!"
„Komisch!" Lila schüttelt den Kopf. „Wir sind doch die nettesten Vampirmädchen der Welt!"
„Ha-ha!", macht Patrizia, und Vinni kichert.
„Wieso?", frage ich neugierig. „Ist was Besonderes mit dieser Tonja?"
Romina zuckt die Schultern. „Keine Ahnung. Mehr hat Hausmutter Madeleine nicht gesagt."
„Oh, keine Sorge!", beteuert Vinni. „Die werden wir ganz besonders beißfreundlich empfangen."
„Und uns eine besonders beißfreundliche Aufnahmeprüfung ausdenken!", fügt Lila hinzu.
So eine Aufnahmeprüfung - eher eine Mutprobe! - musste auch ich über mich ergehen lassen, als ich hier ankam. Ich bin gespannt, wie das neue Mädchen damit klarkommen wird!
Frau Dr. vom Hochmoors Augen blitzen und wir schwitzen
„Immerhin haben wir die beste Entschuldigung der Nacht für unser Fehlen", meint die punkige Lila und nudelt an ihren vielen Ohranhängern rum. (Am meisten an dem, der die Form einer Klobürste hat.) „Hausmutter Madeleine hat ja gesagt, dass wir auf keinen Fall ohne diese Tonja reingehen sollen."
Wir stehen oben im Schlossturm vor unserem Klassenzimmer und warten darauf, dass die Hausmutter die Neue zu uns bringt.
„Und wenn wir nun so viel verpassen, dass wir hinterher gar nicht mehr mitkommen?", fragt Romina besorgt. „Frau Dr. vom Hochmoor hat mit den anderen doch schon längst angefangen."
„Romina, du alte Streberin!", gröhlt Vinni. „Hör auf, vor Angst mit den Backenzähnen zu schlackern! Frau Dr. vom Hochmoor kann uns ja wohl keine schlechte Note geben, wenn wir gar nicht reingehen durften!"
„Genau!", kichert Lila. „Und Patrizia ist bestimmt froh, dass sie noch ein bisschen Zeit hat, um an ihrer Frisur rumzufummeln!"
„Pppppp!", macht Patrizia. Doch sie hört sofort auf, die glitzernden Zähnchenspangen in ihren langen Haaren zurechtzuschieben. „Wer Klobürsten im Ohr hat, sollte nicht über Haarspangen anderer Leute lästern!"
Da muss ich kichern. Auch Lila und Vinni lachen gutmütig mit.
„Klobürsten sind vampi-cool!", ruft Lila.
„Glitzerzähne auch!", grinst Patrizia und schiebt sich ein verrutschtes Zähnchen ein Stück höher auf den Kopf.
In dieser Sekunde wird die Klassenzimmertür aufgerissen, und Frau Dr. vom Hochmoors hagere Gestalt erscheint im Rahmen. „ICH MUSS DOCH SEHR BITTEN!"
Sie trägt ein obenrum ziemlich eng anliegendes Kleid aus Samt, das mit endlos vielen kleinen Schnörkeln bestickt ist und bis zum Boden reicht. Ich schätze, sie ist mindestens tausend Jahre alt (und so alt sind wohl auch ihre Klamotten).
„Oh neeee!", höre ich plötzlich eine piepsige Stimme zu unseren Füßen. „Da ist schon wieder die Mumie! Achtung, alle in die Löcher! Gleich hagelt's Besenborsten!"
Ich schaue runter und muss grinsen. In Windeseile verschwinden drei kleine Mäuse hinter einer abgerissenen Ecke der dicken Tapete. Die Armen! Ich kann mir gut vorstellen,
wie die strenge Frau Dr. vom Hochmoor sie mit Besen verjagt, hihi! Ich will schon Lila neben mir an-schubsen und ihr von dem netten Namen erzählen, den die Mäuse für unsere Lehrerin haben, da fällt mir gerade noch ein, dass nicht alle Nachtmenschen Tiersprachen verstehen. Genauer gesagt praktisch keiner. Jedenfalls niemand, den ich kenne. Deshalb sind Wölfisch und Rättisch in den höheren Klassen ja auch Unterrichtsfächer. Worauf ich mich schon echt freue! Endlich mal was, wo ich vermutlich ziemlich gut abschneiden werde, hurra!
