Mein Leben als Pinguin
Roman
Wilma erfüllt sich einen Traum und reist in die Antarktis zu den Pinguinen. Auf der MS Orlowskij lernt sie den Journalisten Tomas kennen. Schon bald beginnen die Reise und vorallem die Pinguine sie zu verändern. Und sie kommt Tomas näher, als sie dachte.
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Produktinformationen zu „Mein Leben als Pinguin “
Wilma erfüllt sich einen Traum und reist in die Antarktis zu den Pinguinen. Auf der MS Orlowskij lernt sie den Journalisten Tomas kennen. Schon bald beginnen die Reise und vorallem die Pinguine sie zu verändern. Und sie kommt Tomas näher, als sie dachte.
Klappentext zu „Mein Leben als Pinguin “
Wilma, Lehrerin und tapfere Optimistin mit Unterbiss, und Tomas, gutaussehender, aber eher trauriger Journalist, reisen an Bord der MS Orlowskij in die Antarktis. Zwischen Albatrossen, orangefarbenen Schwimmwesten und dem Kapitänsdinner erfüllt sich für Wilma endlich ein großer Traum, nachdem so viele nicht in Erfüllung gingen. Denn Touristen im ewigen Eis sind wie Pinguine - sie finden zueinander.Entdecken Sie auch das Hörbuch zu diesem Titel!
Lese-Probe zu „Mein Leben als Pinguin “
Mein Leben als Pinguin von Katarina MazettiCHARLES DE GAULLE AIRPORT, ROISSY,
PARIS, 28. OKTOBER
Wilma
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So in etwa stelle ich mir die Hölle vor.
Ich drücke mir die Nase an einer Glaswand platt. Dahinter Gate 28, wo ich mich eigentlich befinden sollte. Seit einer Stunde! Verzweifelt klopfe ich an die Scheibe. So weit das Auge reicht, keine Tür. Dabei kann man in diesem seltsamen Gebäude weit gucken. Endlose Gänge, dass einem ganz schwindlig wird. Soll das etwa ein Raumschiff sein? Riesige Säle aus Glas und Stahl, der Mittelteil geformt wie eine Zigarre. Bestimmt kommt gleich Sigourney Weaver um die Ecke geflitzt. Ein Alien direkt hinter ihr.
Niemand reagiert auf mein Klopfen, nicht einmal die grimmigen Männer in Uniform, die ab und zu schwerbewaffnet an mir vorbeimarschieren. Sie sprechen Französisch. Im Gegensatz zu mir. Allerdings können sie nur Französisch. Wenn man sie auf Englisch anspricht, werden sie sauer. Sie legen drohend die Hand ans Halfter und jagen einen die endlosen Rolltreppen rauf. Oben warten andere Männer in Uniform und scheuchen einen wieder runter. Ich bin durch Kuppelhallen galoppiert, die von Rolltreppen in Glasröhren durchschnitten werden, ich bin in den falschen Bussen an ovalen Öffnungen vorbeigerauscht, die wie Legebatterien für Außerirdische aussehen, und ab und zu habe ich vor lauter Verzweiflung auf Schwedisch vor mich hingeschluchzt. Es gibt einige wenige Schilder, alle auf Französisch und jedes auf seine Art verwirrend. Auf einem steht »bagage«, darunter ein Pfeil nach rechts und einer nach links. Auf einem Schild! Ich habe wirklich etwas übrig für Franzosen, aber Charles de Gaulle bringt ihre schlechtesten Seiten zum Vorschein.
Ich muss seit Stunden herumirren. Irgendwie ist es von Anfang an nicht gut gelaufen. Das Taxi von dem Flughafen, wo mein Billigflieger ankam, hierher hat ein Vermögen gekostet. Dann wusste ich nicht, an welchem Ende von Charles de Gaulle ich anfangen sollte. Ich hätte gleich einen einheimischen Guide engagieren sollen. Oder einen Pfleger.
Eine Zeitlang hüpfte ich vor einem Infoschalter von einem Bein aufs andere. Es muss nach akuter Blasenentzündung ausgesehen haben. Die anderen zogen un - gerührt an mir vorüber, wie an einer Verkehrsinsel im Berufsverkehr. Ich bin einfach nicht fähig, mich auf internationale Art anzustellen, immer stehen mindestens drei Personen vor mir. Hinter dem Schalter drei wunder schöne Französinnen. Eine unterhielt sich angeregt mit einem gutgebauten amerikanischen Backpacker. Sie müssen enge Freunde gewesen sein, vielleicht hatten sie eine Liebesaffäre, was weiß ich. Jedenfalls ließen sie sich in der halben Stunde, die ich dort verbrachte, nicht eine Sekunde aus den Augen und schoben zärtlich Papiere und Tickets hin und her. Die andere Schönheit verfasste offenbar ihre Memoiren. Sie kritzelte fieberhaft, hielt plötzlich inne, stierte träumerisch ins Leere und kaute auf ihrem Stift. Die dritte betätigte sich mit schriller Stimme als Rausschmeißerin und scheuchte die Leute wild gestikulierend zu den anderen Schaltern.
