Schwarzes Geheimnis / Die Herren der Unterwelt Bd.7
Roman. Deutsche Erstausgabe
Die preisgekrönte Erfolgssaga "Die Herren der Unterwelt" geht weiter! New York Times-Bestsellerautorin Gena Showalter verleiht dem Genre Romantasy eine ganz neue Stimme.
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Produktinformationen zu „Schwarzes Geheimnis / Die Herren der Unterwelt Bd.7 “
Die preisgekrönte Erfolgssaga "Die Herren der Unterwelt" geht weiter! New York Times-Bestsellerautorin Gena Showalter verleiht dem Genre Romantasy eine ganz neue Stimme.
Klappentext zu „Schwarzes Geheimnis / Die Herren der Unterwelt Bd.7 “
Dunkelste Gedanken, böseste Absichten es gibt nichts, was der unsterbliche Krieger Amun als Hüter des Dämons der Geheimnisse nicht lesen und damit auch manipulieren könnte. Diese Fähigkeit ist auch bei anderen unsterblichen Gestalten sehr begehrt. Selbstauferlegte Isolation scheint Amuns einziger Ausweg zu sein, um sich vor den Qualen der fremden Geheimnisse zu schützen.Doch die Versuchung, sich wider alle Vernunft der Welt zu öffnen, wird immer größer, als er die betörende Haidee kennenlernt eine Dämonen-Jägerin, die geschickt wurde, um Amun zu töten
Dunkelste Gedanken, böseste Absichten - es gibt nichts, was der unsterbliche Krieger Amun als Hüter des Dämons der Geheimnisse nicht lesen und damit auch manipulieren könnte. Diese Fähigkeit ist auch bei anderen unsterblichen Gestalten sehr begehrt. Selbstauferlegte Isolation scheint Amuns einziger Ausweg zu sein, um sich vor den Qualen der fremden Geheimnisse zu schützen. Doch die Versuchung, sich wider alle Vernunft der Welt zu öffnen, wird immer größer, als er die betörende Haidee kennenlernt - eine Dämonen-Jägerin, die geschickt wurde, um Amun zu töten ...
Lese-Probe zu „Schwarzes Geheimnis / Die Herren der Unterwelt Bd.7 “
Schwarzes Geheimnis von Gina Showalter1. KAPITEL
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Strider, Hüter des Dämons Niederlage, stürmte durch breite Tore in die Budapester Burg, die er mit einer stetig wachsenden Zahl von Freunden bewohnte - Brüder und Schwestern durch das gemeinsam Erlebte statt durch Herkunft, weshalb sie einander nur umso näher standen -, und kämpfte gegen einen wahren Glücksrausch an.
Er hatte es verdammt noch mal getan. Es. Getan. Nachdem er seinen Feind quer über den Kontinent gejagt hatte; bei Verhandlungen eine von vier göttlichen Reliquien verloren hatte, die unentbehrlich waren, um die Büchse der Pandora zu finden und zu zerstören - dafür würde man ihm ordentlich den Hintern versohlen -; nachdem er bei lebendigem Leib von Insekten aufgefressen worden und schließlich (hüstel) einer Frau ins Messer gerannt war (hüstel), hatte er endlich gewonnen. Und er war verdammt noch mal in Feierlaune.
"Ich bin der König der Welt, Leute. Kommt her und sonnt euch in meinem Ruhm." Erwartungsfroh und voller Eifer hallte seine Stimme im Foyer wider. Doch niemand reagierte auf seine Begrüßung.
Egal. Grinsend brachte er die bewusstlose Frau, die über seiner Schulter hing, in eine bequemere Position. Bequemer für ihn. Sie war der Feind, den er gejagt hatte, und die Frau, die seine Bauchspeicheldrüse auf äußerst uncharmante Art mit ihrem Messer bekannt gemacht hatte. Er konnte es kaum erwarten, allen zu erzählen, dass er geschafft hatte, was sie nicht auf die Reihe gekriegt hatten. Er hatte sie eingesackt, Baby!
"Daddy ist zu Hause. Ist jemand da?"
Wieder keine Antwort. Sein Grinsen flaute leicht ab.
Verflucht. Bei der kleinsten Niederlage krümmte er sich tagelang vor Schmerzen. Aber wenn er gewann ... Götter, das war wie ein Orgasmus. In seinen Adern pulsierte die Energie, machte ihn heiß, setzte ihn unter Hochspannung. Dieser Enthusiasmus verlangte danach, geteilt zu werden. Zum Teufel! In dieser Burg lebten zwölf Krieger samt ihren Gefährtinnen, und dennoch erwartete ihn niemand? Obwohl das Gelände inzwischen mit einem mörderischen Zaun abgeriegelt war und von Kameras überwacht wurde - und irgendwer vor nicht mal fünf Minuten den Summer für ihn hatte drücken müssen?
Das passte doch nicht zusammen.
Wahrscheinlich habe ich das verdient, dachte er. Sieben Tage waren vergangen, seit er zuletzt eine SMS geschickt oder angerufen hatte. Auch wenn das theoretisch nicht seine Schuld war. Er war einfach zu beschäftigt damit gewesen, sein kleines Mitbringsel unter Kontrolle zu kriegen. Und als sie ihm beim letzten Update mitgeteilt hatten, die Gefahr sei vorüber und alle könnten zur Burg zurückkehren, hatte er seine panischen Muss-wissen-ob-es-allen-gut-geht-Anrufe eingestellt.
Also: alles keine große Sache. Dass niemand mit ihm feiern wollte, kam ihm sogar ganz gelegen. Denn so konnte er ungestört eine kleine Aufgabe erledigen.
"Danke, Leute. Ihr seid die Besten. Wirklich." Und ihr könnt mich alle mal kreuzweise!
Strider marschierte weiter. Um sich aufzuheitern, stellte er sich das Gesicht seiner Gefangenen vor, wenn sie aufwachte und sich in einer winzigen Zelle wiederfände. Das wird ein Spaß. Dann blieb sein Blick an der Umgebung hängen, die ihm gänzlich unvertraut vorkam, und auch die letzten Überreste seines Lächelns erstarben. Abrupt blieb er stehen.
