Seelenraub / Riley Blackthorne. Die Dämonenfängerin Bd.2
Riley Blackthorne, Dämonenfängerin in Ausbildung, steht ihr Job sonst wo. Nach dem Überfall der Dämonen auf ein Zunfttreffen sind viele ihrer Kollegen tot oder verletzt - ihr Freund Simon liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Ihr Vater...
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Produktinformationen zu „Seelenraub / Riley Blackthorne. Die Dämonenfängerin Bd.2 “
Riley Blackthorne, Dämonenfängerin in Ausbildung, steht ihr Job sonst wo. Nach dem Überfall der Dämonen auf ein Zunfttreffen sind viele ihrer Kollegen tot oder verletzt - ihr Freund Simon liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Ihr Vater ist von einem mächtigen Totenbeschwörer wiederbelebt und entführt worden. Als ob das nicht reichte, machen ihr noch zwei Männer das Leben schwer: Ori, ein heißer selbständiger Dämonenfänger, und Denver Beck, ein Freund der Familie, der sie ständig bevormundet. Riley ist fast so weit, Atlanta freiwillig zu verlassen. Aber als mehr und mehr Dämonen in der Stadt auftauchen, schickt der Vatikan schließlich eine eigene Truppe von Jägern, und plötzlich ist der Teufel los. Nur Riley weiß, dass sie der Grund dafür sein könnte. Ein besonders starker Dämon verfolgt sie, und sie wird ihm nicht ewig entkommen ...
Lese-Probe zu „Seelenraub / Riley Blackthorne. Die Dämonenfängerin Bd.2 “
Seelenraub von Jana Oliver1. KAPITEL
2018
Atlanta, Georgia
... mehr
Im Grounds-Zero-Café gab es die beste heiße Schokolade von ganz Atlanta, vielleicht sogar der ganzen Welt. Riley Blackthorne kam es vor, als müsse sie sich durch ein Armageddon kämpfen, um dorthin zu gelangen.
»Das Ende ist nah!«, rief ein Mann den Passanten zu. Er stand am Eingang zum Café und hielt ein handbemaltes Pappschild mit demselben Text in die Höhe. Statt eines Zottelbartes und einer schwarzen Robe wie irgendein biblischer Prophet trug er Chinos und ein rotes Hemd.
»Du musst dich darauf vorbereiten, Missy«, sagte er und hielt Riley mit Feuereifer ein Flugblatt entgegen. Das Traktat sah dem, das sie in ihrer Jackentasche hatte, auffällig ähnlich. Demjenigen, das der Engel ihr gegeben hatte, ehe sie zugestimmt hatte, für den Himmel zu arbeiten, um das Leben ihres Freundes zu retten.
»Das Ende ist nah!«, rief der Mann erneut.
»Hab ich noch Zeit für eine heiße Schokolade?«, fragte Riley.
Der Endzeittyp blinzelte. »Äh, vielleicht. Ich weiß nicht.« »Gut«, sagte sie, »ich hasse es, mich mit der Hölle anzulegen, ohne vorher vollgetankt zu haben.«
Damit erntete sie ein verwirrtes Stirnrunzeln. Statt irgendetwas zu erklären, stopfte sie das Traktat in ihre Tasche und stieß die Tür zum Café auf, während der Mann wieder dazu überging, sein Publikum zu ermahnen, sich auf das Schlimmste vorzubereiten.
Das Grounds-Zero-Café sah noch genauso aus wie bei ihrem letzten Besuch. Der Geruch nach gerösteten Kaffeebohnen hing in der Luft wie ein berauschendes Parfüm, und die Espressomaschine brummte tief und leise. Gäste tippten etwas in ihre Laptops ein, während sie den teuren Kaffee genossen und sich über alles unterhielten, was in ihren Leben wichtig war. Es war so wie jeden Tag. Außer ...
Außer, dass jetzt alles seltsam war.
Sogar, sich eine heiße Schokolade zu kaufen. Das war immer so einfach gewesen: die Bestellung aufgeben, zahlen und das heiße Getränk entgegennehmen. Kein Problem. Doch heute schien das nicht so einfach zu sein.