Ich begriff, dass mir diese drei Frauen niemals sagen würden, was ich zu tun hatte. Mein Flug aus Schweden war mit zweistündiger Verspätung angekommen und den Anschlussflug nach Santiago würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach verpassen. Das Flugzeug musste ziemlich genau in dieser Sekunde zur Startbahn rollen. Mit meinem Gepäck an Bord! Das hatte ich nämlich noch aufgegeben, bevor ich zum falschen Terminal gehastet war. Auf Nimmerwiedersehen!
Das Ganze war eine Nummer zu groß für mich. In meinem normalen Leben kommt manchmal der Bummelzug zu spät, und dann muss ich zum Bus rennen. Hatte ich vergeblich all diese piependen Pforten durchquert, an denen strenge Sicherheitskräfte vorwurfsvoll auf meine Wasserflasche zeigten - keine Flüssigkeiten! - und triumphierend meine Pinzette aus dem Schminktäschchen fischten? Dachten die, ich wolle damit das Flugzeug kapern?
Ein schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem. Darin bin ich ganz groß. Ich habe von klein auf trainiert und formuliere im Geiste schon ein Geständnis, wenn ich ein Verbotsschild sehe. Warum dieses ständige Schuld - gefühl, woher kommt die Angst, ich könnte jeden Moment ertappt werden? Sind das die Gene?
Ich weiß noch genau, wann ich mich zum ersten Mal geschämt habe. Ich war fünf und saß auf einer Bank vor dem Krankenhaus, in dem gerade meine Mutter starb.
Man hatte mir gesagt, ich sei noch zu klein, um mit hineinzukommen, ich solle artig dort warten. Ein paar Stockwerke höher hing eine Tagesdecke über einem Balkongeländer. Ich guckte nach oben und überlegte, hinter welchem Fenster meine Mama war. Plötzlich erfasste der Wind die Tagesdecke und fegte sie mir vor die Füße. Ich bekam einen Riesenschreck. Man würde mit mir schimpfen, weil die Tagesdecke schmutzig geworden war! Jeder würde merken, dass es meine Schuld war, schließlich war sonst niemand hier unten ...
Wie kam ich auf solche Gedanken? Vor lauter Angst rannte ich weg. Als man mich bibbernd an der Bushaltestelle fand, bekam ich dann richtigen Ärger, weil man mich hatte suchen müssen, obwohl Mama schwerkrank war und überhaupt! Ich schämte mich immer mehr. Ich weiß noch, dass ich während der Schimpftirade krampfhaft lächelte. Da schrie Tante Elisabeth: »Ich fass es nicht, dieses Kind grinst auch noch!« In diesem Moment entstand bei mir wohl der Eindruck, dass ich schuld am Tod meiner Mutter war.
Manchmal lächle ich heute noch Leute an, die mir Vorwürfe machen. Irgendwie will ich mich entschuldigen.
Sollte ich mich nun zu SAS durchfragen und mich heulend auf deren Schalter werfen, damit sie mir einen Rückflug spendierten? Sollte ich die Reise meines Lebens verpassen?
Eine totale Katastrophe. Ich hatte mir das alles ganz anders vorgestellt, als ich heute Morgen um fünf zitternd vor Aufregung in ein ungeheiztes Taxi stieg, das mich zu einem Zug transportierte, der mich zu einem Bus transportierte, der mich zu einem Flughafen transportierte, von dem sonst niemand aus meiner Reisegruppe abflog. Die anderen sollte ich erst in Paris treffen.
Ob es die Leute hinter der Glasscheibe sind? Einige tragen Rucksäcke mit schwedischen Flaggen. Ich nähere mich ihnen so weit wie möglich und hämmere wie wild an die Scheibe.
In diesem Augenblick entdecke ich eine Tür! Irgendjemand brüllt etwas Französisches, aber ich stelle mich taub, senke den Kopf wie ein Stier und galoppiere mit meinem albernen kleinen Rollkoffer Richtung 28 A. Ein Pinguin auf Rädern. Wenn man auf den Schnabel drückt, piept er. Meine Lehrerkollegen haben ihn mir für die Antarktisreise geschenkt. Sie hatten ihren Spaß, als ich das Ding auspackte, aber sie müssen damit ja auch keine Reisegruppe beeindrucken. Ich lächelte gequält, aber natürlich nahm ich den Vogel mit. So bin ich.
