Menetekel
Thriller
Es ist gigantisch, es strahlt, es bewegt sich! Die Klimaforscher an Bord der RSS James Clark in der Antarktis sind ratlos: Am Himmel leuchtet ein Strahlenkranz. Journalistin Grace will der Sache auf den Grund gehen. Eine Spur führt sie in ein...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Menetekel “
Es ist gigantisch, es strahlt, es bewegt sich! Die Klimaforscher an Bord der RSS James Clark in der Antarktis sind ratlos: Am Himmel leuchtet ein Strahlenkranz. Journalistin Grace will der Sache auf den Grund gehen. Eine Spur führt sie in ein Wüstenkloster. Dort malt ein Mönch schon seit Monaten dieses Zeichen. Als das Zeichen auch am Nordpol auftaucht, beginnt ein Albtraum.
Klappentext zu „Menetekel “
"Wir berichten von der Amundsen-See in der Antarktis. Hinter mir bricht gerade eine Eismasse von der Größe Texas' vom Festland ab. Dies ist eine Umweltkatastrophe von bisher ungekanntem Ausmaß ..." Abrupt bricht die Fernsehreporterin Grace Logan ihren Bericht ab, denn ein riesiger Lichtball erscheint über dem Schelfeis. Er strahlt und pulsiert. Grace und die Besatzung des Forschungsschiffes sind ratlos. Niemand hat so etwas zuvor gesehen. Ein Zeichen Gottes. Oder des Teufels? Ein Wettlauf mit dem Tod beginnt ...
"Wir berichten von der Amundsen-See in der Antarktis. Hinter mir bricht gerade eine Eismasse von der Größe Texas' vom Festland ab. Dies ist eine Umweltkatastrophe von bisher ungekanntem Ausmaß ..." Abrupt bricht die Fernsehreporterin Grace Logan ihren Bericht ab, denn ein riesiger Lichtball erscheint über dem Schelfeis. Er strahlt und pulsiert. Grace und die Besatzung des Forschungsschiffes sind ratlos. Niemand hat so etwas zuvor gesehen. Ein Zeichen Gottes. Oder des Teufels? Ein Wettlauf mit dem Tod beginnt ...
Lese-Probe zu „Menetekel “
Menetekel von Raymond KhouriProlog 1
SKELETTKÜSTE, NAMIBIA –
VOR ZWEI JAHREN
Der Rand der Schlucht raste auf ihn zu, aber die karge Felslandschaft zu beiden Seiten zog auf wundersame Weise wie in Zeitlupe an ihm vorbei. Nicht, dass Danny Sherwood die dadurch gewonnene Zeit willkommen gewesen wäre. Nein, sie bescherte seinem bis aufs äußerste gespannten Verstand nur immer wieder dieselbe grausame Gewissheit: dass er in wenigen Sekunden tot sein würde. Dabei hatte der Tag so vielversprechend begonnen.
Nach beinahe drei Jahren hatten sie – sein Team und er – endlich ihren Job erledigt. Bald, hatte er in sich hineingrinsend gedacht, würde er den Lohn für die Mühen genießen können.
Es war eine ganz schöne Plackerei gewesen. Allein technisch war die Aufgabe gewaltig gewesen. Und dann die Arbeitsbedingungen – der straffe Zeitplan, die noch strafferen Sicherheitsvorkehrungen, die praktisch vollständige Isolation von Freunden und Familie, das alles musste man erst mal aushalten. Aber als Danny in den blauen Himmel geschaut und die staubige Luft an diesem gottverlassenen Winkel Erde eingeatmet hatte, war ihm alles der Mühe wert erschienen.
Es würde keinen Börsengang geben, das hatte man ihnen von Anfang an gesagt. Weder Microsoft noch Google würden große Summen für die Technologie springenlassen.
Das Projekt bliebe allein der militärischen Nutzung vorbehalten.
Dennoch hatte man jedem Mitglied im Team einen beachtlichen Bonus in Aussicht gestellt. In seinem Fall sollte er ihm selbst und seinen Eltern finanzielle Sicherheit ermöglichen – sowie einer nicht allzu verschwenderischen Ehefrau, wenn er denn je eine haben würde, und sämtlichen Kindern, die er womöglich einmal zeugte. Später einmal, wenn er sich ausgetobt und die Früchte seiner Arbeit genossen hatte.
