Meine sanften Riesen
Ich lebte mit den Elefanten Afrikas
Eine Liebeserklärung an den Schwarzen Kontinent und seine sanften Riesen!
Seit ihrer Kindheit fasziniert von Afrika und seiner Tierwelt, erfüllt sich Sally Henderson einen Lebenstraum: eine Safari. Als das Auftauchen eines Elefantenbullen sie in letzter...
Seit ihrer Kindheit fasziniert von Afrika und seiner Tierwelt, erfüllt sich Sally Henderson einen Lebenstraum: eine Safari. Als das Auftauchen eines Elefantenbullen sie in letzter...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Meine sanften Riesen “
Eine Liebeserklärung an den Schwarzen Kontinent und seine sanften Riesen!
Seit ihrer Kindheit fasziniert von Afrika und seiner Tierwelt, erfüllt sich Sally Henderson einen Lebenstraum: eine Safari. Als das Auftauchen eines Elefantenbullen sie in letzter Minute vor dem Angriff eines Löwen rettet, beschließt Sally, sich zukünftig für die von der Ausrottung bedrohten Dickhäuter einzusetzen. Sie nimmt teil an einem Projekt zur Erforschung einer Elefantenherde, beobachtet die Tiere und lebt mit ihnen. Und was schicksalhaft aus tief empfundener Dankbarkeit begann, führt zu einer immerwährenden Verbundenheit mit den sanften Riesen der afrikanischen Steppe und mit der Seele Afrikas. Und lehrt sie Wesentliches - über die Natur, das Leben, die Liebe und sich selbst ...
. Sally Henderson gewährt einen faszinierenden Einblick in das Leben einer Elefantenherde: ein überwältigendes Abenteuer
. Wunderbar warmherzig geschrieben - und herzzerreißend schön
. Ein magisches und inspirierendes Buch für alle Leser, die sich nach Antworten auf tiefe Lebensfragen sehnen
Seit ihrer Kindheit fasziniert von Afrika und seiner Tierwelt, erfüllt sich Sally Henderson einen Lebenstraum: eine Safari. Als das Auftauchen eines Elefantenbullen sie in letzter Minute vor dem Angriff eines Löwen rettet, beschließt Sally, sich zukünftig für die von der Ausrottung bedrohten Dickhäuter einzusetzen. Sie nimmt teil an einem Projekt zur Erforschung einer Elefantenherde, beobachtet die Tiere und lebt mit ihnen. Und was schicksalhaft aus tief empfundener Dankbarkeit begann, führt zu einer immerwährenden Verbundenheit mit den sanften Riesen der afrikanischen Steppe und mit der Seele Afrikas. Und lehrt sie Wesentliches - über die Natur, das Leben, die Liebe und sich selbst ...
. Sally Henderson gewährt einen faszinierenden Einblick in das Leben einer Elefantenherde: ein überwältigendes Abenteuer
. Wunderbar warmherzig geschrieben - und herzzerreißend schön
. Ein magisches und inspirierendes Buch für alle Leser, die sich nach Antworten auf tiefe Lebensfragen sehnen
Klappentext zu „Meine sanften Riesen “
Eine Liebeserklärung an den Schwarzen Kontinent und seine sanften Riesen!Seit ihrer Kindheit fasziniert von Afrika und seiner Tierwelt, erfüllt sich Sally Henderson einen Lebenstraum: eine Safari. Als das Auftauchen eines Elefantenbullen sie in letzter Minute vor dem Angriff eines Löwen rettet, beschließt Sally, sich zukünftig für die von der Ausrottung bedrohten Dickhäuter einzusetzen. Sie nimmt teil an einem Projekt zur Erforschung einer Elefantenherde, beobachtet die Tiere und lebt mit ihnen. Und was schicksalhaft aus tief empfundener Dankbarkeit begann, führt zu einer immerwährenden Verbundenheit mit den sanften Riesen der afrikanischen Steppe und mit der Seele Afrikas. Und lehrt sie Wesentliches - über die Natur, das Leben, die Liebe und sich selbst.
Sally Henderson gewährt einen faszinierenden Einblick in das Leben einer Elefantenherde: ein überwältigendes Abenteuer. Wunderbar warmherzig geschrieben - und herzzerreißend schön. Ein magisches und inspirierendes Buch für alleLeser, die sich nach Antworten auf tiefe Lebensfragen sehnen.
Lese-Probe zu „Meine sanften Riesen “
Horaz lernte ich an einem kalten Morgen im Juni 1990 kennen, ein paar Sekunden bevor er beschloss, mich umzubringen.Es war ein typischer Wintertag. Sonnenlicht strömte durchs Fenster, wärmte meinen Körper nach einer eisigen Nacht, die ich in einem viel zu dünnen Schlafsack verbracht hatte. Ich sortierte Fotos und stellte in unserer Forschungsstation neben dem Gelände einer Safarihütte in der Nähe des Hwange-Nationalparks Verzeichnisse mit neu identifizierten Elefanten zusammen. Der kleine Raum war ein alter Bunker, ein Relikt aus dem Bürgerkrieg.
Ein verzweifelter Schrei riss mich aus meiner Konzentration. Angela, die Ehefrau eines Safariführers, erschien mit vor Sorge verzerrtem Gesicht in der Tür. Ungeduldig winkte sie mich zu sich und deutete auf eine Gruppe von Menschen, die hundert Meter entfernt am Rand einer Wiese ganz in der Nähe eines Elefantenbullen standen.
"Schau dir diese Wahnsinnigen an! Ich kann sie nicht von diesem großen Kerl weglocken. Kannst du nicht was unternehmen?"
Ich hob mein Fernglas und richtete es auf den einzelnen Bullen - und erkannte sofort, dass er nicht zu der hier sesshaften Herde gehörte. Er verhielt sich gefährlich ruhig. Erschreckt hörte ich, wie die Touristen aufgeregt plapperten und mit ihren Fotoapparaten klickten.
Angela hatte recht mit ihrer Warnung. Der Bulle war ein wildes Tier, das seinen eigenen Kopf hatte, und diese Leute kamen ihm eindeutig zu nahe, bedrohten seinen Platz. Ich hatte die Frauen bei einem Gespräch über das Herdenprojekt kennengelernt. Mit funkelnden Augen hatten sie ihre Angst beschrieben, den Adrenalinstoß, wenn sich die Elefanten ihren Fahrzeugen genähert hatten. Doch sie schienen sich der Gefahr nicht bewusst zu sein, der sie sich hier aussetzten, in direkter Konfrontation mit diesem Bullen. Die gemähten Wiesen und die anderen Kennzeichen menschlicher Behausungen wiegten sie in Sicherheit, als stünde der Bulle im Zoo hinter einer unsichtbaren Mauer.
Ich griff zu meiner eigenen
... mehr
Kamera, um sein Profil in unsere Kartei aufzunehmen, und forderte gleichzeitig die Frauen auf, sich zu entfernen. Bei Bullen bestand weniger die Gefahr, dass sie auf menschliche Dummheit reagierten, als bei Kühen, die zum Schutz ihrer Jungen ihr Gegenüber angreifen. Doch die Musth, die Zeit, in der die männlichen Hormone bei ihnen verrückt spielen, stellt eine Ausnahme dar. Während der Pubertät eines Bullen sollten sich über einen Zeitraum von etwa drei Monaten pro Jahr alle Lebewesen von ihm fernhalten.
Ich rannte auf die Frauen zu. Ein Blick auf den Bullen genügte, um mich in Schrecken zu versetzen. Die Schläfendrüsen waren geschwollen und sonderten eine dicke Flüssigkeit ab, die sich von derjenigen unterschied, die Elefanten manchmal unter Stress abgeben. Urin tröpfelte aus seinem Penis, der mit grünlichem Schaum umgeben war. Der Bulle war in voller Musth! O Gott, hilf uns _ "Sofort verschwinden!", befahl ich den Frauen mit ruhiger Stimme. "Sie sind in höchster Gefahr. Rennen Sie schnell zum Werkzeugschuppen."
Das Gespräch erstarb, Rocksäume flatterten, und die Frauen rannten los.
Regungslos blieb der Bulle einen Moment stehen, blickte mich finster an, bevor er den Kopf in tödlicher Absicht sinken ließ. Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich mich, zum Forschungsraum zu rennen, statt den fliehenden Frauen zu folgen. Das war ein großer Fehler.
Ich wirbelte herum und stürzte los. Als mir klar wurde, dass die Entfernung zu groß war, hatte ich den Weg bereits eingeschlagen. Der Werkzeugschuppen war nun weiter entfernt als der Forschungsbunker. Hinter mir hörte ich nichts, aber ich spürte, dass er mich verfolgte. Der Bunker schien unerreichbar zu sein. Angela stand in der Tür und wedelte mit den Armen.
"Er ist hinter dir her!", schrie sie. "Lauf schneller. Los!
Los!"
Ich hatte das Gefühl, wie in Zeitlupe zu rennen. Der ranzige Geruch des Musth-Bullen hatte mich schon eingeholt. Der weite Weg bis in die Sicherheit schien nicht kürzer zu werden. Angelas immer hektischere Rufe verrieten mir, dass der Bulle immer näher kam. Er war leise, seine Wut hörte ich nur in meinem Kopf.
Dann tauchte eine Gestalt aus den Büschen vor mir auf. In dem Moment, in dem ich den Mann sah, hatte ich das Gefühl, meinen Körper zu verlassen. Von oben beobachtete ich, wie sich meine Arme und Beine qualvoll langsam bewegten. Ich blickte auf den riesigen Bullen hinab. Er war in eine Staubwolke getaucht, rot gefärbt von seiner Wut. Er und ich schienen Figuren in einem Spiel zu sein, das ich von einem sicheren Platz aus beobachtete. Ich hörte meinen Vater, der mir als Kind bei den Landesmeisterschaften sagte, ich dürfe nicht zurückblicken. "Du verlierst deinen Schwung, und damit gibst du deiner Gegnerin die Chance, dich zu überholen."