Nun sprintete ich zum Gate, wo soeben die letzten Passagiere in Richtung Bus verschwanden. Würde ich das Flugzeug tatsächlich noch erreichen? Ich hielt einer weiteren Dame hinter einem weiteren Schalter meinen Pass und meine Bordkarte vor die Nase und hörte plötzlich eine freundliche Stimme auf Schwedisch sagen: »Hej, Wilma! Schön, dich zu sehen! Dann sind wir jetzt vollzählig. Keine Sorge, der Flug nach Santiago hat Verspätung. Tief durchatmen, du zitterst ja am ganzen Leib!«
Die junge Frau mit dem Logo des Reiseveranstalters an der sportlichen Weste mit den vielen Taschen nahm mich am Ellbogen und lenkte mich in Richtung Ausgang. Ich war so in Fahrt, dass ich einfach weiterraste. Als ich einen Fuß in den Zubringerbus setzte, stolperte ich und flog buchstäblich auf die Nase. Der Pinguinschnabel piepste freundlich, als ich mich wieder aufrappeln wollte. Unzählige Gesichter starrten mich an.
Eins von ihnen löste sich aus der Menge und beugte sich zu mir herunter. Zwei lange Arme in einem Islandpullover hievten mich auf einen Sitz und warfen den Pinguin auf die Gepäckablage. Ich tat, als hätte ich den Bus ganz bewusst mit einem Hechtsprung betreten, und lächelte. Dann erblickte ich den Mann, der zu den Armen gehörte.
Er war groß und dunkelhaarig und hatte ein ausdrucksvolles finsteres Gesicht mit buschigen Augenbrauen und Hakennase. Wie ein Raubvogel, der noch nichts gegessen hat, oder wie ein Feldherr, dem soeben klar wird, dass die Kavallerie ihn im Stich lässt. Doch was kümmerte mich sein Aussehen, er hatte mir ohne Umschweife geholfen, und das würde ich ihm nie vergessen.
So in etwa stelle ich mir die Hölle vor.
Ich drücke mir die Nase an einer Glaswand platt. Dahinter Gate 28, wo ich mich eigentlich befinden sollte. Seit einer Stunde! Verzweifelt klopfe ich an die Scheibe. So weit das Auge reicht, keine Tür. Dabei kann man in diesem seltsamen Gebäude weit gucken. Endlose Gänge, dass einem ganz schwindlig wird. Soll das etwa ein Raumschiff sein? Riesige Säle aus Glas und Stahl, der Mittelteil geformt wie eine Zigarre. Bestimmt kommt gleich Sigourney Weaver um die Ecke geflitzt. Ein Alien direkt hinter ihr.
Niemand reagiert auf mein Klopfen, nicht einmal die grimmigen Männer in Uniform, die ab und zu schwerbewaffnet an mir vorbeimarschieren. Sie sprechen Französisch. Im Gegensatz zu mir. Allerdings können sie nur Französisch. Wenn man sie auf Englisch anspricht, werden sie sauer. Sie legen drohend die Hand ans Halfter und jagen einen die endlosen Rolltreppen rauf. Oben warten andere Männer in Uniform und scheuchen einen wieder runter. Ich bin durch Kuppelhallen galoppiert, die von Rolltreppen in Glasröhren durchschnitten werden, ich bin in den falschen Bussen an ovalen Öffnungen vorbeigerauscht, die wie Legebatterien für Außerirdische aussehen, und ab und zu habe ich vor lauter Verzweiflung auf Schwedisch vor mich hingeschluchzt. Es gibt einige wenige Schilder, alle auf Französisch und jedes auf seine Art verwirrend. Auf einem steht »bagage«, darunter ein Pfeil nach rechts und einer nach links. Auf einem Schild! Ich habe wirklich etwas übrig für Franzosen, aber Charles de Gaulle bringt ihre schlechtesten Seiten zum Vorschein.
Ich muss seit Stunden herumirren. Irgendwie ist es von Anfang an nicht gut gelaufen. Das Taxi von dem Flughafen, wo mein Billigflieger ankam, hierher hat ein Vermögen gekostet. Dann wusste ich nicht, an welchem Ende von Charles de Gaulle ich anfangen sollte. Ich hätte gleich einen einheimischen Guide engagieren sollen. Oder einen Pfleger.