Er war nur ein paar Wochen weg gewesen, genau wie die anderen - jedenfalls hatte er das gedacht. Doch in dieser Zeit hatte irgendjemand das heruntergekommene Monstrum von Burg, das sie ihr Zuhause nannten, in eine wahre Villa verwandelt. Der Boden, der einst aus bröckelndem Gestein und Mörtel bestanden hatte, glänzte jetzt in weißem Marmor, durch den sich bernsteinfarbene Adern zogen. Und die ehemals genauso verwitterten Wände zeigten sich nun in einem Gewand aus sorgfältig poliertem Rosenholz.
Zuvor war die breit geschwungene Treppe an vielen Stellen abgenutzt und brüchig gewesen; jetzt erstrahlte sie förmlich in makelloser Schönheit, und ein goldener Handlauf wand sich von unten nach oben. In einer Ecke der Eingangshalle stand ein weißer, mit Samt bezogener Sessel vor einer verspiegelten Wand, und darüber thronten in Glaskästen diverse kostbare Antiquitäten: bunte Vasen, mit Juwelen besetzte Schmuckschatullen sowie alte Pfeilspitzen.
Nichts davon war vor seiner Abreise da gewesen.
So viele Veränderungen in weniger als einem Monat? Das schien unmöglich, selbst wenn andauernd irgendwelche Titanengötter unangekündigt bei ihnen hereinplatzten. Denn diese Götter beschäftigten sich eher mit Mord und Chaos als mit Innenarchitektur. Aber vielleicht ... Vielleicht war Strider bei all der Selbstbeweihräucherung auch ins falsche Haus marschiert. War alles schon vorgekommen.
Wie um alles in der Welt sollte er erklären, warum er dieses zerschundene, rußverschmierte Bündel über der Schulter trug? Das würde er wohl kaum schaffen, ohne eine Weile ins Gefängnis zu wandern. Und auch die Blutspritzer auf seinen Klamotten glaubhaft zu erklären wäre eine echte Herausforderung.
Nein, dachte er im nächsten Moment. Hier bin ich auf jeden Fall richtig. Neben der Treppe hing ein Bild von Sabin, dem Hüter des Dämons Zweifel. Ein Aktbild. Es gab nur eine Person, die den Mumm hatte, einen knallharten Kerl wie Sabin derart durch den Kakao zu ziehen. Anya, Göttin der Anarchie und Quelle aller Unordnung, die zufälligerweise mit Lucien verlobt war, dem Hüter von Tod. Ein seltsames Paar, fand Strider. Doch solange ihn niemand nach seiner Meinung fragte, behielt er sie lieber für sich. Er wollte ja nicht riskieren, sein bestes Stück zu verlieren. Anya ging nämlich nicht gerade zimperlich mit denen um, die an ihr zweifelten.
"Jo, Tor-Tor", rief er jetzt.
Torin, Hüter des Dämons Krankheit. Der Kerl verließ niemals die Burg. Er war immer hier, überwachte die Monitore und sorgte dafür, dass ihr Zuhause frei von Eindringlingen blieb. Nebenbei spielte er immerzu an seinen Computern herum und brachte ihrer Miniatur-Armee auf diese Weise haufenweise Zaster ein.
Zuerst kam auch diesmal keine Antwort, und abermals vernahm Strider nur das Echo seiner eigenen Stimme. Allmählich begann er, sich Sorgen zu machen. War irgendeine Katastrophe geschehen? Die Auslöschung aller Dämonen? Und wenn ja: Warum lebte er dann noch? Oder hatte Kane, Hüter Aller Möglichen Lästigkeiten, eine schlechte Woche gehabt und ...
Endlich hörte er Schritte, die sich näherten. Erleichterung machte sich in ihm breit. Er schaute die Stufen hinauf und sah Torin, der auf einem Treppenläufer mit Zebramuster stand, an den Strider sich ebenfalls nicht erinnern konnte. Das weiße Haar fiel locker um das teuflisch gutaussehende Gesicht des Kriegers und ließ seine smaragdgrünen Augen leuchten.
"Willkommen zu Hause", brummte Torin und fügte hinzu: "Du Arschloch." "Nette Begrüßung."
"Du rufst nicht an, schreibst nicht mal eine SMS und erwartest hier großen Bahnhof; Gedichte und Blumen?"
"Genau."
"Typisch."
Torin war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Sogar seine Hände waren in weiche schwarze Lederhandschuhe gehüllt. Vom modischen Standpunkt aus betrachtet waren die Handschuhe etwas zu viel des Guten. Aber um die Menschheit zu schützen, waren sie unumgänglich. Torin brauchte nur ein einziges Mal jemanden mit bloßer Haut zu berühren, und die Seuche nahm ihren Lauf. Sein Dämon pumpte irgendeine widerliche Krankheit durch seine Adern, mit der man sich schon durch die winzigste Berührung anstecken konnte. Auch Strider. Als Unsterblicher würde er zwar nicht an einem kleinen Husten/Fieber/blutigem Erbrechen sterben. Im Gegensatz zu den Menschen, die davon womöglich auf der ganzen Welt dahingerafft würden. Allerdings würde er die Krankheit wiederum auf jeden übertragen, den er berührte, und da er hin und wieder gerne mal eine Frau verführte, konnte er auf Körperkontakt nicht verzichten.
"Und, alles okay hier?", erkundigte sich Strider. "Alle wohlauf?"
"Auf einmal interessiert dich das, ja?"
"Ja."
"Auch typisch. Aber gut: Im Grunde ist alles in Ordnung. Viele sind unterwegs, verstecken die Artefakte oder sind auf der Suche nach dem letzten. Und der Rest jagt Galen." Torin kam herunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und blieb am Fuß der Treppe stehen - außerhalb von Striders Reichweite. Wie immer. Er warf einen kurzen Blick auf die Frau, und in seinen Augen blitzte Belustigung auf. "Dann bist du wohl der Nächste, der sich verknallt, hm? Idiot! Ich dachte, du wärst klüger."
"Vergiss es. Mit diesem Miststück will ich nichts zu tun haben." Eine Lüge. Während ihrer scheinbar endlosen Reise war sein Begehren immer größer geworden. Dafür hatte er sich gehasst. Sie mochte der Sex in Person sein - aber auch der Tod in Wartestellung.
