Mauer im Kopf
Liebe zwischen zwei Kulturen
Der Hölle des Krieges in Bagdad entflohen kommt der vierzehnjährige Said zu seinem Onkel nach Berlin. Was er im Irak erlebt hat, lässt sich nicht erzählen. Trotzdem liebt er sein Land und versteht nicht,...
Der Hölle des Krieges in Bagdad entflohen kommt der vierzehnjährige Said zu seinem Onkel nach Berlin. Was er im Irak erlebt hat, lässt sich nicht erzählen. Trotzdem liebt er sein Land und versteht nicht,...
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Produktinformationen zu „Mauer im Kopf “
Liebe zwischen zwei Kulturen
Der Hölle des Krieges in Bagdad entflohen kommt der vierzehnjährige Said zu seinem Onkel nach Berlin. Was er im Irak erlebt hat, lässt sich nicht erzählen. Trotzdem liebt er sein Land und versteht nicht, warum in Deutschland keiner seine Herkunft zu verstehen scheint. Enttäuscht vom Westen sucht Said verzweifelt nach seiner Identität. Als Said Lara trifft, scheint er endlich jemanden gefunden zu haben, der ihn mit dem Herzen versteht ...
Der Hölle des Krieges in Bagdad entflohen kommt der vierzehnjährige Said zu seinem Onkel nach Berlin. Was er im Irak erlebt hat, lässt sich nicht erzählen. Trotzdem liebt er sein Land und versteht nicht, warum in Deutschland keiner seine Herkunft zu verstehen scheint. Enttäuscht vom Westen sucht Said verzweifelt nach seiner Identität. Als Said Lara trifft, scheint er endlich jemanden gefunden zu haben, der ihn mit dem Herzen versteht ...
Klappentext zu „Mauer im Kopf “
Liebe zwischen zwei KulturenDer Hölle des Krieges in Bagdad entflohen kommt der vierzehnjährige Said zu seinem Onkel nach Berlin. Was er im Irak erlebt hat, lässt sich nicht erzählen. Trotzdem liebt er sein Land und versteht nicht, warum in Deutschland keiner seine Herkunft zu verstehen scheint. Enttäuscht vom Westen sucht Said verzweifelt nach seiner Identität. Als Said Lara trifft, scheint er endlich jemanden gefunden zu haben, der ihn mit dem Herzen versteht ...
Lese-Probe zu „Mauer im Kopf “
Bagdad Said", bittet die Mutter, "bleib heute zu Hause! Ich hab in der Nacht Schüsse gehört. Hier ganz in der Nähe, in unserem Viertel. Du musst nicht in die Schule gehen, wenn du Angst hast."Said lacht. Niemals würde er vor seiner Ummi, vor seiner Mutter, zugeben, dass er Angst hat. Er ist fünfzehn, er ist zusammen mit Achmed von der Tamuz-Brücke in den Tigris gesprungen, er hat die schwere Yamaha von Achmeds Bruder gefahren, nur ein, zwei Kilometer, aber immerhin. Er hat bei einem Ausflug in die Berge mit seinem Großvater zum ersten Mal ein Jagdgewehr in der Hand gehalten und die Hand hat nicht gezittert! Er hat damals die riesigen Adler gesehen, hoch oben in der Luft, wie sie majestätisch und aufmerksam über ihm ihre Kreise zogen, als er in der Felswand hing. Er hat doch keine Angst!
Said ist stark.
"Ich werde die Lehrerin anrufen", bettelt seine Mutter. "Ja, ich werde sie anrufen und ihr sagen, du bist krank. Du hast Bauchschmerzen. Oder irgendetwas anderes tut dir weh. Egal. Sie wird erraten, weshalb ich das tue. Sie hat auch einen Sohn, sie wird das verstehen."
"So ein Unsinn, Mama!", ruft Said. "Wie stehe ich dann in der Klasse da? Und was willst du morgen sagen? Und übermorgen?"
