Schrei nach Vergeltung
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Star Wars - Jedi Padawan: Schreinach Vergeltung vonJude Watson
LESEPROBE
Die Leuchtröhren in dem großen Gebäude waren auf halbe Kraftheruntergefahren und auf ein sanftes Blau eingestellt. Die Korridore warenverlassen und dunkel. Vor einer Doppeltür aus schwarzem Glas stand eineeinzelne Glassäule von der Größe eines Menschen, die sanft und stetig leuchtete.Blau war auf dem Planeten New Apsolon die Farbe der Trauer. Zum Gedenken anjeden, der sein Leben durch Ungerechtigkeit verloren hatte, wurde eineGlassäule aufgestellt. Und dieser schlanke Kristallschaft erinnerte an die Jedi-RitterinTahl. Manex, der Bruder des verstorbenen Gouverneurs von New Apsolon, Roan,hatte den Jedi sein Haus angeboten, damit sie ungestört trauern konnten. Manexhatte versucht, Tahls Leben zu retten, indem er die besten Mediziner von NewApsolon zu ihrer Behandlung gerufen hatte. Als sie schließlich doch gestorbenwar, hatte er alle weiteren Maßnahmen eingeleitet und sich selbst auf die Suchenach einer Lichtsäule gemacht, die ihren Geist verkörpern sollte. Obi-WanKenobi fiel es schwer, sich dankbar zu zeigen. Er vertraute Manex nicht. Ertraute weder seinem großen Reichtum noch seinem Charakter. Manex interessiertesich nicht für das Wohlbefinden anderer, sondern nur für sein eigenes. Weshalbwar er so freundlich zu den Jedi? Obi-Wan wünschte, er könnte mit seinemMeister darüber reden. Doch Qui-Gon Jinn war nicht erreichbar. Er war in TahlsZimmer gegangen und seitdem nicht mehr herausgekommen. Obi-Wan saß draußen aufdem Boden. Zunächst hatte er gestanden, doch irgendwann war er so erschöpft,dass er sich hinsetzen musste. Jetzt wollte er sich eigentlich hinlegen, andererseitswollte er aber so lange wie möglich wach bleiben. Das war das Einzige, was erseiner Meinung nach für seinen Meister tun konnte. Der Schock klang zwarlangsam ab, doch Obi-Wan fiel es immer noch schwer, Tahls Tod zu akzeptieren.Er musste nun einer Zukunft ohne ihren Charakter, ihren Humor und ihrebestechende Intelligenz entgegensehen. Wie oft hatte ihn ein freundliches Wortoder ein Lächeln von ihr wieder aufgerichtet. Tahl hatte seinen Meister Qui-GonJinn besser gekannt als irgendjemand sonst. Sie hatte auch Obi-Wan geholfen,den großen Jedi zu verstehen. Obi- Wan hatte sie sogar in Verdacht, ihn undQui-Gon wieder zusammengebracht zu haben, nachdem er einmal den Jedi-Ordenverlassen hatte. Das hatte eine tiefe Kluft zwischen Obi-Wan und Qui-Gongerissen, die nur schwer wieder heilen wollte. Doch Obi-Wan hatte immer wieder Trostaus dem Gefühl geschöpft, dass Tahl bei Qui-Gon für seine Wiederaufnahmeeingetreten war. Sie hatte mehr als jeder andere verstanden, weshalb er sichfür seinen Austritt entschieden hatte. Sie hatte gewusst, dass Obi-Wan eineLektion über seinen eigenen Charakter gelernt hatte und sie hatte gewollt, dassQui-Gon ihm eine zweite Chance gab. Er hatte als Jedi-Schüler eine Mengegelernt - wie man Angst in Entschlossenheit wandeln konnte, wie man Disziplin inWillenskraft umsetzen konnte. Aber wie konnte man Trauer in Akzeptanzverwandeln? Er konnte ihren Tod nicht akzeptieren. Und doch musste er irgendwienach vorn schauen, bis er ihn vielleicht irgendwann einmal akzeptieren konnte. Zunächstwar er so voller Schmerz gewesen, dass er kaum hatte nachdenken können. Tahlwar von Balog entführt worden, dem