Torin verzog seinen Mund, der für einen Mann außergewöhnlich sinnlich war, zu einem breiten Grinsen. "Dasselbe hat Maddox über Ashlyn gesagt, Lucien über Anya, Reyes über Danika, Sabin ..."
"Schon gut. Ich hab's kapiert." Strider verdrehte die Augen. "Du kannst jetzt die Klappe halten." Auch wenn er zugeben musste, dass der punkige Style dieser Frau ihn anmachte, wäre er niemals so dumm, etwas mit ihr anzufangen.
Er bevorzugte fügsame Frauen. Und zurechnungsfähige.
Lügner. Du stehst auf die hier. Und zwar genau so, wie sie ist. Er wünschte, er hätte diese Äußerung seinem Dämon in die Schuhe schieben können, aber ... Selbst jetzt, beim bloßen Gedanken an sie, machte sich sein Körper bereit.
Torin verschränkte die Arme vor der Brust. "Was ist sie denn eigentlich? Ein Mensch mit übernatürlichen Fähigkeiten? Eine Göttin? Eine Harpyie?"
Die Männer, die hier lebten, neigten tatsächlich dazu, sich Frauen aus Mythen und Legenden auszusuchen. Frauen, die weitaus mächtiger waren als ihre Dämonen. Ashlyn hörte Stimmen aus der Vergangenheit, Anya konnte (unter anderem) mit der Kraft ihrer Gedanken Brände entfachen, Danika hatte Visionen aus dem Himmel und der Hölle, und Sabins Frau Gwen ... Tja, sie besaß eine dunkle Seite, die man erst kennenlernte, kurz bevor man starb. Qualvoll.
"Mein lieber Freund, was ich hier habe, ist eine waschechte Jägerin." Strider schlug ihr fest auf den Hintern - als hätte dort eine Fliege gesessen, die er unbedingt hatte töten müssen. Das sollte demonstrieren, wie egal sie ihm war. Nur warum er seinem Freund nicht sagte, um welche Jägerin es sich handelte - wo er doch kurz zuvor noch so aufgeregt gewesen war -, wusste er nicht. Nein, eigentlich wusste er es genau. Die Müdigkeit. Ja, er war hundemüde, das war alles, und er wollte jetzt nicht mit Lob überhäuft werden. Morgen, nach einem ausgedehnten Schläfchen, würde er alles ausführlich erzählen.
Die Frau reagierte nicht auf seinen festen Klaps, aber das hatte er auch nicht erwartet. Schließlich hatte er sie wiederholt unter Drogen gesetzt, während er sie vom einen Ende der Welt ans andere geschleppt hatte. Von Rom über Griechenland nach New York, weiter nach L.A. und schließlich nach Budapest. Und alles nur, um ihre Gefolgschaft gehörig in die Irre zu führen. Die würden sie niemals retten.
Wir haben gewonnen!, jubelte sein Dämon lachend.
Allerdings. Er bebte vor Freude.
"Eine Jägerin?" Jegliche Belustigung verschwand aus dem Gesicht seines Freundes. Das Leuchten in seinen Augen erstarb, und aus Smaragden wurde messerscharfer Stahl.
"Ich fürchte ja." Die Jäger. Ihre größten Feinde. Diese Fanatiker, die ihn und seine Freunde ein für alle Mal vernichten wollten. Die Bastarde, die in ihnen die Verkörperung des Bösen sahen. Die Arschlöcher, die sie für alles Übel der Welt verantwortlich machten. Das Beste an diesen Irren war, dass Strider sie in die heißesten Tiefen der Hölle schicken würde, einen Soldaten nach dem anderen. Oder, wenn gerade Granaten zur Hand waren, ein paar Hundert auf einmal. Je nach Laune.
"Du hättest sie einfach kaltmachen sollen", tadelte Torin ihn. "Jetzt will Sabin bestimmt mit ihr reden."
"Reden" war in Sabins Vokabular gleichbedeutend mit Folter.
"Ich weiß. Deshalb ist sie ja noch am Leben." Sie hatte Informationen über die Götter, die die Herren der Unterwelt wie Marionetten benutzten. Und sie konnte Dinge tun, unmögliche Dinge. Wie zum Beispiel aus bloßer Luft Waffen hervorzaubern. Das konnten eigentlich nur Kriegerengel. Jedenfalls hatte er das angenommen. Das Ding war bloß: Sie war kein Engel. Und nicht nur, weil sie keine Flügel besaß. Das Weib hatte Feuer.
Strider wollte wissen, wie viel sie wusste und wie sie tat, was sie tat.
Aber von all dem mal abgesehen war er dummerweise einfach nicht in der Lage gewesen, seinen Job - auch bekannt als: Jägermüll entsorgen - zu erledigen. Jedes Mal, wenn er es versucht hatte, war sein Blick an ihrem hübschen Gesicht hängen geblieben, und er hatte gezögert. Das Zögern war nach kurzer Zeit einem brennenden Verlangen gewichen, und er hatte den Drang niederkämpfen müssen, sie zu küssen. Daran, sie "kaltzumachen", hatte er keine Sekunde mehr gedacht.
Sabin würde ihm diesen Blödsinn nicht durchgehen lassen. Er würde Strider so lange triezen, bis er endlich handelte. Dann bliebe ihm nichts anderes übrig, als Anlauf zu nehmen und den Ball ins Tor zu zimmern. Denn ... Er ballte die Fäuste. Denn diese Frau, diese wandelnde Abscheulichkeit ...
Er biss so fest die Zähne zusammen, dass ihm der Schmerz bis in die Schläfen und weiter direkt ins Gehirn fuhr. Das geschah jedes Mal, wenn er daran dachte, was sie getan hatte.
Diese Frau hatte dabei geholfen, seinen Freund Baden zu enthaupten, den einstigen Hüter von Misstrauen.
Das würde Strider niemals vergessen, geschweige denn vergeben.