Der Kellner starrte sie unentwegt an, während er die Schokolade zubereitete, was nicht besonders klug war, weil er sich dadurch beinahe selbst verbrühte. Vielleicht lag es an den unzähligen Brandlöchern in ihrer Jeansjacke oder an dem ausgefransten Riss im Ärmel, durch den ihr T-Shirt darunter zu sehen war. Oder an der Tatsache, dass ihr langes braunes Haar sich kräuselte, als hätte sie zu nah am Feuer gestanden, obwohl sie es zweimal mit Shampoo gewaschen und Unmengen von Spülung verbraucht hatte. Immerhin hatte sie die Hose gewechselt, sonst würde der Typ auf das eingetrocknete Blut starren. Blut, das nicht von ihr stammte.
»Ich habe dich im Fernsehen gesehen. Du gehörst zu denen, stimmt's?«, fragte er mit zitternder Stimme. Die braunen Augen waren so weit aufgerissen, dass sie den Großteil seines Gesichts auszumachen schienen.
Im Fernsehen? Riley blieb nichts anderes übrig, als zu gestehen. »Ja, ich bin Dämonenfängerin.« Eine der wenigen, die das Glück hatten, das Gemetzel letzte Nacht zu überleben.
Der Mann knallte den Keramikbecher auf den Tresen, so dass etwas von der braunen Köstlichkeit überschwappte und auf die Untertasse lief. Dann wich er zurück, als wüchsen Riley Hörner aus dem Schädel.
»Schlagsahne?«, fragte sie stirnrunzelnd. Und wenn die Welt unterging, heiße Schokolade musste dieses phantastische weiße Zeugs obendrauf haben, warum bestellte man sie sich sonst? Widerwillig gab er das Sahnehäubchen dazu, wobei er eher sie als die Tasse im Auge behielt. Etwas von der Sahne landete tatsächlich in der Tasse. »Schokostreusel?«, soufflierte sie.
»Äh ..., die sind alle«, sagte er.
Es ist nur ein blöder Schisser. Keine große Sache.
Aber es war nicht nur er. Andere Gäste starrten sie an, als sie zu einer freien Nische ging. Einer nach dem anderen blickte zu dem Fernseher hoch, der hoch oben an der Wand hing, und dann wieder zu ihr, um die Bilder zu vergleichen.
O Mist.
Dort oben flimmerte, dank CNN, die Katastrophe der letzten Nacht in bunten Farben über den Bildschirm. Flammen schlugen aus dem Dach des Tabernakels, während überall Dämonen herumrannten. Und da war sie selbst, angestrahlt vom wütenden Feuer, wie sie auf dem Bürgersteig neben ihrem verletzten Freund kniete. Weinend hielt sie Simon in den Armen. Es war der Moment gewesen, in dem sie gewusst hatte, dass er sterben würde.
O Gott, das halte ich nicht aus.
Die Untertasse in Rileys Hand begann zu beben, noch mehr heiße Schokolade schwappte über. Es war schon schlimm genug gewesen, diesen Horror zu erleben, aber jetzt wurde es auch noch im Fernsehen gezeigt, in voller Länge und gnadenlos in allen Einzelheiten.
Sie blieb neben einer Nische stehen, als ein Bild von Simon eingeblendet wurde. Es musste das Abschlussfoto von der Highschool sein, da sein hellblondes Haar noch kürzer und seine Miene total ernst war. Das war sein normaler Gesichtsausdruck, es sei denn, sie waren zusammen; dann gab er seine Zurückhaltung auf, vor allem, wenn sie sich küssten.
Riley schloss die Augen und rief sich den Moment in Erinnerung, den sie vor der Versammlung zusammen verbracht hatten. Sie hatten sich geküsst, und er hatte ihr gestanden, wie viel sie ihm bedeutete. Wenig später hatte ein Dämon versucht, ihn zu töten.