... mehr
Vorläufig stand das nicht auf dem Programm. Er war erst neunundzwanzig Jahre alt.
O ja, schon sehr bald würde er eine sehr ruhige Kugel schieben, seine Zukunft war meilenweit entfernt von den bescheidenen Verhältnissen seiner Kindheit in Worcester, Massachusetts. Während er über den verdorrten Wüstenboden zum Zelt des Projektleiters hinunterschlurfte, am Kasinozelt und der Landefläche vorbei, wo der Hubschrauber für ihre Abreise beladen wurde, ließ er das Projekt noch einmal Revue passieren – von den ersten Tagen im Labor bis hin zu den verschiedenen Probeläufen, die vor diesem hier abgeschlossen worden waren, hier draußen in dieser glühenden Hölle.
Danny wünschte, er hätte die ganze Aufregung mit jemandem außerhalb des Projekts teilen können. Mit seinen Eltern vor allem. Gestaunt hätten sie, und stolz wären sie gewesen.
Es hätte all ihre Erwartungen erfüllt, endlich hätte er zeigen können, dass tatsächlich in ihm steckte, was sie sich seit seiner Geburt erhofft hatten. Seine Gedanken wanderten zu seinem älteren Bruder. Matt wäre total von den Socken.
Und würde wahrscheinlich versuchen, ihm Geld für irgendeinen vagen, verrückten, halblegalen Plan aus den Knochen zu leiern, aber hey, warum auch nicht; er würde bald mehr als genug davon haben. Ein paar bescheuerten Wichtigtuern in der Branche hätte er das Ganze ebenfalls gern aufs Brot geschmiert.
Aber leider war das gesamte Team zu absoluter Verschwiegenheit verdonnert. Auch das hatte man ihnen gleich von Anfang an unmissverständlich klargemacht. Das Projekt unterlag der Geheimhaltung. Die nationale Sicherheit stand auf dem Spiel. Das Wort Landesverrat war gefallen. Also hatte Danny den Mund gehalten, was ihm nicht übermäßig schwerfiel.
Er war es gewohnt. In der Industrie, für die er arbeitete, herrschte extremer Wettbewerb, da wurde die Verschwiegenheit regelrecht zelebriert. Oft standen mehrere hundert Millionen Dollar auf dem Spiel. Und man brauchte keinen hohen IQ, um die richtige Entscheidung zwischen einem achtstelligen Kontostand und einer kleinen Zelle im Hochsicherheitstrakt eines Zuchthauses zu treffen.
Er wollte gerade an das Hauptzelt klopfen – das eine Klimaanlage und verstärkte Wände, eine massive Tür und Glasfenster hatte –, als er zögerte und seine Hand wieder zurückzog.
Laute Stimmen. Nicht nur laut, sondern wütend.
Sehr wütend.
Danny lauschte.
«Das hätten Sie mir sagen müssen! Es ist mein Projekt, verdammt nochmal. Das hätten Sie mir von Anfang an sagen müssen! »
Er wusste sofort, wer da brüllte: sein Mentor Dominic Reece, der wissenschaftliche Leiter des Projekts. Als Professor für Elektrotechnik und Informatik am MIT war Reece für ihn ein Gott. Reece hatte ihn schon im Grundstudium unterrichtet und bis zum Abschluss seiner Promotion genau im Auge behalten. Dann hatte Reece ihn zur Mitarbeit an diesem Projekt eingeladen; eine Chance, die man unmöglich ausschlagen konnte – und eine Ehre obendrein.
Reece äußerte seine Meinung auch sonst sehr deutlich und mit großem Nachdruck, aber jetzt lag noch etwas anderes in seiner Stimme. Eine Gekränktheit, eine Empörung, die Danny neu waren.
«Und wie hätten Sie darauf reagiert?» Der zweite Mann, dessen Stimme er nicht zuordnen konnte, klang ebenso aufgebracht.
«Auch nicht anders», antwortete Reece entschieden.
«Denken Sie doch wenigstens mal darüber nach. Überlegen Sie nur, was wir gemeinsam auf die Beine stellen könnten. Was wir erreichen könnten.»