Gleichzeitig glitt die zerbrechliche Figur immer weiter in mein Blickfeld. Mit schmuddeliger Hose und rotem T-Shirt bekleidet, das über seinem dürren Oberkörper flatterte, schien der Alte die drohende Gefahr nicht zu bemerken, sondern torkelte weiter. Dem Bullen, der sich ganz kurz ablenken ließ, entlockte er ein lautes Dröhnen. Aber in dem Moment wusste ich das nicht - auch nicht, dass der Alte nur für den Elefanten und mich sichtbar war.
Eine ohrenbetäubende Druckwelle tauchte mich in eine Wolke stinkender Luft. Ich kehrte in meinen Körper zurück. Der Bulle war sehr nah. Ich habe dich verstanden, Dad. Ich werde nicht zurückblicken. Ein frischer Adrenalinstoß trieb mich an.
KAPITEL 1 Epiph Die Räder der Cessna hüpften über den Sand der Kalahari- Wüste. Ein Mann wartete mit seinem Landrover neben der rissigen, beigefarbenen Piste des Behelfsflugplatzes von Savuti. Niedriges, blattloses Gestrüpp zog sich über die Einöde, umgeben von flimmernden Luftspiegelungen, wo die Erde gegen den Himmel zu stoßen schien. Die extreme Hitze brannte in meinen Lungen, als ich meinen ersten Atemzug in der Wüste nahm. Ich schluckte, aber nicht wegen der trockenen Luft oder des Staubs, der dem blauen Himmel die Farbe raubte. Ich war überwältigt vor Freude, den Boden von Botsuana betreten zu haben.
Der bärtige Mann kam auf uns zu, rangelte in einem langen, kämpferischen Händedruck mit meinem Mann um Überlegenheit und umfasste meine Hand mit mehr Vorsicht. "Howzit?", begrüßte er uns. "Ich bin Nigel. Willkommen in der Hölle!"
Ich wusste, dies war seine Standardbegrüßung, als ich sah, wie seine dichten Augenbrauen vergnügt nach oben schnellten. Ich blickte zum flimmernden Horizont. "Wie weit ist es bis zum Lager?"
"Dort entlang, Richtung Sonne." Er deutete geradeaus, bevor er sich zum Piloten wandte. "Schaffen wir das Flugzeug in den Hangar."
Es gab keinen Hangar. Stattdessen umwickelten die Männer die Reifen der leichten Maschine mit dornigen Akazienzweigen, um sie vor den Zähnen der Hyänen zu schützen. Aber sein Spruch sorgte dafür, dass ich noch bessere Laune bekam.
Wir stiegen hinten in den Landrover, während Nigel über die niedrige Tür auf seinen Sitz sprang und den Motor startete. Wir brausten los, quer über eine Ebene ohne Straße, quer über die Stille. Nichts Lebendiges war zu sehen, doch ich wusste, irgendwo mussten Tiere sein, die sich vor der Mittagssonne versteckten.
"In diesem kopje gibt's Höhlengemälde." Er deutete auf einen einsamen Hügel, der sich über die nichtssagende Landschaft erhob. Eine Viertelstunde später ging der Sand in einen trockenen Flusslauf über, den Savuti-Kanal. Am anderen Ufer drängten sich ein paar Zelte unter dem schützenden Dach verkümmerter Bäume.
Nigel stellte uns den anderen Gästen vor - Ira und Miriam aus New York -, drei Mitarbeitern in Khaki-Uniformen und dem Lagerleiter, Shylock, der uns mit dröhnender Stimme begrüßte.
Unser Gepäck wurde in einem der beiden großen Zelte verstaut, die neben einer Vertiefung mit fast erloschener Holzkohle errichtet worden waren. In der Nähe standen ein Esstisch und Stühle, weiter hinten war vor der offenen Küche eine Plane gespannt, in den kleinen Zweimannzelten wohnten, wie ich vermutete, die Mitarbeiter. Das Lager war perfekt - es erfüllte die Bedürfnisse der Gäste, während gleichzeitig der Einfluss auf die Wildnis so gering wie möglich gehalten wurde.
Die Einwohner von Botsuana nennen den Oktober den "Selbstmordmonat", und das aus gutem Grund. Die Temperaturen am Tag bewegen sich um die 40°C, aber auch in der Nacht sinken sie nur auf 35°C. Nach dem Mittagessen warf ich einen Blick aufs Thermometer: Es zeigte 45°C. Nigels Vorschlag, uns auf unsere Betten zu legen, die die Mitarbeiter aus den Zelten in den Schatten der verkümmerten Bäume gezogen hatten, war ganz vernünftig. Einer verteilte nasse Handtücher und stellte Wasserkrüge und Schöpflöffel neben die Pritschen. Ich zog mir einen Sarong an, legte mich hin und deckte mich mit dem Handtuch zu. Innerhalb weniger Sekunden war das Handtuch schwarz, übersät mit Tausenden von Mopane-Fliegen. Diese und die trockene, statisch aufgeladene Atmosphäre saugten die Feuchtigkeit innerhalb von Minuten auf. Immer wieder begoss ich das Handtuch mit Wasser. Und immer wieder setzten sich die Fliegen darauf.
"Das ist ja wirklich die Hölle. Die Hitze ist tierisch", stöhnte Ira.
Niemand antwortete. Außer dem gelegentlichen Klimpern von Schöpfkellen gegen Emaille erstarben alle Geräusche. Die Fliegen und die Hitze machten mir an diesem ersten Nachmittag auf der Safari in Afrika nichts aus. Für mich war die trockene Hitze erträglicher als die feuchte, tropische Hitze in meiner australischen Heimat. Die anderen dösten, während ich ungeduldig ausharrte, bis wir zu unserer Fahrt aufbrechen würden.
Als es schließlich losging, sog ich gierig die Gerüche ein und nahm die Eindrücke der Umgebung in mich auf. Es war ein perfekter Tag für mich. Ich war noch nie in Afrika gewesen, hatte aber das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Viele Jahre hatte es gedauert, aber jetzt war ich hier. Mein Mann hatte auf unserem Weg nach Europa zu Rugby-Testspielen widerwillig einem Zwischenhalt in Afrika zugestimmt. Ich konnte es kaum glauben, genauso wenig wie den Anblick der beigefarbenen Impalas, die uns nur kurze Blicke zuwarfen, bevor sie davonsprangen. Die mit Staub bedeckten Zebras weigerten sich zu fliehen. Sie schüttelten ihre großen Köpfe verärgert und blickten uns an, gestört durch die aufgeregten Rufe des Ehepaars aus Brooklyn. Auch ich blickte in die Richtung, in die Miriam deutete, während sie ihrem Mann zurief: "Schau mal, Ira, das ist aber eine süße Giraffe." Der Kudu preschte verängstigt los.
Ich dachte, ich hätte Nigel "Gott, schenke mir Geduld" flüstern hören, bevor er auf seinem Sitz herumwirbelte, um Miriam aufzuklären. Meinen Ärger über das Paar musste ich schlucken, als ich einen Steinbock mit einem Duiker verwechselte. Das Grinsen meines Mannes war berechtigt.
Die Sonne brannte am Horizont, als wir über eine kleine Anhöhe fuhren, hinter der eine matschige Sickerstelle lag, die einzige Wasserquelle in dieser Gegend. Mir stockte der Atem. Ein mächtiger Elefantenbulle hatte sich breitbeinig vor einigen kleineren Tieren aufgebaut. Ich hatte schon asiatische Elefanten gesehen, doch hier begegnete ich zum ersten Mal einem afrikanischen. Ich war erstaunt über seine Größe und musste über das Geräusch lächeln, als das Wasser in seinem aufgeblähten Bauch schwappte. Wütend schwenkte er seinen Rüssel hin und her und trompetete los, wenn er seine Vorherrschaft gegen die Tiere verteidigte, die zu trinken versuchten. Mir gefiel sein Auftreten, aber auch das der sturen Warzenschweine, die ihn immer wieder herausforderten und aufs Wasser losstürmten. Scheue Antilopen beobachteten das Spiel sehnsüchtig aus der Ferne.
Nigel kicherte. "Dieser Mistkerl lässt die anderen nicht ans Wasser, bis er selbst genug gesoffen hat."
Rasch senkte sich die Nacht über die Landschaft, und eine Brise kühlte mein Gesicht. Kurz bevor wir wieder im Lager waren, ließ ein Leopard seine Rosetten im Scheinwerferlicht schimmern. Einen Moment lang kam ich mir wieder wie das kleine Kind vor, das auf seinem Schaukelpferd saß und vom Vater auf der Suche nach Elefanten und Antilopen durchs hohe Savannengras geführt wurde. Manchmal waren wir in Borneo gewesen, wo wir seine Kriegserinnerungen nacherlebten und das Moskitonetz nach Orang-Utans absuchten. Aber der Ort, an den ich mich am meisten hineinversetzt hatte, war Afrika. Die Namen, die mein Vater genannt hatte, klangen wie im Märchen: Betschuana, Mafeking, Limpopo, Sambesi. Als ich lesen konnte, hatte er mir ein Bilderbuch mit afrikanischen Tieren, eine Biografie von Dr. Livingstone und einen Atlas gegeben. Ich war süchtig danach. Ich beschloss, Missionarin zu werden, weil Mädchen nicht im Traum daran denken durften, Parkaufseherin zu werden. Mein Vater füllte unser Haus mit heimischen Tieren und Vögeln. Ich liebte sie, aber ihnen fehlte das Geheimnis ihrer afrikanischen Artgenossen. Durch meine Mutter lernte ich die unterschiedlichen Aspekte der Natur schätzen. Sie war Künstlerin, die in trockener Rinde subtile Farbschattierungen sah, die für andere nur ein simples Grau darstellten. Sie lag mit mir im Gras, wo wir angestrengt die Naturgeister belauschten. Meine Eltern waren für mich immer interessanter als Gleichaltrige. Sie ermutigten mich zu träumen, und nie bezweifelte ich, eines Tages nach Afrika zu fahren.