Die Enthauptung lag schon viele Tausend Jahre zurück, doch es tat noch immer so weh, als wäre es erst an diesem Morgen geschehen. An jenem Tag war zusammen mit seinem Freund auch ein Teil seiner Seele gestorben. Und wie die Frau auf dem Weg zur Burg hatte erfahren müssen, war auch ein großer Teil seines Herzens verkümmert.
Gnade war nicht gerade etwas, das ihn auszeichnete. Nicht mehr. Und schon gar nicht ihr gegenüber.
Er hatte gedacht, er hätte sie bereits vor Jahrhunderten aus Rache getötet. Er erinnerte sich an den Schlag seiner Klinge, an den tiefroten Strom ihres Blutes und an den metallischen Gestank des Todes in der Luft. An das Geräusch, mit dem ihr Körper auf den Steinboden gesackt war, an ihren letzten röchelnden Atemzug. Und dennoch war sie hier - quicklebendig und auf dem besten Weg, ihn um den Verstand zu bringen.
Vielleicht hatte er sie getötet. Vielleicht war sie wiedergeboren worden. Oder vielleicht hatte man ihre Seele in einen anderen Körper gesteckt. Womöglich war dieses Miststück aber auch noch viel unsterblicher als er und hatte sich nach der Enthauptung irgendwie wieder erholt. Er wusste es nicht, und es war ihm auch egal.
Es zählte nur eins: Sie war Hadiee aus dem antiken Griechenland. Okay, sie nannte sich inzwischen Haidee. Aus Had-i-ay war Hay-di geworden. Offenbar hatte sie sich einen moderneren Namen verpasst. Aber das war ihm schnurz. Er nannte sie Ex - kurz für Dämonenexekutorin, und genau das war sie.
Der Beweis für ihre Verbrechen glimmte noch immer in ihren Augen. In diesen wintergrauen, kalten Augen. Er war in dem Stolz zu hören, der in ihrer Stimme lag, wenn sie von jener verhängnisvollen Nacht sprach - Seinen Kopf rollen zu sehen war ein herrlicher Anblick. Findest du nicht auch? -, und er sprach aus den Tätowierungen auf ihrem Rücken. Tätowierungen, die den aktuellen Punktestand zeigten: Haidee I. Herren IIII.
Sie hatte alles verdient, was er und Sabin ihr antun würden.
"Ich bringe sie jetzt in den Kerker", verkündete er. Noch nie zuvor hatte er diese Mischung aus Genuss und Bedauern in seiner eigenen Stimme vernommen. Erneut setzte er sich in Bewegung und rief über die Schulter: "Wenn du so lieb wärst und Zweifi-Popeifi informierst, dass ..."
"Geht nicht, Strideylein. Es gibt da nämlich etwas, das du dir unbedingt ansehen musst." Angst und düstere Erwartung klangen aus seinen Worten.
Den linken Fuß noch in der Luft blieb Strider abrupt stehen. Um ein Haar wäre ihm das immer noch bewusstlose Bündel Frau von der Schulter gerutscht. Langsam drehte er sich um, rückte Ex wieder zurecht und sah Torin ins Gesicht. Als er registrierte, wie blass sein Freund plötzlich war - unter der blassen Haut waren feine blaue Venen zu erkennen -, keimte auch in ihm Angst auf. "Du hast doch gesagt, es wäre alles in Ordnung. Was ist denn los?"
Torin schüttelte den Kopf. "Dafür gibt es keine Worte, das musst du sehen. Und außerdem habe ich gesagt, dass im Grunde alles in Ordnung ist. Aber jetzt komm."
"Die Frau ..."
"Nimm sie mit. Man wird sich schon um sie kümmern, du wirst sehen." Im nächsten Moment eilte er auch schon die Treppe hinauf, und wieder nahm er zwei Stufen auf einmal.
Mit wachsender Furcht folgte Strider ihm, wobei Ex im Rhythmus seiner Schritte auf seiner Schulter auf und ab hüpfte. Wäre sie bei Bewusstsein gewesen, hätte sie nur mühsam Luft bekommen und vor Schmerzen gestöhnt, so heftig rammten seine Knochen mit jeder Stufe in ihren Magen. Und sie hätte sich mit einer Kampferfahrenheit gewehrt, die ihresgleichen suchte.
Schade, dass die Medikamente so gut wirkten. Ein kleiner Kampf hätte jetzt sicher seine Nerven beruhigt.
Was war nur so wichtig, dass Torin ihm nicht mal die wenigen Minuten gewährte, die es brauchte, um eine beschissene Jägerin einzusperren?
Seine Gedanken zerfaserten in dem Moment, als er den oberen Treppenabsatz erreichte.
Ihm blieb die Luft weg. Engel. So viele Engel. Kein Wunder, dass die Burg neu dekoriert war. Von wegen göttliche Einmischung. Die Engel waren dafür verantwortlich. Die mochten schöne Dinge.
Sie standen an der Wand, Flügel an Flügel. Weiße, mit goldenen Federn durchwirkte Flügel. Die Flügel von Kriegerengeln. Sie sättigten die Luft mit einer Duftkomposition aus Orchideen, frischem Morgentau, Schokolade und Champagner. Bei unterschiedlichen Größen unterschritten sie doch nie die Einsneunzig-Marke, und die Muskeln unter den weißen, ziemlich mädchenhaften Roben machten denen von Strider Konkurrenz.
Die meisten waren Männer, aber sie alle waren Dämonenmörder. Dafür ausgebildet, zu jagen, zu zerstören und - sofern sie dazu bemächtigt waren - zu beschützen. Da sie nicht auf ihn zugestürmt kamen und Feuerschwerter aus der Luft hervorzauberten, ging er davon aus, dass Letzteres der Grund für ihren Besuch war.
Auf der Suche nach Antworten musterte er sie eindringlich. Insgesamt dreiundzwanzig, aber nicht einer sah in seine Richtung. Sie hielten den Blick stur geradeaus gerichtet, die Körperhaltung aufrecht und die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Kein Geräusch war zu hören. Nicht einmal ihr Atem.
Körperlich ... bezauberten sie ihn. Und ja, es war ihm höllisch peinlich, sich das einzugestehen. Aber die Anziehung, die von ihnen ausging, war einfach faszinierend. Hypnotisierend. Sie waren eine Droge für seine Augen.
