Milde Kerle
Was Frauen heute alles über Männer wissen müssen
Männer sind die neuen Frauen
Ein Mann soll stürmisch im Bett sein, aber auch rücksichtsvoll und zärtlich. Er soll ein ganzer Kerl sein, aber die richtigen Windeln kaufen. Ein Ruhepol, aber kein großer Schweiger. Eine starke Schulter, aber kein Macho....
Ein Mann soll stürmisch im Bett sein, aber auch rücksichtsvoll und zärtlich. Er soll ein ganzer Kerl sein, aber die richtigen Windeln kaufen. Ein Ruhepol, aber kein großer Schweiger. Eine starke Schulter, aber kein Macho....
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Milde Kerle “
Klappentext zu „Milde Kerle “
Männer sind die neuen FrauenEin Mann soll stürmisch im Bett sein, aber auch rücksichtsvoll und zärtlich. Er soll ein ganzer Kerl sein, aber die richtigen Windeln kaufen. Ein Ruhepol, aber kein großer Schweiger. Eine starke Schulter, aber kein Macho. Sensibel, aber bitte nicht so empfindlich. Gut aussehend, aber bloß nicht eitel.
Ganz schön viel verlangt!
Der milde Kerl Matthias Lohre erzählt sehr wahr und sehr komisch, wie Frauen die Männer von heute besser verstehen können!
»Schlau erkannt, souverän argumentiert und amüsant aufgeschrieben:
Sollte Mister Lohre etwa der perfekte Mann sein?«
Petra, 1.5.2013
»In seinem Buch 'Milde Kerle' gibt der Journalist Mattias Lohre Einblick in die Seele eines modernen, heterosexuellen Mannes. Das ist lustig bis gruselig.«
B.Z., 6.3.2013
Lese-Probe zu „Milde Kerle “
Milde Kerle von Matthias Lohre Tag 1, Sonntag Mr Perfect
Frauen wollen ihn. Männer wollen er sein.
20:13 Uhr: Don Draper und Justin Bieber sind schuld an diesem Buch Und eine Frau: Nina.
Sie ist zwar eine gute Freundin von mir. Wir verstehen uns blendend, soweit das zwischen Mann und Frau möglich ist. Wir haben Jobs, die uns Spaß machen, und Freunde, die wir sogar mögen. Wir gehen als jünger durch, als wir laut Personalausweis sind, sofern wir eine schlecht beleuchtete Bar besuchen. Alles könnte harmonisch sein. Aber neulich war Nina bei mir zu Besuch, es war Sonntagabend, und da fing alles an. Es klingelte an meiner Haustür »Hallo?«, fragte ich. Aus der Gegensprechanlage drang ein Rauschen. Nina, die unten an der Tür stand, hatte mich nicht gehört Sie telefonierte, ich verstand nur Satzfetzen: »... echt unglaublich sexy Kerl«, sagte Nina, »diese coolen Klamotten, die stehen ihm super«. Dann kicherte sie. Recht hat sie, dachte ich, als ich auf den Türöffner drückte: Ich bin wirklich ein cooler Typ.
... mehr
»Hallo.« Als Nina meine Wohnung betrat, schien sie ihre Bewunderung für mich schon wieder gut im Griff zu haben. Sie ist ja auch kein Teenie mehr, obwohl man ihr das besser nicht sagt. Sie könnte das falsch verstehen. Bei uns beiden war schnell klar, dass wir wie gemacht sind füreinander, zumindest für eine platonische Freundschaft: Wenn zwei Menschen, die sich vor kurzem kennengelernt haben, einander betrunken mit nach Hause nehmen, gemeinsam ins Bett stolpern und beim Knutschen zeitgleich einschlafen, dann ist das ein Indiz für mangelnde sexuelle Anziehung. Und wenn wir beim dritten Anlauf, bei dem wir uns vorgenommen haben, »keine Gefangenen zu machen«, schon vorm Knutschen einschlafen, dann wird daraus entweder eine deprimierende Beziehung, oder eine schöne Freundschaft. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer.
»Ich dachte mir«, sagte Nina lächelnd, »ich bringe zum DVD-Abend mal eine Staffel ›Mad Men‹ mit Geil, oder?« Ich hätte an dieser Stelle gern doziert, dass die preisgekrönte US-Serie über eine Werbeagentur im New York der sechziger Jahre ja mindestens so viel über die Zeit damals aussagt wie über die Geschlechterbeziehungen heute. Aber da sagte Nina bereits: »Der Chef-Kreative, Don Draper, ist wirklich ein unglaublich sexy Kerl. Und dazu die coolen Klamotten!« Dann kicherte sie und plumpste glucksend auf mein Sofa.
Der unbestrittene Star bei »Mad Men« ist Don Draper: der smarte, einzelgängerische, ehrgeizige Kreativdirektor einer Werbeagentur. Ein Mann auf der Flucht vor seiner traurigen Kindheit. Auf der Suche nach dem Glück, das sich immer dann auflöst, wenn er glaubt, es fassen zu können. Auf seinem Weg stärkt sich der Kerl, der aussieht wie Superman, nur ohne das alberne Cape, mit schweren Drinks und schönen Frauen. Draper ist ein Bild von einem Mann. Ein klassischer Held mit Pomadenfrisur.