Riley ließ sich auf die Bank sinken und sog den kräftigen Duft der heißen Schokolade ein, um die bösen Erinnerungen zu verdrängen. Der Versuch schlug fehl, obwohl es in der Vergangenheit immer funktioniert hatte. Stattdessen beschwor ihr Geist pflichtbewusst das Bild ihres Freundes herauf, wie er in seinem Krankenhausbett lag, mit Schläuchen überall und einem Gesicht so weiß wie das Laken.
Simon bedeutete ihr so viel. Seine ruhige Gegenwart hatte sie nach dem Tod ihres Vaters getröstet. Ihn so kurz nach ihrem Dad zu verlieren war undenkbar, und der Himmel hatte das gewusst. Was hätte sie sonst tun können, außer seinen Bedingungen zuzustimmen? Simons Leben im Tausch dafür, dass Riley dem Himmel einen Gefallen schuldete. Einen richtig großen Gefallen. Die Welt zu retten, zum Beispiel.
»Warum ich?«, murmelte Riley. »Warum haben sie nicht jemand anderen genommen? Warum nicht Simon?«
Er war religiös und befolgte sämtliche Regeln. Er wäre der perfekte Kandidat gewesen, um das Ende der Welt zu verhindern. Sie hätten den Deal mit ihm machen können, als er verletzt war.
Stattdessen haben sie mich ausgewählt.
Zu Rileys Verdruss hatte sich die heiße Schokolade so weit abgekühlt, dass man sie eigentlich nicht mehr trinken konnte, doch Riley nippte trotzdem daran. Sie hielt den Blick auf den Inhalt des Bechers geheftet, weg vom Fernsehbildschirm. Jemand scharrte mit einem Stuhl über den Boden, um sich an einen Tisch zu setzen. Riley fuhr bei dem Geräusch zusammen und erwartete fast, jeden Moment eine Horde Dämonen durch die Eingangstür drängen zu sehen.
Die Tasse zitterte in ihren Händen und erinnerte sie daran, wie nah sie einem Zusammenbruch war. Zu viel war in kurzer Zeit über sie hereingebrochen. Noch mehr, und sie würde nicht mehr damit fertig werden.
Ich muss meinen Dad finden. Das könnte sie schaffen. Vielleicht. Zumindest war es etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Es war unwahrscheinlich, dass sein Leichnam unter den Trümmern des Tabernakels begraben lag, nicht nachdem ein Nekromant all die Mühe auf sich genommen hat, ihn aus seinem Grab zu beschwören. Das war es schließlich, was Nekros taten: Sie reanimierten Leichen und verkauften sie als unbesoldete Diener an reiche Leute. Inzwischen würden die Leute wohl Schlange stehen, um den Meisterfänger Paul Blackthorne zu kaufen, wenn er nicht bereits verscherbelt war.
Was ist das wohl für ein Gefühl, tot zu sein und herumzulaufen, als sei man immer noch am Leben? Bestimmt widerlich und außerdem ziemlich unheimlich. Erinnerte sich ihr Dad daran, wie er gestorben war? Erinnerte er sich an die Beerdigung und wie er begraben wurde? Ein eiskalter Schauder lief Riley über den Rücken. Sie musste unbedingt ihren Verstand einschalten.
Ich werde ihn finden. Ich werde ihn zurück unter die Erde bringen, und dann hat das ein Ende.
Ihr Blick wanderte zurück zum Fernseher. Ein Reporter listete minutiös die entsetzlichen Geschehnisse der letzten Nacht auf. Er hatte größtenteils recht - die örtliche Dämonenfängerzunft hatte ihre Versammlung in dem Tabernakel in Downtown Atlanta abgehalten, genauso, wie sie es immer tat. Mitten in der Diskussion waren die Dämonen aufgetaucht. Und dann ging es los.
»Augenzeugen berichteten, dass mindestens zwei verschiedene Arten Höllenbrut an dem Angriff beteiligt und die Fänger rasch überwältigt waren«, sagte der Reporter.
Es waren drei Arten, aber wen interessiert das schon?
Riley runzelte die Stirn. Die Fänger waren nicht überwältigt worden. Zumindest nicht völlig. Sie hatten es sogar geschafft, ein paar dieser Mistviecher zu töten.