Aber Reece ließ sich nicht besänftigen. «Ich kann Ihnen bei so etwas nicht helfen. Da mache ich nicht mit.»
«Dom, bitte –»
« Nein. »
«Überlegen Sie doch nur, was wir –»
«Nein. Auf gar keinen Fall. Das können Sie vergessen.»
Die Worte klangen endgültig.
Für einige angespannte Sekunden herrschte bleierne Stille hinter der Tür, dann war wieder der andere zu hören:
«Ich wünschte, Sie hätten das nicht gesagt.»
«Was zum Teufel soll das heißen?»
Keine Antwort.
«Was ist mit den anderen?» Reece klang beunruhigt. «Sie haben doch noch nicht mit dem Team gesprochen, oder?»
Eine Feststellung, keine Frage.
« Nein. »
«Und wann gedachten Sie es in die revidierte Zielsetzung einzuweihen ? »
«Hatte ich noch nicht entschieden. Ich wollte zuerst Ihre Antwort hören. Ich hatte gehofft, dass Sie mir dabei helfen würden, die anderen dafür zu gewinnen. Sie davon zu überzeugen, mitzumachen.»
«Tja, daraus wird nichts», entgegnete Reece zornig, «im Gegenteil, ich werde ihnen raten, sich schleunigst von hier abzusetzen. »
«Das kann ich nicht zulassen, Dom.»
Reeces Stimme schien zu gefrieren. «Was soll das heißen, Sie können das nicht zulassen?»
Bedeutungsvolle Stille. Danny konnte förmlich hören, wie Reece fieberhaft überlegte.
«Was wollen Sie damit sagen? Sie haben doch nicht vor . . .» Reece verstummte. Als er weitersprach, klang er entsetzt.
«Herr im Himmel. Haben Sie denn völlig den Verstand verloren?»
Die Erregung in seiner Stimme ließ Danny erstarren. Er hörte Reece sagen: «Sie verfluchter Mistkerl!» Hörte Schritte auf sich zukommen. Hörte den zweiten Mann rufen:
«Dom, nicht» und dann eine dritte raue Stimme sagen:
«Lassen Sie das bleiben, Reece.» Maddox, das war Maddox! Maddox, der die Security des Projekts leitete. Maddox mit dem versteinerten Gesicht und dem kahlrasierten Schädel, an dem nur eine sternförmige Narbe prangte, wo einmal ein Ohr gewesen war. Maddox, den seine ebenso gruseligen Männer «Bullet» nannten, das Geschoss. Der Typ war ihm vom ersten Moment an unheimlich gewesen. Danny hörte noch ein wütendes «Zum Teufel mit Ihnen!», als die Tür aufschwang und Reece ihn verblüfft anstarrte. Aus dem Zelt drang ein unverkennbares metallisches Doppelratschen, ein Geräusch, das er aus hundert Kinofilmen kannte, aber noch nie im echten Leben gehört hatte. Der zweite Mann, der ebenso lange mit Reece gestritten hatte, drehte sich zu Bullet herum und brüllte genau in dem Augenblick «Nein», als ein gedämpftes, hohles Husten hinter Reece aufhallte, einmal, zweimal, und der Wissenschaftler mit schmerzverzerrtem Gesicht in Danny hineintaumelte. Instinktiv wich Danny zurück, versuchte aber trotzdem, Reece aufzufangen. Unter seinen Händen klebte es warm.
Eine dicke, rote Flüssigkeit ergoss sich über seine Arme und Kleidung.
Er schaffte es nicht, ihn zu halten. Mit einem dumpfen Aufprall fiel Reece zu Boden, und Danny sah den zweiten Mann starr vor Entsetzen neben Bullet im Zelt stehen. Maddox hielt eine Pistole in der Hand. Die Mündung zeigte direkt auf Danny.
Er warf sich zur Seite, Schüsse peitschten durch die Luft, und dann machte er nur noch, dass er wegkam, rannte, so schnell er konnte, los.
