Maori Band 2: Das Lied der Maori
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Der zweite Teil der farbenprächtigen Neuseeland-Saga nach Im Land der weißen Wolke.
Das Lied der Maori von Sarah Lark
LESEPROBE
1
»Sie sind Mrs. O’Keefe?«
William Martyn schaute verdutzt auf das rothaarige, zierliche Mädchen, das ihn an der Rezeption des Gästehauses willkommen hieß. Die Männer im Goldgräberlager hatten ihm Helen O’Keefe als ältere Dame geschildert, ja als eine Artweiblichen Drachen von der Sorte, die mit zunehmendem Alter Feuer spie. In Miss Helens Hotel herrschten strenge Sitten, hieß es. Das Rauchen sei verboten, ebenso Alkohol, erst recht das Mitbringen von Gästen anderen Geschlechts, sofern keine Heiratsurkunde vorlag. Die Erzählungen der Goldgräber hatten eher ein Gefängnis als ein Gasthaus erwarten lassen. Immerhin gäbe es keine Flöhe und Wanzen in Miss Helens Etablissement, dafür aber ein Badehaus.
Nun aber begrüßte ihn hier keineswegs ein Drache, sondern dieses ausnehmend hübsche, grünäugige Geschöpf, dessen Gesicht von einer unbezähmbaren rotgoldenen Lockenpracht eingerahmt war. Alles in allem der erfreulichste Anblick, seit William in Dunedin, Neuseeland, das Schiff verlassen hatte. Seine Laune, seit Wochen auf dem Tiefpunkt, hob sich beträchtlich. Das Mädchen lachte.
»Nein, ich bin Elaine O’Keefe. Helen ist meine Großmutter. «
William lächelte. Er wusste, dass er damit Eindruck machte. In Irland hatte sich stets ein aufmerksamer Ausdruck auf die Gesichter der Mädchen geschlichen, wenn sie den Schalk in seinen blauen Augen aufblitzen sahen.
»Das tut mir ja fast leid. Sonst hätte ich nämlich glatt eine Geschäftsidee gehabt: ›Wasser aus Queenstown – entdecken Sie den Jungbrunnen!‹«
Elaine kicherte. Sie hatte ein schmales Gesicht und eine kleine, vielleicht ein bisschen zu spitze Nase mit unzähligen Sommersprossen. »Sie sollten sich mit meinem Vater zusammentun. Der macht Ständig solche Sprüche: ›Spatengut, alles gut. Goldgräber, kauft eure Ausrüstung im O’Kay Warehouse!‹«
»Ich werde es beherzigen«, versprach William und merkte sich den Namen tatsächlich. »Wie ist es jetzt? Bekomme ich ein Zimmer?«
Das Mädchen zögerte. »Sie sind Goldgräber? Dann.... na ja, es gibt schon noch freie Zimmer, aber die sind ziemlich teuer. Die meisten Goldgräber können sich die Unterkunft hier nicht leisten....«
»Sehe ich so aus?«, fragte Williammitgespielter Strenge. Dabei runzelte er die Stirn unter seinem blonden, üppigen Haarschopf.
Elaine musterte ihn jetzt ungeniert. Auf den ersten Blick unterschied er sich nicht allzu sehr von den anderen Goldgräbern, die sie in Queenstown täglich zu sehen bekam. Erwirkte ein wenig schmutzig und abgerissen, trug einen Wachsmantel, blaue Denimhosen und feste Stiefel. Auf den zweiten Blick jedoch erkannte Elaine – als Tochter eines Kaufmanns – die Qualität seiner Ausstattung: Unter dem offenen Mantel war eine teure Lederjacke zu sehen; an den Beinen trug er lederne Chaps; die Stiefel waren aus hochwertigem Material, und das Hutband um seinen breitkrempigen Stetson war aus Pferdehaar geflochten. Das kostete ein kleines Vermögen. Auch seine Satteltaschen – er hatte sie zunächst lässig über seine rechte Schulter gehängt, jetzt aber zwischen seinen Beinen auf dem Boden deponiert – schienen eine solide und teure Arbeit zu sein.
Das alles war keineswegs typisch für die Glücksritter, die Nach Queenstown kamen, um in den Flüssen und Bergen nach Gold zu suchen, denn nur die wenigsten wurden reich. Die Große Mehrheit verließ die Stadt früher oder später so arm und abgerissen, wie sie gekommen war. Das lag auch daran, dass die Männer die Erträge ihrer Minen in der Regel nicht sparten, sondern gleich in Queenstown wieder verprassten. Wirklich zu Geld gekommen waren nur die Zuwanderer, die sich hier angesiedelt und ein Geschäft gegründet hatten. Zu ihnen gehörten Elaines Eltern, Miss Helen mit ihrer Pension, Stuart Peters’ Schmiede und Mietstall, Ethans Post- und Telegrafenamt – und vor allem natürlich der verrufene, aber allgemein beliebte Pub in der Main Street und das darüber liegende Freudenhaus namens Daphne’s Hotel.