Als sie den Becher mit der heißen Schokolade hochheben wollte, zitterten ihre Hände immer noch. So ging es seit letzter Nacht, und nichts hatte dagegen geholfen. Sie leerte den Becher in kleinen Schlucken, wohl wissend, dass die Leute sie beobachteten und über sie redeten. Jemand machte mit dem Handy ein Foto von ihr.
O Mann.
Im Hintergrund konnte sie immer noch den CNN-Reporter hören. »Eine Reihe von Fängern entkam dem Inferno und wurde auf der Stelle von einem höherrangigen Dämon angegriffen.«
Dieser höherrangige Dämon war ein Dämon fünften Grades gewesen, der tiefe Löcher in den Boden gerissen, Mini-Tornados ausgelöst und Erdbeben verursacht hatte. Und das alles nur, um einen einzigen Fänger zu erwischen. Mich.
Wenn Ori nicht gewesen wäre, ein freiberuflicher Dämonenjäger, hätte der Fünfer sie umgebracht, so wie er ihren Dad getötet hatte.
»Wir haben mit Augenzeugen gesprochen, die behaupten, sie hätten letzte Nacht Engel gesehen«, fuhr der Reporter fort. »Wir baten Professor Osbourne, Dozent für religiöse Studien an der Universität in Santa Barbara, sich die Videos anzusehen. Er ist jetzt über Satellit mit uns verbunden.« Ein ernster, grauhaariger Mann tauchte auf dem Bildschirm auf. »Wie bewerten Sie dieses außergewöhnliche Geschehen, Professor?«
»Ich habe mir die Videos angeschaut, doch man erkennt lediglich einen Kreis aus unglaublich hellem Licht, der die Dämonenfänger umgibt. Kollegen aus Atlanta geben an, sie hätten Engel in der Stadt gesehen. Überall in der Bibel wird von ihnen berichtet, sie erschienen Abraham und Jakob. In Sodom und Gomorrha wurden zwei von ihnen gesichtet. In diesem Fall haben sie die Fänger aktiv vor den Ausgeburten der Hölle beschützt. Meiner Meinung nach ist das von biblischer Bedeutung.«
Wem sagst du das.
Riley wühlte in ihrer Botentasche, zog einen Stift hervor und fing auf einer frischen Serviette eine Liste an:
• Dad finden
• Die Weihwasser-Betrüger hochgehen lassen
• Die Welt retten
• Einkaufen
• Wäsche waschen
Ihrer Ansicht nach erübrigten sich die letzten beiden Punkte, falls das mit dem dritten nicht klappte.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
Im Grounds-Zero-Café gab es die beste heiße Schokolade von ganz Atlanta, vielleicht sogar der ganzen Welt. Riley Blackthorne kam es vor, als müsse sie sich durch ein Armageddon kämpfen, um dorthin zu gelangen.
»Das Ende ist nah!«, rief ein Mann den Passanten zu. Er stand am Eingang zum Café und hielt ein handbemaltes Pappschild mit demselben Text in die Höhe. Statt eines Zottelbartes und einer schwarzen Robe wie irgendein biblischer Prophet trug er Chinos und ein rotes Hemd.
»Du musst dich darauf vorbereiten, Missy«, sagte er und hielt Riley mit Feuereifer ein Flugblatt entgegen. Das Traktat sah dem, das sie in ihrer Jackentasche hatte, auffällig ähnlich. Demjenigen, das der Engel ihr gegeben hatte, ehe sie zugestimmt hatte, für den Himmel zu arbeiten, um das Leben ihres Freundes zu retten.
»Das Ende ist nah!«, rief der Mann erneut.
»Hab ich noch Zeit für eine heiße Schokolade?«, fragte Riley.
Der Endzeittyp blinzelte. »Äh, vielleicht. Ich weiß nicht.« »Gut«, sagte sie, »ich hasse es, mich mit der Hölle anzulegen, ohne vorher vollgetankt zu haben.«
Damit erntete sie ein verwirrtes Stirnrunzeln. Statt irgendetwas zu erklären, stopfte sie das Traktat in ihre Tasche und stieß die Tür zum Café auf, während der Mann wieder dazu überging, sein Publikum zu ermahnen, sich auf das Schlimmste vorzubereiten.