Jetzt mischt der Vater sich ein. Sein Kopf steckt hinter seiner Zeitung, wie jeden Morgen beim Frühstück. Unter dem Tisch hat er die Beine ausgestreckt, er trägt keine Schuhe, nur weiße Tennissocken, die sein Bruder ihm manchmal aus Berlin schickt. Said hat seinen Onkel Bassam zuletzt gesehen, als er acht Jahre alt war. Der Onkel besuchte sie ab und zu, damals, vor dem Krieg. Ein großer Mann mit dickem Bauch. Onkel Bassam schickt eine ganz besondere Sorte Tennissocken, aus hundert Prozent reiner Baumwolle, wie man sie in Bagdad seit dem Krieg nicht mehr kaufen kann. Aber auch davor, während des Embargos, das die Amerikaner über den Irak verhängt hatten, konnte man so etwas nur selten in Bagdad kaufen. Es ist, als würden sie leuchten, die weißen Socken auf dem
... mehr
dunkelgrauen Küchenboden aus Stein.
"Lügen bringt nichts, absolut nichts", knurrt Saids Vater. "Wenn wir zu lügen anfangen, werden wir nie mehr damit aufhören können. Ich nehme dich mit wie jeden Tag."
Alwa, Saids Mutter, ist einmal eine so schöne Frau gewesen, dass mindestens zehn Studenten ihrer Universität sie heiraten wollten. Das erzählt Saids Vater immer wieder, wenn er sie aufmuntern will. Said kann es nicht glauben, wenn er seine Mutter ansieht. Ihr Gesicht wird vor Furcht und Sorge immer fahler, ihre Haut wie durchsichtig, und fast jeden Tag könnte Said mehr Falten auf ihrer Stirn zählen. Als Saddam Hussein noch an der Macht war, hat seine Mutter sich auch gefürchtet. Vor der Macht und der Brutalität der Geheimpolizei. Alwas Schwester und ihr Schwager waren von Saddams Leuten hingerichtet worden, weil man sie erwischt hatte, als sie Satellitentelefone aus dem Libanon in den Irak schmuggeln wollten, Telefone, die nicht abgehört werden konnten. Alwas Vater musste sterben, weil er einen Witz auf Saddam Hussein gemacht hatte, wie er es gerne tat, weil er Saddam für einen Wahnsinnigen hielt, einen Verbrecher, der ins Gefängnis gehörte.
Das Problem war, dass Alwas Vater diesen Witz über Saddam auf dem Marktplatz erzählt hatte, als er bei seinem Freund Melonen kaufte, überall auf dem Markt gab es Spitzel, und er wurde auf der Stelle verhaftet. Ihre Brüder sind beide im ersten Golfkrieg gefallen. So lebt von ihrer großen Familie kaum jemand mehr.
Als die Amerikaner kamen und Saddam Hussein stürzten, hatten sie gehofft, dass das Leben besser wird. Aber jetzt, nach diesem Krieg, bekämpften sich die Sunniten und die Schiiten im Land und alles wurde nur immer schlimmer.
"Aber es ist doch keine Lüge!", ruft Alwa verzweifelt. "Ich spüre doch, wenn mein Sohn Angst hat! Ich hab doch gehört, wie er geschrien hat, als da draußen Schüsse fielen."
"Das waren keine Schüsse", sagt Saids Vater. "Du hast dich verhört, dieses Viertel ist ruhig, das weißt du. Sie brauchen uns, diese Schiiten, damit der Staat, in dem sie nun einmal die Mehrheit haben, funktionieren kann. Hier passiert nichts, uns passiert überhaupt nichts." Saids Vater, Dr. Mehmet al Hariri, ist Dozent an der Medizinischen Fakultät der Universität von Bagdad.
"Ach, Mehmet", seufzt Alwa, "ich bin so müde. Wann hört das alles endlich auf." Sie stellt ihren Teller zur Seite, legt den Kopf auf den Tisch. Als sie eine Bewegung mit den Armen macht, stößt sie den Teebecher von Saids Vater vom Tisch.
