Mit Stieren ackern
Eine Bauerntochter erzählt ihr Leben
Die eindringlich erzählte Lebensgeschichte einer bayerischen Bauerntochter.
Maria Gruber wuchs auf dem Kagerbauernhof bei Simbach auf. Dort lernte sie die harte Arbeit des Bauernlebens kennen, musste meistens selbst schwere...
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Produktinformationen zu „Mit Stieren ackern “
Die eindringlich erzählte Lebensgeschichte einer bayerischen Bauerntochter.
Maria Gruber wuchs auf dem Kagerbauernhof bei Simbach auf. Dort lernte sie die harte Arbeit des Bauernlebens kennen, musste meistens selbst schwere Männerarbeit übernehmen und ackerte im wahrsten Sinne des Wortes mit den Stieren. In ihrem Buch erzählt sie auf humorvolle und zugleich ernste Weise aus ihrem Leben: von den Menschen auf dem Land und den Tieren, von Freud und Leid des Alltags und der Festtage, das ihr in all den Jahren begegnet ist. Mit vielen schönen Illustrationen.
Lese-Probe zu „Mit Stieren ackern “
Mit Stieren ackern von Maria GruberDer Kagerbauern-Hof kostet 13 000 Goldmark
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Als mein Vater Ludwig Gruber am 27. Januar 1914 unsere Mutter Mathilde heiratete, gehörte ihm ein landwirtschaftliches Anwesen in Kleinfreiöd. Noch im selben Jahr, am 26. Mai, verkaufte er diesen Besitz und erwarb den Kagerbauern-Hof. Er bezahlte dafür 13 000 Mark in Gold. Bis dahin war Lorenz Altmannshofer, ein Bruder des Pfarrers von Zeilarn, Josef Altmannshofer (sein Grab ist noch dort), der Kagerbauer gewesen. Er war Junggeselle und alt, hatte eine Haushälterin, die mit der Arbeit auf dem Hof nicht mehr fertig wurde. Er und sie hingen die Kühe an Pfosten in der Wiese an, damit sie das Gras abfressen konnten, den beiden Alten fehlte die Kraft zum Eingrasen. Deswegen bot Lorenz Altmannshofer das Anwesen zum Kauf an, das hat meine Mutter oft erzählt.
Der Hof war recht heruntergekommen, aber die Lage, der Grund und der große Obstgarten haben meinen Eltern gleich gefallen. Der Vorbesitzer ist ein großer Gartenliebhaber gewesen und ein Künstler beim Baumveredeln. Meine Eltern erwarben mit dem Kagerbauern-Hof Bäume mit drei oder vier Obstsorten, schöne, große Bäume, aber auch solche, die nur eine Sorte Äpfel oder Birnen trugen. Vierzig Sorten Äpfel, zwölf Sorten Birnen und sieben Sorten schöne und gute Kirschen ernteten wir auf dem Kagerbauern-Hof. Das Obst ist gut gereift am sonnigen Südhang, umgeben von schützendem Wald, der raue Winde fernhielt.
Als meine Eltern den Kagerbauern-Hof erwarben, gab es dort nur zwei Gebäude, ein Wohnhaus mit einem kleinen Stadel für Heu und Stroh direkt darangebaut und einen Stall mit großem Heuboden darauf. Mein Vater fing an, die heruntergekommenen Gebäude umzubauen und zu erneuern und schlug Bauholz aus dem Wald, den er vom Freiöder Anwesen behalten hatte. Im August 1914, als die Eltern mitten im Bauen waren und die Erntezeit kam, brach der Krieg aus. Am zweiten Tag der Mobilmachung musste der Vater fort. Er war dann Sanitäter an vorderster Front.
Eisernes Kreuz für den Sanitäter
Es war ein Samstag. Den ganzen Tag haben die Eltern noch Weizen eingefahren. Am Abend hat die Mutter dem Vater die Haare geschnitten, damals gingen die Bauern nicht zum Friseur. Dann kam der Abschied. Jetzt war die Mutter allein zur Arbeit. Der Stadl war auch noch nicht fertig. Die älteren Handwerksleute arbeiteten am Bau noch weiter, die jüngeren Zimmerer mussten auch fort in den Krieg. Die Mutter erwartete dazu noch ihr erstes Kind. Ein Bub wars, er kam im Oktober zur Welt. Es war eine Frühgeburt, der Bub ist mit sechs Wochen gestorben. Das war kein Wunder bei der Arbeit, die meine Mutter zu verrichten hatte. Vater war ja an der Front, er hat das Kind überhaupt nicht gesehen. Der alte Burnervater hat meiner Mutter bei der Feldarbeit manchmal geholfen. Auch ältere Nachbarsleute halfen, wenn die Arbeit recht viel war. Der Krieg dauerte vier Jahre, der Vater kam einige Male in Urlaub heim. Meine ältere Schwester kam am 23. April 1916 zur Welt.