Aber bis dahin halte ich lieber meine Fangzähne ruhig. Erstens finden Mama und Papa Angeberei doof. Und zweitens will ich nicht, dass die anderen merken, WIE vampirunnormal ich bin ...
Frau Dr. vom Hochmoor schiebt ihre Lesebrille auf die Stirn und sieht uns streng an. Ihr Gesicht besteht aus etwa fünfhundert Falten. Ihre Haare sind gruftgrau und zu einem strengen, aber kunstvollen Turm an ihrem Hinterkopf aufgeschichtet. Ihre giftgrünen Augen blitzen uns fangzahnscharf an. Trotz ihres hohen Alters wirkt sie nicht gerade gebrechlich.
„Ihr seid junge NACHTDAMEN!", schimpft sie auch schon los. „Bitte benehmt euch auch so!"
„Wir sollen hier draußen auf die Neue in unserem Schlafsaal warten", versucht Lila uns zu verteidigen.
Frau Dr. vom Hochmoors fünfhundert Altersfalten bekommen noch etwa fünfundzwanzig Falten dazu. „Das weiß ich, Lila Zunder! Aber ich sehe keinen Grund, warum ihr das nicht LEISE tun könnt!"
Frau Dr. vom Hochmoor ist die einzige Lehrerin, die uns gerne mit dem Vornamen und dem Nachnamen anredet. Sie würde niemals brüllen, das ist selbstverständlich nicht nachtdamenhaft. Aber wenn sie böse wird, ist ihre Stimme schneidend wie Ur-ur-ur-ur-ur-urgroßvater Zensus' alter Säbel, der bei uns an der Wohnzimmerwand hängt. Frau Dr. vom Hochmoors Strafen sind im ganzen Internat gefürchtet.
Ich sehe, dass nicht nur ich anfange zu schwitzen. (Dabei schwitzen erwachsene Nachtmenschen fast nie, Vampirmädchen aber leider doch. Das gibt sich wahrscheinlich mit den Jahrhunderten.) Bei Frau Dr. vom Hochmoor kann man nie wissen. Die verdonnert einen glatt zu Einen Monat lang Fledermauskacke in den Schlosskellern aufwischen, bloß weil man laut geniest hat.
Uh, Frau Dr. vom Hochmoors Stimme klingt spitzer als jeder gefeilte Fangzahn.
„Ich erwarte", zischt sie durch das Schlossgemäuer, „dass ihr eurer neuen Mitschülerin vorbildliche Vorbilder seid! Was soll sie von euch denken, wenn ihr hier krakeelt wie heulende Eulen und umherwuselt wie flatternde Fledermäuse?"
Vielleicht, dass es lustig ist, auf Schloss Schauerfels zur Schule zu gehen?, denke ich. Das sage ich aber lieber nicht laut.
Vinni muss etwas Ähnliches in Lilas Ohr gewispert haben, denn die beiden fangen leise an zu kichern.
„Lavinia Sargnagel!" Frau Dr. vom Hochmoors Stimme ist jetzt nicht mehr schneidend, sondern frostig wie ein Eiszapfen. „Sicherlich möchtest du für uns alle noch einmal deutlich wiederholen, was du gerade geflüstert hast, hm?" Sie guckt Vinni auffordernd an.
Uff! Mir hätten vor Schreck wahrscheinlich die Beißzähne gewackelt. Aber Vinni bleibt ganz ruhig. Sie schluckt ihr Kichern runter, stellt sich kerzengerade hin und verkündet mit beißernstem Gesicht: „Ich sagte eben zu Lila, wie schade es ist, dass wir bereits die halbe Geschichtsstunde verpasst haben. Und dass es für Neue verboten werden sollte, während der Schulstunden anzukommen und uns vom Unterricht abzuhalten!"
Sie schaut Frau Dr. vom Hochmoor direkt ins Gesicht. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und vor allem ohne beim beißfesten Lügen rot zu werden. Nein, ihr nachtblasses Gesicht sieht so treu und brav aus wie ein kuscheliger Waschbär im Mondlicht.
Blitzender Blutbiss! So frech muss man erst mal sein! Ich glaube, Vinni schwitzt nie.