Said sieht im Zeitlupentempo, wie der Tee aus dem Becher herausschwappt und sich in der Luft hält, während das Gefäß schon auf dem Boden zerschellt, sieht, wie die braune Flüssigkeit sich wie eine Welle über die weißen Socken seines Vaters ergießt.
Said ist heute mit seinem Freund Achmed verabredet, nach der Schule wollen sie an den Fluss. Es heißt, dass vor einem Lastwagen eine Bombe explodiert und die ganze Ladung in den Tigris gekippt ist. Eine ganze Lastwagenladung mit nagelneuen Handys!
Said und Achmed sind gute Schwimmer und tauchen können sie wie Delfine, sie wollen nach den Handys suchen, die auf den Grund gesunken sind. Vielleicht funktionieren die Geräte ja noch, auf jeden Fall wird es ein Spaß. Die Polizei hat das Gebiet bestimmt nicht mehr abgesperrt, die ist längst an einer anderen Unglücksstelle. In Bagdad gibt es davon jeden Tag neue.
Sein Vater zieht die Hosenbeine hoch - er trägt immer einen dunklen Anzug, wenn er eine seiner Vorlesungen an der Universität hält. Und zu den dunklen Hosen eben weiße Tennissocken. Said findet das gut.
Said weiß, dass dies das letzte heile Paar Strümpfe ist, er hatte seine Eltern darüber sprechen hören, als er sich im Bad die Haare kämmte.
Die Teeflecken gehen bestimmt nicht raus, nicht aus einem Gewebe hundertprozentiger Baumwolle. Außerdem tut sein Vater sich Kardamom und Zimt dazu. Je einen Teelöffel. Eine bräunlich-trübe Brühe ergibt das ...
Dieses Geräusch, wie der Keramikbecher auf dem Steinboden in hundert kleine Teile zerspringt. Dieser hohe scharfe Knall, wie ein Schuss. Alle zucken zusammen.
"Lügen bringt nichts, absolut nichts", knurrt Saids Vater. "Wenn wir zu lügen anfangen, werden wir nie mehr damit aufhören können. Ich nehme dich mit wie jeden Tag."
Alwa, Saids Mutter, ist einmal eine so schöne Frau gewesen, dass mindestens zehn Studenten ihrer Universität sie heiraten wollten. Das erzählt Saids Vater immer wieder, wenn er sie aufmuntern will. Said kann es nicht glauben, wenn er seine Mutter ansieht. Ihr Gesicht wird vor Furcht und Sorge immer fahler, ihre Haut wie durchsichtig, und fast jeden Tag könnte Said mehr Falten auf ihrer Stirn zählen. Als Saddam Hussein noch an der Macht war, hat seine Mutter sich auch gefürchtet. Vor der Macht und der Brutalität der Geheimpolizei. Alwas Schwester und ihr Schwager waren von Saddams Leuten hingerichtet worden, weil man sie erwischt hatte, als sie Satellitentelefone aus dem Libanon in den Irak schmuggeln wollten, Telefone, die nicht abgehört werden konnten. Alwas Vater musste sterben, weil er einen Witz auf Saddam Hussein gemacht hatte, wie er es gerne tat, weil er Saddam für einen Wahnsinnigen hielt, einen Verbrecher, der ins Gefängnis gehörte.
Das Problem war, dass Alwas Vater diesen Witz über Saddam auf dem Marktplatz erzählt hatte, als er bei seinem Freund Melonen kaufte, überall auf dem Markt gab es Spitzel, und er wurde auf der Stelle verhaftet. Ihre Brüder sind beide im ersten Golfkrieg gefallen. So lebt von ihrer großen Familie kaum jemand mehr.