Eine Zeitlang hüpfte ich vor einem Infoschalter von einem Bein aufs andere. Es muss nach akuter Blasenentzündung ausgesehen haben. Die anderen zogen un - gerührt an mir vorüber, wie an einer Verkehrsinsel im Berufsverkehr. Ich bin einfach nicht fähig, mich auf internationale Art anzustellen, immer stehen mindestens drei Personen vor mir. Hinter dem Schalter drei wunder schöne Französinnen. Eine unterhielt sich angeregt mit einem gutgebauten amerikanischen Backpacker. Sie müssen enge Freunde gewesen sein, vielleicht hatten sie eine Liebesaffäre, was weiß ich. Jedenfalls ließen sie sich in der halben Stunde, die ich dort verbrachte, nicht eine Sekunde aus den Augen und schoben zärtlich Papiere und Tickets hin und her. Die andere Schönheit verfasste offenbar ihre Memoiren. Sie kritzelte fieberhaft, hielt plötzlich inne, stierte träumerisch ins Leere und kaute auf ihrem Stift. Die dritte betätigte sich mit schriller Stimme als Rausschmeißerin und scheuchte die Leute wild gestikulierend zu den anderen Schaltern.
Ich begriff, dass mir diese drei Frauen niemals sagen würden, was ich zu tun hatte. Mein Flug aus Schweden war mit zweistündiger Verspätung angekommen und den Anschlussflug nach Santiago würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach verpassen. Das Flugzeug musste ziemlich genau in dieser Sekunde zur Startbahn rollen. Mit meinem Gepäck an Bord! Das hatte ich nämlich noch aufgegeben, bevor ich zum falschen Terminal gehastet war. Auf Nimmerwiedersehen!
Das Ganze war eine Nummer zu groß für mich. In meinem normalen Leben kommt manchmal der Bummelzug zu spät, und dann muss ich zum Bus rennen. Hatte ich vergeblich all diese piependen Pforten durchquert, an denen strenge Sicherheitskräfte vorwurfsvoll auf meine Wasserflasche zeigten - keine Flüssigkeiten! - und triumphierend meine Pinzette aus dem Schminktäschchen fischten? Dachten die, ich wolle damit das Flugzeug kapern?
Ein schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem. Darin bin ich ganz groß. Ich habe von klein auf trainiert und formuliere im Geiste schon ein Geständnis, wenn ich ein Verbotsschild sehe. Warum dieses ständige Schuld - gefühl, woher kommt die Angst, ich könnte jeden Moment ertappt werden? Sind das die Gene?
Ich weiß noch genau, wann ich mich zum ersten Mal geschämt habe. Ich war fünf und saß auf einer Bank vor dem Krankenhaus, in dem gerade meine Mutter starb.
Man hatte mir gesagt, ich sei noch zu klein, um mit hineinzukommen, ich solle artig dort warten. Ein paar Stockwerke höher hing eine Tagesdecke über einem Balkongeländer. Ich guckte nach oben und überlegte, hinter welchem Fenster meine Mama war. Plötzlich erfasste der Wind die Tagesdecke und fegte sie mir vor die Füße. Ich bekam einen Riesenschreck. Man würde mit mir schimpfen, weil die Tagesdecke schmutzig geworden war! Jeder würde merken, dass es meine Schuld war, schließlich war sonst niemand hier unten ...
Wie kam ich auf solche Gedanken? Vor lauter Angst rannte ich weg. Als man mich bibbernd an der Bushaltestelle fand, bekam ich dann richtigen Ärger, weil man mich hatte suchen müssen, obwohl Mama schwerkrank war und überhaupt! Ich schämte mich immer mehr. Ich weiß noch, dass ich während der Schimpftirade krampfhaft lächelte. Da schrie Tante Elisabeth: »Ich fass es nicht, dieses Kind grinst auch noch!« In diesem Moment entstand bei mir wohl der Eindruck, dass ich schuld am Tod meiner Mutter war.
Manchmal lächle ich heute noch Leute an, die mir Vorwürfe machen. Irgendwie will ich mich entschuldigen.
Sollte ich mich nun zu SAS durchfragen und mich heulend auf deren Schalter werfen, damit sie mir einen Rückflug spendierten? Sollte ich die Reise meines Lebens verpassen?
Eine totale Katastrophe. Ich hatte mir das alles ganz anders vorgestellt, als ich heute Morgen um fünf zitternd vor Aufregung in ein ungeheiztes Taxi stieg, das mich zu einem Zug transportierte, der mich zu einem Bus transportierte, der mich zu einem Flughafen transportierte, von dem sonst niemand aus meiner Reisegruppe abflog. Die anderen sollte ich erst in Paris treffen.