Wieder im Lager, wusch ich meine Hände an einem Wasserloch, das im sanften Licht einer Petroleumlampe schimmerte. Meine Haut hatte einen Sonnenbrand abbekommen. Ich spähte in die undurchdringliche Dunkelheit, bevor ich zur lärmenden Gruppe zurückkehrte, die um das Lagerfeuer herum saß. Ich vermutete, das Feuer diente lediglich der Atmosphäre, weil auch die nächtliche Hitze in meinen Lungen brannte. Ich ließ mich auf einem Klappstuhl nieder, während Nigel mir einen lauwarmen Weißwein und eine Flasche Wasser reichte. Das Eis, erklärte er, das zweimal die Woche mit dem Nachschub gebracht wurde, diene nur zum Frischhalten des Fleisches und anderer leicht verderblicher Lebensmittel. Anschließend erzählte er uns von einem Vorfall, der sich erst vierzehn Tage zuvor ereignet hatte.
Eine Gruppe junger Leute aus Deutschland hatte ihre Zelte auf einem öffentlichen Campingplatz drei Kilometer von unserem Lager entfernt errichtet. Zu viele hatten sich in zu wenige Zelte gedrängt, erzählte er. Erschöpft von der unbarmherzigen Hitze, hatte ein Mädchen am offenen Eingang eines der engen Zelte geschlafen. Die Mischung aus Körpergeruch und Schweiß bildete einen verlockenden Köder. In den frühen Morgenstunden zerrte ein Löwe die junge Frau aus dem Zelt und verspeiste sie vor den Augen ihrer Freunde. Sie hatten keine Waffen. Als sie den Löwen anschrien, ließ er seine Beute liegen und rannte auf sie zu. Danach verhielten sie sich still. Der Schrecken und die Hilflosigkeit der jungen Leute, die sich in ihre Zelte zurückgezogen hatten und den Löwen beim Fressen beobachteten, waren unvorstellbar. Der Löwe floh, und anschließend kamen die Hyänen und nahmen die Knochen mit. Nur die Zahnspange der jungen Frau blieb übrig.
Ich glaube, wir müssen ziemlich besorgte Gesichter gemacht haben, weil Nigel rief: "Hey, Leute! Jetzt schaut nicht so verängstigt. Der Löwe war nicht normal, und er ist schon lange weg - weit weg. Hundertprozentig." Er lehnte sich zurück - soweit ich durch seinen dichten Bart erkennen konnte, mit abgebrühtem Selbstvertrauen.
Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, ob die Raubtiere hungerten, weil die Wasserlöcher und Sickerstellen fast ausgetrocknet waren und das Wild gezwungen war, auf der Suche nach Wasser fortzuziehen, kam aber nicht dazu. Direkt hinter mir hörte ich ein tiefes Knurren. Ich drehte mich um und blickte wie erstarrt in die boshaften Augen einer Löwin. Sie lag nur eine Körperlänge von mir entfernt neben dem Wasserloch, in dem ich mir wenige Minuten zuvor die Hände gewaschen hatte. Andere Schatten bewegten sich hinter ihr. Die Löwin verzog lautlos ihr Gesicht, entblößte ihre furchtbaren, gelben Zähne und holte tief Luft. Meine Lungen verweigerten ihre Arbeit, als sich die Flanken des Tiers zu einem explosionsartigen Brüllen aufblähten.
Sekunden später erwiderte Nigel ihre Drohung mit einem urzeitlichen Grölen. Das Chaos verstärkte sich, als Shylock das volle Tablett mit dem Abendessen fallen ließ. Wir hatten keine Schusswaffen. Nigel erhob sich und ließ schreckliche, primitive Geräusche aus seinem Bauch aufsteigen, das Gesicht verzogen zu einer grotesken Grimasse, zu einer Karikatur auf das Mienenspiel der Löwin. Er schnappte sich die Taschenlampe und richtete den grellen Strahl auf ihre Augen. Sie kniff sie zusammen. Ich begann zu keuchen, meine Beine zitterten, und mein Herz pochte so heftig, dass ich das Blut in meinen Ohren pulsieren hörte. Ich befürchtete schon, mein hämmernder Schädel würde platzen. Gott, ich hätte tot sein können, ohne mitzubekommen, wie diese Reißzähne meine Halsschlagader zerfetzt hätten.
Doch Nigels aggressives Täuschungsmanöver zeigte Erfolg. Geblendet von dem starken Licht, kniff die Löwin die Augen zusammen, legte sich hin und schlug mit einer ihrer riesigen Pranken durch die Luft. Wir erhoben uns und zogen uns langsam zurück. Noch nie in meinem Leben war ich so klar im Kopf gewesen. Es gab nichts außer dieser Löwin. Ihr moschusartiger Geruch erfüllte die Luft, ihre kräftigen Muskeln zuckten unter der lockeren Haut, während sie verachtungsvoll fauchte, sich umdrehte und, gefolgt von den anderen, mit großen Sprüngen in die Dunkelheit verschwand.
Sie waren nicht mehr zu sehen, aber wie weit hatten sie sich entfernt? Wir folgten dem Lichtschein mit unseren Blicken. Ich keuchte so heftig, dass mir schwindlig wurde. Sterne schimmerten am pechschwarzen Nachthimmel, ohne in ihrem Glanz vom Licht des Mondes beeinträchtigt zu werden. Das Kreuz des Südens war dort. Ein Moskito stach zu. Nigel legte ein dickes Holzscheit ins Feuer. Jetzt verstand ich, warum. Die Flammen strahlten etwas Schützendes aus. Ich ging, ebenso wie die anderen, so nah heran, dass ich beinahe meine Haut versengte.
Ich musste an das Mädchen denken, das vom Löwen gefressen worden war, und mir gingen Szenen durch den Kopf, die so schrecklich waren, dass ich sie lieber aus meinen Gedanken verbannte. Ich blickte in die Dunkelheit und fragte mich, ob Ira, Miriam und mein Mann ebenso dachten. Es gab keine festen Mauern, die uns hätten Schutz bieten können. Wir hatten keine Waffen, waren allein angewiesen auf unsere Intelligenz und einen erfahrenen Safariführer, der für unser Überleben in der Wüste sorgte, wo Raubtiere mit einer gefährlichen Mischung aus Schneid, Bosheit und Kraft, aus Knochen zermalmenden Kiefern, Reißzähnen und Krallen zu Hause waren.
Am Tage hatte die nichtssagende, flache Landschaft harmlos und sicher ausgesehen. Jetzt spähte ich in eine schwarze, geheimnisvolle Dunkelheit, die mit fremden Klängen und grausamen Möglichkeiten erfüllt war. Ich spürte, wie die Raubtiere jenseits der trügerischen Sicherheit unseres winzigen Lichtkreises meine Schwäche und die Möglichkeit abschätzten, mich verspeisen zu können. Auf dem Speiseplan einer anderen Gattung zu stehen, hatte für mich etwas ganz Neues, und die Gesichter meiner drei Mitreisenden drückten ähnliche Empfindungen aus. Wir kamen aus zivilisierten Städten, wo die Menschen ganz oben in der Nahrungskette standen. Doch hier draußen waren wir mit unserem Geschick kaum in der Lage, uns gegen die Löwen zu wehren. Ich sah sie nicht, aber ich wusste, dass sie uns beobachteten - und sie waren stark und mit dieser Dunkelheit vertraut.
Wie verängstigte Kinder blickten wir zu Nigel und warteten auf seine Anweisungen. Er lehnte träge und scheinbar lässig an der Eiskiste, auf die ich als mögliches Versteck schielte. Jahre später, als ich ihn unter anderen Umständen wiedersah, gab er zu, in jener Nacht am Savuti-Kanal selbst Angst gehabt zu haben. Ich sagte, es sei gut gewesen, sie vor uns zu verbergen, weil er uns damit unsere Angst genommen hatte.
Langsam entspannte ich mich, als Nigel träge an einer selbst gedrehten Zigarette zog, lässig Ringe in die Luft blies und einen Tabakfaden auf den Boden spuckte. Konnte ein Mensch Angst haben und gleichzeitig so abgebrüht aussehen? Ich hielt es für unmöglich.
"Das war aber nicht der, der das Mädchen gefressen hat, oder?", fragte Ira ängstlich.
Das war eine Frage, auf die alle eine Antwort erwarteten.
"Nein, Mann, natürlich nicht", behauptete Nigel. "Zunächst einmal war das eben ein Weibchen!" Meine Schultern entspannten sich immer mehr, als Nigel betonte, dass wir nur zu zweit in stabilen Vier-Mann-Zelten schliefen, dass der "Mädchenfresser" ein nicht normaler Löwe gewesen und das Rudel eindeutig hinter einer kleinen Herde Impalas her sei, die in der Nähe lärmte. Nigel führte uns in das Küchenzelt, wo er plötzlich stehen blieb, sich umdrehte und vergnügt unsere verängstigten Gesichter betrachtete.
"Keine Sorge, Leute. Ei-ei-ei! Ich werde euch nicht den Löwen zum Fraß vorwerfen. Sie haben nach Wasser gesucht, nicht nach uns."