1917 erhielt der Vater das Eiserne Kreuz Erster Klasse. In den Tagen vom 10. bis 18. Oktober 1917 stand das 16. Bayer. Infanterieregiment an einem der schrecklichsten Kampfplätze des Weltkrieges, auf den Schlachtfeldern Flanderns. Das zweite Bataillon des Regiments war nächst dem Dorf Polderhoek eingesetzt und hatte dort besonders vom 9. bis 14. Oktober Fürchterliches auszuhalten. Vernichtendes Trommelfeuer, schwere, ununterbrochene Infanterieangriffe, grundloser Boden, Granattrichter voll Wasser und Schlamm. Schutzlos waren die Soldaten dem Regen und Geschosshagel bei Tag und Nacht ausgesetzt. Viele schwere Verluste kosteten diese Tage unserem tapferen Heimatregiment und deshalb gab es gerade für die pflichtgetreuen Sanitäter dieser Truppe fast Übermenschliches zu leisten. Im zweiten Bataillon tat sich einer ganz besonders hervor, der Vater, Ludwig Gruber von Kagerbauer, Gemeinde Kirchberg, damaliger Sanitäts-Sergeant der 5. Kompanie. Als einziger Sanitäter war er nach den ersten Kampftagen in seiner Kompanie übrig geblieben. Die anderen waren teils gefangen, teils verwundet. Ganz allein wollte und sollte er jetzt überall sein, denn von allen Seiten wurde seine Hilfe begehrt. Bei diesem aufopferungsvollen Wirken inmitten des grausam tobenden Kampfes wurde auch er verwundet. Deswegen hat er aber seine Kameraden an der Front nicht verlassen, er half weiter, wo er nur helfen konnte. Nicht nur allein auf seine Kompanie erstreckte sich die Hilfe, sondern auch bei der anschließenden 8. Kompanie und bei der Maschinengewehr-Kompanie sprang er ein, da auch dort kein Sanitätspersonal mehr vorhanden war. Seine Hilfe war für manchen Kameraden die letzte Rettung.
»Mein Leben ist nicht mehr wert als das meiner Kameraden«, dachte mein Vater und blieb inmitten des schauerlichen Kampfes. Jeder Augenblick konnte für ihn Tod oder Gefangenschaft bedeuten und er wusste, dass Frau und Kind zu Hause sind und er selbst schon blutete. Als bekannt wurde, dass vom letzten Gegenstoß noch einige Schwerverwundete des 6. Regiments in einzelnen Granattrichtern liegen, ging er auf die Suche und manchen hat mein Vater noch geborgen und gerettet. Diese aufopfernde Hingabe für seine Kameraden konnte nicht ohne ein äußeres bleibendes Zeichen der vollsten Anerkennung durch die Führung bleiben. So wurde dem Sergeanten Ludwig Gruber nach Ablösung aus den Kämpfen das Eiserne Kreuz Erster Klasse verliehen. Als höchstes Gut besaß mein Vater aber den frohen Gedanken, dass er ein großer Helfer und Lebensretter war. Das erzählte er uns Kindern des Öfteren.
Der Dank des Vaterslandes
Im Jahre 1918 war der Krieg dann zu Ende, aber meinem Vater durchschlug zwei Tage vor Kriegsschluss eine Gasgranate beide Knie, als er einen schwer verwundeten Soldaten zurücktragen wollte. Vater lag schwer verwundet in verschiedenen Lazaretten, zuletzt war er in Simbach in einer Pflegestation. Lange musste er mit zwei Krücken gehen. Oft zeigte er uns seine breiten großen Narben und erzählte uns Kindern, wo es ihn so erwischt hat. Mich überkam jedes Mal ein Schaudern, ich sah mir das gar nicht so gern an. Mir kam dabei der Gedanke, wie schrecklich ein Krieg doch ist. Erst bekam Vater auch eine Kriegsrente, aber nicht lang. Vater arbeitete auf dem eigenen Hof mit. Eine recht neidige Nachbarin hat ihn dann hingehängt und sofort war die Rente weg. Mein Vater sagte: »Das ist der Dank des Vaterlandes.«
Sechs Kinder im neuen Haus
Bis der Vater vom Krieg zurückkam, hatte die Mutter die durch den Hofkauf entstandenen Schulden abbezahlt. Am
13. Dezember 1920 wurde Bruder Ludwig als 3. Kind geboren. 1923 war gerade Inflation, als ich am 23. März als 4. Kind zur Welt kam. Bei der Geburt hatte ich schon 1 Million Mark Unkosten gemacht, erzählte mir Mutter öfters. Alle Kinder kamen zu Hause zur Welt. Also auf Kagerbauer. Die Hebamme kam ins Haus, es gab noch kein Krankenhaus in Simbach. Ist eine Geburt schwierig gewesen, so holte man den Arzt und Geburtshelfer. Bei noch schwereren Fällen kam eine Frau dann ins Krankenhaus nach Braunau oder Altötting. Braunau war am nächsten, die Kinder, die dort zur Welt kamen, waren österreichische Staatsangehörige. Das war der Nachteil. Als 5. Kind kam im Mai 1925 mein jüngster Bruder zur Welt, Als 6. Kind am 28. Februar 1928 meine jüngere Schwester. Als wir Kinder noch klein waren, waren Dienstboten auf dem Hof, ein Knecht und eine Dienstmagd. Meine Eltern haben auch das Wohnhaus gleich nach dem Krieg neu gebaut. Der Stadl wurde während des Krieges noch fertiggestellt. Der Stall wurde nicht verändert, er steht heute noch, er war groß genug. Neu gelegt wurde der Heuboden, auch ein neuer Dachstuhl kam darauf und neue Schindeln. Die Stiege zum Aufgang, das war alles zum Erneuern. Wasser war auch sehr wenig am Hof. Die alten Leute, die Vorbesitzer, mussten Wasser sparen und haben Regenwasser aufgefangen. Meine Eltern ließen bald von der Firma Aufschläger in Simbach das laufende Wasser einrichten. Am Fuße des Schlossberges wurden zwei Wasserquellen gefunden. Der Wassereinrichter hat die Quellen zusammengeleitet in eine sogenannte Brunnenstube. Von da weg wurde eine Rohrleitung gelegt, den ganzen Berg hinunter ziemlich tief und dann den Berg zu uns herauf. In den Metallrohren lief das Wasser in eine große Reserve, die auch für den Druck sorgte. Von der Reserve weg bestand eine Wasserleitung in die Küche und eine in den Stall. Wegen der Wasserkühlung war auch eine Leitung zum Rohölmotor nötig. Auch zum Backofen und für das Gartengießen legte Vater eine Leitung. Der Rohölmotor musste die Schneidmaschine, den Dreschwagen und auch die Schrotmühle in Schwung bringen und auf Touren halten. Das kalte Wasser lief in den Motor hinein und das heiße Wasser heraus.