Frau Dr. vom Hochmoor guckt Vinni prüfend an. „Nun ja", gibt sie dann etwas versöhnlicher zu, „mitten in der Unterrichtszeit anzukommen, ist tatsächlich nicht ideal. Aber - hm - in diesem Fall liegt das natürlich auch an ... ähm ..." Frau Dr. vom Hochmoor bricht mitten im Satz ab.
Dann räuspert sie sich. „Nun ja. Hm. Wie auch immer." Wieder eine Pause.
Was ist denn los?
Unsere Geschichtslehrerin glättet ihr faltiges Gesicht, so gut es geht (was bedeutet, dass die fünfundzwanzig Extrafalten wieder verschwinden), und erklärt dann sehr viel freundlicher: „Jedenfalls werden wir alle ganz besonders liebenswürdig zu Tonja sein. Nicht wahr, meine jungen Damen?"
Der letzte Satz klingt wieder strenger. Doch damit lässt sie es gut sein, dreht sich endlich um und macht die Tür hinter sich zu.
„Kackende Kuhkakerlake!", stöhnt Lila, als Frau Dr. vom Hochmoor verschwunden ist. „Ich dachte schon, wir kriegen jetzt alle eine vampifiese Strafarbeit aufgedrückt!"
„Aber echt!" Patrizia nickt. „Alva musste letzten Dienstagabend noch vor dem Wecken aufstehen und alle Grabsteine vorm Schloss scheuern und mit Zahnsteinpolitur einreiben, bevor sie zum Frühstück durfte! Bloß weil sie mit Elise gekichert hat."
Klar wie Blutsuppe, da haben wir noch mal Glück gehabt!
Trotzdem komme ich langsam wegen einer anderen Sache ins Grübeln. Wieso betont auch Frau Dr. vom Hochmoor so beißstark, dass wir unbedingt nett zu dieser Tonja sein sollen?
Ich will gerade die anderen fragen, ob ihnen das auch aufgefallen ist, da kommt Hausmutter Madeleine die schmale Wendeltreppe des Schlossturms hoch. Und hinter ihr her schlurft ein Vampirmädchen, das aussieht, als hätte es drei Tage nicht geschlafen und deshalb eine Laune wie sieben Nächte Regenwetter.
„Hallo, Mädchen!", begrüßt uns unsere Hausmutter. „Danke fürs Warten! Dies hier ist also Tonja, eure neue Schlafsaal-Mitbewohnerin."
„Hallo, Tonja", sagt Romina und lächelt die Neue an.
Auch ich und die anderen murmeln ein „Hallo" zu dem missmutigen Mädchen rüber. Doch die lächelt kein bisschen zurück.
Ach, du trübes Grab! Die sieht nicht nur nach Regenwetter-Laune aus, die scheint sie auch volle Flügelbreite zu haben. Kein Wunder, dass uns alle tausendmal ermahnen, freundlich zu ihr zu sein! Von alleine würde man wohl kaum auf die Idee kommen!
Tonja sagt nicht mal Hallo. Sie steht nur stocksteif da und mustert uns düster und feindlich.
Ja, richtig feindlich! Hat die Zecken auf der Haut? Bei so einem Gesicht ist es ehrlich schwer, nett zu bleiben.
Ich bin fast froh, als Hausmutter Madeleine an die Klassenzimmertür klopft und wir in den Unterricht gehen müssen. Was hätten wir mit so einem übellaunigen Rattengesicht auch lange reden sollen?
...
© 2012 SchneiderBuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
In dem riesigen Speisesaal von Schloss Schauerfels riecht es nach geronnenem Blut.
Ach du grüner Zahnstein! Von zu viel der zähen Flüssigkeit wird mir schlecht. Ob das frisch gekochte Blutwurst ist? Iiiiihh, grusel! (Ich sag's ja, ich habe nicht mal die beißnormalsten Vampir-Eigenschaften!)
Mama kann das zwar nicht verstehen (besonders Blutwurst liiiiebt sie), trotzdem hat sie mich nie gezwungen, etwas zu essen, was ich nicht mag. Solange ich denken kann, hat sie sogar einmal im Monat mein allerliebstes Lieblingsgericht Spaghetti Carbonara mit gaaanz viel Knoblauch gekocht. Nur für mich. Auch wenn Papa in diesen Nächten so furchtbar husten muss, als hätte er eine Staublunge. (Vampire sind ja schrecklich allergisch gegen Knoblauch!) Und auch wenn Mama nach dem Zubereiten mindestens drei Tage - und Nächte - mit fürchterlichen Kopfschmerzen in ihrem Sarg liegt, bis sie sich von der Knoblauch-Vergiftung wieder erholt hat.