Einen Moment lang fühlte ich mich sicher. Das währte aber nur so lange, bis er gedankenverloren über seinen wilden Bart strich, in die Dunkelheit spähte und sagte: "Ganz schön frech, diese Biester, dass die einfach in ein bewohntes Lager kommen. Wir essen jetzt lieber und machen Feierabend."
Rasch verschlangen wir unser Abendessen, das mir beinahe im Hals stecken blieb. Nigel strahlte immer noch Vertrauen und Selbstsicherheit aus, doch ich spürte, dass er in höchster Alarmbereitschaft war. Seine stacheligen, schwarzen Augenbrauen, die wie beunruhigte Raupen zuckten, verrieten ihn. Shylock kauerte mit dem Rest der schwarzen Mitarbeiter neben dem Holzherd, wo sie leise miteinander sprachen. Zum Glück wusste ich damals noch nicht, dass ihr Verhalten ungewöhnlich war. Erst später sollte ich erfahren, dass Flüstern bei Afrikanern als unhöflich gilt, da andere denken könnten, man redet schlecht über sie.
Nigel begleitete uns zu unseren Zelten. "Gute Nacht. Lekker daap, mevrou", sagte er - schlafen Sie gut, Madam. "Shylock wird Sie um halb sechs wecken."
Die nächsten acht Stunden bleiben auf immer und ewig die längsten meines Lebens, doch für einen Intensivkurs über die Entwicklung der Seele sind acht Stunden wohl eher kurz . ^ Das Zelt wurde von einer flackernden Lampe erleuchtet, die auf einem kleinen Tisch zwischen zwei Feldbetten stand. Mein Mann streckte sich auf einem der Betten aus und schlief sofort ein. Ich fühlte mich alleine. Das war nicht neu für mich, doch in diesem Moment brauchte ich Zuspruch und Unterstützung. Der einzige Trost waren die Stimmen aus dem Nachbarzelt, wo sich das Pärchen mit dem Bronx-Akzent auf die Nacht vorbereitete. Schweiß tropfte auf den Zeltboden, während ich, am Zelteingang kauernd, versuchte, den widerspenstigen Reißverschluss nach unten zu zerren.
"So ein Mist!", fluchte ich.
Ira und Miriam unterhielten sich laut miteinander, aber es beruhigte mich, Stimmen zu hören: "Sollen wir Schlaftabletten nehmen? Können wir in dieser mörderischen Hitze bei geschlossenen Außenklappen über den Fenstern schlafen?" Bei geschlossenen Außenklappen? Ich hatte vergessen, die Fenster abzudecken, und es gab innen keine Rollos. Ich blickte durch die Fliegengitter der ungewöhnlich großen Fenster, die fast bis zum Boden reichten. Ich wünschte, ich könnte sie wegen der Luftzirkulation offen lassen. Ira stand an seinem Zelt und band die Fensterklappen zu. Er beschwerte sich über die brütende Hitze im Zelt. Als er wieder am Eingang war, erinnerte ihn seine Frau an das unglückliche Mädchen.
"Was machst du da, Ira. Willst du da draußen sterben?"
Ich wollte nicht hinausgehen, hatte aber keine andere Möglichkeit. Ich würde eingehen in der Nacht, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen. Also trat ich an den Eingang. Nachdem ich den Reißverschluss vorher nur mit Mühe hatte schließen können, klemmte er jetzt fest. "Mist", murmelte ich. Vielleicht würde mir Ira helfen können Ich kehrte zum Fenster zurück und öffnete den Mund, um ihn um Hilfe zu bitten. Doch meine Stimme versagte.
Da draußen kauerte eine Löwin und starrte Ira an. Ihre sphinxähnliche Gestalt und ihre gespitzten Ohren setzten sich vor dem Licht der glühenden Holzkohlen ab. Ira brummte weiter vor sich hin, während er die letzte Klappe schloss, ohne seine todbringende Begleitung zu bemerken. Ich zwang mich, leise zu sein. Ira zu warnen, würde ihn nur in Panik versetzen. Er würde losrennen und ein gefundenes Fressen für die Löwin abgeben. Er war beinahe fertig. In Gedanken drängte ich ihn, sich zu beeilen. Die Sorge um ihn ließ mich meine eigene Angst vergessen. Selbst an die vier offenen Fensterklappen dachte ich nicht mehr. Es war ohnehin nicht mehr möglich, sie zu schließen.
Nachdem Ira alles gesichert hatte, drückte er murmelnd seine Zufriedenheit aus und entfernte sich ein Stück weit, um zu urinieren. O Mann, er brauchte eine Ewigkeit und machte ziemlichen Lärm dabei. Scheinbar wunderte sich Miriam ebenfalls.
"Willst du das Zelt fortschwemmen?", fragte sie.
Unwissenheit konnte ein wahrer Segen sein. Ira antwortete auf Miriams nervöse Kommentare mit einem jiddischen Schlaflied, das er bis zum bitteren Ende sang, bevor er zum Zelt zurückkehrte. Gleichmäßig ratschte der Reißverschluss nach unten. Da hast du aber Glück gehabt, Ira .
Ich hatte die Laterne gelöscht, als ich die Löwin erblickt hatte. Innerhalb weniger Sekunden wurde es auch im Nachbarzelt dunkel. Nigel und seine Mitarbeiter schliefen fünfzig Meter entfernt in ihren Zelten. Es war unheimlich leise. Ich wollte ihnen zurufen, dass die Löwen zurückgekehrt waren. Ich bemerkte zwei weitere Umrisse neben dem Wasserloch und hörte schlabbernde Geräusche. Ich wünschte, das Wasserloch wäre leer. Andererseits war ich froh, dass die Tiere wenigstens etwas gegen ihren Durst tun konnten - wenn auch nur wenig.
Trost suchend, trat ich ans Feldbett meines Mannes. "Bitte, wach auf", flüsterte ich in sein Ohr. "Die Löwen sind da draußen." Er rührte sich nicht, auch nicht, als ich ihn an der Schulter schüttelte - er hatte zu viel Wein getrunken. Zumindest war er da. Mit gekreuzten Beinen setzte ich mich auf das niedrige Feldbett, aufgeregt und verängstigt angesichts der Löwen in unserem Lager. Das unheimlich rote Licht des aufgehenden Mondes teilte die Schatten. Wenn Nigel recht hatte, würden die Löwen bald aufbrechen und sich eine Impala reißen.
Ich war erschöpft, und der Schlaf hätte mich - trotz der tödlichen Gesellschaft - rasch übermannt, hätte Nigel nicht die Tragödie mit dem Mädchen erzählt und wären die Fensterklappen über den Fliegennetzen sicher verschlossen. Wenn dies und wenn das. So viele Wenns. Hör auf, Mädchen, du bist jetzt hier. Atme, atme Bald begann ich zu zittern. Das Rauschen in den Ohren vom Adrenalinschub war noch schlimmer als mein Zittern. Ich beneidete meine Nachbarn und meinen Mann um ihren weinseligen Schlaf der Unwissenden.
Draußen durchbrach ein ohrenbetäubender Lärm die Stille, begleitet von heftigem Brummen. Spielten die Löwen etwa? Würden die Zelte zusammenbrechen, wenn sie über die Spannseile purzelten? Oder schlimmer noch: Würden sie merken, wie dünn die Zeltwände waren, wenn sie dagegen stießen, sie mit ihren mächtigen Pranken aufschlitzten, um mich zum Abendessen zu verspeisen? O Gott! Warum verschwanden sie nicht, um eine Impala zu jagen? Ich schlüpfte unter die Bettdecke und zog sie wie ein Schutzschild hoch, bis nur noch meine Augen herausschauten.
Eine Sekunde lang wurde meine Fantasie fast zur Wirklichkeit. Mein Bett schaukelte, als etwas gegen das Zelt prallte. Ein Schrei blieb mir im Hals stecken. Ein fauliger Gestank erfüllte die Luft. Mit zusammengekniffenen Augen spähte ich zum Fenster neben mir und wünschte, ich hätte es nicht getan. Aus dem offenen, keuchenden Maul eines riesigen, pelzigen Gesichts wehte mir übler Mundgeruch entgegen.
Ein Löwe! Vorher waren doch drei Weibchen dort draußen gewesen. Waren es etwa insgesamt vier? O Gott! War er es? Er musste mich riechen. Ich wusste, Katzen konnten nachts gut sehen - wenn ich ihn sah, musste er mich auch sehen. Ich schloss die Augen, um ihn mit meinem Blick nicht herauszufordern. Das hatte ich irgendwo gelesen. Sein Atem schlug mir heiß und stinkend entgegen. Ich wartete immer noch, wartete auf etwas, wusste aber nicht worauf. Schließlich ließ der Gestank nach. Der Löwe hatte sich zurückgezogen.
Ganz langsam rutschte ich von der Pritsche auf den Boden in die Mitte des Zelts, wo ich verzweifelt versuchte, mein Zucken unter Kontrolle zu bekommen. Meine Seelenqualen weckten meine eigenen tierischen Instinkte und ließen mich auf meine Würde verzichten. Ich wusste, es hatte keinen Sinn, meinen Mann zu wecken, der tief und fest schlief. Machtlos und einsam rollte ich mich auf dem Boden zusammen und sehnte mich nach meiner Mutter.
Einer der vier Löwen ließ sich vor dem Zelteingang auf den Boden plumpsen. Gott sei Dank war der Reißverschluss zu. Ich hörte sanfte Schritte und leises Knurren. Der Mond warf zwei blasse Lichtsäulen durchs Fenster. Ich schaute mich nach einer Waffe um. Die einzigen Dinge von Wert waren die Laterne, die metallene Waschschüssel, ein Nachttopf und ein Emaillekrug mit Wasser. Wasser ich musste es irgendwo ausleeren. Es gab kein "irgendwo", weil der Sand von einer Bodenplane überdeckt war. Also ließ ich es über meinen Körper laufen, dann trank und trank ich, bis mir fast der Bauch platzte und ich Schuldgefühle bekam angesichts der in diesem Teil Afrikas herrschenden Wasserknappheit.