S'Marerl und der Wasserstoß
Im Winter hat es uns immer wieder die Wasserleitung zum Motor zugefroren. Das war eine Arbeit mit dem Auftauen!
Mit der Lötlampe sind wir dem Übel zu Leibe gerückt. Für den Winter mussten sämtliche Rohrleitungen mit alten Lumpen und mit Stroh eingewickelt und auch die Reserve winterfest gemacht werden. Das Überwasser von der Reserve lief in eine Grube, war die voll, so ließ man in einem kleinen Graben das Wasser den Berg hinunter auf die Wiese. Die Wasserleitung, die zur Reserve gelegt war, hatte im Wald hinten die tiefste Stelle. Von da weg stieg die Leitung den Berg ganz steil hinauf. Da war der Wasserstoß. Der musste alle vier Wochen aufgegraben und die Steckschraube am Tiefstand herausgeschraubt werden. Wasserablesen nannte man das. Da schoss das Wasser ganz rostig und gefärbt aus der Rohrleitung heraus. Im Sommer oder wenn es nicht so kalt war, ist das keine üble Arbeit gewesen, aber im Winter bei 20 Grad und noch mehr! Wie hat es mich da abgespritzt, bis ich bei diesem Wasserdruck die Steckschraube einschrauben konnte! Handschuhe konnte man dabei auch nicht anziehen. Meine Hände waren oft ganz blau vor Kälte. Keines meiner Geschwister wollte das machen im Winter, jedes drückte sich davor. Dem Vater wars halt auch schon zu kalt. Es ist auch einige Male passiert, dass wir das Wasser heimfahren mussten. Im Jahre 1955 hat es die ganze Wasserleitung eingefroren. Auch bei unserem Nachbarn in Strickberg.
Der konnte noch im Wald oben seine Wasserleitung anzapfen. Wir hatten zum Wasserholen ein neues, noch nicht benutztes Jauchefass. Das bauten wir auf einen großen Schlitten (welcher im Winter auch zum Mistfahren oder zu anderen Arbeiten verwendet wurde) auf. Damit stellten wir das Blechfass unter die Zapfstelle. Mit Ochsen wurde das gefüllte Blechfass heimgefahren und sämtliche Wasserbehälter und Grander1) aufgefüllt. Hernach stellten wir den Schlitten mit dem leeren Fass wieder an die Zapfstelle, das der Nachbar für sich füllte und nach Strickberg runterfuhr. So ging das fort bis zum Frühjahr. Als es wärmer wurde, kaufte mein Vater die ganzen Wasserrohre neu. Wir legten eine Freileitung. Kaufen mussten wir die Rohre ohnehin, denn die im Boden liegenden Rohre hat es beim Auftauen alle zerrissen.
Erst später gruben wir die neue Rohrleitung in die Erde ein. Auch im Hochsommer ist es manchmal passiert, dass das Wasser weg war. Meist haben wir es erst bemerkt, wenn die Reserve leer war. In dieser Wassernot haben wir uns bei der Kapelle unten eine kleine Grube ausgegraben, neben einem Bächlein, und das Wasser dort eingeleitet. Für so viele Tiere das Wasser heimfahren, das war eine Arbeit, und das noch während der Erntezeit! In der Brunnenstube, die wir im Wald hatten, nahm ein recht boshafter Mensch den Seiher von der Rohrleitung weg und hat das Rohr verstopft. Auf der Brunnenstube lag nur ein dicker Holzdeckel, den jeder wegheben konnte, der hineinwollte. Der Vater hat dann Betonringe gekauft und eingesetzt und mit einem schweren Betondeckel zugemacht. Wenn wir nun hineinmussten, hatten wir extra ein Hebegerät zum Entfernen des Betondeckels. Einmal hat man auf der Waldstraße, unter der die Wasserleitung durchging, mit einer Holzfuhre die Rohre auseinandergedrückt. Genau bei einer Verbindungsstelle. Da gab es eine harte Arbeit mit Rohrzange und Gewindeschneider, die wir vom Schmied holten. Ein neues Rohrstück musste zurechtgeschnitten und eingesetzt werden. Auch diese Arbeit musste während der Heuernte gemacht werden. Dabei war die Arbeit ohnehin sehr viel.