Immer wieder haben Mama und Papa mir die köstlichsten Blut-Leckereien wenigstens zum Probieren gegeben. Aber - echt - ich bin schon kurz vorm Würgen, wenn ich nur an zu viel Blut denke.
Lebenssaft nennt Mama das dickflüssige, rote Zeug. „Das ist doch sooo gesund!", behauptet sie ständig.
Dabei weiß doch jedes Vampir-Baby schon seit hundert Jahren, dass man sehr gut vegetarisch - also nur von Gemüse - leben kann. Im Fernsehen sagen die ja sogar, dass Obst und anderes pflanzliches Zeugs viel besser für den Körper ist als ständig frisches Blut. Aber Mama und Papa glauben natürlich, dass das alles nur moderner Unsinn ist und dass jeder Vampir wenigstens etwas richtiges Blut braucht.
Zum Glück glauben sie aber nicht mehr, dass man dafür Tagmenschen beißen muss! Mann, wäre mir das peinlich! Eltern zu haben, die fremde Menschen beißen - nee! Nein, das Blut, das wir zu uns nehmen, kommt natürlich von Kühen und Schweinen und Schafen. Die Tagmenschen bekommen das meiste Fleisch und wir das Blut.
Das ist schon seit Ewigkeiten gerecht aufgeteilt.
Etwas besorgt beobachte ich einige Mädchen, die ihr Essen bereits glücklich in sich reinschaufeln. Ich kann es nicht genau erkennen. Was ist das? Ist das etwa ... ?
„Oh LECKER!", ruft Vinni neben mir begeistert. „Blutblubberkuchen! Mit Vanillesoße!"
Oh je. Die dicken Pfannkuchen mit den kleinen eingebackenen Blutblasen sind das absolute Lieblingsgericht von allen Vampirkindern. Und - na schön - mit reichlich süßer Soße darüber sind sie einigermaßen genießbar.
„Ey! Molly! Du schlürfst uns ja die ganze Vanillesoße weg!", beschwert sich Lila drei Minuten später.
„Ich hol schnell neue Soße aus der Küche",
bietet Romina an, bevor ich etwas sagen kann.
„Mach schnell!", ruft Lila, mit vollen Backen kauend. „Und frag auch gleich, ob es wenigstens vier Portionen Blubberkuchen für jeden gibt!" (Drei hat sie nämlich schon weggehauen!)
Vinni ist bereits beim nächsten Thema. „Habt ihr gehört? Ich hab eben Gräfin Rothbiss zu Frau Dr... vom Hochmoor sagen hören, dass heute eine Neue ankommt. Das ist bestimmt die für unseren Schlafsaal!"
Gräfin Rothbiss ist die Direktorin von Schloss Schauerfels. Und Frau Dr. vom Hochmoor unterrichtet Vampirgeschichte und Vampirliteratur und ist mit Abstand die strengste Lehrerin der Schule.
Lila, Patrizia und Vinni blubbern ein bisschen darüber, ob die Neue gut in Fangball und deshalb eine bissfrische Unterstützung für unser Lindengruft-Team sein könnte, da kommt Romina schon aufgeregt zurück.
Sie knallt eine riesige Karaffe Vanillesoße auf den Tisch. „Hey, hört mal! Hausmutter Madeleine hat mich eben gebeten, ein paar Minuten zu warten, bevor wir zu Frau Dr. vom Hochmoor in den Unterricht gehen. Das fehlende Mädchen in unserem Schlafsaal ist eben angekommen und wird von Gräfin Rothbiss gerade durch die Schule geführt."
„HA!", ruft Vinni. „Hab ich euch doch gesagt!"
„Sie heißt Tonja", erzählt Romina weiter. Dann druckst sie merkwürdig herum. „Und irgendwie ... irgendwie ..."
„Irgendwie WAS?", unterbricht Vinni sie ungeduldig.