Ich stellte den Nachttopf - die Waffe meiner Wahl - auf meinen Bauch, als ich mich wieder hinlegte, und stellte mir grinsend die Schlagzeile vor: Frau verscheucht umtriebige Löwen mit Nachttopf. Die Vorstellung dieses absurden Szenarios versöhnte mich etwas mit der Situation. Beinahe musste ich kichern. Mit Sicherheit hätten sie uns schon angegriffen, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, wie leicht die Beute zu haben war, oder? Die Löwen hörten auf zu spielen. Durch das gegenüberliegende Fenster sah ich, wie sich neben Iras Zelt eine Löwin auf die Seite legte. Von hinten drang lautes Schnarchen an mein Ohr. Die Raubtiere fielen in Schlaf, doch mein Albtraum nahm kein Ende.
Während der nächsten Stunden schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Boden zwischen den Betten war mein Zufluchtsort, wo ich fest in das grobe Laken gewickelt lag. In meinem Magen blubberte das Wasser, mein Körper, angefacht von der nächtlichen Hitze in der Kalahari-Wüste, glühte wie ein Ofen. Doch innerlich war ich ausgekühlt. Jedes Mal, wenn mich der Schlaf übermannen wollte, versetzte mich das Grunzen oder die Bewegung eines der Löwen wieder in Alarmbereitschaft. Doch mit meinem Versuch, zu meditieren und dadurch Ruhe zu finden, scheiterte ich kläglich.
Um drei Uhr morgens erhob sich das Männchen und tapste zum Fenster neben meiner Pritsche. Er gähnte und brummte leise vor sich hin, bevor er dreimal laut losbrüllte und anschließend einige Male hustete. Dann wiederholte er die Abfolge - immer auf Armeslänge von mir entfernt. Und wieder konnte ich nur lautlos schreien. Zweifellos rochen die Löwen meine Angst.
Das Ehrfurcht gebietende Brüllen trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Von Klaustrophobie gepackt, überlegte ich einen Moment lang, den Zelteingang aufzureißen und meinem Gefängnis zu entfliehen. Doch ich musste bleiben und meinen Mann bewachen, eine Erkenntnis, die mich überraschte. Ich hatte ihn mit siebzehn geheiratet und seitdem immer als meinen Beschützer betrachtet.
Das Männchen begann, das Zelt zu umkreisen, blieb hin und wieder stehen, um einen Blick ins Innere zu werfen. Drei andere Gestalten gesellten sich zu ihm. Die Stimmung hatte sich verändert. Ohne Zweifel waren sie nun auf der Jagd und nahmen ihr Ziel ins Visier. Und das Ziel war ich.
Doch plötzlich verschwanden sie. Angestrengt lauschte ich. In der Ferne jaulte eine Hyäne, Zikaden zirpten. Irgendwo hallte der schrille Ruf eines unbekannten Nachtvogels. Wohin waren die Löwen verschwunden, nachdem sie gerade noch die Zeltwand einreißen wollten? Ohne Vorwarnung verdunkelte sich der Mond, dessen Licht unser Zelt beschien.
Ich rannte auf die Frauen zu. Ein Blick auf den Bullen genügte, um mich in Schrecken zu versetzen. Die Schläfendrüsen waren geschwollen und sonderten eine dicke Flüssigkeit ab, die sich von derjenigen unterschied, die Elefanten manchmal unter Stress abgeben. Urin tröpfelte aus seinem Penis, der mit grünlichem Schaum umgeben war. Der Bulle war in voller Musth! O Gott, hilf uns _ "Sofort verschwinden!", befahl ich den Frauen mit ruhiger Stimme. "Sie sind in höchster Gefahr. Rennen Sie schnell zum Werkzeugschuppen."
Das Gespräch erstarb, Rocksäume flatterten, und die Frauen rannten los.
Regungslos blieb der Bulle einen Moment stehen, blickte mich finster an, bevor er den Kopf in tödlicher Absicht sinken ließ. Im Bruchteil einer Sekunde entschied ich mich, zum Forschungsraum zu rennen, statt den fliehenden Frauen zu folgen. Das war ein großer Fehler.
Ich wirbelte herum und stürzte los. Als mir klar wurde, dass die Entfernung zu groß war, hatte ich den Weg bereits eingeschlagen. Der Werkzeugschuppen war nun weiter entfernt als der Forschungsbunker. Hinter mir hörte ich nichts, aber ich spürte, dass er mich verfolgte. Der Bunker schien unerreichbar zu sein. Angela stand in der Tür und wedelte mit den Armen.
"Er ist hinter dir her!", schrie sie. "Lauf schneller. Los!
Los!"
Ich hatte das Gefühl, wie in Zeitlupe zu rennen. Der ranzige Geruch des Musth-Bullen hatte mich schon eingeholt. Der weite Weg bis in die Sicherheit schien nicht kürzer zu werden. Angelas immer hektischere Rufe verrieten mir, dass der Bulle immer näher kam. Er war leise, seine Wut hörte ich nur in meinem Kopf.
Dann tauchte eine Gestalt aus den Büschen vor mir auf. In dem Moment, in dem ich den Mann sah, hatte ich das Gefühl, meinen Körper zu verlassen. Von oben beobachtete ich, wie sich meine Arme und Beine qualvoll langsam bewegten. Ich blickte auf den riesigen Bullen hinab. Er war in eine Staubwolke getaucht, rot gefärbt von seiner Wut. Er und ich schienen Figuren in einem Spiel zu sein, das ich von einem sicheren Platz aus beobachtete. Ich hörte meinen Vater, der mir als Kind bei den Landesmeisterschaften sagte, ich dürfe nicht zurückblicken. "Du verlierst deinen Schwung, und damit gibst du deiner Gegnerin die Chance, dich zu überholen."
Gleichzeitig glitt die zerbrechliche Figur immer weiter in mein Blickfeld. Mit schmuddeliger Hose und rotem T-Shirt bekleidet, das über seinem dürren Oberkörper flatterte, schien der Alte die drohende Gefahr nicht zu bemerken, sondern torkelte weiter. Dem Bullen, der sich ganz kurz ablenken ließ, entlockte er ein lautes Dröhnen. Aber in dem Moment wusste ich das nicht - auch nicht, dass der Alte nur für den Elefanten und mich sichtbar war.
Eine ohrenbetäubende Druckwelle tauchte mich in eine Wolke stinkender Luft. Ich kehrte in meinen Körper zurück. Der Bulle war sehr nah. Ich habe dich verstanden, Dad. Ich werde nicht zurückblicken. Ein frischer Adrenalinstoß trieb mich an.
KAPITEL 1 Epiph Die Räder der Cessna hüpften über den Sand der Kalahari- Wüste. Ein Mann wartete mit seinem Landrover neben der rissigen, beigefarbenen Piste des Behelfsflugplatzes von Savuti. Niedriges, blattloses Gestrüpp zog sich über die Einöde, umgeben von flimmernden Luftspiegelungen, wo die Erde gegen den Himmel zu stoßen schien. Die extreme Hitze brannte in meinen Lungen, als ich meinen ersten Atemzug in der Wüste nahm. Ich schluckte, aber nicht wegen der trockenen Luft oder des Staubs, der dem blauen Himmel die Farbe raubte. Ich war überwältigt vor Freude, den Boden von Botsuana betreten zu haben.
Der bärtige Mann kam auf uns zu, rangelte in einem langen, kämpferischen Händedruck mit meinem Mann um Überlegenheit und umfasste meine Hand mit mehr Vorsicht. "Howzit?", begrüßte er uns. "Ich bin Nigel. Willkommen in der Hölle!"
Ich wusste, dies war seine Standardbegrüßung, als ich sah, wie seine dichten Augenbrauen vergnügt nach oben schnellten. Ich blickte zum flimmernden Horizont. "Wie weit ist es bis zum Lager?"
"Dort entlang, Richtung Sonne." Er deutete geradeaus, bevor er sich zum Piloten wandte. "Schaffen wir das Flugzeug in den Hangar."
Es gab keinen Hangar. Stattdessen umwickelten die Männer die Reifen der leichten Maschine mit dornigen Akazienzweigen, um sie vor den Zähnen der Hyänen zu schützen. Aber sein Spruch sorgte dafür, dass ich noch bessere Laune bekam.
Wir stiegen hinten in den Landrover, während Nigel über die niedrige Tür auf seinen Sitz sprang und den Motor startete. Wir brausten los, quer über eine Ebene ohne Straße, quer über die Stille. Nichts Lebendiges war zu sehen, doch ich wusste, irgendwo mussten Tiere sein, die sich vor der Mittagssonne versteckten.
"In diesem kopje gibt's Höhlengemälde." Er deutete auf einen einsamen Hügel, der sich über die nichtssagende Landschaft erhob. Eine Viertelstunde später ging der Sand in einen trockenen Flusslauf über, den Savuti-Kanal. Am anderen Ufer drängten sich ein paar Zelte unter dem schützenden Dach verkümmerter Bäume.
Nigel stellte uns den anderen Gästen vor - Ira und Miriam aus New York -, drei Mitarbeitern in Khaki-Uniformen und dem Lagerleiter, Shylock, der uns mit dröhnender Stimme begrüßte.
