Löcher
Und so ist Stanley, jüngster Spross, vom Pech verfolgt. Schließlich landet er wegen eines Diebstals, den er nicht begangen hat, im Erziehungslager Green Lake.
Dort ist zur Charakterstärkung...
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Und so ist Stanley, jüngster Spross, vom Pech verfolgt. Schließlich landet er wegen eines Diebstals, den er nicht begangen hat, im Erziehungslager Green Lake.
Dort ist zur Charakterstärkung Löchergraben angesagt! Dass dahinter etwas ganz anderes steckt, entdeckt Stanley noch rechtzeitig. Und nebenbei bannt er auch den Familien-Fluch.
Für Kinder ab 12 Jahren!
Löcher von Louis Sachar
LESEPROBE
1
Das hiernennt sich zwar Camp Green Lake, aber einen See gibt es gar nicht. Früher gabes mal einen ganz großen, den größten See in Texas, aber das ist schon überhundert Jahre her. Jetzt ist hier alles flach und trocken, eine einzige Wüste.
Es gab auchmal eine Stadt, die Green Lake hieß, aber die ist gleichzeitig mit dem Seeimmer mehr zusammengeschrumpft und ausgetrocknet, genauso wie die Leute, dieda wohnten.
Im Sommerliegt die Temperatur tagsüber bei 35 Grad im Schatten - vorausgesetzt, manfindet irgendwo Schatten. Viel gibt es davon nicht an einem großen, ausgetrocknetenSee.
Dieeinzigen Bäume sind zwei alte Eichen am Ostufer des »Sees«. Dazwischen isteine Hängematte gespannt und dahinter steht eine Blockhütte.
DenBewohnern des Camps ist es verboten, sich in die Hängematte zu legen. Siegehört nämlich dem Boss. Der Schatten ist ganz allein für den Boss.
Draußen amSee suchen Klapperschlangen und Skorpione Schatten unter Felsen und in denLöchern, die die Bewohner des Camps gegraben haben. Was die Klapperschlangenund Skorpione angeht, sollte man sich eine wichtige Regel merken: Lass sie inRuhe, dann lassen sie dich auch in Ruhe.
Normalerweise.
Von einemSkorpion oder sogar von einer Klapperschlange gebissen zu werden ist nicht dasSchlimmste, was dir passieren kann. Daran stirbst du nicht.
Normalerweise.
Manchmalkommt es vor, dass einer der Jungs hier es darauf anlegt, von einem Skorpiongebissen zu werden, vielleicht sogar von einer kleinen Klapperschlange. Danndarf er sich ein oder zwei Tage in seinem Zelt ausruhen und muss kein Lochgraben draußen auf dem See.
Aber keinerwürde sich freiwillig von einer gelb gefleckten Eidechse beißen lassen. Das istdas Schlimmste, was einem passieren kann. Dann stirbt man einen langsamen,qualvollen Tod.
Immer.
Wenn du voneiner gelb gefleckten Eidechse gebissen wirst, dann kannst du geradeso guthinüber in den Schatten der Eichen gehen und dich in die Hängematte legen.
Dann kanndir nämlich keiner mehr was.
2
Jetzt fragtsich der Leser vermutlich: Aus welchem Grund sollte irgendjemand auf die Ideeverfallen, nach Camp Green Lake zu kommen?
Die Antwortist: Die meisten Bewohner hatten gar keine andere Wahl. Camp Green Lake isteine Anstalt für schwere Jungs.
Nimm einenvon ihnen und lass ihn Tag für Tag in brütender Hitze ein Loch graben, und dukannst sicher sein, dass ein guter Junge aus ihm wird.
Jedenfallsglaubten das einige Leute.
Stanley Yelnats hatte sogar die freie Wahl. Der Richter sagte: »Dukannst es dir aussuchen - entweder du gehst ins Gefängnis oder du kommst nachCamp Green Lake.«
Stanley kamaus einer armen Familie. Er war noch nie im Leben in einem Feriencamp gewesen.
3
Stanley Yelnats war der einzige Fahrgast im Bus, wenn man denFahrer und den Wachmann nicht mitrechnete. Der Wachmann saß neben dem Fahrerauf einem umgedrehten Sitz, so dass er Stanley im Blick hatte. Auf seinen Knienlag ein Gewehr.
Stanley saßungefähr zehn Reihen weiter hinten und war mit Handschellen an einer Armlehne festgekettet. Auf dem Sitz neben ihm lag sein Rucksack.Darin waren seine Zahnbürste, Zahnpasta und eine Schachtel mit Briefpapier, dieseine Mutter ihm geschenkt hatte. Er hatte ihr versprochen, wenigstens einmaldie Woche zu schreiben.
Er schautezum Fenster hinaus, auch wenn es nicht viel zu sehen gab - hauptsächlich Wiesenund Baumwollfelder. Er befand sich auf einer langenBusfahrt nach Nirgendwo. Der Bus hatte keine Klimaanlage und die stickige,heiße Luft war fast ebenso beklemmend wie die Handschellen.