Ich schob die DVD rein und wir zwei uns Kartoffelchips. Die erste Folge beginnt mit einem alten Werbespot aus den Sechzigern: Eine schöne Frau Mitte zwanzig läuft singend auf die Kamera zu. Sie hat alles drauf: den betörenden Augenaufschlag, den koketten Blick von unten nach oben, das dezente Präsentieren ihrer Oberweite. Don Drapers Mitarbeiterin, eine eher spröde Frau, die nicht mitspielen will beim alltäglichen Sexismus der sechziger Jahre, ist angewidert: Was soll das Ganze? Draper erklärt ihr in nur zwei Sätzen, warum schöne Frauen Werbung machen. Es ist eine der wichtigsten Regeln überhaupt: »Männer wollen sie. Frauen wollen sie sein.«
»Sndrck«, murmelte Nina. Sie hatte sich dafür entschieden, gleichzeitig zu essen und zu reden. Ich fragte nach. »So ein Dreck«, wiederholte sie und zeigte auf den Fernseher. »Frauen machen sich das Leben selbst zur Hölle. Sie überlegen viel zu oft, wie sie auf Männer wirken. Und anstatt sich mit anderen Frauen solidarisch zu zeigen, machen sie sich beim Werben um Männer auch noch gegenseitig Konkurrenz. Hat sich denn gar nichts verändert seit den Sechzigern? Frauen sind immer noch das überforderte Geschlecht. Meine Herren!«
Ich sagte lieber nichts. Denn hätte ich in diesem Moment meine Gedanken zusammenfassen müssen, dann wäre es ein großer Seufzer gewesen: »›Deine Herren‹ werden mittlerweile so überfordert wie Frauen, nur anders.« Merke: Provoziere eine Frau nie in deiner eigenen Wohnung. Man kann dann so schlecht nach Hause fliehen.
Aber Nina war noch nicht fertig. »Frauen haben es verdammt schwer. In unseren Zwanzigern und Dreißigern müssen wir die Basis legen für den Rest unseres Lebens: Wir sollen und wollen Karriere machen, aber zur selben Zeit suchen wir einen Partner. Wenn wir einen Kerl gefunden haben, den wir auch nüchtern ertragen können, müssen wir uns beeilen, wenn wir Kinder haben wollen.« Nina seufzte. Sie ist Single, aber die Namen ihrer ersten beiden Kinder hat sie schon ausgewählt. »Da habt ihr Männer es viel besser.« Nina ließ sich zurück auf die Couch sinken und stopfte sich Chips in den Mund. Der Druck, attraktiv zu sein, schmälerte jedenfalls nicht ihren Appetit.
Die »Mad Men«-Folge lief weiter. Auftritt Don Draper, der Übermann. In seiner schicken New Yorker Werbeagentur konferiert er mit den Mitarbeitern Harry Crane und Ken Cosgrove. Nebenfiguren, Anzugträger und beide um die dreißig. Da hatte ich eine Idee. Als die drei Männer nebeneinander auf dem Schirm zu sehen waren, drückte ich die Pausentaste. Das Standbild erinnerte an diese alte ARD- Sendung, in der vier Journalisten aus fünf Ländern (oder umgekehrt) in dunklen Anzügen und Rauchschwaden am Sonntagmittag die Welt erklärten: »Der Internationale Frühschoppen« Nur ohne verschwitzte Gesichter.
»Wen findest du interessanter?«, fragte ich Nina. »Den Macho Draper? Den hingebungsvollen, etwas schüchternen Gatten Crane? Oder den unkomplizierten, aber literarisch ambitionierten Cosgrove?« Auf meiner Couch rollte ein Augenpaar »Achdschße «.
»Das habe ich ge-hö-hört! Mal ehrlich: Klar, Draper ist 'ne coole Sau, total sexy und erfolgreich. Aber er ist nur eine Erfindung.« Nina guckte mich an, als hätte sie versehentlich etwas Bitteres gegessen. Und schwieg. »Denk doch mal nach: Wenn man die ganze schicke Sechziger-Jahre-Ästhetik abzieht, sieht der Schauspieler, also Jon Hamm, nicht halb so gut aus. Er trägt in Wirklichkeit schlabbrige Hemden, ist sogar etwas schüchtern. Er ist einfach nur ein Mann mit Fehlern und Macken. Wäre es nicht klüger, Frauen würden das anerkennen? Und müssten sie dann nicht auf andere Männer stehen?«
»Zum Beispiel?«, fragte das rollende Augenpaar.