Unser Gepäck wurde in einem der beiden großen Zelte verstaut, die neben einer Vertiefung mit fast erloschener Holzkohle errichtet worden waren. In der Nähe standen ein Esstisch und Stühle, weiter hinten war vor der offenen Küche eine Plane gespannt, in den kleinen Zweimannzelten wohnten, wie ich vermutete, die Mitarbeiter. Das Lager war perfekt - es erfüllte die Bedürfnisse der Gäste, während gleichzeitig der Einfluss auf die Wildnis so gering wie möglich gehalten wurde.
Die Einwohner von Botsuana nennen den Oktober den "Selbstmordmonat", und das aus gutem Grund. Die Temperaturen am Tag bewegen sich um die 40°C, aber auch in der Nacht sinken sie nur auf 35°C. Nach dem Mittagessen warf ich einen Blick aufs Thermometer: Es zeigte 45°C. Nigels Vorschlag, uns auf unsere Betten zu legen, die die Mitarbeiter aus den Zelten in den Schatten der verkümmerten Bäume gezogen hatten, war ganz vernünftig. Einer verteilte nasse Handtücher und stellte Wasserkrüge und Schöpflöffel neben die Pritschen. Ich zog mir einen Sarong an, legte mich hin und deckte mich mit dem Handtuch zu. Innerhalb weniger Sekunden war das Handtuch schwarz, übersät mit Tausenden von Mopane-Fliegen. Diese und die trockene, statisch aufgeladene Atmosphäre saugten die Feuchtigkeit innerhalb von Minuten auf. Immer wieder begoss ich das Handtuch mit Wasser. Und immer wieder setzten sich die Fliegen darauf.
"Das ist ja wirklich die Hölle. Die Hitze ist tierisch", stöhnte Ira.
Niemand antwortete. Außer dem gelegentlichen Klimpern von Schöpfkellen gegen Emaille erstarben alle Geräusche. Die Fliegen und die Hitze machten mir an diesem ersten Nachmittag auf der Safari in Afrika nichts aus. Für mich war die trockene Hitze erträglicher als die feuchte, tropische Hitze in meiner australischen Heimat. Die anderen dösten, während ich ungeduldig ausharrte, bis wir zu unserer Fahrt aufbrechen würden.
Als es schließlich losging, sog ich gierig die Gerüche ein und nahm die Eindrücke der Umgebung in mich auf. Es war ein perfekter Tag für mich. Ich war noch nie in Afrika gewesen, hatte aber das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Viele Jahre hatte es gedauert, aber jetzt war ich hier. Mein Mann hatte auf unserem Weg nach Europa zu Rugby-Testspielen widerwillig einem Zwischenhalt in Afrika zugestimmt. Ich konnte es kaum glauben, genauso wenig wie den Anblick der beigefarbenen Impalas, die uns nur kurze Blicke zuwarfen, bevor sie davonsprangen. Die mit Staub bedeckten Zebras weigerten sich zu fliehen. Sie schüttelten ihre großen Köpfe verärgert und blickten uns an, gestört durch die aufgeregten Rufe des Ehepaars aus Brooklyn. Auch ich blickte in die Richtung, in die Miriam deutete, während sie ihrem Mann zurief: "Schau mal, Ira, das ist aber eine süße Giraffe." Der Kudu preschte verängstigt los.
Ich dachte, ich hätte Nigel "Gott, schenke mir Geduld" flüstern hören, bevor er auf seinem Sitz herumwirbelte, um Miriam aufzuklären. Meinen Ärger über das Paar musste ich schlucken, als ich einen Steinbock mit einem Duiker verwechselte. Das Grinsen meines Mannes war berechtigt.
Die Sonne brannte am Horizont, als wir über eine kleine Anhöhe fuhren, hinter der eine matschige Sickerstelle lag, die einzige Wasserquelle in dieser Gegend. Mir stockte der Atem. Ein mächtiger Elefantenbulle hatte sich breitbeinig vor einigen kleineren Tieren aufgebaut. Ich hatte schon asiatische Elefanten gesehen, doch hier begegnete ich zum ersten Mal einem afrikanischen. Ich war erstaunt über seine Größe und musste über das Geräusch lächeln, als das Wasser in seinem aufgeblähten Bauch schwappte. Wütend schwenkte er seinen Rüssel hin und her und trompetete los, wenn er seine Vorherrschaft gegen die Tiere verteidigte, die zu trinken versuchten. Mir gefiel sein Auftreten, aber auch das der sturen Warzenschweine, die ihn immer wieder herausforderten und aufs Wasser losstürmten. Scheue Antilopen beobachteten das Spiel sehnsüchtig aus der Ferne.
Nigel kicherte. "Dieser Mistkerl lässt die anderen nicht ans Wasser, bis er selbst genug gesoffen hat."
Rasch senkte sich die Nacht über die Landschaft, und eine Brise kühlte mein Gesicht. Kurz bevor wir wieder im Lager waren, ließ ein Leopard seine Rosetten im Scheinwerferlicht schimmern. Einen Moment lang kam ich mir wieder wie das kleine Kind vor, das auf seinem Schaukelpferd saß und vom Vater auf der Suche nach Elefanten und Antilopen durchs hohe Savannengras geführt wurde. Manchmal waren wir in Borneo gewesen, wo wir seine Kriegserinnerungen nacherlebten und das Moskitonetz nach Orang-Utans absuchten. Aber der Ort, an den ich mich am meisten hineinversetzt hatte, war Afrika. Die Namen, die mein Vater genannt hatte, klangen wie im Märchen: Betschuana, Mafeking, Limpopo, Sambesi. Als ich lesen konnte, hatte er mir ein Bilderbuch mit afrikanischen Tieren, eine Biografie von Dr. Livingstone und einen Atlas gegeben. Ich war süchtig danach. Ich beschloss, Missionarin zu werden, weil Mädchen nicht im Traum daran denken durften, Parkaufseherin zu werden. Mein Vater füllte unser Haus mit heimischen Tieren und Vögeln. Ich liebte sie, aber ihnen fehlte das Geheimnis ihrer afrikanischen Artgenossen. Durch meine Mutter lernte ich die unterschiedlichen Aspekte der Natur schätzen. Sie war Künstlerin, die in trockener Rinde subtile Farbschattierungen sah, die für andere nur ein simples Grau darstellten. Sie lag mit mir im Gras, wo wir angestrengt die Naturgeister belauschten. Meine Eltern waren für mich immer interessanter als Gleichaltrige. Sie ermutigten mich zu träumen, und nie bezweifelte ich, eines Tages nach Afrika zu fahren.
Wieder im Lager, wusch ich meine Hände an einem Wasserloch, das im sanften Licht einer Petroleumlampe schimmerte. Meine Haut hatte einen Sonnenbrand abbekommen. Ich spähte in die undurchdringliche Dunkelheit, bevor ich zur lärmenden Gruppe zurückkehrte, die um das Lagerfeuer herum saß. Ich vermutete, das Feuer diente lediglich der Atmosphäre, weil auch die nächtliche Hitze in meinen Lungen brannte. Ich ließ mich auf einem Klappstuhl nieder, während Nigel mir einen lauwarmen Weißwein und eine Flasche Wasser reichte. Das Eis, erklärte er, das zweimal die Woche mit dem Nachschub gebracht wurde, diene nur zum Frischhalten des Fleisches und anderer leicht verderblicher Lebensmittel. Anschließend erzählte er uns von einem Vorfall, der sich erst vierzehn Tage zuvor ereignet hatte.
Eine Gruppe junger Leute aus Deutschland hatte ihre Zelte auf einem öffentlichen Campingplatz drei Kilometer von unserem Lager entfernt errichtet. Zu viele hatten sich in zu wenige Zelte gedrängt, erzählte er. Erschöpft von der unbarmherzigen Hitze, hatte ein Mädchen am offenen Eingang eines der engen Zelte geschlafen. Die Mischung aus Körpergeruch und Schweiß bildete einen verlockenden Köder. In den frühen Morgenstunden zerrte ein Löwe die junge Frau aus dem Zelt und verspeiste sie vor den Augen ihrer Freunde. Sie hatten keine Waffen. Als sie den Löwen anschrien, ließ er seine Beute liegen und rannte auf sie zu. Danach verhielten sie sich still. Der Schrecken und die Hilflosigkeit der jungen Leute, die sich in ihre Zelte zurückgezogen hatten und den Löwen beim Fressen beobachteten, waren unvorstellbar. Der Löwe floh, und anschließend kamen die Hyänen und nahmen die Knochen mit. Nur die Zahnspange der jungen Frau blieb übrig.
Ich glaube, wir müssen ziemlich besorgte Gesichter gemacht haben, weil Nigel rief: "Hey, Leute! Jetzt schaut nicht so verängstigt. Der Löwe war nicht normal, und er ist schon lange weg - weit weg. Hundertprozentig." Er lehnte sich zurück - soweit ich durch seinen dichten Bart erkennen konnte, mit abgebrühtem Selbstvertrauen.
Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, ob die Raubtiere hungerten, weil die Wasserlöcher und Sickerstellen fast ausgetrocknet waren und das Wild gezwungen war, auf der Suche nach Wasser fortzuziehen, kam aber nicht dazu. Direkt hinter mir hörte ich ein tiefes Knurren. Ich drehte mich um und blickte wie erstarrt in die boshaften Augen einer Löwin. Sie lag nur eine Körperlänge von mir entfernt neben dem Wasserloch, in dem ich mir wenige Minuten zuvor die Hände gewaschen hatte. Andere Schatten bewegten sich hinter ihr. Die Löwin verzog lautlos ihr Gesicht, entblößte ihre furchtbaren, gelben Zähne und holte tief Luft. Meine Lungen verweigerten ihre Arbeit, als sich die Flanken des Tiers zu einem explosionsartigen Brüllen aufblähten.