Sauschlachten und Einsuren
Der Schweinestall wurde in den neuen Stadl eingebaut, neben dem Wohnhaus. Das Schweinefutter wurde in der
Küche zubereitet. In Blecheimern trugen meine Eltern und früher die Dienstboten das Futter in den Flur, dann dem Wohnhaus entlang über die Gred, so hieß das Pflaster, das am Haus entlang in den Schweinestall führte. Ich kann mich noch gut erinnern, wir hatten im Durchschnitt acht Schweine, früher hatten wir auch ein Mutterschwein. Das war lustig, wenn die kleinen Ferkel zur Welt kamen, die waren immer so niedlich. Einige Jahre ging das gut. Plötzlich brachte ein Mutterschwein die Hälfte der kleinen Ferkelchen immer tot zur Welt. Mein Vater hatte sich daraufhin entschlossen, die Schweinezucht aufzugeben. Die kleinen Ferkel zum Großfüttern haben wir uns von den umliegenden Bauern gekauft.
Zwei Schweine im Jahr wurden für uns geschlachtet. Zu Weihnachten eine vier Zentner schwere Sau, die viel Speck hatte. Er wurde abgezogen, auf lange Bretter gelegt und auf den Dachboden des Hauses getragen. Nach einigen Tagen, wenn die Speckschwarten fest waren, wurden die Stücke vom Dachboden geholt und geschnitten. Kleine Stücke mit dem Messer und mit zwei Fleischmaschinen mit Handbetrieb zerkleinert. Damals wusste man noch nichts von einem Elektrowolf. Da kamen auch die Nachbarsleute gerne zum Helfen. Dafür bekamen sie dann Blutwürste. Es ging oft recht lustig zu, Spaß war auch zur damaligen Zeit erlaubt. Der geschnittene Speck wurde in großen Bratpfannen auf der heißen Ofenplatte ausgebraten. Immer wieder musste mit dem Kochlöffel umgerührt werden, damit die Grammen') nicht anbrannten. Das Schweinefett war oben und die Grammen lagen am Boden der Pfanne. War das Grammenzeug schön hellgelb, zog man die Backpfanne vom heißen Herd weg und wartete, bis alles lauwarm war. Inzwischen richtete man sich die Steintöpfe her und eine Seihschüssel. Darüber wurde langsam der Inhalt der Bratpfanne gegossen. Die Grammen ließ man noch gut abtropfen, das roch fein. Sie wurden in einen anderen Tiegel geschüttet und auch aufbewahrt.
Die Grammen nahm man zum Kochen, in Knödeln schmecken sie sehr gut, oder im Strudel. Etwas angewärmt kamen sie aufs Brot zum Dreibrot, wie man die Nachmittagsbrotzeit früher nannte. Mit Schweinefett hat man früher bei den Bauern gebacken, Küchel, Krapfen, Haubn, Hasenöhrl, Zwetschgenbavesen, Apfelscheiben, Nüsserl aus Rahm. Das Schmalzgebackene gab es am Freitag, denn da war Abstinenztag oder beim Dreschen und wenn die Dienstboten wechselten zu Lichtmess und zur Raunacht. Ein weiterer Grund zum Backen war auch gegeben, wenn das Brandschmalz zu Ende war. Brandschmalz war das Schweinefett, worin das sog. Schmalzgebackene ausgebacken wurde. Dieses Brandschmalz wurde auch zum Kochen hergenommen, z. B. zum Sauerkrautschmalzen, zum Schwammerlrösten und zum Nudlbraten. Zum Pfannenkuchenbacken gabs Butterfett. Auch das hatten die Bauern selbst. In meiner Kindheit gab es noch keine Milch- und Rahmlieferung, alles blieb im Haus und damit auch die viele Arbeit.
Im Sommer, wenn etwas kühlere und regnerische Tage waren, schlachteten wir ein kleineres Schwein. So ungefähr 1 1/2 bis 2 Zentner schwer. Das Fleisch wurde in Kübel eingehackt und eingesurt, genauso wie das Fleisch von der Winterschlachtung. Die Kübel kamen in den Keller, der sehr kühl war. Das Fleisch wurde in die Kübel eingerichtet, eingesalzen und dazwischen Salz, Zwiebel und Knoblauch gestreut, am Schluss kam der Holzdeckel darauf und mit einer Holzschraube wurde das Fleisch gepresst. Jeden Tag wurde die Holzschraube nachgezogen, bis die Sursoße3> schön über dem Deckel stand. So blieb das Fleisch einige Wochen im Keller stehen. Das knochige Surfleisch verblieb in den Fleischkübeln und wurde als gekochtes Fleisch mit Knödel oder als Surbraten zum Mittagessen bereitet. Das schöne knochenlose Surfleisch wurde aus den Fleischkübeln rausgenommen, an einem Ende wurde der Fleischranken durchstochen mit einer Hakennadel, feste Spagatschnur durchgezogen und eine Schlinge geknüpft. So wurde jeder Surranken an die Räucherstange gehängt. Die Räucherkammer war im Dachboden an den Kamin angebaut.