»Zum Beispiel auf einen Mann wie Harry Crane: eine ehrliche Haut, die versucht, Karriere, Frau und Kind irgendwie unter einen Hut zu bringen Er redet mit seiner Frau über Selbstzweifel und ...«
»... und er jammert und sieht nicht sonderlich sexy aus«, sagte Nina. »Aber dass er an seiner Beziehung arbeitet, macht ihn sympathisch.«
»Na gut«, sagte ich. »Dann nehmen wir Kandidat Nummer zwei: Ken Cosgrove: jungenhaft gut aussehend, erfolgreich im Job, dabei ein netter Kerl und Autor von Kurzgeschichten. So einer wäre auch heute interessant, oder?«
»Cosgrove hat keine Kanten«, konterte das Augenpaar »Der ist ganz hübsch, man kann mit ihm bestimmt auch über Literatur reden Aber sonst ...«
»Okay, okay Ich fasse also zusammen: Männer sollen Machos sein, aber nett zur Frau an ihrer Seite. Sie sollen hundert Prozent im Job geben, sich auch um die Kinder kümmern, nicht klagen, intellektuell stimulierend sein, gut aussehen, Kanten haben, aber keine Macken. Das kann doch niemand bieten - außer mir vielleicht.«
Nina legte bei ihrer Augenrollfrequenz eine Schippe drauf. Sie sah jetzt aus wie ein Jurymitglied bei Germany's Next Topmodel »Also erst mal: Herzlichen Glückwunsch zu deiner Selbstüberschätzung.«
»Danke.«
»Gern. Und zweitens: Vielleicht wollen wir ja gar nicht alles haben. Andererseits ...« Sie sah jetzt aus wie eine Ärztin, die nicht recht weiß, wie sie ihrem Patienten die dramatische Diagnose beibringen soll. »Andererseits wollen Frauen natürlich schon die eierbesitzende Wollmilchsau. Einen Kerl wie Don Draper.« Nina lehnte sich nach vorne und raunte:
»Frauen wollen ihn Männer wollen er sein.« Dann lachte sie laut auf und lehnte sich zurück. Als Nina die Pausentaste lösen wollte, schnappte ich ihr die Fernbedienung weg.
»Merkst du was?«, sagte ich. »Nicht nur das Leben von Frauen ist kompliziert. Heute machen sich auch immer mehr Männer ihr Leben zur Hölle: Sie überlegen viel zu oft, wie sie auf Frauen wirken. Sie machen Karriere, und zwar auch, um Frauen zu gefallen. Und anstatt sich mit anderen Männern solidarisch zu zeigen, machen sie sich im Arbeits- und im Privatleben auch noch gegenseitig Konkurrenz. Wann hat sich all das bloß so stark verändert? Früher war es der Job der Männer, Frauen unrealistischen Erwartungen auszusetzen. Heute werden sie von Frauen und sich selbst überfordert. Jeden Tag, Woche für Woche. Meine Herren!«
»Ach ja? Die kommende Woche wird für mich totaler Stress werden. Ich habe Dates mit drei Typen, die ich im Internet kennengelernt habe. Im Job habe ich zwei neue Aufträge, die ich nur bewältigen kann, wenn ich am Wochenende arbeite. Zwischendurch will ich zum Yoga: um mich zu entspannen und gut auszusehen Und irgendwie versuche ich bei alledem, noch Zeit für meine Freunde zu finden. Und einer von denen erzählt mir dann, Männern gehe es schlechter als Frauen. Kerle sind so selbstmitleidig.«
Die DVD lief weiter. In meinem Kopf klemmte noch der Pausenknopf. Im Fernseher spiegelte sich das Bild von Nina und mir auf der Couch. Wie kann es sein, dass zwei Menschen einander seit langem kennen, aber eigentlich doch nichts von den Problemen des anderen wissen? Nina spürt sehr genau, welcher Druck auf ihr als Frau lastet. Aber sie ahnt nicht, unter welchen Belastungen Männer heutzutage leiden. Das ist kaum überraschend. Selbst viele Männer nehmen nicht bewusst wahr, welchen Ansprüchen sie permanent zu genügen versuchen. Männer sind immer noch gut im Ignorieren, nur wollen sie heute von anderen Dingen nichts hören als früher.
Die an sie gerichteten Erwartungen sind nicht nur riesig, sondern auch widersprüchlich. Das vergrößert die Verwirrung. Einflussreichster männlichster Prominenter der Welt war im Jahr 2011 ein Teenager mit gezupften Augenbrauen namens Justin Bieber. Das seriöse US-Magazin Forbes listete den kanadischen Sänger auf Platz 3 seiner Top-100-Liste. Tiger Woods, für seine Golfkünste fast so bekannt wie für seine vielen außerehelichen Affären, kam auf Platz 6. Der alternde Bon-Jovi-Imitator Bon Jovi schaffte es auf den achten Rang. Alles Männer. Alle ganz unterschiedlich. Und alle, so unschön die Einsicht auch ist, sind Idole für Millionen Menschen. Sie sind männliche Vorbilder Einmal träumte ich nachts, ich hätte einen Sohn, und der sagte mir freudestrahlend: »Wenn ich mal groß bin, möchte ich werden wie Justin Bieber.« Solche Albträume wünsche ich niemandem.