Sekunden später erwiderte Nigel ihre Drohung mit einem urzeitlichen Grölen. Das Chaos verstärkte sich, als Shylock das volle Tablett mit dem Abendessen fallen ließ. Wir hatten keine Schusswaffen. Nigel erhob sich und ließ schreckliche, primitive Geräusche aus seinem Bauch aufsteigen, das Gesicht verzogen zu einer grotesken Grimasse, zu einer Karikatur auf das Mienenspiel der Löwin. Er schnappte sich die Taschenlampe und richtete den grellen Strahl auf ihre Augen. Sie kniff sie zusammen. Ich begann zu keuchen, meine Beine zitterten, und mein Herz pochte so heftig, dass ich das Blut in meinen Ohren pulsieren hörte. Ich befürchtete schon, mein hämmernder Schädel würde platzen. Gott, ich hätte tot sein können, ohne mitzubekommen, wie diese Reißzähne meine Halsschlagader zerfetzt hätten.
Doch Nigels aggressives Täuschungsmanöver zeigte Erfolg. Geblendet von dem starken Licht, kniff die Löwin die Augen zusammen, legte sich hin und schlug mit einer ihrer riesigen Pranken durch die Luft. Wir erhoben uns und zogen uns langsam zurück. Noch nie in meinem Leben war ich so klar im Kopf gewesen. Es gab nichts außer dieser Löwin. Ihr moschusartiger Geruch erfüllte die Luft, ihre kräftigen Muskeln zuckten unter der lockeren Haut, während sie verachtungsvoll fauchte, sich umdrehte und, gefolgt von den anderen, mit großen Sprüngen in die Dunkelheit verschwand.
Sie waren nicht mehr zu sehen, aber wie weit hatten sie sich entfernt? Wir folgten dem Lichtschein mit unseren Blicken. Ich keuchte so heftig, dass mir schwindlig wurde. Sterne schimmerten am pechschwarzen Nachthimmel, ohne in ihrem Glanz vom Licht des Mondes beeinträchtigt zu werden. Das Kreuz des Südens war dort. Ein Moskito stach zu. Nigel legte ein dickes Holzscheit ins Feuer. Jetzt verstand ich, warum. Die Flammen strahlten etwas Schützendes aus. Ich ging, ebenso wie die anderen, so nah heran, dass ich beinahe meine Haut versengte.
Ich musste an das Mädchen denken, das vom Löwen gefressen worden war, und mir gingen Szenen durch den Kopf, die so schrecklich waren, dass ich sie lieber aus meinen Gedanken verbannte. Ich blickte in die Dunkelheit und fragte mich, ob Ira, Miriam und mein Mann ebenso dachten. Es gab keine festen Mauern, die uns hätten Schutz bieten können. Wir hatten keine Waffen, waren allein angewiesen auf unsere Intelligenz und einen erfahrenen Safariführer, der für unser Überleben in der Wüste sorgte, wo Raubtiere mit einer gefährlichen Mischung aus Schneid, Bosheit und Kraft, aus Knochen zermalmenden Kiefern, Reißzähnen und Krallen zu Hause waren.
Am Tage hatte die nichtssagende, flache Landschaft harmlos und sicher ausgesehen. Jetzt spähte ich in eine schwarze, geheimnisvolle Dunkelheit, die mit fremden Klängen und grausamen Möglichkeiten erfüllt war. Ich spürte, wie die Raubtiere jenseits der trügerischen Sicherheit unseres winzigen Lichtkreises meine Schwäche und die Möglichkeit abschätzten, mich verspeisen zu können. Auf dem Speiseplan einer anderen Gattung zu stehen, hatte für mich etwas ganz Neues, und die Gesichter meiner drei Mitreisenden drückten ähnliche Empfindungen aus. Wir kamen aus zivilisierten Städten, wo die Menschen ganz oben in der Nahrungskette standen. Doch hier draußen waren wir mit unserem Geschick kaum in der Lage, uns gegen die Löwen zu wehren. Ich sah sie nicht, aber ich wusste, dass sie uns beobachteten - und sie waren stark und mit dieser Dunkelheit vertraut.
Wie verängstigte Kinder blickten wir zu Nigel und warteten auf seine Anweisungen. Er lehnte träge und scheinbar lässig an der Eiskiste, auf die ich als mögliches Versteck schielte. Jahre später, als ich ihn unter anderen Umständen wiedersah, gab er zu, in jener Nacht am Savuti-Kanal selbst Angst gehabt zu haben. Ich sagte, es sei gut gewesen, sie vor uns zu verbergen, weil er uns damit unsere Angst genommen hatte.
Langsam entspannte ich mich, als Nigel träge an einer selbst gedrehten Zigarette zog, lässig Ringe in die Luft blies und einen Tabakfaden auf den Boden spuckte. Konnte ein Mensch Angst haben und gleichzeitig so abgebrüht aussehen? Ich hielt es für unmöglich.
"Das war aber nicht der, der das Mädchen gefressen hat, oder?", fragte Ira ängstlich.
Das war eine Frage, auf die alle eine Antwort erwarteten.
"Nein, Mann, natürlich nicht", behauptete Nigel. "Zunächst einmal war das eben ein Weibchen!" Meine Schultern entspannten sich immer mehr, als Nigel betonte, dass wir nur zu zweit in stabilen Vier-Mann-Zelten schliefen, dass der "Mädchenfresser" ein nicht normaler Löwe gewesen und das Rudel eindeutig hinter einer kleinen Herde Impalas her sei, die in der Nähe lärmte. Nigel führte uns in das Küchenzelt, wo er plötzlich stehen blieb, sich umdrehte und vergnügt unsere verängstigten Gesichter betrachtete.
"Keine Sorge, Leute. Ei-ei-ei! Ich werde euch nicht den Löwen zum Fraß vorwerfen. Sie haben nach Wasser gesucht, nicht nach uns."
Einen Moment lang fühlte ich mich sicher. Das währte aber nur so lange, bis er gedankenverloren über seinen wilden Bart strich, in die Dunkelheit spähte und sagte: "Ganz schön frech, diese Biester, dass die einfach in ein bewohntes Lager kommen. Wir essen jetzt lieber und machen Feierabend."
Rasch verschlangen wir unser Abendessen, das mir beinahe im Hals stecken blieb. Nigel strahlte immer noch Vertrauen und Selbstsicherheit aus, doch ich spürte, dass er in höchster Alarmbereitschaft war. Seine stacheligen, schwarzen Augenbrauen, die wie beunruhigte Raupen zuckten, verrieten ihn. Shylock kauerte mit dem Rest der schwarzen Mitarbeiter neben dem Holzherd, wo sie leise miteinander sprachen. Zum Glück wusste ich damals noch nicht, dass ihr Verhalten ungewöhnlich war. Erst später sollte ich erfahren, dass Flüstern bei Afrikanern als unhöflich gilt, da andere denken könnten, man redet schlecht über sie.
Nigel begleitete uns zu unseren Zelten. "Gute Nacht. Lekker daap, mevrou", sagte er - schlafen Sie gut, Madam. "Shylock wird Sie um halb sechs wecken."
Die nächsten acht Stunden bleiben auf immer und ewig die längsten meines Lebens, doch für einen Intensivkurs über die Entwicklung der Seele sind acht Stunden wohl eher kurz . ^ Das Zelt wurde von einer flackernden Lampe erleuchtet, die auf einem kleinen Tisch zwischen zwei Feldbetten stand. Mein Mann streckte sich auf einem der Betten aus und schlief sofort ein. Ich fühlte mich alleine. Das war nicht neu für mich, doch in diesem Moment brauchte ich Zuspruch und Unterstützung. Der einzige Trost waren die Stimmen aus dem Nachbarzelt, wo sich das Pärchen mit dem Bronx-Akzent auf die Nacht vorbereitete. Schweiß tropfte auf den Zeltboden, während ich, am Zelteingang kauernd, versuchte, den widerspenstigen Reißverschluss nach unten zu zerren.
"So ein Mist!", fluchte ich.
Ira und Miriam unterhielten sich laut miteinander, aber es beruhigte mich, Stimmen zu hören: "Sollen wir Schlaftabletten nehmen? Können wir in dieser mörderischen Hitze bei geschlossenen Außenklappen über den Fenstern schlafen?" Bei geschlossenen Außenklappen? Ich hatte vergessen, die Fenster abzudecken, und es gab innen keine Rollos. Ich blickte durch die Fliegengitter der ungewöhnlich großen Fenster, die fast bis zum Boden reichten. Ich wünschte, ich könnte sie wegen der Luftzirkulation offen lassen. Ira stand an seinem Zelt und band die Fensterklappen zu. Er beschwerte sich über die brütende Hitze im Zelt. Als er wieder am Eingang war, erinnerte ihn seine Frau an das unglückliche Mädchen.
"Was machst du da, Ira. Willst du da draußen sterben?"
Ich wollte nicht hinausgehen, hatte aber keine andere Möglichkeit. Ich würde eingehen in der Nacht, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen. Also trat ich an den Eingang. Nachdem ich den Reißverschluss vorher nur mit Mühe hatte schließen können, klemmte er jetzt fest. "Mist", murmelte ich. Vielleicht würde mir Ira helfen können Ich kehrte zum Fenster zurück und öffnete den Mund, um ihn um Hilfe zu bitten. Doch meine Stimme versagte.
Da draußen kauerte eine Löwin und starrte Ira an. Ihre sphinxähnliche Gestalt und ihre gespitzten Ohren setzten sich vor dem Licht der glühenden Holzkohlen ab. Ira brummte weiter vor sich hin, während er die letzte Klappe schloss, ohne seine todbringende Begleitung zu bemerken. Ich zwang mich, leise zu sein. Ira zu warnen, würde ihn nur in Panik versetzen. Er würde losrennen und ein gefundenes Fressen für die Löwin abgeben. Er war beinahe fertig. In Gedanken drängte ich ihn, sich zu beeilen. Die Sorge um ihn ließ mich meine eigene Angst vergessen. Selbst an die vier offenen Fensterklappen dachte ich nicht mehr. Es war ohnehin nicht mehr möglich, sie zu schließen.