Ihre Haare hatten alle möglichen Schattierungen - von der schwärzesten Nacht bis zum weißesten Schnee. Am liebsten aber mochte er das Gold. So rein und so fließend wie ein Schatz, der eingeschmolzen und mit den Strahlen der Sommersonne vermischt worden war. Voll und dynamisch. Beinahe ... lebendig. Aber natürlich würde er es niemals wagen, sie wegen ihrer weibischen Züge aufzuziehen.
Auch wenn sie ihn weder angriffen noch in seine Richtung sahen, strahlten sie etwas Tödliches aus.
...
Übersetzung: Maike Müller
© MIRA Taschenbuch
Strider, Hüter des Dämons Niederlage, stürmte durch breite Tore in die Budapester Burg, die er mit einer stetig wachsenden Zahl von Freunden bewohnte - Brüder und Schwestern durch das gemeinsam Erlebte statt durch Herkunft, weshalb sie einander nur umso näher standen -, und kämpfte gegen einen wahren Glücksrausch an.
Er hatte es verdammt noch mal getan. Es. Getan. Nachdem er seinen Feind quer über den Kontinent gejagt hatte; bei Verhandlungen eine von vier göttlichen Reliquien verloren hatte, die unentbehrlich waren, um die Büchse der Pandora zu finden und zu zerstören - dafür würde man ihm ordentlich den Hintern versohlen -; nachdem er bei lebendigem Leib von Insekten aufgefressen worden und schließlich (hüstel) einer Frau ins Messer gerannt war (hüstel), hatte er endlich gewonnen. Und er war verdammt noch mal in Feierlaune.
"Ich bin der König der Welt, Leute. Kommt her und sonnt euch in meinem Ruhm." Erwartungsfroh und voller Eifer hallte seine Stimme im Foyer wider. Doch niemand reagierte auf seine Begrüßung.
Egal. Grinsend brachte er die bewusstlose Frau, die über seiner Schulter hing, in eine bequemere Position. Bequemer für ihn. Sie war der Feind, den er gejagt hatte, und die Frau, die seine Bauchspeicheldrüse auf äußerst uncharmante Art mit ihrem Messer bekannt gemacht hatte. Er konnte es kaum erwarten, allen zu erzählen, dass er geschafft hatte, was sie nicht auf die Reihe gekriegt hatten. Er hatte sie eingesackt, Baby!
"Daddy ist zu Hause. Ist jemand da?"
Wieder keine Antwort. Sein Grinsen flaute leicht ab.
Verflucht. Bei der kleinsten Niederlage krümmte er sich tagelang vor Schmerzen. Aber wenn er gewann ... Götter, das war wie ein Orgasmus. In seinen Adern pulsierte die Energie, machte ihn heiß, setzte ihn unter Hochspannung. Dieser Enthusiasmus verlangte danach, geteilt zu werden. Zum Teufel! In dieser Burg lebten zwölf Krieger samt ihren Gefährtinnen, und dennoch erwartete ihn niemand? Obwohl das Gelände inzwischen mit einem mörderischen Zaun abgeriegelt war und von Kameras überwacht wurde - und irgendwer vor nicht mal fünf Minuten den Summer für ihn hatte drücken müssen?
Das passte doch nicht zusammen.
Wahrscheinlich habe ich das verdient, dachte er. Sieben Tage waren vergangen, seit er zuletzt eine SMS geschickt oder angerufen hatte. Auch wenn das theoretisch nicht seine Schuld war. Er war einfach zu beschäftigt damit gewesen, sein kleines Mitbringsel unter Kontrolle zu kriegen. Und als sie ihm beim letzten Update mitgeteilt hatten, die Gefahr sei vorüber und alle könnten zur Burg zurückkehren, hatte er seine panischen Muss-wissen-ob-es-allen-gut-geht-Anrufe eingestellt.
Also: alles keine große Sache. Dass niemand mit ihm feiern wollte, kam ihm sogar ganz gelegen. Denn so konnte er ungestört eine kleine Aufgabe erledigen.
"Danke, Leute. Ihr seid die Besten. Wirklich." Und ihr könnt mich alle mal kreuzweise!
Strider marschierte weiter. Um sich aufzuheitern, stellte er sich das Gesicht seiner Gefangenen vor, wenn sie aufwachte und sich in einer winzigen Zelle wiederfände. Das wird ein Spaß. Dann blieb sein Blick an der Umgebung hängen, die ihm gänzlich unvertraut vorkam, und auch die letzten Überreste seines Lächelns erstarben. Abrupt blieb er stehen.
Er war nur ein paar Wochen weg gewesen, genau wie die anderen - jedenfalls hatte er das gedacht. Doch in dieser Zeit hatte irgendjemand das heruntergekommene Monstrum von Burg, das sie ihr Zuhause nannten, in eine wahre Villa verwandelt. Der Boden, der einst aus bröckelndem Gestein und Mörtel bestanden hatte, glänzte jetzt in weißem Marmor, durch den sich bernsteinfarbene Adern zogen. Und die ehemals genauso verwitterten Wände zeigten sich nun in einem Gewand aus sorgfältig poliertem Rosenholz.
Zuvor war die breit geschwungene Treppe an vielen Stellen abgenutzt und brüchig gewesen; jetzt erstrahlte sie förmlich in makelloser Schönheit, und ein goldener Handlauf wand sich von unten nach oben. In einer Ecke der Eingangshalle stand ein weißer, mit Samt bezogener Sessel vor einer verspiegelten Wand, und darüber thronten in Glaskästen diverse kostbare Antiquitäten: bunte Vasen, mit Juwelen besetzte Schmuckschatullen sowie alte Pfeilspitzen.
Nichts davon war vor seiner Abreise da gewesen.
So viele Veränderungen in weniger als einem Monat? Das schien unmöglich, selbst wenn andauernd irgendwelche Titanengötter unangekündigt bei ihnen hereinplatzten. Denn diese Götter beschäftigten sich eher mit Mord und Chaos als mit Innenarchitektur. Aber vielleicht ... Vielleicht war Strider bei all der Selbstbeweihräucherung auch ins falsche Haus marschiert. War alles schon vorgekommen.