Das Beispiel der drei zeigt: Ein Mann kann heute vieles sein. Macho oder Teddybär. Süß oder kantig. Zuhörer oder Dauerschwadroneur. Frauenversteher oder Frauenmitnachhausenehmer. Es ist verdammt schwer zu sagen, wie Männer sind und was sie können müssen. Die Zahl möglicher Anforderungen ist gewaltig. Männer gehen das Problem ganz pragmatisch an: Sie versuchen der Einfachheit halber, alles zugleich zu sein. Denn eines wollen Männer schließlich immer sein: gut. Erfolgreich. Perfekt. Aber was bedeutet es, wenn ihr erfolgreichster Geschlechtsgenosse ein Halbwüchsiger ist, dessen künstlerische Erzeugnisse Titel tragen wie »Eenie Meenie«?
Ein Mann soll alles bieten können: Er soll stürmisch im Bett sein, aber auch rücksichtsvoll und zärtlich. Er soll ein ganzer Kerl sein, aber die richtigen Windeln kaufen. Ein Ruhepol, aber kein großer Schweiger. Eine starke Schulter zum Anlehnen, aber kein Macho Sensibel, aber bitte nicht so empfindlich. Erfolgreich im Job, aber mit reichlich Zeit für Freundin, Familie und Freunde. Er soll gut aussehen, aber nicht eitel sein. Ein Kerl soll allen Ansprüchen genügen und dabei in sich ruhen: Don Draper, Ken Cosgrove und Harry Crane in einer Person Solche unvereinbaren Anforderungen stellten früher doch nur Männer an Frauen!
Das führt zu einer Situation, die Frauen seit langem gut kennen, Männern aber relativ neu ist: Sie dürfen sich endlich auch als Mängelexemplare verstehen. Medien porträtieren Männer als gewaltbereite Wesen mit einem eklatanten Mangel an Einfühlungsvermögen und Klamottengeschmack. Also als eine Art verwirrten John Wayne in der Fußgängerzone. Männer, das sind diese Typen, die seit Jahrtausenden Kriege anzetteln, Frauen unterdrücken und keine Geschenkideen haben.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Männer sind toll. Frauen sind toll. Es fällt ihnen nur immer schwerer, sich zu mögen, wie sie sind. Einflussreichster Promi der Welt (Platz 1) war laut Forbes-Liste übrigens Lady Gaga. Eine Frau, die bei den MTV Video Music Awards ein Kleid aus rohem Fleisch trug und später erklärte, sie habe damit zeigen wollen, dass wir alle für unsere Überzeugungen eintreten sollten. Männer brauchen Frauen also nicht zu beneiden.
Ständig finden Männer neue Dinge vor, die sie können müssen. Und Sachen, die sie können zu müssen glauben. Wir laufen Marathon, trinken Rhabarbersaftschorle und schieben Designerkinderwagen. Wir wollen alles richtig machen und wissen nicht mehr so recht, was überhaupt richtig ist. Wir glauben, Tausende Wahlmöglichkeiten zu haben, aber trotzdem ständig etwas falsch zu machen. Das ist furchtbar anstrengend und etwas albern. Bloß kommen wir nicht raus aus der Sehnsucht nach Perfektion. Eine alltägliche Woche meines Lebens zeigt, was schiefläuft bei den Ansprüchen, die Männer und andere Verrückte an Männer stellen. Ich muss nur genau hingucken. Dann werden auch Nina und andere Frauen verstehen: Sieben Tage als Mann sind verdammt anstrengend, und diese Anstrengungen haben viel mit den Erwartungen von Frauen zu tun. It's a man's week.
Die Pausentaste in meinem Kopf löste sich. Ich wendete mich zu der Mischung aus Mensch und Chipstüte neben mir und sagte: »Nina, ich zeige dir, was Männer können müssen. Eine Woche lang zeichne ich auf, welchen Herausforderungen milde Kerle wie ich täglich begegnen.« Sie sah nicht auf, als sie entgegnete: »Aber fang bitte nicht mehr heute Abend damit an, okay? Ich hab noch Chips.«
»Männer können alles«, sagte ich lächelnd, »sogar warten. Lass uns wetten: Eine Woche lang schaue ich mir an, welchen Unsinn sich Kerle täglich antun, um sich als Männer zu fühlen. Am kommenden Sonntag erzähle ich dir, was ich erlebt habe. Wenn du danach immer noch glaubst, moderne Frauen hätten ein härteres Los als moderne Männer, dann ...« Mir fiel nichts ein, was Nina interessieren könnte: ... dann kriegt sie eine Kiste Bier? Uninteressant ... dann verschaffe ich ihr ein Date mit Jon Hamm alias Don Draper? Unrealistisch.
»... dann besorgst du mir ein Date mit einem tollen Mann«, sagte Nina »Schließlich ist dann bewiesen, dass die Ansprüche an Männer gar nicht so unrealistisch sind. Es muss doch einen Typen geben, der alles hat, was ich mir wünsche.«
Ich hätte ihr jetzt ein Date mit mir verschaffen können, aber ich vermutete, das war nicht, was sie meinte. Also doch ein Rendezvous mit Jon Hamm? Irgendwas würde ich mir einfallen lassen müssen in den kommenden sieben Tagen. Aber das würde schon klappen Männer können schließlich alles, notfalls sogar improvisieren.