Er hatte vielleicht fünfzehn Meter hinter sich gebracht, als er es wagte, nach hinten zu sehen. Maddox kam gerade aus dem Zelt, das Funkgerät in der einen Hand, die Pistole in der anderen, und sein Blick heftete sich an ihn wie eine Laser-Zielsuchautomatik. Danny rannte schneller. Sein Herz raste, als er das provisorische Lager durchquerte, wo einige kleinere Zelte für die Handvoll Wissenschaftler standen, die mit ihm für das Projekt rekrutiert worden waren. Zwei von ihnen, Spitzenleute von den besten Universitäten des Landes, rannte er beinahe über den Haufen, als sie aus einem der Zelte traten.
«Die haben Reece umgebracht!», brüllte er und zeigte auf das Hauptzelt. «Haben ihn einfach erschossen!» Aber seine Freunde drehten sich nur verwirrt zu Maddox um, der mit Riesenschritten näher kam. Als der Securitymann sie niederschoss, ohne auch nur zu verlangsamen, spritzten aus ihren Oberkörpern dunkelrote Fontänen. Danny tauchte seitwärts hinter das Kasinozelt ab und überlegte verzweifelt, wie er von hier wegkommen sollte, als er auf die beiden zerbeulten Jeeps stieß. Er riss die Tür des vorderen Fahrzeugs auf, startete den Motor, knallte den ersten Gang rein und trat genau in dem Moment das Gaspedal durch, als Maddox um die Ecke bog.
Copyright © 2010 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
O ja, schon sehr bald würde er eine sehr ruhige Kugel schieben, seine Zukunft war meilenweit entfernt von den bescheidenen Verhältnissen seiner Kindheit in Worcester, Massachusetts. Während er über den verdorrten Wüstenboden zum Zelt des Projektleiters hinunterschlurfte, am Kasinozelt und der Landefläche vorbei, wo der Hubschrauber für ihre Abreise beladen wurde, ließ er das Projekt noch einmal Revue passieren – von den ersten Tagen im Labor bis hin zu den verschiedenen Probeläufen, die vor diesem hier abgeschlossen worden waren, hier draußen in dieser glühenden Hölle.
Danny wünschte, er hätte die ganze Aufregung mit jemandem außerhalb des Projekts teilen können. Mit seinen Eltern vor allem. Gestaunt hätten sie, und stolz wären sie gewesen.
Es hätte all ihre Erwartungen erfüllt, endlich hätte er zeigen können, dass tatsächlich in ihm steckte, was sie sich seit seiner Geburt erhofft hatten. Seine Gedanken wanderten zu seinem älteren Bruder. Matt wäre total von den Socken.
Und würde wahrscheinlich versuchen, ihm Geld für irgendeinen vagen, verrückten, halblegalen Plan aus den Knochen zu leiern, aber hey, warum auch nicht; er würde bald mehr als genug davon haben. Ein paar bescheuerten Wichtigtuern in der Branche hätte er das Ganze ebenfalls gern aufs Brot geschmiert.
Aber leider war das gesamte Team zu absoluter Verschwiegenheit verdonnert. Auch das hatte man ihnen gleich von Anfang an unmissverständlich klargemacht. Das Projekt unterlag der Geheimhaltung. Die nationale Sicherheit stand auf dem Spiel. Das Wort Landesverrat war gefallen. Also hatte Danny den Mund gehalten, was ihm nicht übermäßig schwerfiel.
Er war es gewohnt. In der Industrie, für die er arbeitete, herrschte extremer Wettbewerb, da wurde die Verschwiegenheit regelrecht zelebriert. Oft standen mehrere hundert Millionen Dollar auf dem Spiel. Und man brauchte keinen hohen IQ, um die richtige Entscheidung zwischen einem achtstelligen Kontostand und einer kleinen Zelle im Hochsicherheitstrakt eines Zuchthauses zu treffen.
Er wollte gerade an das Hauptzelt klopfen – das eine Klimaanlage und verstärkte Wände, eine massive Tür und Glasfenster hatte –, als er zögerte und seine Hand wieder zurückzog.
Laute Stimmen. Nicht nur laut, sondern wütend.
Sehr wütend.
Danny lauschte.