...
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Als mein Vater Ludwig Gruber am 27. Januar 1914 unsere Mutter Mathilde heiratete, gehörte ihm ein landwirtschaftliches Anwesen in Kleinfreiöd. Noch im selben Jahr, am 26. Mai, verkaufte er diesen Besitz und erwarb den Kagerbauern-Hof. Er bezahlte dafür 13 000 Mark in Gold. Bis dahin war Lorenz Altmannshofer, ein Bruder des Pfarrers von Zeilarn, Josef Altmannshofer (sein Grab ist noch dort), der Kagerbauer gewesen. Er war Junggeselle und alt, hatte eine Haushälterin, die mit der Arbeit auf dem Hof nicht mehr fertig wurde. Er und sie hingen die Kühe an Pfosten in der Wiese an, damit sie das Gras abfressen konnten, den beiden Alten fehlte die Kraft zum Eingrasen. Deswegen bot Lorenz Altmannshofer das Anwesen zum Kauf an, das hat meine Mutter oft erzählt.
Der Hof war recht heruntergekommen, aber die Lage, der Grund und der große Obstgarten haben meinen Eltern gleich gefallen. Der Vorbesitzer ist ein großer Gartenliebhaber gewesen und ein Künstler beim Baumveredeln. Meine Eltern erwarben mit dem Kagerbauern-Hof Bäume mit drei oder vier Obstsorten, schöne, große Bäume, aber auch solche, die nur eine Sorte Äpfel oder Birnen trugen. Vierzig Sorten Äpfel, zwölf Sorten Birnen und sieben Sorten schöne und gute Kirschen ernteten wir auf dem Kagerbauern-Hof. Das Obst ist gut gereift am sonnigen Südhang, umgeben von schützendem Wald, der raue Winde fernhielt.
Als meine Eltern den Kagerbauern-Hof erwarben, gab es dort nur zwei Gebäude, ein Wohnhaus mit einem kleinen Stadel für Heu und Stroh direkt darangebaut und einen Stall mit großem Heuboden darauf. Mein Vater fing an, die heruntergekommenen Gebäude umzubauen und zu erneuern und schlug Bauholz aus dem Wald, den er vom Freiöder Anwesen behalten hatte. Im August 1914, als die Eltern mitten im Bauen waren und die Erntezeit kam, brach der Krieg aus. Am zweiten Tag der Mobilmachung musste der Vater fort. Er war dann Sanitäter an vorderster Front.
Eisernes Kreuz für den Sanitäter
Es war ein Samstag. Den ganzen Tag haben die Eltern noch Weizen eingefahren. Am Abend hat die Mutter dem Vater die Haare geschnitten, damals gingen die Bauern nicht zum Friseur. Dann kam der Abschied. Jetzt war die Mutter allein zur Arbeit. Der Stadl war auch noch nicht fertig. Die älteren Handwerksleute arbeiteten am Bau noch weiter, die jüngeren Zimmerer mussten auch fort in den Krieg. Die Mutter erwartete dazu noch ihr erstes Kind. Ein Bub wars, er kam im Oktober zur Welt. Es war eine Frühgeburt, der Bub ist mit sechs Wochen gestorben. Das war kein Wunder bei der Arbeit, die meine Mutter zu verrichten hatte. Vater war ja an der Front, er hat das Kind überhaupt nicht gesehen. Der alte Burnervater hat meiner Mutter bei der Feldarbeit manchmal geholfen. Auch ältere Nachbarsleute halfen, wenn die Arbeit recht viel war. Der Krieg dauerte vier Jahre, der Vater kam einige Male in Urlaub heim. Meine ältere Schwester kam am 23. April 1916 zur Welt.