Gleich am nächsten Morgen begann meine Erkundungsreise in den Männer-Alltag. Eine Woche lang würde ich Dinge vorstellen, die Männer heute können müssen. Was treibt Kerle an? Was fürchten sie? Was wollen sie vom Leben? Können sie ihre Ziele auch ohne gezupfte Brauen oder Pomadenfrisur erreichen? Wie ist es zu diesem Schlamassel gekommen? Wer und was ist schuld daran? Wer hat es heutzutage schwerer: Frauen oder Männer? Und gibt es Traumprinzen tatsächlich? Einer für Nina würde mir ja schon reichen. Antworten auf diese Fragen zu finden, würde keine leichte Aufgabe. Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, noch schwieriger.
Zumindest eine Lehre zog ich schon am Sonntagabend. Egal, wie ungerecht viele Ansprüche an Männer sein mögen: Wer einer gewissen Freundin die DVD-Auswahl überlässt, ist selbst schuld.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
»Hallo.« Als Nina meine Wohnung betrat, schien sie ihre Bewunderung für mich schon wieder gut im Griff zu haben. Sie ist ja auch kein Teenie mehr, obwohl man ihr das besser nicht sagt. Sie könnte das falsch verstehen. Bei uns beiden war schnell klar, dass wir wie gemacht sind füreinander, zumindest für eine platonische Freundschaft: Wenn zwei Menschen, die sich vor kurzem kennengelernt haben, einander betrunken mit nach Hause nehmen, gemeinsam ins Bett stolpern und beim Knutschen zeitgleich einschlafen, dann ist das ein Indiz für mangelnde sexuelle Anziehung. Und wenn wir beim dritten Anlauf, bei dem wir uns vorgenommen haben, »keine Gefangenen zu machen«, schon vorm Knutschen einschlafen, dann wird daraus entweder eine deprimierende Beziehung, oder eine schöne Freundschaft. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer.
»Ich dachte mir«, sagte Nina lächelnd, »ich bringe zum DVD-Abend mal eine Staffel ›Mad Men‹ mit Geil, oder?« Ich hätte an dieser Stelle gern doziert, dass die preisgekrönte US-Serie über eine Werbeagentur im New York der sechziger Jahre ja mindestens so viel über die Zeit damals aussagt wie über die Geschlechterbeziehungen heute. Aber da sagte Nina bereits: »Der Chef-Kreative, Don Draper, ist wirklich ein unglaublich sexy Kerl. Und dazu die coolen Klamotten!« Dann kicherte sie und plumpste glucksend auf mein Sofa.
Der unbestrittene Star bei »Mad Men« ist Don Draper: der smarte, einzelgängerische, ehrgeizige Kreativdirektor einer Werbeagentur. Ein Mann auf der Flucht vor seiner traurigen Kindheit. Auf der Suche nach dem Glück, das sich immer dann auflöst, wenn er glaubt, es fassen zu können. Auf seinem Weg stärkt sich der Kerl, der aussieht wie Superman, nur ohne das alberne Cape, mit schweren Drinks und schönen Frauen. Draper ist ein Bild von einem Mann. Ein klassischer Held mit Pomadenfrisur.
Ich schob die DVD rein und wir zwei uns Kartoffelchips. Die erste Folge beginnt mit einem alten Werbespot aus den Sechzigern: Eine schöne Frau Mitte zwanzig läuft singend auf die Kamera zu. Sie hat alles drauf: den betörenden Augenaufschlag, den koketten Blick von unten nach oben, das dezente Präsentieren ihrer Oberweite. Don Drapers Mitarbeiterin, eine eher spröde Frau, die nicht mitspielen will beim alltäglichen Sexismus der sechziger Jahre, ist angewidert: Was soll das Ganze? Draper erklärt ihr in nur zwei Sätzen, warum schöne Frauen Werbung machen. Es ist eine der wichtigsten Regeln überhaupt: »Männer wollen sie. Frauen wollen sie sein.«
»Sndrck«, murmelte Nina. Sie hatte sich dafür entschieden, gleichzeitig zu essen und zu reden. Ich fragte nach. »So ein Dreck«, wiederholte sie und zeigte auf den Fernseher. »Frauen machen sich das Leben selbst zur Hölle. Sie überlegen viel zu oft, wie sie auf Männer wirken. Und anstatt sich mit anderen Frauen solidarisch zu zeigen, machen sie sich beim Werben um Männer auch noch gegenseitig Konkurrenz. Hat sich denn gar nichts verändert seit den Sechzigern? Frauen sind immer noch das überforderte Geschlecht. Meine Herren!«
Ich sagte lieber nichts. Denn hätte ich in diesem Moment meine Gedanken zusammenfassen müssen, dann wäre es ein großer Seufzer gewesen: »›Deine Herren‹ werden mittlerweile so überfordert wie Frauen, nur anders.« Merke: Provoziere eine Frau nie in deiner eigenen Wohnung. Man kann dann so schlecht nach Hause fliehen.