«Das hätten Sie mir sagen müssen! Es ist mein Projekt, verdammt nochmal. Das hätten Sie mir von Anfang an sagen müssen! »
Er wusste sofort, wer da brüllte: sein Mentor Dominic Reece, der wissenschaftliche Leiter des Projekts. Als Professor für Elektrotechnik und Informatik am MIT war Reece für ihn ein Gott. Reece hatte ihn schon im Grundstudium unterrichtet und bis zum Abschluss seiner Promotion genau im Auge behalten. Dann hatte Reece ihn zur Mitarbeit an diesem Projekt eingeladen; eine Chance, die man unmöglich ausschlagen konnte – und eine Ehre obendrein.
Reece äußerte seine Meinung auch sonst sehr deutlich und mit großem Nachdruck, aber jetzt lag noch etwas anderes in seiner Stimme. Eine Gekränktheit, eine Empörung, die Danny neu waren.
«Und wie hätten Sie darauf reagiert?» Der zweite Mann, dessen Stimme er nicht zuordnen konnte, klang ebenso aufgebracht.
«Auch nicht anders», antwortete Reece entschieden.
«Denken Sie doch wenigstens mal darüber nach. Überlegen Sie nur, was wir gemeinsam auf die Beine stellen könnten. Was wir erreichen könnten.»
Aber Reece ließ sich nicht besänftigen. «Ich kann Ihnen bei so etwas nicht helfen. Da mache ich nicht mit.»
«Dom, bitte –»
« Nein. »
«Überlegen Sie doch nur, was wir –»
«Nein. Auf gar keinen Fall. Das können Sie vergessen.»
Die Worte klangen endgültig.
Für einige angespannte Sekunden herrschte bleierne Stille hinter der Tür, dann war wieder der andere zu hören:
«Ich wünschte, Sie hätten das nicht gesagt.»
«Was zum Teufel soll das heißen?»
Keine Antwort.
«Was ist mit den anderen?» Reece klang beunruhigt. «Sie haben doch noch nicht mit dem Team gesprochen, oder?»
Eine Feststellung, keine Frage.
« Nein. »
«Und wann gedachten Sie es in die revidierte Zielsetzung einzuweihen ? »
«Hatte ich noch nicht entschieden. Ich wollte zuerst Ihre Antwort hören. Ich hatte gehofft, dass Sie mir dabei helfen würden, die anderen dafür zu gewinnen. Sie davon zu überzeugen, mitzumachen.»
«Tja, daraus wird nichts», entgegnete Reece zornig, «im Gegenteil, ich werde ihnen raten, sich schleunigst von hier abzusetzen. »
«Das kann ich nicht zulassen, Dom.»
Reeces Stimme schien zu gefrieren. «Was soll das heißen, Sie können das nicht zulassen?»
Bedeutungsvolle Stille. Danny konnte förmlich hören, wie Reece fieberhaft überlegte.
«Was wollen Sie damit sagen? Sie haben doch nicht vor . . .» Reece verstummte. Als er weitersprach, klang er entsetzt.
«Herr im Himmel. Haben Sie denn völlig den Verstand verloren?»
Die Erregung in seiner Stimme ließ Danny erstarren. Er hörte Reece sagen: «Sie verfluchter Mistkerl!» Hörte Schritte auf sich zukommen. Hörte den zweiten Mann rufen:
«Dom, nicht» und dann eine dritte raue Stimme sagen:
«Lassen Sie das bleiben, Reece.» Maddox, das war Maddox! Maddox, der die Security des Projekts leitete. Maddox mit dem versteinerten Gesicht und dem kahlrasierten Schädel, an dem nur eine sternförmige Narbe prangte, wo einmal ein Ohr gewesen war. Maddox, den seine ebenso gruseligen Männer «Bullet» nannten, das Geschoss. Der Typ war ihm vom ersten Moment an unheimlich gewesen. Danny hörte noch ein wütendes «Zum Teufel mit Ihnen!», als die Tür aufschwang und Reece ihn verblüfft anstarrte. Aus dem Zelt drang ein unverkennbares metallisches Doppelratschen, ein Geräusch, das er aus hundert Kinofilmen kannte, aber noch nie im echten Leben gehört hatte. Der zweite Mann, der ebenso lange mit Reece gestritten hatte, drehte sich zu Bullet herum und brüllte genau in dem Augenblick «Nein», als ein gedämpftes, hohles Husten hinter Reece aufhallte, einmal, zweimal, und der Wissenschaftler mit schmerzverzerrtem Gesicht in Danny hineintaumelte. Instinktiv wich Danny zurück, versuchte aber trotzdem, Reece aufzufangen. Unter seinen Händen klebte es warm.