Nachdem Ira alles gesichert hatte, drückte er murmelnd seine Zufriedenheit aus und entfernte sich ein Stück weit, um zu urinieren. O Mann, er brauchte eine Ewigkeit und machte ziemlichen Lärm dabei. Scheinbar wunderte sich Miriam ebenfalls.
"Willst du das Zelt fortschwemmen?", fragte sie.
Unwissenheit konnte ein wahrer Segen sein. Ira antwortete auf Miriams nervöse Kommentare mit einem jiddischen Schlaflied, das er bis zum bitteren Ende sang, bevor er zum Zelt zurückkehrte. Gleichmäßig ratschte der Reißverschluss nach unten. Da hast du aber Glück gehabt, Ira .
Ich hatte die Laterne gelöscht, als ich die Löwin erblickt hatte. Innerhalb weniger Sekunden wurde es auch im Nachbarzelt dunkel. Nigel und seine Mitarbeiter schliefen fünfzig Meter entfernt in ihren Zelten. Es war unheimlich leise. Ich wollte ihnen zurufen, dass die Löwen zurückgekehrt waren. Ich bemerkte zwei weitere Umrisse neben dem Wasserloch und hörte schlabbernde Geräusche. Ich wünschte, das Wasserloch wäre leer. Andererseits war ich froh, dass die Tiere wenigstens etwas gegen ihren Durst tun konnten - wenn auch nur wenig.
Trost suchend, trat ich ans Feldbett meines Mannes. "Bitte, wach auf", flüsterte ich in sein Ohr. "Die Löwen sind da draußen." Er rührte sich nicht, auch nicht, als ich ihn an der Schulter schüttelte - er hatte zu viel Wein getrunken. Zumindest war er da. Mit gekreuzten Beinen setzte ich mich auf das niedrige Feldbett, aufgeregt und verängstigt angesichts der Löwen in unserem Lager. Das unheimlich rote Licht des aufgehenden Mondes teilte die Schatten. Wenn Nigel recht hatte, würden die Löwen bald aufbrechen und sich eine Impala reißen.
Ich war erschöpft, und der Schlaf hätte mich - trotz der tödlichen Gesellschaft - rasch übermannt, hätte Nigel nicht die Tragödie mit dem Mädchen erzählt und wären die Fensterklappen über den Fliegennetzen sicher verschlossen. Wenn dies und wenn das. So viele Wenns. Hör auf, Mädchen, du bist jetzt hier. Atme, atme Bald begann ich zu zittern. Das Rauschen in den Ohren vom Adrenalinschub war noch schlimmer als mein Zittern. Ich beneidete meine Nachbarn und meinen Mann um ihren weinseligen Schlaf der Unwissenden.
Draußen durchbrach ein ohrenbetäubender Lärm die Stille, begleitet von heftigem Brummen. Spielten die Löwen etwa? Würden die Zelte zusammenbrechen, wenn sie über die Spannseile purzelten? Oder schlimmer noch: Würden sie merken, wie dünn die Zeltwände waren, wenn sie dagegen stießen, sie mit ihren mächtigen Pranken aufschlitzten, um mich zum Abendessen zu verspeisen? O Gott! Warum verschwanden sie nicht, um eine Impala zu jagen? Ich schlüpfte unter die Bettdecke und zog sie wie ein Schutzschild hoch, bis nur noch meine Augen herausschauten.
Eine Sekunde lang wurde meine Fantasie fast zur Wirklichkeit. Mein Bett schaukelte, als etwas gegen das Zelt prallte. Ein Schrei blieb mir im Hals stecken. Ein fauliger Gestank erfüllte die Luft. Mit zusammengekniffenen Augen spähte ich zum Fenster neben mir und wünschte, ich hätte es nicht getan. Aus dem offenen, keuchenden Maul eines riesigen, pelzigen Gesichts wehte mir übler Mundgeruch entgegen.
Ein Löwe! Vorher waren doch drei Weibchen dort draußen gewesen. Waren es etwa insgesamt vier? O Gott! War er es? Er musste mich riechen. Ich wusste, Katzen konnten nachts gut sehen - wenn ich ihn sah, musste er mich auch sehen. Ich schloss die Augen, um ihn mit meinem Blick nicht herauszufordern. Das hatte ich irgendwo gelesen. Sein Atem schlug mir heiß und stinkend entgegen. Ich wartete immer noch, wartete auf etwas, wusste aber nicht worauf. Schließlich ließ der Gestank nach. Der Löwe hatte sich zurückgezogen.
Ganz langsam rutschte ich von der Pritsche auf den Boden in die Mitte des Zelts, wo ich verzweifelt versuchte, mein Zucken unter Kontrolle zu bekommen. Meine Seelenqualen weckten meine eigenen tierischen Instinkte und ließen mich auf meine Würde verzichten. Ich wusste, es hatte keinen Sinn, meinen Mann zu wecken, der tief und fest schlief. Machtlos und einsam rollte ich mich auf dem Boden zusammen und sehnte mich nach meiner Mutter.
Einer der vier Löwen ließ sich vor dem Zelteingang auf den Boden plumpsen. Gott sei Dank war der Reißverschluss zu. Ich hörte sanfte Schritte und leises Knurren. Der Mond warf zwei blasse Lichtsäulen durchs Fenster. Ich schaute mich nach einer Waffe um. Die einzigen Dinge von Wert waren die Laterne, die metallene Waschschüssel, ein Nachttopf und ein Emaillekrug mit Wasser. Wasser ich musste es irgendwo ausleeren. Es gab kein "irgendwo", weil der Sand von einer Bodenplane überdeckt war. Also ließ ich es über meinen Körper laufen, dann trank und trank ich, bis mir fast der Bauch platzte und ich Schuldgefühle bekam angesichts der in diesem Teil Afrikas herrschenden Wasserknappheit.
Ich stellte den Nachttopf - die Waffe meiner Wahl - auf meinen Bauch, als ich mich wieder hinlegte, und stellte mir grinsend die Schlagzeile vor: Frau verscheucht umtriebige Löwen mit Nachttopf. Die Vorstellung dieses absurden Szenarios versöhnte mich etwas mit der Situation. Beinahe musste ich kichern. Mit Sicherheit hätten sie uns schon angegriffen, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, wie leicht die Beute zu haben war, oder? Die Löwen hörten auf zu spielen. Durch das gegenüberliegende Fenster sah ich, wie sich neben Iras Zelt eine Löwin auf die Seite legte. Von hinten drang lautes Schnarchen an mein Ohr. Die Raubtiere fielen in Schlaf, doch mein Albtraum nahm kein Ende.
Während der nächsten Stunden schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Boden zwischen den Betten war mein Zufluchtsort, wo ich fest in das grobe Laken gewickelt lag. In meinem Magen blubberte das Wasser, mein Körper, angefacht von der nächtlichen Hitze in der Kalahari-Wüste, glühte wie ein Ofen. Doch innerlich war ich ausgekühlt. Jedes Mal, wenn mich der Schlaf übermannen wollte, versetzte mich das Grunzen oder die Bewegung eines der Löwen wieder in Alarmbereitschaft. Doch mit meinem Versuch, zu meditieren und dadurch Ruhe zu finden, scheiterte ich kläglich.
Um drei Uhr morgens erhob sich das Männchen und tapste zum Fenster neben meiner Pritsche. Er gähnte und brummte leise vor sich hin, bevor er dreimal laut losbrüllte und anschließend einige Male hustete. Dann wiederholte er die Abfolge - immer auf Armeslänge von mir entfernt. Und wieder konnte ich nur lautlos schreien. Zweifellos rochen die Löwen meine Angst.
Das Ehrfurcht gebietende Brüllen trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Von Klaustrophobie gepackt, überlegte ich einen Moment lang, den Zelteingang aufzureißen und meinem Gefängnis zu entfliehen. Doch ich musste bleiben und meinen Mann bewachen, eine Erkenntnis, die mich überraschte. Ich hatte ihn mit siebzehn geheiratet und seitdem immer als meinen Beschützer betrachtet.
Das Männchen begann, das Zelt zu umkreisen, blieb hin und wieder stehen, um einen Blick ins Innere zu werfen. Drei andere Gestalten gesellten sich zu ihm. Die Stimmung hatte sich verändert. Ohne Zweifel waren sie nun auf der Jagd und nahmen ihr Ziel ins Visier. Und das Ziel war ich.
Doch plötzlich verschwanden sie. Angestrengt lauschte ich. In der Ferne jaulte eine Hyäne, Zikaden zirpten. Irgendwo hallte der schrille Ruf eines unbekannten Nachtvogels. Wohin waren die Löwen verschwunden, nachdem sie gerade noch die Zeltwand einreißen wollten? Ohne Vorwarnung verdunkelte sich der Mond, dessen Licht unser Zelt beschien.
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Autoren-Porträt von Sally Henderson
Die Australierin Sally Henderson setzt sich seit über 20 Jahren für die Rettung der Elefanten Afrikas ein. Eins ihrer Ziele ist der Aufbau des "Peace Park", der es den Elefanten ermöglichen soll, wieder ungehindert von Südafrika bis nach Angola wandern zu können.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sally Henderson
- 2010, 351 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Maße: 11,5 x 18,3 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übers. v. Helmut Splinter
- Übersetzer: Helmut Splinter
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442373948
- ISBN-13: 9783442373949
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