Aber Nina war noch nicht fertig. »Frauen haben es verdammt schwer. In unseren Zwanzigern und Dreißigern müssen wir die Basis legen für den Rest unseres Lebens: Wir sollen und wollen Karriere machen, aber zur selben Zeit suchen wir einen Partner. Wenn wir einen Kerl gefunden haben, den wir auch nüchtern ertragen können, müssen wir uns beeilen, wenn wir Kinder haben wollen.« Nina seufzte. Sie ist Single, aber die Namen ihrer ersten beiden Kinder hat sie schon ausgewählt. »Da habt ihr Männer es viel besser.« Nina ließ sich zurück auf die Couch sinken und stopfte sich Chips in den Mund. Der Druck, attraktiv zu sein, schmälerte jedenfalls nicht ihren Appetit.
Die »Mad Men«-Folge lief weiter. Auftritt Don Draper, der Übermann. In seiner schicken New Yorker Werbeagentur konferiert er mit den Mitarbeitern Harry Crane und Ken Cosgrove. Nebenfiguren, Anzugträger und beide um die dreißig. Da hatte ich eine Idee. Als die drei Männer nebeneinander auf dem Schirm zu sehen waren, drückte ich die Pausentaste. Das Standbild erinnerte an diese alte ARD- Sendung, in der vier Journalisten aus fünf Ländern (oder umgekehrt) in dunklen Anzügen und Rauchschwaden am Sonntagmittag die Welt erklärten: »Der Internationale Frühschoppen« Nur ohne verschwitzte Gesichter.
»Wen findest du interessanter?«, fragte ich Nina. »Den Macho Draper? Den hingebungsvollen, etwas schüchternen Gatten Crane? Oder den unkomplizierten, aber literarisch ambitionierten Cosgrove?« Auf meiner Couch rollte ein Augenpaar »Achdschße «.
»Das habe ich ge-hö-hört! Mal ehrlich: Klar, Draper ist 'ne coole Sau, total sexy und erfolgreich. Aber er ist nur eine Erfindung.« Nina guckte mich an, als hätte sie versehentlich etwas Bitteres gegessen. Und schwieg. »Denk doch mal nach: Wenn man die ganze schicke Sechziger-Jahre-Ästhetik abzieht, sieht der Schauspieler, also Jon Hamm, nicht halb so gut aus. Er trägt in Wirklichkeit schlabbrige Hemden, ist sogar etwas schüchtern. Er ist einfach nur ein Mann mit Fehlern und Macken. Wäre es nicht klüger, Frauen würden das anerkennen? Und müssten sie dann nicht auf andere Männer stehen?«
»Zum Beispiel?«, fragte das rollende Augenpaar.
»Zum Beispiel auf einen Mann wie Harry Crane: eine ehrliche Haut, die versucht, Karriere, Frau und Kind irgendwie unter einen Hut zu bringen Er redet mit seiner Frau über Selbstzweifel und ...«
»... und er jammert und sieht nicht sonderlich sexy aus«, sagte Nina. »Aber dass er an seiner Beziehung arbeitet, macht ihn sympathisch.«
»Na gut«, sagte ich. »Dann nehmen wir Kandidat Nummer zwei: Ken Cosgrove: jungenhaft gut aussehend, erfolgreich im Job, dabei ein netter Kerl und Autor von Kurzgeschichten. So einer wäre auch heute interessant, oder?«
»Cosgrove hat keine Kanten«, konterte das Augenpaar »Der ist ganz hübsch, man kann mit ihm bestimmt auch über Literatur reden Aber sonst ...«
»Okay, okay Ich fasse also zusammen: Männer sollen Machos sein, aber nett zur Frau an ihrer Seite. Sie sollen hundert Prozent im Job geben, sich auch um die Kinder kümmern, nicht klagen, intellektuell stimulierend sein, gut aussehen, Kanten haben, aber keine Macken. Das kann doch niemand bieten - außer mir vielleicht.«
Nina legte bei ihrer Augenrollfrequenz eine Schippe drauf. Sie sah jetzt aus wie ein Jurymitglied bei Germany's Next Topmodel »Also erst mal: Herzlichen Glückwunsch zu deiner Selbstüberschätzung.«
»Danke.«
»Gern. Und zweitens: Vielleicht wollen wir ja gar nicht alles haben. Andererseits ...« Sie sah jetzt aus wie eine Ärztin, die nicht recht weiß, wie sie ihrem Patienten die dramatische Diagnose beibringen soll. »Andererseits wollen Frauen natürlich schon die eierbesitzende Wollmilchsau. Einen Kerl wie Don Draper.« Nina lehnte sich nach vorne und raunte:
»Frauen wollen ihn Männer wollen er sein.« Dann lachte sie laut auf und lehnte sich zurück. Als Nina die Pausentaste lösen wollte, schnappte ich ihr die Fernbedienung weg.