Das Grounds-Zero-Café sah noch genauso aus wie bei ihrem letzten Besuch. Der Geruch nach gerösteten Kaffeebohnen hing in der Luft wie ein berauschendes Parfüm, und die Espressomaschine brummte tief und leise. Gäste tippten etwas in ihre Laptops ein, während sie den teuren Kaffee genossen und sich über alles unterhielten, was in ihren Leben wichtig war. Es war so wie jeden Tag. Außer ...
Außer, dass jetzt alles seltsam war.
Sogar, sich eine heiße Schokolade zu kaufen. Das war immer so einfach gewesen: die Bestellung aufgeben, zahlen und das heiße Getränk entgegennehmen. Kein Problem. Doch heute schien das nicht so einfach zu sein.
Der Kellner starrte sie unentwegt an, während er die Schokolade zubereitete, was nicht besonders klug war, weil er sich dadurch beinahe selbst verbrühte. Vielleicht lag es an den unzähligen Brandlöchern in ihrer Jeansjacke oder an dem ausgefransten Riss im Ärmel, durch den ihr T-Shirt darunter zu sehen war. Oder an der Tatsache, dass ihr langes braunes Haar sich kräuselte, als hätte sie zu nah am Feuer gestanden, obwohl sie es zweimal mit Shampoo gewaschen und Unmengen von Spülung verbraucht hatte. Immerhin hatte sie die Hose gewechselt, sonst würde der Typ auf das eingetrocknete Blut starren. Blut, das nicht von ihr stammte.
»Ich habe dich im Fernsehen gesehen. Du gehörst zu denen, stimmt's?«, fragte er mit zitternder Stimme. Die braunen Augen waren so weit aufgerissen, dass sie den Großteil seines Gesichts auszumachen schienen.
Im Fernsehen? Riley blieb nichts anderes übrig, als zu gestehen. »Ja, ich bin Dämonenfängerin.« Eine der wenigen, die das Glück hatten, das Gemetzel letzte Nacht zu überleben.
Der Mann knallte den Keramikbecher auf den Tresen, so dass etwas von der braunen Köstlichkeit überschwappte und auf die Untertasse lief. Dann wich er zurück, als wüchsen Riley Hörner aus dem Schädel.
»Schlagsahne?«, fragte sie stirnrunzelnd. Und wenn die Welt unterging, heiße Schokolade musste dieses phantastische weiße Zeugs obendrauf haben, warum bestellte man sie sich sonst? Widerwillig gab er das Sahnehäubchen dazu, wobei er eher sie als die Tasse im Auge behielt. Etwas von der Sahne landete tatsächlich in der Tasse. »Schokostreusel?«, soufflierte sie.
»Äh ..., die sind alle«, sagte er.
Es ist nur ein blöder Schisser. Keine große Sache.
Aber es war nicht nur er. Andere Gäste starrten sie an, als sie zu einer freien Nische ging. Einer nach dem anderen blickte zu dem Fernseher hoch, der hoch oben an der Wand hing, und dann wieder zu ihr, um die Bilder zu vergleichen.
O Mist.
Dort oben flimmerte, dank CNN, die Katastrophe der letzten Nacht in bunten Farben über den Bildschirm. Flammen schlugen aus dem Dach des Tabernakels, während überall Dämonen herumrannten. Und da war sie selbst, angestrahlt vom wütenden Feuer, wie sie auf dem Bürgersteig neben ihrem verletzten Freund kniete. Weinend hielt sie Simon in den Armen. Es war der Moment gewesen, in dem sie gewusst hatte, dass er sterben würde.
O Gott, das halte ich nicht aus.
Die Untertasse in Rileys Hand begann zu beben, noch mehr heiße Schokolade schwappte über. Es war schon schlimm genug gewesen, diesen Horror zu erleben, aber jetzt wurde es auch noch im Fernsehen gezeigt, in voller Länge und gnadenlos in allen Einzelheiten.