Als die Amerikaner kamen und Saddam Hussein stürzten, hatten sie gehofft, dass das Leben besser wird. Aber jetzt, nach diesem Krieg, bekämpften sich die Sunniten und die Schiiten im Land und alles wurde nur immer schlimmer.
"Aber es ist doch keine Lüge!", ruft Alwa verzweifelt. "Ich spüre doch, wenn mein Sohn Angst hat! Ich hab doch gehört, wie er geschrien hat, als da draußen Schüsse fielen."
"Das waren keine Schüsse", sagt Saids Vater. "Du hast dich verhört, dieses Viertel ist ruhig, das weißt du. Sie brauchen uns, diese Schiiten, damit der Staat, in dem sie nun einmal die Mehrheit haben, funktionieren kann. Hier passiert nichts, uns passiert überhaupt nichts." Saids Vater, Dr. Mehmet al Hariri, ist Dozent an der Medizinischen Fakultät der Universität von Bagdad.
"Ach, Mehmet", seufzt Alwa, "ich bin so müde. Wann hört das alles endlich auf." Sie stellt ihren Teller zur Seite, legt den Kopf auf den Tisch. Als sie eine Bewegung mit den Armen macht, stößt sie den Teebecher von Saids Vater vom Tisch.
Said sieht im Zeitlupentempo, wie der Tee aus dem Becher herausschwappt und sich in der Luft hält, während das Gefäß schon auf dem Boden zerschellt, sieht, wie die braune Flüssigkeit sich wie eine Welle über die weißen Socken seines Vaters ergießt.
Said ist heute mit seinem Freund Achmed verabredet, nach der Schule wollen sie an den Fluss. Es heißt, dass vor einem Lastwagen eine Bombe explodiert und die ganze Ladung in den Tigris gekippt ist. Eine ganze Lastwagenladung mit nagelneuen Handys!
Said und Achmed sind gute Schwimmer und tauchen können sie wie Delfine, sie wollen nach den Handys suchen, die auf den Grund gesunken sind. Vielleicht funktionieren die Geräte ja noch, auf jeden Fall wird es ein Spaß. Die Polizei hat das Gebiet bestimmt nicht mehr abgesperrt, die ist längst an einer anderen Unglücksstelle. In Bagdad gibt es davon jeden Tag neue.
Sein Vater zieht die Hosenbeine hoch - er trägt immer einen dunklen Anzug, wenn er eine seiner Vorlesungen an der Universität hält. Und zu den dunklen Hosen eben weiße Tennissocken. Said findet das gut.
Said weiß, dass dies das letzte heile Paar Strümpfe ist, er hatte seine Eltern darüber sprechen hören, als er sich im Bad die Haare kämmte.
Die Teeflecken gehen bestimmt nicht raus, nicht aus einem Gewebe hundertprozentiger Baumwolle. Außerdem tut sein Vater sich Kardamom und Zimt dazu. Je einen Teelöffel. Eine bräunlich-trübe Brühe ergibt das ...
Dieses Geräusch, wie der Keramikbecher auf dem Steinboden in hundert kleine Teile zerspringt. Dieser hohe scharfe Knall, wie ein Schuss. Alle zucken zusammen.
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Autoren-Porträt von Brigitte Blobel
Brigitte Blobel, 1942 in Hamburg geboren, studierte Theaterwissenschaften und Politik und arbeitete in Frankfurt als Redakteurin bei 'Associated Press'. Neben ihrer Tätigkeit als freie Journalistin und Drehbuchautorin hat sie zahlreiche Romane für Jugendliche und Erwachsene geschrieben. Ihre Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Brigitte Blobel
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2009, 314 Seiten, Maße: 12,5 x 18,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: cbt
- ISBN-10: 3570305848
- ISBN-13: 9783570305843
Rezension zu „Mauer im Kopf “
"Jugendliche wie auch erwachsene Leser erfahren dabei viel über den Alltag und die Konflikte im Irak. Dabei vermeidet Brigitte Blobel einen anklagenden oder belehrenden Ton."
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