»Merkst du was?«, sagte ich. »Nicht nur das Leben von Frauen ist kompliziert. Heute machen sich auch immer mehr Männer ihr Leben zur Hölle: Sie überlegen viel zu oft, wie sie auf Frauen wirken. Sie machen Karriere, und zwar auch, um Frauen zu gefallen. Und anstatt sich mit anderen Männern solidarisch zu zeigen, machen sie sich im Arbeits- und im Privatleben auch noch gegenseitig Konkurrenz. Wann hat sich all das bloß so stark verändert? Früher war es der Job der Männer, Frauen unrealistischen Erwartungen auszusetzen. Heute werden sie von Frauen und sich selbst überfordert. Jeden Tag, Woche für Woche. Meine Herren!«
»Ach ja? Die kommende Woche wird für mich totaler Stress werden. Ich habe Dates mit drei Typen, die ich im Internet kennengelernt habe. Im Job habe ich zwei neue Aufträge, die ich nur bewältigen kann, wenn ich am Wochenende arbeite. Zwischendurch will ich zum Yoga: um mich zu entspannen und gut auszusehen Und irgendwie versuche ich bei alledem, noch Zeit für meine Freunde zu finden. Und einer von denen erzählt mir dann, Männern gehe es schlechter als Frauen. Kerle sind so selbstmitleidig.«
Die DVD lief weiter. In meinem Kopf klemmte noch der Pausenknopf. Im Fernseher spiegelte sich das Bild von Nina und mir auf der Couch. Wie kann es sein, dass zwei Menschen einander seit langem kennen, aber eigentlich doch nichts von den Problemen des anderen wissen? Nina spürt sehr genau, welcher Druck auf ihr als Frau lastet. Aber sie ahnt nicht, unter welchen Belastungen Männer heutzutage leiden. Das ist kaum überraschend. Selbst viele Männer nehmen nicht bewusst wahr, welchen Ansprüchen sie permanent zu genügen versuchen. Männer sind immer noch gut im Ignorieren, nur wollen sie heute von anderen Dingen nichts hören als früher.
Die an sie gerichteten Erwartungen sind nicht nur riesig, sondern auch widersprüchlich. Das vergrößert die Verwirrung. Einflussreichster männlichster Prominenter der Welt war im Jahr 2011 ein Teenager mit gezupften Augenbrauen namens Justin Bieber. Das seriöse US-Magazin Forbes listete den kanadischen Sänger auf Platz 3 seiner Top-100-Liste. Tiger Woods, für seine Golfkünste fast so bekannt wie für seine vielen außerehelichen Affären, kam auf Platz 6. Der alternde Bon-Jovi-Imitator Bon Jovi schaffte es auf den achten Rang. Alles Männer. Alle ganz unterschiedlich. Und alle, so unschön die Einsicht auch ist, sind Idole für Millionen Menschen. Sie sind männliche Vorbilder Einmal träumte ich nachts, ich hätte einen Sohn, und der sagte mir freudestrahlend: »Wenn ich mal groß bin, möchte ich werden wie Justin Bieber.« Solche Albträume wünsche ich niemandem.
Das Beispiel der drei zeigt: Ein Mann kann heute vieles sein. Macho oder Teddybär. Süß oder kantig. Zuhörer oder Dauerschwadroneur. Frauenversteher oder Frauenmitnachhausenehmer. Es ist verdammt schwer zu sagen, wie Männer sind und was sie können müssen. Die Zahl möglicher Anforderungen ist gewaltig. Männer gehen das Problem ganz pragmatisch an: Sie versuchen der Einfachheit halber, alles zugleich zu sein. Denn eines wollen Männer schließlich immer sein: gut. Erfolgreich. Perfekt. Aber was bedeutet es, wenn ihr erfolgreichster Geschlechtsgenosse ein Halbwüchsiger ist, dessen künstlerische Erzeugnisse Titel tragen wie »Eenie Meenie«?
Ein Mann soll alles bieten können: Er soll stürmisch im Bett sein, aber auch rücksichtsvoll und zärtlich. Er soll ein ganzer Kerl sein, aber die richtigen Windeln kaufen. Ein Ruhepol, aber kein großer Schweiger. Eine starke Schulter zum Anlehnen, aber kein Macho Sensibel, aber bitte nicht so empfindlich. Erfolgreich im Job, aber mit reichlich Zeit für Freundin, Familie und Freunde. Er soll gut aussehen, aber nicht eitel sein. Ein Kerl soll allen Ansprüchen genügen und dabei in sich ruhen: Don Draper, Ken Cosgrove und Harry Crane in einer Person Solche unvereinbaren Anforderungen stellten früher doch nur Männer an Frauen!
Das führt zu einer Situation, die Frauen seit langem gut kennen, Männern aber relativ neu ist: Sie dürfen sich endlich auch als Mängelexemplare verstehen. Medien porträtieren Männer als gewaltbereite Wesen mit einem eklatanten Mangel an Einfühlungsvermögen und Klamottengeschmack. Also als eine Art verwirrten John Wayne in der Fußgängerzone. Männer, das sind diese Typen, die seit Jahrtausenden Kriege anzetteln, Frauen unterdrücken und keine Geschenkideen haben.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Männer sind toll. Frauen sind toll. Es fällt ihnen nur immer schwerer, sich zu mögen, wie sie sind. Einflussreichster Promi der Welt (Platz 1) war laut Forbes-Liste übrigens Lady Gaga. Eine Frau, die bei den MTV Video Music Awards ein Kleid aus rohem Fleisch trug und später erklärte, sie habe damit zeigen wollen, dass wir alle für unsere Überzeugungen eintreten sollten. Männer brauchen Frauen also nicht zu beneiden.