„Na ja", meint Romina, „es klang irgendwie komisch, wie Hausmutter Madeleine sagte, dass
wir nett zu ihr sein sollten. Ganz besonders nett. Sie hat mich richtig streng angesehen. Als ob es
nicht normal wäre, dass man nett zu Neuen ist!"
„Komisch!" Lila schüttelt den Kopf. „Wir sind doch die nettesten Vampirmädchen der Welt!"
„Ha-ha!", macht Patrizia, und Vinni kichert.
„Wieso?", frage ich neugierig. „Ist was Besonderes mit dieser Tonja?"
Romina zuckt die Schultern. „Keine Ahnung. Mehr hat Hausmutter Madeleine nicht gesagt."
„Oh, keine Sorge!", beteuert Vinni. „Die werden wir ganz besonders beißfreundlich empfangen."
„Und uns eine besonders beißfreundliche Aufnahmeprüfung ausdenken!", fügt Lila hinzu.
So eine Aufnahmeprüfung - eher eine Mutprobe! - musste auch ich über mich ergehen lassen, als ich hier ankam. Ich bin gespannt, wie das neue Mädchen damit klarkommen wird!
Frau Dr. vom Hochmoors Augen blitzen und wir schwitzen
„Immerhin haben wir die beste Entschuldigung der Nacht für unser Fehlen", meint die punkige Lila und nudelt an ihren vielen Ohranhängern rum. (Am meisten an dem, der die Form einer Klobürste hat.) „Hausmutter Madeleine hat ja gesagt, dass wir auf keinen Fall ohne diese Tonja reingehen sollen."
Wir stehen oben im Schlossturm vor unserem Klassenzimmer und warten darauf, dass die Hausmutter die Neue zu uns bringt.
„Und wenn wir nun so viel verpassen, dass wir hinterher gar nicht mehr mitkommen?", fragt Romina besorgt. „Frau Dr. vom Hochmoor hat mit den anderen doch schon längst angefangen."
„Romina, du alte Streberin!", gröhlt Vinni. „Hör auf, vor Angst mit den Backenzähnen zu schlackern! Frau Dr. vom Hochmoor kann uns ja wohl keine schlechte Note geben, wenn wir gar nicht reingehen durften!"
„Genau!", kichert Lila. „Und Patrizia ist bestimmt froh, dass sie noch ein bisschen Zeit hat, um an ihrer Frisur rumzufummeln!"
„Pppppp!", macht Patrizia. Doch sie hört sofort auf, die glitzernden Zähnchenspangen in ihren langen Haaren zurechtzuschieben. „Wer Klobürsten im Ohr hat, sollte nicht über Haarspangen anderer Leute lästern!"
Da muss ich kichern. Auch Lila und Vinni lachen gutmütig mit.
„Klobürsten sind vampi-cool!", ruft Lila.
„Glitzerzähne auch!", grinst Patrizia und schiebt sich ein verrutschtes Zähnchen ein Stück höher auf den Kopf.
In dieser Sekunde wird die Klassenzimmertür aufgerissen, und Frau Dr. vom Hochmoors hagere Gestalt erscheint im Rahmen. „ICH MUSS DOCH SEHR BITTEN!"
Sie trägt ein obenrum ziemlich eng anliegendes Kleid aus Samt, das mit endlos vielen kleinen Schnörkeln bestickt ist und bis zum Boden reicht. Ich schätze, sie ist mindestens tausend Jahre alt (und so alt sind wohl auch ihre Klamotten).
„Oh neeee!", höre ich plötzlich eine piepsige Stimme zu unseren Füßen. „Da ist schon wieder die Mumie! Achtung, alle in die Löcher! Gleich hagelt's Besenborsten!"
Ich schaue runter und muss grinsen. In Windeseile verschwinden drei kleine Mäuse hinter einer abgerissenen Ecke der dicken Tapete. Die Armen! Ich kann mir gut vorstellen,
wie die strenge Frau Dr. vom Hochmoor sie mit Besen verjagt, hihi! Ich will schon Lila neben mir an-schubsen und ihr von dem netten Namen erzählen, den die Mäuse für unsere Lehrerin haben, da fällt mir gerade noch ein, dass nicht alle Nachtmenschen Tiersprachen verstehen. Genauer gesagt praktisch keiner. Jedenfalls niemand, den ich kenne. Deshalb sind Wölfisch und Rättisch in den höheren Klassen ja auch Unterrichtsfächer. Worauf ich mich schon echt freue! Endlich mal was, wo ich vermutlich ziemlich gut abschneiden werde, hurra!