Stanley undseine Eltern hatten sich vorzumachen versucht, er würde einfach nur für eineWeile ins Feriencamp gehen, so wie die reichen Kinder. Als Stanley noch jüngerwar, hatte er oft mit seinen Plüschtieren Feriencamp gespielt. »Spaß &Spiele« stand auf dem Programm. Mal ließ er sie mit einer Murmel Fußball spielen,mal gab es Hindernisrennen und manchmal auch Bungeespringenvom Tisch hinunter, wozu er die Tiere an durchgerissenen Gummibändern festband.Jetzt versuchte Stanley sich vorzumachen, dass dieses Mal für ihn selbst »Spaß& Spiele im Feriencamp« angesagt war. Vielleicht würde er ja auch Freundefinden, dachte er. Zumindest könnte er im See schwimmen gehen.
Zu Hausehatte er keine Freunde. Er war übergewichtig und die anderen Kinder in seinerSchule machten sich oft darüber lustig. Sogar seine Lehrer machten manchmalirgendwelche grausamen Bemerkungen, ohne es zu merken. An seinem letzten Schultaghatte die Mathelehrerin Mrs. Bell mit ihnen Verhältnisrechnen gemacht. Um ihnendas an einem Beispiel vorzuführen, ließ sie das schwerste und das leichteste Kindder Klasse nach vorne kommen zum Wiegen. Stanley wog dreimal so viel wie derandere Junge. Mrs. Bell schrieb das Verhältnis der beiden Gewichte - 3 : 1 - an die Tafel, ohne zu spüren, wie peinlich dieSituation für beide Jungen war.
Am selbenTag war Stanley festgenommen worden.
Er sah denWachmann an, der zusammengesunken auf seinem Platz saß, und fragte sich, ob erwohl eingeschlafen war. Der Mann hatte eine dunkle Sonnenbrille auf, deswegenkonnte Stanley seine Augen nicht sehen.
Stanley warkein schlechter Junge. Er hatte die Tat, wegen der man ihn verurteilt hatte,nicht begangen. Er war einfach im falschen Moment am falschen Ort gewesen.
An derganzen Sache war überhaupt nur sein Ururgroßvater schuld, dieser elendeTunichtgut und Schweinedieb!
Stanleygrinste. Das war so ein stehender Witz in seiner Familie. Wann immerirgendetwas schief ging, schoben sie die Schuld auf Stanleys Ururgroßvater, diesenelenden Tunichtgut und Schweinedieb.
DieserUrurgroßvater, so hieß es, habe einmal einer Alten, der ein Fuß fehlte, einSchwein gestohlen, weswegen sie ihn und alle seine Nachkommen verfluchte. Stanleyund seine Eltern glaubten natürlich nicht an solche Flüche, aber wenn etwasschief ging, tat es einfach gut, jemanden zu haben, auf den man die Schuldschieben konnte. Und es ging bei ihnen eine ganze Menge schief. Immer schienensie im falschen Moment am falschen Ort zu sein.
Stanleyblickte durchs Fenster in die weite, wüstenähnliche Landschaft hinaus. Mit denAugen folgte er dem Auf und Ab eines Telefonkabels, dazu hörte er im Kopf dieraue Stimme seines Vaters, der ihm leise ein Lied sang:
»Wenn, jawenn«, seufzt der Specht,
»die Rindeam Baum nur ein bisschen weicher wärl«
Und untenlauert der Wolf
hungrig undeinsam heult er zum Mond,
zum Mo-ho-hond:
»Wenn, jawenn!«
SolangeStanley sich erinnern konnte, hatte der Vater ihm dieses Lied vorgesungen. Eshatte eine süße, traurige Melodie, aber am meisten liebte Stanley die Stelle, woder Vater Mo-ho-hond heulte.
Der Busholperte über eine Bodenwelle und der Wachmann fuhr hoch und war mit einem Malhellwach.
StanleysVater war ein Erfinder. Um ein erfolgreicher Erfinder zu sein, braucht man dreiDinge:' Intelligenz, Ausdauer und ein ganz kleines bisschen Glück.
StanleysVater war ein kluger Kopf und an Ausdauer fehlte es ihm auch nicht. Wenn ersich einmal an ein Projekt machte, arbeitete er oft Jahre daran, manchmal mehrereTage am Stück, ohne zu schlafen. Nur Glück hatte er nie.
Und jedesMal, wenn wieder ein Experiment gescheitert war, konnte Stanley hören, wie derVater seinen Urgroßvater verfluchte, diesen elenden Tunichtgut und Schweinedieb.
StanleysVater hieß ebenfalls Stanley Yelnats. ( )
© Beltz Verlag
Übersetzung:Birgitt Kollmann
- Autor: Louis Sachar
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2007, 11. Aufl., 295 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Beltz
- ISBN-10: 3407785682
- ISBN-13: 9783407785688
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