Ständig finden Männer neue Dinge vor, die sie können müssen. Und Sachen, die sie können zu müssen glauben. Wir laufen Marathon, trinken Rhabarbersaftschorle und schieben Designerkinderwagen. Wir wollen alles richtig machen und wissen nicht mehr so recht, was überhaupt richtig ist. Wir glauben, Tausende Wahlmöglichkeiten zu haben, aber trotzdem ständig etwas falsch zu machen. Das ist furchtbar anstrengend und etwas albern. Bloß kommen wir nicht raus aus der Sehnsucht nach Perfektion. Eine alltägliche Woche meines Lebens zeigt, was schiefläuft bei den Ansprüchen, die Männer und andere Verrückte an Männer stellen. Ich muss nur genau hingucken. Dann werden auch Nina und andere Frauen verstehen: Sieben Tage als Mann sind verdammt anstrengend, und diese Anstrengungen haben viel mit den Erwartungen von Frauen zu tun. It's a man's week.
Die Pausentaste in meinem Kopf löste sich. Ich wendete mich zu der Mischung aus Mensch und Chipstüte neben mir und sagte: »Nina, ich zeige dir, was Männer können müssen. Eine Woche lang zeichne ich auf, welchen Herausforderungen milde Kerle wie ich täglich begegnen.« Sie sah nicht auf, als sie entgegnete: »Aber fang bitte nicht mehr heute Abend damit an, okay? Ich hab noch Chips.«
»Männer können alles«, sagte ich lächelnd, »sogar warten. Lass uns wetten: Eine Woche lang schaue ich mir an, welchen Unsinn sich Kerle täglich antun, um sich als Männer zu fühlen. Am kommenden Sonntag erzähle ich dir, was ich erlebt habe. Wenn du danach immer noch glaubst, moderne Frauen hätten ein härteres Los als moderne Männer, dann ...« Mir fiel nichts ein, was Nina interessieren könnte: ... dann kriegt sie eine Kiste Bier? Uninteressant ... dann verschaffe ich ihr ein Date mit Jon Hamm alias Don Draper? Unrealistisch.
»... dann besorgst du mir ein Date mit einem tollen Mann«, sagte Nina »Schließlich ist dann bewiesen, dass die Ansprüche an Männer gar nicht so unrealistisch sind. Es muss doch einen Typen geben, der alles hat, was ich mir wünsche.«
Ich hätte ihr jetzt ein Date mit mir verschaffen können, aber ich vermutete, das war nicht, was sie meinte. Also doch ein Rendezvous mit Jon Hamm? Irgendwas würde ich mir einfallen lassen müssen in den kommenden sieben Tagen. Aber das würde schon klappen Männer können schließlich alles, notfalls sogar improvisieren.
Gleich am nächsten Morgen begann meine Erkundungsreise in den Männer-Alltag. Eine Woche lang würde ich Dinge vorstellen, die Männer heute können müssen. Was treibt Kerle an? Was fürchten sie? Was wollen sie vom Leben? Können sie ihre Ziele auch ohne gezupfte Brauen oder Pomadenfrisur erreichen? Wie ist es zu diesem Schlamassel gekommen? Wer und was ist schuld daran? Wer hat es heutzutage schwerer: Frauen oder Männer? Und gibt es Traumprinzen tatsächlich? Einer für Nina würde mir ja schon reichen. Antworten auf diese Fragen zu finden, würde keine leichte Aufgabe. Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, noch schwieriger.
Zumindest eine Lehre zog ich schon am Sonntagabend. Egal, wie ungerecht viele Ansprüche an Männer sein mögen: Wer einer gewissen Freundin die DVD-Auswahl überlässt, ist selbst schuld.
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
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Autoren-Porträt von Matthias Lohre
Matthias Lohre hat in seiner taz-Kolumne jahrelang über »Männer« geschrieben. Als Reportage-Redakteur berichtet er für die taz vom politischen Berlin, aus der deutschen Provinz und Ländern wie China oder den USA. Sein erstes Buch »Milde Kerle« erschien 2013.
Bibliographische Angaben
- Autor: Matthias Lohre
- 2013, 1. Auflage., 256 Seiten, Maße: 12,3 x 20,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: FISCHER Krüger
- ISBN-10: 3810513202
- ISBN-13: 9783810513205
- Erscheinungsdatum: 21.02.2013
Rezension zu „Milde Kerle “
Der Journalist Matthias Lohre hat sich dran gemacht aktuelle Antworten zu finden. Dabei ist ein nicht immer ganz ernst gemeintes Buch herausgekommen. Saarländischer Rundfunk 20130619
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