Aber bis dahin halte ich lieber meine Fangzähne ruhig. Erstens finden Mama und Papa Angeberei doof. Und zweitens will ich nicht, dass die anderen merken, WIE vampirunnormal ich bin ...
Frau Dr. vom Hochmoor schiebt ihre Lesebrille auf die Stirn und sieht uns streng an. Ihr Gesicht besteht aus etwa fünfhundert Falten. Ihre Haare sind gruftgrau und zu einem strengen, aber kunstvollen Turm an ihrem Hinterkopf aufgeschichtet. Ihre giftgrünen Augen blitzen uns fangzahnscharf an. Trotz ihres hohen Alters wirkt sie nicht gerade gebrechlich.
„Ihr seid junge NACHTDAMEN!", schimpft sie auch schon los. „Bitte benehmt euch auch so!"
„Wir sollen hier draußen auf die Neue in unserem Schlafsaal warten", versucht Lila uns zu verteidigen.
Frau Dr. vom Hochmoors fünfhundert Altersfalten bekommen noch etwa fünfundzwanzig Falten dazu. „Das weiß ich, Lila Zunder! Aber ich sehe keinen Grund, warum ihr das nicht LEISE tun könnt!"
Frau Dr. vom Hochmoor ist die einzige Lehrerin, die uns gerne mit dem Vornamen und dem Nachnamen anredet. Sie würde niemals brüllen, das ist selbstverständlich nicht nachtdamenhaft. Aber wenn sie böse wird, ist ihre Stimme schneidend wie Ur-ur-ur-ur-ur-urgroßvater Zensus' alter Säbel, der bei uns an der Wohnzimmerwand hängt. Frau Dr. vom Hochmoors Strafen sind im ganzen Internat gefürchtet.
Ich sehe, dass nicht nur ich anfange zu schwitzen. (Dabei schwitzen erwachsene Nachtmenschen fast nie, Vampirmädchen aber leider doch. Das gibt sich wahrscheinlich mit den Jahrhunderten.) Bei Frau Dr. vom Hochmoor kann man nie wissen. Die verdonnert einen glatt zu Einen Monat lang Fledermauskacke in den Schlosskellern aufwischen, bloß weil man laut geniest hat.
Uh, Frau Dr. vom Hochmoors Stimme klingt spitzer als jeder gefeilte Fangzahn.
„Ich erwarte", zischt sie durch das Schlossgemäuer, „dass ihr eurer neuen Mitschülerin vorbildliche Vorbilder seid! Was soll sie von euch denken, wenn ihr hier krakeelt wie heulende Eulen und umherwuselt wie flatternde Fledermäuse?"
Vielleicht, dass es lustig ist, auf Schloss Schauerfels zur Schule zu gehen?, denke ich. Das sage ich aber lieber nicht laut.
Vinni muss etwas Ähnliches in Lilas Ohr gewispert haben, denn die beiden fangen leise an zu kichern.
„Lavinia Sargnagel!" Frau Dr. vom Hochmoors Stimme ist jetzt nicht mehr schneidend, sondern frostig wie ein Eiszapfen. „Sicherlich möchtest du für uns alle noch einmal deutlich wiederholen, was du gerade geflüstert hast, hm?" Sie guckt Vinni auffordernd an.
Uff! Mir hätten vor Schreck wahrscheinlich die Beißzähne gewackelt. Aber Vinni bleibt ganz ruhig. Sie schluckt ihr Kichern runter, stellt sich kerzengerade hin und verkündet mit beißernstem Gesicht: „Ich sagte eben zu Lila, wie schade es ist, dass wir bereits die halbe Geschichtsstunde verpasst haben. Und dass es für Neue verboten werden sollte, während der Schulstunden anzukommen und uns vom Unterricht abzuhalten!"
Sie schaut Frau Dr. vom Hochmoor direkt ins Gesicht. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und vor allem ohne beim beißfesten Lügen rot zu werden. Nein, ihr nachtblasses Gesicht sieht so treu und brav aus wie ein kuscheliger Waschbär im Mondlicht.