Eine dicke, rote Flüssigkeit ergoss sich über seine Arme und Kleidung.
Er schaffte es nicht, ihn zu halten. Mit einem dumpfen Aufprall fiel Reece zu Boden, und Danny sah den zweiten Mann starr vor Entsetzen neben Bullet im Zelt stehen. Maddox hielt eine Pistole in der Hand. Die Mündung zeigte direkt auf Danny.
Er warf sich zur Seite, Schüsse peitschten durch die Luft, und dann machte er nur noch, dass er wegkam, rannte, so schnell er konnte, los.
Er hatte vielleicht fünfzehn Meter hinter sich gebracht, als er es wagte, nach hinten zu sehen. Maddox kam gerade aus dem Zelt, das Funkgerät in der einen Hand, die Pistole in der anderen, und sein Blick heftete sich an ihn wie eine Laser-Zielsuchautomatik. Danny rannte schneller. Sein Herz raste, als er das provisorische Lager durchquerte, wo einige kleinere Zelte für die Handvoll Wissenschaftler standen, die mit ihm für das Projekt rekrutiert worden waren. Zwei von ihnen, Spitzenleute von den besten Universitäten des Landes, rannte er beinahe über den Haufen, als sie aus einem der Zelte traten.
«Die haben Reece umgebracht!», brüllte er und zeigte auf das Hauptzelt. «Haben ihn einfach erschossen!» Aber seine Freunde drehten sich nur verwirrt zu Maddox um, der mit Riesenschritten näher kam. Als der Securitymann sie niederschoss, ohne auch nur zu verlangsamen, spritzten aus ihren Oberkörpern dunkelrote Fontänen. Danny tauchte seitwärts hinter das Kasinozelt ab und überlegte verzweifelt, wie er von hier wegkommen sollte, als er auf die beiden zerbeulten Jeeps stieß. Er riss die Tür des vorderen Fahrzeugs auf, startete den Motor, knallte den ersten Gang rein und trat genau in dem Moment das Gaspedal durch, als Maddox um die Ecke bog.
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Autoren-Porträt von Raymond Khoury
Raymond Khoury, im Libanon geboren, wuchs in den USA auf. Er studierte Architektur und arbeitete in der Finanzbranche.Frank Böhmert, geb. 1962 in Berlin-Kreuzberg, erzählte schon als Kind gerne unheimliche und phantastische Geschichten. Seit den frühen 1980er-Jahren schreibt und veröffentlicht er Kurzgeschichten und Gedichte in allen literarischen Genres. In den letzten Jahren machte er sich als Übersetzer anspruchsvoller Romane, Kinderbücher und Krimis einen Namen.
Autoren-Interview mit Raymond Khoury
Die Handlung führt von der Antarktis nach Boston und von Ägypten nach Houston. Nach welchen Kriterien haben Sie die Orte ausgewählt?Raymond Khoury: Die Locations ergeben sich aus der Handlung und sind Ergebnis meiner umfangreichen Recherchen. Ich setze mich ja nicht hin und denke: ‚Hey, jetzt möchte ich mal eine Szene in Rom oder Brasilien spielen lassen.’ Die Antarktis ist der Ort, der direkt mit der Erderwärmung und dem Klimawandel verbunden wird. Ägypten ist das Land, in dem die ältesten Klöster der Welt liegen. Houston ist das Zentrum der rechtsgerichteten, evangelikalen Bewegung in den USA. Und was Boston angeht – so hatte ich die Wahl zwischen dem Silicon Valley und Boston als den beiden Zentren einer Schlüsselindustrie, die für den Roman besonders wichtig ist. Boston hat dann das Rennen gemacht – eher aus logistischen Gründen, wenn man z. B. an die Zeitverschiebung und dergleichen denkt.
Das „Menetekel“, das Sie in Ihrem Buch beschreiben, hat das Potenzial die ganze Welt zu verändern. Glauben Sie, dass dies ein realistisches Szenario ist?