Obersten Sicherheitsoffizier des Planeten. Erhatte sie betäubt und in einen Behälter der so genannten sinnesblockierendenInternierung gesperrt, in dem früher politische Gefangene von New Apsolongefoltert worden waren. Als Qui-Gon und Obi-Wan sie endlich befreit hatten, warsie sehr schwach gewesen. Doch Obi- Wan war sich sicher gewesen, dass Tahlsenorme Kraft gemeinsam mit ihrer Jedi-Macht sie retten würde. Nicht eineSekunde lang hatte er angenommen, dass sie sterben würde. Und auch sein Meisterhatte damit nicht gerechnet, dessen war er sich sicher. Als Obi-Wan in TahlsZimmer im Med Center gelaufen war, hatte er Qui-Gon über ihren reglosen Körpergebeugt vorgefunden. Er hatte auf den Displays der Sensoren gerade, glatteLinien gesehen - Ausdruck für das Verschwinden ihrer Lebenszeichen. Und Qui- Gonhatte sich nicht bewegt. Er hatte ihre Hand gehalten und seine Stirn gegen dieihre gepresst. Obi-Wan hatte seinen Schmerz nicht nur gesehen, er hatte ihngespürt wie einen lebenden Schatten im Zimmer. In diesem Augenblick war ihmklar geworden, dass Qui-Gon für Tahl mehr empfunden haben musste als nurfreundschaftliche Verbundenheit. Seine Gefühle waren so tief und vielschichtiggewesen wie der Mann selbst. Qui-Gon hatte sie geliebt. Jetzt gab es nichts,was Obi-Wan für seinen Meister tun konnte. Qui-Gon hatte weder auf seine Wortenoch auf seine Gegenwart reagiert. Obi-Wan wünschte sich verzweifelt, älter alssechzehn zu sein. Vielleicht hätte er mit etwas mehr Reife gewusst, wie manjemanden tröstete, dessen Welt gerade zusammengestürzt war. Es tat ihm weh,Qui-Gon so leiden zu sehen. Nur einmal hatte sein Meister Tahls Zimmerverlassen, um etwas Dringendes zu erledigen. Bei seiner Rückkehr hatte er Obi-Wannur erklärt, dass er zwei weitere Sucher-Droiden gefunden hatte. Er hatte sielosgeschickt, um Balog zu finden. Dann hatte er sich wieder zu Tahls Zimmerumgewandt. Kann ich etwas für Euchtun, Meister?", hatte Obi- Wan gefragt. Nichts", hatte Qui-Gon zurückgegebenund die Tür hinter sich geschlossen. Obi-Wan war an Schweigen zwischen ihnenbeiden gewöhnt. Oftmals war es sogar eine Form der Kommunikation. Er hatte imLaufe der Zeit begriffen, dass sein Meister ein Mann weniger Worte war. Aberdieses Schweigen war anders. Er konnte es nicht einordnen. Die Worte, die Qui-Gonan Tahls Sterbebett gesagt hatte, gingen Obi- Wan wieder und wieder durch denKopf: Es gibt für mich jetzt keine Hilfe. Nur Vergeltung." Vergeltung. Obi-Wanhatte dieses Wort noch nie aus Qui-Gons Mund gehört. Es war kein Ansinnen, dasdie Jedi jemals unterstützen würden. Keine Rache, nur Gerechtigkeit. DieseRegel war in das Herz eines jeden Jedi graviert. Rachsucht führte zur dunklenSeite. Sie führte den Verstand in die Irre und ließ die Pflicht zu etwasverkommen, das voller Egoismus und Dunkelheit war. Kämpfte Qui-Gon gegen diedunkle Seite in seinem Innern? Balog hatte ihm das Liebste genommen, was er besaß.Und er hatte es auf die grausamste Art getan, die man sich denken konnte. Erhatte Minute um Minute Tahls Kraft entzogen. Hatte Qui-Gon die Sucher-Droidenauf Balog angesetzt, damit er ihn umbringen konnte?
© Dino Entertainment AG, 2002
Übersetzung: Dominik Kuhn
- 2002, 160 Seiten, Maße: 18 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Von Jude Watson
- Verlag: Panini Books
- ISBN-10: 3897485494
- ISBN-13: 9783897485495
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