Sie blieb neben einer Nische stehen, als ein Bild von Simon eingeblendet wurde. Es musste das Abschlussfoto von der Highschool sein, da sein hellblondes Haar noch kürzer und seine Miene total ernst war. Das war sein normaler Gesichtsausdruck, es sei denn, sie waren zusammen; dann gab er seine Zurückhaltung auf, vor allem, wenn sie sich küssten.
Riley schloss die Augen und rief sich den Moment in Erinnerung, den sie vor der Versammlung zusammen verbracht hatten. Sie hatten sich geküsst, und er hatte ihr gestanden, wie viel sie ihm bedeutete. Wenig später hatte ein Dämon versucht, ihn zu töten.
Riley ließ sich auf die Bank sinken und sog den kräftigen Duft der heißen Schokolade ein, um die bösen Erinnerungen zu verdrängen. Der Versuch schlug fehl, obwohl es in der Vergangenheit immer funktioniert hatte. Stattdessen beschwor ihr Geist pflichtbewusst das Bild ihres Freundes herauf, wie er in seinem Krankenhausbett lag, mit Schläuchen überall und einem Gesicht so weiß wie das Laken.
Simon bedeutete ihr so viel. Seine ruhige Gegenwart hatte sie nach dem Tod ihres Vaters getröstet. Ihn so kurz nach ihrem Dad zu verlieren war undenkbar, und der Himmel hatte das gewusst. Was hätte sie sonst tun können, außer seinen Bedingungen zuzustimmen? Simons Leben im Tausch dafür, dass Riley dem Himmel einen Gefallen schuldete. Einen richtig großen Gefallen. Die Welt zu retten, zum Beispiel.
»Warum ich?«, murmelte Riley. »Warum haben sie nicht jemand anderen genommen? Warum nicht Simon?«
Er war religiös und befolgte sämtliche Regeln. Er wäre der perfekte Kandidat gewesen, um das Ende der Welt zu verhindern. Sie hätten den Deal mit ihm machen können, als er verletzt war.
Stattdessen haben sie mich ausgewählt.
Zu Rileys Verdruss hatte sich die heiße Schokolade so weit abgekühlt, dass man sie eigentlich nicht mehr trinken konnte, doch Riley nippte trotzdem daran. Sie hielt den Blick auf den Inhalt des Bechers geheftet, weg vom Fernsehbildschirm. Jemand scharrte mit einem Stuhl über den Boden, um sich an einen Tisch zu setzen. Riley fuhr bei dem Geräusch zusammen und erwartete fast, jeden Moment eine Horde Dämonen durch die Eingangstür drängen zu sehen.
Die Tasse zitterte in ihren Händen und erinnerte sie daran, wie nah sie einem Zusammenbruch war. Zu viel war in kurzer Zeit über sie hereingebrochen. Noch mehr, und sie würde nicht mehr damit fertig werden.
Ich muss meinen Dad finden. Das könnte sie schaffen. Vielleicht. Zumindest war es etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Es war unwahrscheinlich, dass sein Leichnam unter den Trümmern des Tabernakels begraben lag, nicht nachdem ein Nekromant all die Mühe auf sich genommen hat, ihn aus seinem Grab zu beschwören. Das war es schließlich, was Nekros taten: Sie reanimierten Leichen und verkauften sie als unbesoldete Diener an reiche Leute. Inzwischen würden die Leute wohl Schlange stehen, um den Meisterfänger Paul Blackthorne zu kaufen, wenn er nicht bereits verscherbelt war.
Was ist das wohl für ein Gefühl, tot zu sein und herumzulaufen, als sei man immer noch am Leben? Bestimmt widerlich und außerdem ziemlich unheimlich. Erinnerte sich ihr Dad daran, wie er gestorben war? Erinnerte er sich an die Beerdigung und wie er begraben wurde? Ein eiskalter Schauder lief Riley über den Rücken. Sie musste unbedingt ihren Verstand einschalten.
Ich werde ihn finden. Ich werde ihn zurück unter die Erde bringen, und dann hat das ein Ende.