Raymond Khoury: Oh ja, das glaube ich. Viele von uns sind ein wenig naiv, wenn es um Gott und seine irdischen Repräsentanten geht. Wenn nun etwas so eindrucksvoll und machtvoll erscheint wie das Menetekel, würden wohl viele von uns sich von ihm mitreißen lassen. In uns scheint ein Bedürfnis nach Glauben zu stecken. Leider haben aber auch viele Menschen das Bedürfnis, einem Anführer zu folgen.
Spannung ist das zentrale Element eines jeden Thrillers. Wie haben Sie den Rhythmus von „Menetekel“ komponiert?
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Raymond Khoury: Bei meinen Romanen ebenso wie in meinen Drehbüchern benutze ich dieselben Techniken. Wenn erst einmal der grobe Handlungsverlauf steht, müssen die Hauptfiguren definiert werden und begründet werden, warum sie überhaupt Teil der Geschichte sind. Da ich nur mit einem überschaubaren Personal arbeite, ist diese Auswahl immer eine schwierige Aufgabe. Als Nächstes arbeite ich an den „Meilensteinen“ des Plots, überlege, wo die großen Wendungen stattfinden und wie die Geschichte endet. Davon hängt dann die Struktur und auch das Tempo ab. Ist dies alles abgesteckt, fällt mir das Schreiben selbst eher leicht. Man darf sich selbst dabei nicht schonen. Eine einzige Seite eines Drehbuchs kann hundert Tausende Dollar bei der Produktion kosten. Dies versuche ich mir auch beim Verfassen meiner Romane vor Augen zu halten. Jede Seite und jede Zeile muss die Geschichte vorantreiben, sonst sind sie überflüssig. Bei „Menetekel“ haben wir die Besonderheit, dass im ersten Teil zwei Handlungen parallel laufen. Hier den richtigen Rhythmus zu finden, war von entscheidender Bedeutung. Auch ist zu bedenken, dass – egal, wie gründlich das Buch zuvor geplant wurde – jede Menge Ideen erst im Prozess des Schreibens entstehen, und die Geschichte oft ein Eigenleben entwickelt.
Ihre beiden ersten Romane waren große Erfolge. Sind Sie dadurch beim Schreiben entspannter geworden, oder steigt der Druck eher?
Raymond Khoury: Bei mir verändert sich da eigentlich nichts. Ich setze mich selbst immer relativ stark unter Druck und verlange mir viel ab. Ich investiere viel Zeit in die Recherche, und ich nehme mir auch die nötige Zeit für die Entwicklung der Charaktere, damit sie perfekt in die Handlung passen. Ich bin entspannt beim Schreiben in dem Sinne, dass ich liebe, was ich tue. Aber der Druck ist da – schließlich beschäftige ich mich 1 ½ Jahre mit nichts anderem als mit dem aktuellen Buch. Es gibt kein schöneres Gefühl, als am Ende dann das gedruckte Buch in den Händen zu halten, es durchzublättern, reinzulesen und zu sehen, was man geschafft hat.
Die Fragen stellte Reinhold Kampmann, Literaturtest.
Ihre beiden ersten Romane waren große Erfolge. Sind Sie dadurch beim Schreiben entspannter geworden, oder steigt der Druck eher?
Raymond Khoury: Bei mir verändert sich da eigentlich nichts. Ich setze mich selbst immer relativ stark unter Druck und verlange mir viel ab. Ich investiere viel Zeit in die Recherche, und ich nehme mir auch die nötige Zeit für die Entwicklung der Charaktere, damit sie perfekt in die Handlung passen. Ich bin entspannt beim Schreiben in dem Sinne, dass ich liebe, was ich tue. Aber der Druck ist da – schließlich beschäftige ich mich 1 ½ Jahre mit nichts anderem als mit dem aktuellen Buch. Es gibt kein schöneres Gefühl, als am Ende dann das gedruckte Buch in den Händen zu halten, es durchzublättern, reinzulesen und zu sehen, was man geschafft hat.
Die Fragen stellte Reinhold Kampmann, Literaturtest.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Raymond Khoury
- 2010, 2, 640 Seiten, Maße: 13,5 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Böhmert, Frank
- Übersetzer: Frank Böhmert
- Verlag: Wunderlich
- ISBN-10: 3805208367
- ISBN-13: 9783805208369
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