Blitzender Blutbiss! So frech muss man erst mal sein! Ich glaube, Vinni schwitzt nie.
Frau Dr. vom Hochmoor guckt Vinni prüfend an. „Nun ja", gibt sie dann etwas versöhnlicher zu, „mitten in der Unterrichtszeit anzukommen, ist tatsächlich nicht ideal. Aber - hm - in diesem Fall liegt das natürlich auch an ... ähm ..." Frau Dr. vom Hochmoor bricht mitten im Satz ab.
Dann räuspert sie sich. „Nun ja. Hm. Wie auch immer." Wieder eine Pause.
Was ist denn los?
Unsere Geschichtslehrerin glättet ihr faltiges Gesicht, so gut es geht (was bedeutet, dass die fünfundzwanzig Extrafalten wieder verschwinden), und erklärt dann sehr viel freundlicher: „Jedenfalls werden wir alle ganz besonders liebenswürdig zu Tonja sein. Nicht wahr, meine jungen Damen?"
Der letzte Satz klingt wieder strenger. Doch damit lässt sie es gut sein, dreht sich endlich um und macht die Tür hinter sich zu.
„Kackende Kuhkakerlake!", stöhnt Lila, als Frau Dr. vom Hochmoor verschwunden ist. „Ich dachte schon, wir kriegen jetzt alle eine vampifiese Strafarbeit aufgedrückt!"
„Aber echt!" Patrizia nickt. „Alva musste letzten Dienstagabend noch vor dem Wecken aufstehen und alle Grabsteine vorm Schloss scheuern und mit Zahnsteinpolitur einreiben, bevor sie zum Frühstück durfte! Bloß weil sie mit Elise gekichert hat."
Klar wie Blutsuppe, da haben wir noch mal Glück gehabt!
Trotzdem komme ich langsam wegen einer anderen Sache ins Grübeln. Wieso betont auch Frau Dr. vom Hochmoor so beißstark, dass wir unbedingt nett zu dieser Tonja sein sollen?
Ich will gerade die anderen fragen, ob ihnen das auch aufgefallen ist, da kommt Hausmutter Madeleine die schmale Wendeltreppe des Schlossturms hoch. Und hinter ihr her schlurft ein Vampirmädchen, das aussieht, als hätte es drei Tage nicht geschlafen und deshalb eine Laune wie sieben Nächte Regenwetter.
„Hallo, Mädchen!", begrüßt uns unsere Hausmutter. „Danke fürs Warten! Dies hier ist also Tonja, eure neue Schlafsaal-Mitbewohnerin."
„Hallo, Tonja", sagt Romina und lächelt die Neue an.
Auch ich und die anderen murmeln ein „Hallo" zu dem missmutigen Mädchen rüber. Doch die lächelt kein bisschen zurück.
Ach, du trübes Grab! Die sieht nicht nur nach Regenwetter-Laune aus, die scheint sie auch volle Flügelbreite zu haben. Kein Wunder, dass uns alle tausendmal ermahnen, freundlich zu ihr zu sein! Von alleine würde man wohl kaum auf die Idee kommen!
Tonja sagt nicht mal Hallo. Sie steht nur stocksteif da und mustert uns düster und feindlich.
Ja, richtig feindlich! Hat die Zecken auf der Haut? Bei so einem Gesicht ist es ehrlich schwer, nett zu bleiben.
Ich bin fast froh, als Hausmutter Madeleine an die Klassenzimmertür klopft und wir in den Unterricht gehen müssen. Was hätten wir mit so einem übellaunigen Rattengesicht auch lange reden sollen?
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© 2012 SchneiderBuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Dagmar H. Mueller
Dagmar H. Mueller arbeitete als Skilehrerin, Musiklehrerin und PR-Texterin. All das konnte sie aber nicht von ihrer wahren Passion abhalten, dem Schreiben von Büchern. Dagmar H. Mueller arbeitet heute hauptberuflich als Autorin und lebt in England.
Bibliographische Angaben
- Autor: Dagmar H. Mueller
- Altersempfehlung: 8 - 10 Jahre
- 2012, 144 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 15,6 x 22,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Schneiderbuch
- ISBN-10: 3505130524
- ISBN-13: 9783505130526
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