William erwiderte Elaines abschätzenden Blick geduldig mit leicht spöttischem Lächeln. Elaine schaute in ein jungenhaftes Gesicht, in dessen Wangen Grübchen erschienen, wenn er den Mund verzog. Und er war frisch rasiert! Auch das war ungewöhnlich. Die meisten Goldgräber griffen höchstens am Wochenende zum Rasiermesser, wenn bei Daphne Tanz war. Elaine beschloss, den Neuankömmling ein bisschen zu necken und damit vielleicht aus der Reserve zu locken. »Sie riechen zumindest nicht so streng wie die meisten.«
William lächelte. »Bislang bietet der See ja auch kostenlose Bademöglichkeit. Aber nicht mehr lange, hat man mir gesagt, und es wird kalt. Außerdem scheint das Gold Körpergeruch zu mögen. Wer am seltensten badet, holt die meisten Nuggets aus dem Fluss.«
Elaine musste lachen. »Daran sollten Sie sich aber kein Beispiel nehmen, sonst gibt’s Ärger mit Grandma. Hier, wenn Sie das ausfüllen würden....« Sie schob ihm ein Anmeldeformular zu und versuchte, nicht allzu neugierig über den Tresen zu linsen. Möglichst unauffällig las sie mit, während William schwungvoll seine Eintragungen machte. Auch das war ungewöhnlich; die wenigsten Goldgräber schrieben so flüssig. William Martyn.... Elaines Herz schlug höher, als sie seinen Namen las. Ein schöner Name.
»Was soll ich denn hier eintragen?«, fragte William und wies auf das Feld, das nach seiner Heimatadresse fragte. »Ich bin gerade erst angekommen. Das ist meine erste Adresse in Neuseeland.«
Elaine konnte ihr Interesse jetzt nicht mehr verbergen. »Wirklich? Wo kommen Sie denn her? Nein, lassen Sie mich raten. Das tut meine Mutter bei neuen Kunden auch immer. Man hört es am Akzent, woher jemand kommt....«
Bei den meisten Einwanderern war es einfach. Natürlich irrte man sich hin und wieder. Für Elaine beispielsweise klangen Schweden, Niederländer und Deutsche fast gleich. Aber Iren und Schotten konnte sie meist ohne Schwierigkeiten auseinander halten, und Leute aus Londonwaren besonders leicht zu erkennen. Experten konnten sogar den Stadtteil benennen, aus dem jemand kam. William allerdings war schwer einzuschätzen. Erklang wie ein Engländer, doch irgendwie sprach er weicher, dehnte die Vokale ein bisschen mehr.
»Sie sind aus Wales«, riet Elaine auf gut Glück. Ihre Großmutter mütterlicherseits, Gwyneira McKenzie-Warden, war Waliserin, und Williams Aussprache erinnerte ein bisschen an sie. Allerdings sprach Gwyneira keinen ausgeprägten Dialekt. Sie war die Tochter eines Landadeligen, und ihre Erzieherinnen hatten stets Wert auf akzentfreies Englisch gelegt.
William schüttelte den Kopf, doch ohne dabei zu lächeln, wie Elaine gehofft hatte. »Wie kommen Sie denn darauf?«, meinte er. »Ich bin Ire aus dem County Connemara.« Elaine wurde rot. Darauf wäre sie nie gekommen, obwohl es viele Iren auf den Goldfeldern gab. Die aber sprachen meist einen ziemlich plumpen Dialekt, während William sich eher gewählt ausdrückte.
Wie um seine Herkunft zu unterstreichen, setzte er jetzt seine letzte Adresse mit großen Buchstaben in das Kästchen: Martyn’s Manor, Connemara. Das klang nicht nach dem Hof eines Kleinbauern, das klang nach einem Landgut....
»Dann zeige ich Ihnen jetzt Ihr Zimmer«, sagte Elaine. Eigentlich sollte sie die Gäste nicht selbst hinaufbegleiten, erst recht keine männlichen. Grandma Helen hatte ihr eingeschärft, für diese Aufgabe stets den Hausdiener oder eins der Mädchen zu rufen. Aber bei diesem Mann machte Elaine gern eine Ausnahme. Sie kam hinter der Rezeption hervor und hielt sich dabei so gerade, wie ihre Großmutter es ihr als »damenhaft«, beigebracht hatte: den Kopf mit natürlicher Anmut erhoben, die Schultern zurück. Und bloß nicht in den aufreizenden, wiegenden Gang verfallen, den Daphnes Mädchen so gern zur Schau trugen!
Elaine hoffte, dass ihr gerade erst halbwegs zur Reifegelangter Busen und ihre seit neuestem geschnürte, sehr schmale Taille zur Geltung kamen. Eigentlich hasste sie es, sich zuschnüren. Aber wenn dieser Mann dadurch auf sie aufmerksam wurde…
© Verlagsgruppe Lübbe
- Autor: Sarah Lark
- 2009, 14. Aufl. 2008, 795 Seiten, Maße: 12,3 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404158679
- ISBN-13: 9783404158676
- Erscheinungsdatum: 07.05.2008
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