Wie um alles in der Welt sollte er erklären, warum er dieses zerschundene, rußverschmierte Bündel über der Schulter trug? Das würde er wohl kaum schaffen, ohne eine Weile ins Gefängnis zu wandern. Und auch die Blutspritzer auf seinen Klamotten glaubhaft zu erklären wäre eine echte Herausforderung.
Nein, dachte er im nächsten Moment. Hier bin ich auf jeden Fall richtig. Neben der Treppe hing ein Bild von Sabin, dem Hüter des Dämons Zweifel. Ein Aktbild. Es gab nur eine Person, die den Mumm hatte, einen knallharten Kerl wie Sabin derart durch den Kakao zu ziehen. Anya, Göttin der Anarchie und Quelle aller Unordnung, die zufälligerweise mit Lucien verlobt war, dem Hüter von Tod. Ein seltsames Paar, fand Strider. Doch solange ihn niemand nach seiner Meinung fragte, behielt er sie lieber für sich. Er wollte ja nicht riskieren, sein bestes Stück zu verlieren. Anya ging nämlich nicht gerade zimperlich mit denen um, die an ihr zweifelten.
"Jo, Tor-Tor", rief er jetzt.
Torin, Hüter des Dämons Krankheit. Der Kerl verließ niemals die Burg. Er war immer hier, überwachte die Monitore und sorgte dafür, dass ihr Zuhause frei von Eindringlingen blieb. Nebenbei spielte er immerzu an seinen Computern herum und brachte ihrer Miniatur-Armee auf diese Weise haufenweise Zaster ein.
Zuerst kam auch diesmal keine Antwort, und abermals vernahm Strider nur das Echo seiner eigenen Stimme. Allmählich begann er, sich Sorgen zu machen. War irgendeine Katastrophe geschehen? Die Auslöschung aller Dämonen? Und wenn ja: Warum lebte er dann noch? Oder hatte Kane, Hüter Aller Möglichen Lästigkeiten, eine schlechte Woche gehabt und ...
Endlich hörte er Schritte, die sich näherten. Erleichterung machte sich in ihm breit. Er schaute die Stufen hinauf und sah Torin, der auf einem Treppenläufer mit Zebramuster stand, an den Strider sich ebenfalls nicht erinnern konnte. Das weiße Haar fiel locker um das teuflisch gutaussehende Gesicht des Kriegers und ließ seine smaragdgrünen Augen leuchten.
"Willkommen zu Hause", brummte Torin und fügte hinzu: "Du Arschloch." "Nette Begrüßung."
"Du rufst nicht an, schreibst nicht mal eine SMS und erwartest hier großen Bahnhof; Gedichte und Blumen?"
"Genau."
"Typisch."
Torin war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. Sogar seine Hände waren in weiche schwarze Lederhandschuhe gehüllt. Vom modischen Standpunkt aus betrachtet waren die Handschuhe etwas zu viel des Guten. Aber um die Menschheit zu schützen, waren sie unumgänglich. Torin brauchte nur ein einziges Mal jemanden mit bloßer Haut zu berühren, und die Seuche nahm ihren Lauf. Sein Dämon pumpte irgendeine widerliche Krankheit durch seine Adern, mit der man sich schon durch die winzigste Berührung anstecken konnte. Auch Strider. Als Unsterblicher würde er zwar nicht an einem kleinen Husten/Fieber/blutigem Erbrechen sterben. Im Gegensatz zu den Menschen, die davon womöglich auf der ganzen Welt dahingerafft würden. Allerdings würde er die Krankheit wiederum auf jeden übertragen, den er berührte, und da er hin und wieder gerne mal eine Frau verführte, konnte er auf Körperkontakt nicht verzichten.
"Und, alles okay hier?", erkundigte sich Strider. "Alle wohlauf?"
"Auf einmal interessiert dich das, ja?"
"Ja."
"Auch typisch. Aber gut: Im Grunde ist alles in Ordnung. Viele sind unterwegs, verstecken die Artefakte oder sind auf der Suche nach dem letzten. Und der Rest jagt Galen." Torin kam herunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und blieb am Fuß der Treppe stehen - außerhalb von Striders Reichweite. Wie immer. Er warf einen kurzen Blick auf die Frau, und in seinen Augen blitzte Belustigung auf. "Dann bist du wohl der Nächste, der sich verknallt, hm? Idiot! Ich dachte, du wärst klüger."
"Vergiss es. Mit diesem Miststück will ich nichts zu tun haben." Eine Lüge. Während ihrer scheinbar endlosen Reise war sein Begehren immer größer geworden. Dafür hatte er sich gehasst. Sie mochte der Sex in Person sein - aber auch der Tod in Wartestellung.
Torin verzog seinen Mund, der für einen Mann außergewöhnlich sinnlich war, zu einem breiten Grinsen. "Dasselbe hat Maddox über Ashlyn gesagt, Lucien über Anya, Reyes über Danika, Sabin ..."
"Schon gut. Ich hab's kapiert." Strider verdrehte die Augen. "Du kannst jetzt die Klappe halten." Auch wenn er zugeben musste, dass der punkige Style dieser Frau ihn anmachte, wäre er niemals so dumm, etwas mit ihr anzufangen.
Er bevorzugte fügsame Frauen. Und zurechnungsfähige.
Lügner. Du stehst auf die hier. Und zwar genau so, wie sie ist. Er wünschte, er hätte diese Äußerung seinem Dämon in die Schuhe schieben können, aber ... Selbst jetzt, beim bloßen Gedanken an sie, machte sich sein Körper bereit.
Torin verschränkte die Arme vor der Brust. "Was ist sie denn eigentlich? Ein Mensch mit übernatürlichen Fähigkeiten? Eine Göttin? Eine Harpyie?"
Die Männer, die hier lebten, neigten tatsächlich dazu, sich Frauen aus Mythen und Legenden auszusuchen. Frauen, die weitaus mächtiger waren als ihre Dämonen. Ashlyn hörte Stimmen aus der Vergangenheit, Anya konnte (unter anderem) mit der Kraft ihrer Gedanken Brände entfachen, Danika hatte Visionen aus dem Himmel und der Hölle, und Sabins Frau Gwen ... Tja, sie besaß eine dunkle Seite, die man erst kennenlernte, kurz bevor man starb. Qualvoll.