1917 erhielt der Vater das Eiserne Kreuz Erster Klasse. In den Tagen vom 10. bis 18. Oktober 1917 stand das 16. Bayer. Infanterieregiment an einem der schrecklichsten Kampfplätze des Weltkrieges, auf den Schlachtfeldern Flanderns. Das zweite Bataillon des Regiments war nächst dem Dorf Polderhoek eingesetzt und hatte dort besonders vom 9. bis 14. Oktober Fürchterliches auszuhalten. Vernichtendes Trommelfeuer, schwere, ununterbrochene Infanterieangriffe, grundloser Boden, Granattrichter voll Wasser und Schlamm. Schutzlos waren die Soldaten dem Regen und Geschosshagel bei Tag und Nacht ausgesetzt. Viele schwere Verluste kosteten diese Tage unserem tapferen Heimatregiment und deshalb gab es gerade für die pflichtgetreuen Sanitäter dieser Truppe fast Übermenschliches zu leisten. Im zweiten Bataillon tat sich einer ganz besonders hervor, der Vater, Ludwig Gruber von Kagerbauer, Gemeinde Kirchberg, damaliger Sanitäts-Sergeant der 5. Kompanie. Als einziger Sanitäter war er nach den ersten Kampftagen in seiner Kompanie übrig geblieben. Die anderen waren teils gefangen, teils verwundet. Ganz allein wollte und sollte er jetzt überall sein, denn von allen Seiten wurde seine Hilfe begehrt. Bei diesem aufopferungsvollen Wirken inmitten des grausam tobenden Kampfes wurde auch er verwundet. Deswegen hat er aber seine Kameraden an der Front nicht verlassen, er half weiter, wo er nur helfen konnte. Nicht nur allein auf seine Kompanie erstreckte sich die Hilfe, sondern auch bei der anschließenden 8. Kompanie und bei der Maschinengewehr-Kompanie sprang er ein, da auch dort kein Sanitätspersonal mehr vorhanden war. Seine Hilfe war für manchen Kameraden die letzte Rettung.
»Mein Leben ist nicht mehr wert als das meiner Kameraden«, dachte mein Vater und blieb inmitten des schauerlichen Kampfes. Jeder Augenblick konnte für ihn Tod oder Gefangenschaft bedeuten und er wusste, dass Frau und Kind zu Hause sind und er selbst schon blutete. Als bekannt wurde, dass vom letzten Gegenstoß noch einige Schwerverwundete des 6. Regiments in einzelnen Granattrichtern liegen, ging er auf die Suche und manchen hat mein Vater noch geborgen und gerettet. Diese aufopfernde Hingabe für seine Kameraden konnte nicht ohne ein äußeres bleibendes Zeichen der vollsten Anerkennung durch die Führung bleiben. So wurde dem Sergeanten Ludwig Gruber nach Ablösung aus den Kämpfen das Eiserne Kreuz Erster Klasse verliehen. Als höchstes Gut besaß mein Vater aber den frohen Gedanken, dass er ein großer Helfer und Lebensretter war. Das erzählte er uns Kindern des Öfteren.
Der Dank des Vaterslandes
Im Jahre 1918 war der Krieg dann zu Ende, aber meinem Vater durchschlug zwei Tage vor Kriegsschluss eine Gasgranate beide Knie, als er einen schwer verwundeten Soldaten zurücktragen wollte. Vater lag schwer verwundet in verschiedenen Lazaretten, zuletzt war er in Simbach in einer Pflegestation. Lange musste er mit zwei Krücken gehen. Oft zeigte er uns seine breiten großen Narben und erzählte uns Kindern, wo es ihn so erwischt hat. Mich überkam jedes Mal ein Schaudern, ich sah mir das gar nicht so gern an. Mir kam dabei der Gedanke, wie schrecklich ein Krieg doch ist. Erst bekam Vater auch eine Kriegsrente, aber nicht lang. Vater arbeitete auf dem eigenen Hof mit. Eine recht neidige Nachbarin hat ihn dann hingehängt und sofort war die Rente weg. Mein Vater sagte: »Das ist der Dank des Vaterlandes.«
Sechs Kinder im neuen Haus
Bis der Vater vom Krieg zurückkam, hatte die Mutter die durch den Hofkauf entstandenen Schulden abbezahlt. Am
13. Dezember 1920 wurde Bruder Ludwig als 3. Kind geboren. 1923 war gerade Inflation, als ich am 23. März als 4. Kind zur Welt kam. Bei der Geburt hatte ich schon 1 Million Mark Unkosten gemacht, erzählte mir Mutter öfters. Alle Kinder kamen zu Hause zur Welt. Also auf Kagerbauer. Die Hebamme kam ins Haus, es gab noch kein Krankenhaus in Simbach. Ist eine Geburt schwierig gewesen, so holte man den Arzt und Geburtshelfer. Bei noch schwereren Fällen kam eine Frau dann ins Krankenhaus nach Braunau oder Altötting. Braunau war am nächsten, die Kinder, die dort zur Welt kamen, waren österreichische Staatsangehörige. Das war der Nachteil. Als 5. Kind kam im Mai 1925 mein jüngster Bruder zur Welt, Als 6. Kind am 28. Februar 1928 meine jüngere Schwester. Als wir Kinder noch klein waren, waren Dienstboten auf dem Hof, ein Knecht und eine Dienstmagd. Meine Eltern haben auch das Wohnhaus gleich nach dem Krieg neu gebaut. Der Stadl wurde während des Krieges noch fertiggestellt. Der Stall wurde nicht verändert, er steht heute noch, er war groß genug. Neu gelegt wurde der Heuboden, auch ein neuer Dachstuhl kam darauf und neue Schindeln. Die Stiege zum Aufgang, das war alles zum Erneuern. Wasser war auch sehr wenig am Hof. Die alten Leute, die Vorbesitzer, mussten Wasser sparen und haben Regenwasser aufgefangen. Meine Eltern ließen bald von der Firma Aufschläger in Simbach das laufende Wasser einrichten. Am Fuße des Schlossberges wurden zwei Wasserquellen gefunden. Der Wassereinrichter hat die Quellen zusammengeleitet in eine sogenannte Brunnenstube. Von da weg wurde eine Rohrleitung gelegt, den ganzen Berg hinunter ziemlich tief und dann den Berg zu uns herauf. In den Metallrohren lief das Wasser in eine große Reserve, die auch für den Druck sorgte. Von der Reserve weg bestand eine Wasserleitung in die Küche und eine in den Stall. Wegen der Wasserkühlung war auch eine Leitung zum Rohölmotor nötig. Auch zum Backofen und für das Gartengießen legte Vater eine Leitung. Der Rohölmotor musste die Schneidmaschine, den Dreschwagen und auch die Schrotmühle in Schwung bringen und auf Touren halten. Das kalte Wasser lief in den Motor hinein und das heiße Wasser heraus.