Ob es die Leute hinter der Glasscheibe sind? Einige tragen Rucksäcke mit schwedischen Flaggen. Ich nähere mich ihnen so weit wie möglich und hämmere wie wild an die Scheibe.
In diesem Augenblick entdecke ich eine Tür! Irgendjemand brüllt etwas Französisches, aber ich stelle mich taub, senke den Kopf wie ein Stier und galoppiere mit meinem albernen kleinen Rollkoffer Richtung 28 A. Ein Pinguin auf Rädern. Wenn man auf den Schnabel drückt, piept er. Meine Lehrerkollegen haben ihn mir für die Antarktisreise geschenkt. Sie hatten ihren Spaß, als ich das Ding auspackte, aber sie müssen damit ja auch keine Reisegruppe beeindrucken. Ich lächelte gequält, aber natürlich nahm ich den Vogel mit. So bin ich.
Nun sprintete ich zum Gate, wo soeben die letzten Passagiere in Richtung Bus verschwanden. Würde ich das Flugzeug tatsächlich noch erreichen? Ich hielt einer weiteren Dame hinter einem weiteren Schalter meinen Pass und meine Bordkarte vor die Nase und hörte plötzlich eine freundliche Stimme auf Schwedisch sagen: »Hej, Wilma! Schön, dich zu sehen! Dann sind wir jetzt vollzählig. Keine Sorge, der Flug nach Santiago hat Verspätung. Tief durchatmen, du zitterst ja am ganzen Leib!«
Die junge Frau mit dem Logo des Reiseveranstalters an der sportlichen Weste mit den vielen Taschen nahm mich am Ellbogen und lenkte mich in Richtung Ausgang. Ich war so in Fahrt, dass ich einfach weiterraste. Als ich einen Fuß in den Zubringerbus setzte, stolperte ich und flog buchstäblich auf die Nase. Der Pinguinschnabel piepste freundlich, als ich mich wieder aufrappeln wollte. Unzählige Gesichter starrten mich an.
Eins von ihnen löste sich aus der Menge und beugte sich zu mir herunter. Zwei lange Arme in einem Islandpullover hievten mich auf einen Sitz und warfen den Pinguin auf die Gepäckablage. Ich tat, als hätte ich den Bus ganz bewusst mit einem Hechtsprung betreten, und lächelte. Dann erblickte ich den Mann, der zu den Armen gehörte.
Er war groß und dunkelhaarig und hatte ein ausdrucksvolles finsteres Gesicht mit buschigen Augenbrauen und Hakennase. Wie ein Raubvogel, der noch nichts gegessen hat, oder wie ein Feldherr, dem soeben klar wird, dass die Kavallerie ihn im Stich lässt. Doch was kümmerte mich sein Aussehen, er hatte mir ohne Umschweife geholfen, und das würde ich ihm nie vergessen.
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Autoren-Porträt von Katarina Mazetti
Mazetti, KatarinaKatarina Mazetti, geboren 1944 in Stockholm, war bis 1989 als Schwedisch- und Englischlehrerin im nordschwedischen Umeå tätig. Heute lebt sie in Lund und arbeitet als Journalistin bei Sveriges Radio. Mazetti schreibt für Erwachsene und Jugendliche.Frey, KatrinKatrin Frey, geboren 1972, hat drei Kinder und lebt mit ihrer Familie in Schleswig und Berlin. Sie hat u. a. Stefan Ahnhem, Karin Alvtegen, Camilla Läckberg und Håkan Östlundh übersetzt und ist Mitglied der Jungen Weltlesebühne. 2002 hat sie das Berliner Übersetzerstipendium und 2009 ein Aufenthaltsstipendium für das Baltic Centre for Writers and Translators in Visby bekommen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Katarina Mazetti
- 2011, 2. Aufl., Maße: 12,5 x 18,7 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Übersetzung:Frey, Katrin
- Übersetzer: Katrin Frey
- Verlag: List TB.
- ISBN-10: 3548610269
- ISBN-13: 9783548610269
- Erscheinungsdatum: 15.07.2011
Rezension zu „Mein Leben als Pinguin “
"Erfrischend uneitel, so wunderbar entspannt, so wenig bemüht literarisch wertvoll zu sein, dabei nie schwülstig, trivial oder platt" (Rheinische Post, Heike Strate, 22.03.10)"Ein lustiger und tiefsinniger Roman über das Leben, die Freundschaft und über die Liebe" (Ruhr Nachrichten, 15.4.2010)
"Ein äußerst liebenswertes Buch" (Maxima, April 2010)
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