"Mein lieber Freund, was ich hier habe, ist eine waschechte Jägerin." Strider schlug ihr fest auf den Hintern - als hätte dort eine Fliege gesessen, die er unbedingt hatte töten müssen. Das sollte demonstrieren, wie egal sie ihm war. Nur warum er seinem Freund nicht sagte, um welche Jägerin es sich handelte - wo er doch kurz zuvor noch so aufgeregt gewesen war -, wusste er nicht. Nein, eigentlich wusste er es genau. Die Müdigkeit. Ja, er war hundemüde, das war alles, und er wollte jetzt nicht mit Lob überhäuft werden. Morgen, nach einem ausgedehnten Schläfchen, würde er alles ausführlich erzählen.
Die Frau reagierte nicht auf seinen festen Klaps, aber das hatte er auch nicht erwartet. Schließlich hatte er sie wiederholt unter Drogen gesetzt, während er sie vom einen Ende der Welt ans andere geschleppt hatte. Von Rom über Griechenland nach New York, weiter nach L.A. und schließlich nach Budapest. Und alles nur, um ihre Gefolgschaft gehörig in die Irre zu führen. Die würden sie niemals retten.
Wir haben gewonnen!, jubelte sein Dämon lachend.
Allerdings. Er bebte vor Freude.
"Eine Jägerin?" Jegliche Belustigung verschwand aus dem Gesicht seines Freundes. Das Leuchten in seinen Augen erstarb, und aus Smaragden wurde messerscharfer Stahl.
"Ich fürchte ja." Die Jäger. Ihre größten Feinde. Diese Fanatiker, die ihn und seine Freunde ein für alle Mal vernichten wollten. Die Bastarde, die in ihnen die Verkörperung des Bösen sahen. Die Arschlöcher, die sie für alles Übel der Welt verantwortlich machten. Das Beste an diesen Irren war, dass Strider sie in die heißesten Tiefen der Hölle schicken würde, einen Soldaten nach dem anderen. Oder, wenn gerade Granaten zur Hand waren, ein paar Hundert auf einmal. Je nach Laune.
"Du hättest sie einfach kaltmachen sollen", tadelte Torin ihn. "Jetzt will Sabin bestimmt mit ihr reden."
"Reden" war in Sabins Vokabular gleichbedeutend mit Folter.
"Ich weiß. Deshalb ist sie ja noch am Leben." Sie hatte Informationen über die Götter, die die Herren der Unterwelt wie Marionetten benutzten. Und sie konnte Dinge tun, unmögliche Dinge. Wie zum Beispiel aus bloßer Luft Waffen hervorzaubern. Das konnten eigentlich nur Kriegerengel. Jedenfalls hatte er das angenommen. Das Ding war bloß: Sie war kein Engel. Und nicht nur, weil sie keine Flügel besaß. Das Weib hatte Feuer.
Strider wollte wissen, wie viel sie wusste und wie sie tat, was sie tat.
Aber von all dem mal abgesehen war er dummerweise einfach nicht in der Lage gewesen, seinen Job - auch bekannt als: Jägermüll entsorgen - zu erledigen. Jedes Mal, wenn er es versucht hatte, war sein Blick an ihrem hübschen Gesicht hängen geblieben, und er hatte gezögert. Das Zögern war nach kurzer Zeit einem brennenden Verlangen gewichen, und er hatte den Drang niederkämpfen müssen, sie zu küssen. Daran, sie "kaltzumachen", hatte er keine Sekunde mehr gedacht.
Sabin würde ihm diesen Blödsinn nicht durchgehen lassen. Er würde Strider so lange triezen, bis er endlich handelte. Dann bliebe ihm nichts anderes übrig, als Anlauf zu nehmen und den Ball ins Tor zu zimmern. Denn ... Er ballte die Fäuste. Denn diese Frau, diese wandelnde Abscheulichkeit ...
Er biss so fest die Zähne zusammen, dass ihm der Schmerz bis in die Schläfen und weiter direkt ins Gehirn fuhr. Das geschah jedes Mal, wenn er daran dachte, was sie getan hatte.
Diese Frau hatte dabei geholfen, seinen Freund Baden zu enthaupten, den einstigen Hüter von Misstrauen.
Das würde Strider niemals vergessen, geschweige denn vergeben.
Die Enthauptung lag schon viele Tausend Jahre zurück, doch es tat noch immer so weh, als wäre es erst an diesem Morgen geschehen. An jenem Tag war zusammen mit seinem Freund auch ein Teil seiner Seele gestorben. Und wie die Frau auf dem Weg zur Burg hatte erfahren müssen, war auch ein großer Teil seines Herzens verkümmert.
Gnade war nicht gerade etwas, das ihn auszeichnete. Nicht mehr. Und schon gar nicht ihr gegenüber.
Er hatte gedacht, er hätte sie bereits vor Jahrhunderten aus Rache getötet. Er erinnerte sich an den Schlag seiner Klinge, an den tiefroten Strom ihres Blutes und an den metallischen Gestank des Todes in der Luft. An das Geräusch, mit dem ihr Körper auf den Steinboden gesackt war, an ihren letzten röchelnden Atemzug. Und dennoch war sie hier - quicklebendig und auf dem besten Weg, ihn um den Verstand zu bringen.
Vielleicht hatte er sie getötet. Vielleicht war sie wiedergeboren worden. Oder vielleicht hatte man ihre Seele in einen anderen Körper gesteckt. Womöglich war dieses Miststück aber auch noch viel unsterblicher als er und hatte sich nach der Enthauptung irgendwie wieder erholt. Er wusste es nicht, und es war ihm auch egal.
Es zählte nur eins: Sie war Hadiee aus dem antiken Griechenland. Okay, sie nannte sich inzwischen Haidee. Aus Had-i-ay war Hay-di geworden. Offenbar hatte sie sich einen moderneren Namen verpasst. Aber das war ihm schnurz. Er nannte sie Ex - kurz für Dämonenexekutorin, und genau das war sie.