S'Marerl und der Wasserstoß
Im Winter hat es uns immer wieder die Wasserleitung zum Motor zugefroren. Das war eine Arbeit mit dem Auftauen!
Mit der Lötlampe sind wir dem Übel zu Leibe gerückt. Für den Winter mussten sämtliche Rohrleitungen mit alten Lumpen und mit Stroh eingewickelt und auch die Reserve winterfest gemacht werden. Das Überwasser von der Reserve lief in eine Grube, war die voll, so ließ man in einem kleinen Graben das Wasser den Berg hinunter auf die Wiese. Die Wasserleitung, die zur Reserve gelegt war, hatte im Wald hinten die tiefste Stelle. Von da weg stieg die Leitung den Berg ganz steil hinauf. Da war der Wasserstoß. Der musste alle vier Wochen aufgegraben und die Steckschraube am Tiefstand herausgeschraubt werden. Wasserablesen nannte man das. Da schoss das Wasser ganz rostig und gefärbt aus der Rohrleitung heraus. Im Sommer oder wenn es nicht so kalt war, ist das keine üble Arbeit gewesen, aber im Winter bei 20 Grad und noch mehr! Wie hat es mich da abgespritzt, bis ich bei diesem Wasserdruck die Steckschraube einschrauben konnte! Handschuhe konnte man dabei auch nicht anziehen. Meine Hände waren oft ganz blau vor Kälte. Keines meiner Geschwister wollte das machen im Winter, jedes drückte sich davor. Dem Vater wars halt auch schon zu kalt. Es ist auch einige Male passiert, dass wir das Wasser heimfahren mussten. Im Jahre 1955 hat es die ganze Wasserleitung eingefroren. Auch bei unserem Nachbarn in Strickberg.
Der konnte noch im Wald oben seine Wasserleitung anzapfen. Wir hatten zum Wasserholen ein neues, noch nicht benutztes Jauchefass. Das bauten wir auf einen großen Schlitten (welcher im Winter auch zum Mistfahren oder zu anderen Arbeiten verwendet wurde) auf. Damit stellten wir das Blechfass unter die Zapfstelle. Mit Ochsen wurde das gefüllte Blechfass heimgefahren und sämtliche Wasserbehälter und Grander1) aufgefüllt. Hernach stellten wir den Schlitten mit dem leeren Fass wieder an die Zapfstelle, das der Nachbar für sich füllte und nach Strickberg runterfuhr. So ging das fort bis zum Frühjahr. Als es wärmer wurde, kaufte mein Vater die ganzen Wasserrohre neu. Wir legten eine Freileitung. Kaufen mussten wir die Rohre ohnehin, denn die im Boden liegenden Rohre hat es beim Auftauen alle zerrissen.
Erst später gruben wir die neue Rohrleitung in die Erde ein. Auch im Hochsommer ist es manchmal passiert, dass das Wasser weg war. Meist haben wir es erst bemerkt, wenn die Reserve leer war. In dieser Wassernot haben wir uns bei der Kapelle unten eine kleine Grube ausgegraben, neben einem Bächlein, und das Wasser dort eingeleitet. Für so viele Tiere das Wasser heimfahren, das war eine Arbeit, und das noch während der Erntezeit! In der Brunnenstube, die wir im Wald hatten, nahm ein recht boshafter Mensch den Seiher von der Rohrleitung weg und hat das Rohr verstopft. Auf der Brunnenstube lag nur ein dicker Holzdeckel, den jeder wegheben konnte, der hineinwollte. Der Vater hat dann Betonringe gekauft und eingesetzt und mit einem schweren Betondeckel zugemacht. Wenn wir nun hineinmussten, hatten wir extra ein Hebegerät zum Entfernen des Betondeckels. Einmal hat man auf der Waldstraße, unter der die Wasserleitung durchging, mit einer Holzfuhre die Rohre auseinandergedrückt. Genau bei einer Verbindungsstelle. Da gab es eine harte Arbeit mit Rohrzange und Gewindeschneider, die wir vom Schmied holten. Ein neues Rohrstück musste zurechtgeschnitten und eingesetzt werden. Auch diese Arbeit musste während der Heuernte gemacht werden. Dabei war die Arbeit ohnehin sehr viel.