Ihr Blick wanderte zurück zum Fernseher. Ein Reporter listete minutiös die entsetzlichen Geschehnisse der letzten Nacht auf. Er hatte größtenteils recht - die örtliche Dämonenfängerzunft hatte ihre Versammlung in dem Tabernakel in Downtown Atlanta abgehalten, genauso, wie sie es immer tat. Mitten in der Diskussion waren die Dämonen aufgetaucht. Und dann ging es los.
»Augenzeugen berichteten, dass mindestens zwei verschiedene Arten Höllenbrut an dem Angriff beteiligt und die Fänger rasch überwältigt waren«, sagte der Reporter.
Es waren drei Arten, aber wen interessiert das schon?
Riley runzelte die Stirn. Die Fänger waren nicht überwältigt worden. Zumindest nicht völlig. Sie hatten es sogar geschafft, ein paar dieser Mistviecher zu töten.
Als sie den Becher mit der heißen Schokolade hochheben wollte, zitterten ihre Hände immer noch. So ging es seit letzter Nacht, und nichts hatte dagegen geholfen. Sie leerte den Becher in kleinen Schlucken, wohl wissend, dass die Leute sie beobachteten und über sie redeten. Jemand machte mit dem Handy ein Foto von ihr.
O Mann.
Im Hintergrund konnte sie immer noch den CNN-Reporter hören. »Eine Reihe von Fängern entkam dem Inferno und wurde auf der Stelle von einem höherrangigen Dämon angegriffen.«
Dieser höherrangige Dämon war ein Dämon fünften Grades gewesen, der tiefe Löcher in den Boden gerissen, Mini-Tornados ausgelöst und Erdbeben verursacht hatte. Und das alles nur, um einen einzigen Fänger zu erwischen. Mich.
Wenn Ori nicht gewesen wäre, ein freiberuflicher Dämonenjäger, hätte der Fünfer sie umgebracht, so wie er ihren Dad getötet hatte.
»Wir haben mit Augenzeugen gesprochen, die behaupten, sie hätten letzte Nacht Engel gesehen«, fuhr der Reporter fort. »Wir baten Professor Osbourne, Dozent für religiöse Studien an der Universität in Santa Barbara, sich die Videos anzusehen. Er ist jetzt über Satellit mit uns verbunden.« Ein ernster, grauhaariger Mann tauchte auf dem Bildschirm auf. »Wie bewerten Sie dieses außergewöhnliche Geschehen, Professor?«
»Ich habe mir die Videos angeschaut, doch man erkennt lediglich einen Kreis aus unglaublich hellem Licht, der die Dämonenfänger umgibt. Kollegen aus Atlanta geben an, sie hätten Engel in der Stadt gesehen. Überall in der Bibel wird von ihnen berichtet, sie erschienen Abraham und Jakob. In Sodom und Gomorrha wurden zwei von ihnen gesichtet. In diesem Fall haben sie die Fänger aktiv vor den Ausgeburten der Hölle beschützt. Meiner Meinung nach ist das von biblischer Bedeutung.«
Wem sagst du das.
Riley wühlte in ihrer Botentasche, zog einen Stift hervor und fing auf einer frischen Serviette eine Liste an:
• Dad finden
• Die Weihwasser-Betrüger hochgehen lassen
• Die Welt retten
• Einkaufen
• Wäsche waschen
Ihrer Ansicht nach erübrigten sich die letzten beiden Punkte, falls das mit dem dritten nicht klappte.
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© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
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Autoren-Porträt von Jana Oliver
Jana Oliver, geb. und aufgewachsen in Iowa, ist eine preisgekrönte Autorin. Sie ist am glücklichsten, wenn sie haarsträubende Legenden recherchiert, auf alten Friedhöfen umherwandert und neue Geschichten erträumt. Sie glaubt wirklich, dass sie den besten Job der Welt hat. Die Autorin lebt in Atlanta, Georgia.
Bibliographische Angaben
- Autor: Jana Oliver
- 2012, 528 Seiten, Maße: 12,5 x 20,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Übers.: Maria Poets
- Übersetzer: Maria Poets
- Verlag: Fischer FJB
- ISBN-10: 3841421113
- ISBN-13: 9783841421111
Kommentare zu "Seelenraub / Riley Blackthorne. Die Dämonenfängerin Bd.2"
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