Der Beweis für ihre Verbrechen glimmte noch immer in ihren Augen. In diesen wintergrauen, kalten Augen. Er war in dem Stolz zu hören, der in ihrer Stimme lag, wenn sie von jener verhängnisvollen Nacht sprach - Seinen Kopf rollen zu sehen war ein herrlicher Anblick. Findest du nicht auch? -, und er sprach aus den Tätowierungen auf ihrem Rücken. Tätowierungen, die den aktuellen Punktestand zeigten: Haidee I. Herren IIII.
Sie hatte alles verdient, was er und Sabin ihr antun würden.
"Ich bringe sie jetzt in den Kerker", verkündete er. Noch nie zuvor hatte er diese Mischung aus Genuss und Bedauern in seiner eigenen Stimme vernommen. Erneut setzte er sich in Bewegung und rief über die Schulter: "Wenn du so lieb wärst und Zweifi-Popeifi informierst, dass ..."
"Geht nicht, Strideylein. Es gibt da nämlich etwas, das du dir unbedingt ansehen musst." Angst und düstere Erwartung klangen aus seinen Worten.
Den linken Fuß noch in der Luft blieb Strider abrupt stehen. Um ein Haar wäre ihm das immer noch bewusstlose Bündel Frau von der Schulter gerutscht. Langsam drehte er sich um, rückte Ex wieder zurecht und sah Torin ins Gesicht. Als er registrierte, wie blass sein Freund plötzlich war - unter der blassen Haut waren feine blaue Venen zu erkennen -, keimte auch in ihm Angst auf. "Du hast doch gesagt, es wäre alles in Ordnung. Was ist denn los?"
Torin schüttelte den Kopf. "Dafür gibt es keine Worte, das musst du sehen. Und außerdem habe ich gesagt, dass im Grunde alles in Ordnung ist. Aber jetzt komm."
"Die Frau ..."
"Nimm sie mit. Man wird sich schon um sie kümmern, du wirst sehen." Im nächsten Moment eilte er auch schon die Treppe hinauf, und wieder nahm er zwei Stufen auf einmal.
Mit wachsender Furcht folgte Strider ihm, wobei Ex im Rhythmus seiner Schritte auf seiner Schulter auf und ab hüpfte. Wäre sie bei Bewusstsein gewesen, hätte sie nur mühsam Luft bekommen und vor Schmerzen gestöhnt, so heftig rammten seine Knochen mit jeder Stufe in ihren Magen. Und sie hätte sich mit einer Kampferfahrenheit gewehrt, die ihresgleichen suchte.
Schade, dass die Medikamente so gut wirkten. Ein kleiner Kampf hätte jetzt sicher seine Nerven beruhigt.
Was war nur so wichtig, dass Torin ihm nicht mal die wenigen Minuten gewährte, die es brauchte, um eine beschissene Jägerin einzusperren?
Seine Gedanken zerfaserten in dem Moment, als er den oberen Treppenabsatz erreichte.
Ihm blieb die Luft weg. Engel. So viele Engel. Kein Wunder, dass die Burg neu dekoriert war. Von wegen göttliche Einmischung. Die Engel waren dafür verantwortlich. Die mochten schöne Dinge.
Sie standen an der Wand, Flügel an Flügel. Weiße, mit goldenen Federn durchwirkte Flügel. Die Flügel von Kriegerengeln. Sie sättigten die Luft mit einer Duftkomposition aus Orchideen, frischem Morgentau, Schokolade und Champagner. Bei unterschiedlichen Größen unterschritten sie doch nie die Einsneunzig-Marke, und die Muskeln unter den weißen, ziemlich mädchenhaften Roben machten denen von Strider Konkurrenz.
Die meisten waren Männer, aber sie alle waren Dämonenmörder. Dafür ausgebildet, zu jagen, zu zerstören und - sofern sie dazu bemächtigt waren - zu beschützen. Da sie nicht auf ihn zugestürmt kamen und Feuerschwerter aus der Luft hervorzauberten, ging er davon aus, dass Letzteres der Grund für ihren Besuch war.
Auf der Suche nach Antworten musterte er sie eindringlich. Insgesamt dreiundzwanzig, aber nicht einer sah in seine Richtung. Sie hielten den Blick stur geradeaus gerichtet, die Körperhaltung aufrecht und die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Kein Geräusch war zu hören. Nicht einmal ihr Atem.
Körperlich ... bezauberten sie ihn. Und ja, es war ihm höllisch peinlich, sich das einzugestehen. Aber die Anziehung, die von ihnen ausging, war einfach faszinierend. Hypnotisierend. Sie waren eine Droge für seine Augen.
Ihre Haare hatten alle möglichen Schattierungen - von der schwärzesten Nacht bis zum weißesten Schnee. Am liebsten aber mochte er das Gold. So rein und so fließend wie ein Schatz, der eingeschmolzen und mit den Strahlen der Sommersonne vermischt worden war. Voll und dynamisch. Beinahe ... lebendig. Aber natürlich würde er es niemals wagen, sie wegen ihrer weibischen Züge aufzuziehen.
Auch wenn sie ihn weder angriffen noch in seine Richtung sahen, strahlten sie etwas Tödliches aus.
...
Übersetzung: Maike Müller
© MIRA Taschenbuch
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Autoren-Porträt von Gena Showalter
Gena Showalter, New York Times- und USA-Today-Bestseller-Autorin, gilt als neuer Shooting Star am romantischen Bücherhimmel des Übersinnlichen. Ihre Romane erobern nach Erscheinen die Herzen von Kritikern und Lesern gleichermaßen im Sturm.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gena Showalter
- 2012, 460 Seiten, Maße: 12,3 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Maike Müller
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3862783251
- ISBN-13: 9783862783250
- Erscheinungsdatum: 14.05.2012
Rezension zu „Schwarzes Geheimnis / Die Herren der Unterwelt Bd.7 “
Jedes Buch ein neuer Hit auf den Bestsellerlisten. Ganz oben auf der New York Times & USA Today, hymnische Kritiken von Publishers Weekly. "Eine der größten Autorinnen von paranormalen Liebesromanen"- Kresley Cole
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