Sauschlachten und Einsuren
Der Schweinestall wurde in den neuen Stadl eingebaut, neben dem Wohnhaus. Das Schweinefutter wurde in der
Küche zubereitet. In Blecheimern trugen meine Eltern und früher die Dienstboten das Futter in den Flur, dann dem Wohnhaus entlang über die Gred, so hieß das Pflaster, das am Haus entlang in den Schweinestall führte. Ich kann mich noch gut erinnern, wir hatten im Durchschnitt acht Schweine, früher hatten wir auch ein Mutterschwein. Das war lustig, wenn die kleinen Ferkel zur Welt kamen, die waren immer so niedlich. Einige Jahre ging das gut. Plötzlich brachte ein Mutterschwein die Hälfte der kleinen Ferkelchen immer tot zur Welt. Mein Vater hatte sich daraufhin entschlossen, die Schweinezucht aufzugeben. Die kleinen Ferkel zum Großfüttern haben wir uns von den umliegenden Bauern gekauft.
Zwei Schweine im Jahr wurden für uns geschlachtet. Zu Weihnachten eine vier Zentner schwere Sau, die viel Speck hatte. Er wurde abgezogen, auf lange Bretter gelegt und auf den Dachboden des Hauses getragen. Nach einigen Tagen, wenn die Speckschwarten fest waren, wurden die Stücke vom Dachboden geholt und geschnitten. Kleine Stücke mit dem Messer und mit zwei Fleischmaschinen mit Handbetrieb zerkleinert. Damals wusste man noch nichts von einem Elektrowolf. Da kamen auch die Nachbarsleute gerne zum Helfen. Dafür bekamen sie dann Blutwürste. Es ging oft recht lustig zu, Spaß war auch zur damaligen Zeit erlaubt. Der geschnittene Speck wurde in großen Bratpfannen auf der heißen Ofenplatte ausgebraten. Immer wieder musste mit dem Kochlöffel umgerührt werden, damit die Grammen') nicht anbrannten. Das Schweinefett war oben und die Grammen lagen am Boden der Pfanne. War das Grammenzeug schön hellgelb, zog man die Backpfanne vom heißen Herd weg und wartete, bis alles lauwarm war. Inzwischen richtete man sich die Steintöpfe her und eine Seihschüssel. Darüber wurde langsam der Inhalt der Bratpfanne gegossen. Die Grammen ließ man noch gut abtropfen, das roch fein. Sie wurden in einen anderen Tiegel geschüttet und auch aufbewahrt.
Die Grammen nahm man zum Kochen, in Knödeln schmecken sie sehr gut, oder im Strudel. Etwas angewärmt kamen sie aufs Brot zum Dreibrot, wie man die Nachmittagsbrotzeit früher nannte. Mit Schweinefett hat man früher bei den Bauern gebacken, Küchel, Krapfen, Haubn, Hasenöhrl, Zwetschgenbavesen, Apfelscheiben, Nüsserl aus Rahm. Das Schmalzgebackene gab es am Freitag, denn da war Abstinenztag oder beim Dreschen und wenn die Dienstboten wechselten zu Lichtmess und zur Raunacht. Ein weiterer Grund zum Backen war auch gegeben, wenn das Brandschmalz zu Ende war. Brandschmalz war das Schweinefett, worin das sog. Schmalzgebackene ausgebacken wurde. Dieses Brandschmalz wurde auch zum Kochen hergenommen, z. B. zum Sauerkrautschmalzen, zum Schwammerlrösten und zum Nudlbraten. Zum Pfannenkuchenbacken gabs Butterfett. Auch das hatten die Bauern selbst. In meiner Kindheit gab es noch keine Milch- und Rahmlieferung, alles blieb im Haus und damit auch die viele Arbeit.
Im Sommer, wenn etwas kühlere und regnerische Tage waren, schlachteten wir ein kleineres Schwein. So ungefähr 1 1/2 bis 2 Zentner schwer. Das Fleisch wurde in Kübel eingehackt und eingesurt, genauso wie das Fleisch von der Winterschlachtung. Die Kübel kamen in den Keller, der sehr kühl war. Das Fleisch wurde in die Kübel eingerichtet, eingesalzen und dazwischen Salz, Zwiebel und Knoblauch gestreut, am Schluss kam der Holzdeckel darauf und mit einer Holzschraube wurde das Fleisch gepresst. Jeden Tag wurde die Holzschraube nachgezogen, bis die Sursoße3> schön über dem Deckel stand. So blieb das Fleisch einige Wochen im Keller stehen. Das knochige Surfleisch verblieb in den Fleischkübeln und wurde als gekochtes Fleisch mit Knödel oder als Surbraten zum Mittagessen bereitet. Das schöne knochenlose Surfleisch wurde aus den Fleischkübeln rausgenommen, an einem Ende wurde der Fleischranken durchstochen mit einer Hakennadel, feste Spagatschnur durchgezogen und eine Schlinge geknüpft. So wurde jeder Surranken an die Räucherstange gehängt. Die Räucherkammer war im Dachboden an den Kamin angebaut.
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Bibliographische Angaben
- Autor: Maria Gruber
- 256 Seiten, teilweise Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 13,5 x 19,2 cm, Geb. mit Su.
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3863650778
- ISBN-13: 9783863650773
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